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Das Banner der Rhetos-Website: zwei griechische Denker betrachten ein physikalisches Universum um sie herum.

Bewusstsein

Physikalisch

Basiswissen


Das Bewusstsein gehört zu jenen wenigen aber uferlos ausgreifenden Fragen der Philosophie, die in jede ernsthafte Beschäftigung mit den Grundlagen verschiedenster Fachgebiete der Wissenschaft hineindrängen. Die Physik hatte das Bewusstsein vor einigen Jahrhunderten mehr oder weniger erfolgreich ausgeblendet. Was einst ein Erfolg der physikalischen Methode war, wird aber möglicherweise zunehmend zu einen hinderlichen blinden Fleck für den weiteren Fortschritt.

Was ist Bewusstsein?


Zunächst ist unser menschliches Bewusstsein ein Strom von Wahrnehmungen, inneres Erleben, ein ständig im Fluß sich befindlicher Wechsel von Farbeindrücke, Gerüchen, Abneigungen, Wünschen und vielem mehr. Geist und Seele werden oft mit Bewusstsen ausgestattet gedacht. Doch während Bewusstsein nur der Zustand der reinen Gewwahrwerdung ist, verbinden sich mit Geist und Seele spezielle Ausprägungen, Formen oder Ausstattungen des Bewusstseins.

Bewusstsein und Geist


Der Geist steht für „das dem Bewusstsein, dem Fühlen, Wollen und Denken zugrunde liegende Prinzip und dessen Organisationsformen“.[12] Meist schwingt beim Gebrauch des Wortes Geist ein Mindestmaß an Intellektualität mit, was deutlich wird, wenn man etwa als geistlos bezeichnet. Das Bewusstsein kann die intellektuellen, die denkerischen Aspekte des Geistigen wahrnehmen, hat dieses aber nicht notwendigerweise nötig. Man kann einem Tier wie einer Spinne vielleicht Bewusstsein zuschreiben, wenn es zum Beispiel Anzeichen einer Traumtätigkeit zeigt[13], aber damit schreibt man ihm noch keinen Geist zu. In einem religiösen Zusammenhang verwendet deutet Geist oft auch eine ewisse Nähe zum Göttlichen an, oft verbunden mit einer moralischen Urteilsfähigkeit. Siehe auch Geist ↗

Bewusstsein und Seele


Von der Seele unterscheidet sich das Bewusstsein vor allem durch deren Individualität. Bewusstsein kann an ein individuelles Wesen gebunden gedacht werden, muss es aber nicht. Der Physiker Erwin Schrödinger sah im Bewusstsein etwas Überindividuelles, was sich zum Beispiel darin andeutet, dass das Wort keine Mehrzahl kennt.[7] Man kann sich eine Seele nicht ohne Bewusstsein denken, aber ein Bewusstsein ohne Seele ist durchaus denkbar. Auch steht der Begriff der Seele, vielleicht noch enger als Geist, oft nahe an religiösen Vorstellungen. Individuelle Wesen müssen dann erst "beseelt" werden. Und beim Tod kann die Seele als eigenständige Substanzn nach vielen Religionen den Körper wieder verlassen. Ungewöhnlich hingegen wirkt die Vorstellung, dass beim Tod eines Menschen dessen Bewusstsein aus ihm ausströmt und individuell weiter existiert. Siehe mehr unter Seele ↗

Auftreten von Bewusstsein


Es ist weitgehend unklar, bei welchen Lebensformen Bewusstsein überhaupt und falls ja, in welchen Formen auftritt. Die Körpersprache vieler Haustiere (treu blickende Hunde, schmusende Katzen) legt nahe, dass sie ein bewusstes inneres Erleben haben. Wie sieht es aber mit Fischen oder Amöben aus? Und haben Kinder bei der Geburt ein Bewusstsein? Manche Forscher verneinten das.[5] Viele Forscher gehen heute davon aus, dass Bewusstsein fließende Übergangsformen hat und auch bei weniger komplexen Lebensformen vorhanden ist.

