Die Sieben Welträtsel
Naturphilosophie
Basiswissen
Materie, Kraft, Ursrpung der Bewegung, Leben, Zweck, Bewusstsein, Vernunft, Sprache, freier Wille: diese Worte werfen Fragen auf, die nach du Bois-Reymond niemals beantwortet werden können.
Was sind die 7 Welträtsel?
- 1) Was ist Materie und Kraft?[1]
- 3) Woher kommt das erste Leben?[3]
- 4) Woher stammt der Zweck in der Natur?[4]
- 5) Woher stammt die bewusste Empfindung in den unbewussten Nerven?[5]
- 6) Woher kommt das vernünftige Denken und die Sprache?[6]
- 7) Woher stammt der „freie“, sich zum Guten verpflichtet fühlende Wille?[7]
Wer hat die Fragen formuliert?
Die Sieben Welträtsel wurden um das Jahr 1880 veröffentlicht. Der Verfasser war der deutsche Physiologe und Naturforscher Emil du Bois-Reymond ↗
Welche Fragen fehlen?
Die Frage nach Gott
Auffällig ist, dass die Frage nach der Existenz eines Gottes in der Auflistung fehlt. Dies erscheint umso bemerkenswerter, als du Bois-Reymond in einer Zeit scharfer Konfrontation zwischen Katholizismus und Naturwissenschaften (Darwinismus) wirkte. Ein Jahr vor der Veröffentlichung der "Sieben Fragen" hatte der Papst eine entschiedene Zurückweisung der Naturwissenschaften in den Zweiten Rang verfasst. Lies dazu unter Aeterni patris ↗
Fragen zur Relativitätstheorie
Die Relativitätstheorie von Albert Einstein wurde erst 25 Jahre nach "Die Sieben Welträtseln" veröffentlicht. Bemerkenswert ist, dass der englische Astrophysiker und Einstein-Kenner Arthur Stanley Eddington dort eine weitere Frage ausmacht, die man vielleicht niemals wird beantworten können. Eddington erklärt auch für physikalische Laien nachvollziehbar, dass unsere Art der Messung von Längen möglicherweise einen systematischen Fehler hat, den wir aber niemals herausfinden können.[10] Der zugrundeliegende Effekt ist die sogenannte Längenkontraktion ↗
Was heißt Intelligibilität?
Intelligibilität steht in der Philosophie für die grundsätzlich Verstehbarkeit einer Sache. Meist ist die untersuchte Sache die Welt als Ganzes. Du Bois-Reymond hielt die Welt also für nur teilweise intelligibel. Lies mehr dazu unter Intelligibilität ↗
Fußnoten
- [1] Kraft kann man nicht sehen, nicht messen, nur indirekt und konstruiert annehmen. Kraft wird oft nur definiret über ihre Wirkung auf Materie. Das verschiebt die Frage der Kraft nur weiter nach hinter zur Frage, was ist Materie ↗
- [2] Diese Frage wurde schon in der Antike und später der christlichen Scholastik behandelt. Siehe dazu die Idee erster Beweger ↗
- [