Locked-In-Syndrom als ohnmächtiges Bewusstsein


Es gibt Patienten mit einer völligen Lähmung des Körpers. Willentlich steuern können sie bestenfalls kleine vertikale Augenbewegungen oder eine Erweiterung der Pupillen, aber auch das nicht immer. Der Hörsinn ist aber normalerweise völlig intakt. Eine Kommunikation kann im Extremfall nur über ein Brain-Compter-Interface stattfinden. Lange Zeit war es nicht erkennbar, ob diese Patienten überhaupt etwas wahrnehmen. Inzwischen weiß man, dass sie üblicherweise bei vollem Bewusstsein sind. Siehe mehr unter Locked-in-Syndrom ↗

Split-Brain als multiples Bewusstsein?


Menschen haben zwei auch optisch gut unterscheidbare Gehirnhälften. Sie sind durch einen Nervenstrang (corpus callosum) mit über 200 Millionen Fasern verbunden. Wurde dieser Strang durch einen Unfall oder eine Operation geht, können die zwei Gehirnhälften nicht mehr miteinander kommunizieren. Das verblüffende: Weder Mitmenschen noch betroffene Patienten merken irgendetwas davon. Die Menschen verhalten sich völlig normal. Nur in ausgeklügelten Experimenten stellt man fest, dass in ein und demselben Kopf augescheinlich getrennte autonome Bewusstseinskerne sitzen, die aber nichts voneinander wissen. Ungeklärt ist, wie aus den verschiedenen Aktivitäten das Gefühl eines Bewusstseinsstromes und einer Persönlichkeit entsteht. Siehe auch Split Brain ↗

Zombies als bewusstseinslose Körper


Als philosophischer Fachbegriff meint Zombie einen Menschen, der bloß mechanisch ohne inneres Erleben funktioniert. Der Zombie-Begriff hilft bei der Diskussion, ob komplexes menschliches Verhalten vollständig durch mechanistische Regeln beschrieben werden kann (komplexe Reiz-Reaktionsmuster) oder ob das erkennbar menschliche Verhalten erst durch eine wirksame Einflussnahme von Bewusstsein entsteht. Siehe auch Zombie [philosophisch] ↗

Bewusstsein: Einzahl oder Mehrzahl?


Die Mehrzahl "Bewusstsein" klingt seltsam. Man verwendet das Wort Bewusstsein meist in der Einzahl. Auf diesen bemerkenswerten Umstand wies zum Beispiel der Physiker Erwin Schrödinger (1887 bis 1961) immer wieder hin[7]. Schrödinger geht davon aus, dass dahinter möglicherweise die Tatsache steht, dass es tatsächlich nur ein Bewusstsein gibt, von dem jeder einzelne Mensch nur ein Teil ist. Die Vorstellung getrennter Bewusstseine[8] ist möglicherweise eine Täuschung[9]. Demgegenüber stehen aber moderne Visionen eines Transhumanismus, bei dem mit Hilfe von Technologie verschiedene Bewusstsein (consicousnesses) miteinander verbunden werden sollten[10]. Siehe auch Geistverschmelzung ↗

Bewusstsein in der Physik


Aus physikalischer Sicht stellen sich zwei Fragen: welche physikalischen Zustände werden von Bewusstsein begleitet? Und: könnte Bewusstsein einen wirksamen Einfluss auf den Ablauf in der Welt haben? Die zweite Frage lässt sich umformulieren: gibt es physikalische messbare Abläufe, die ohne einen Einfluss von Bewusstsein anders ablaufen würden, als sie es tatsächlich tun? Die Frage berührt Konzepte von Kausalität und darüber die Idee eines Freien Willens. Mehr dazu im Artikel Bewusstsein (naturwissenschaftlich) ↗

Bewusstsein in der Psychologie


Aus naturwissenschaftlicher Sicht stellt sich die Frage, ob man das Vorhandensein von Bewusstsein messen kann. So kann man mit Menschen einfache psychologische Versuche machen und sie danach fragen, ob sie etwa bestimmte Zahlenmuster bewusst wahrnehmen oder nicht. Man zeichnet dabei die elektrischen Erregungsmuster im Gehirn auf. Ergibt sic eine statistische signifikante Korrelation von bezeugten Bewusstsein und messbaren Muster, kann man im Umkehrschluss die elekrischen Muster als "Signaturen des Bewusstseins" auffassen. Mehr dazu im Kapitel "Bewusstsein messen" unter Vennland-Vortrag 2019 Panpsychismus => pdf ↗

Fußnoten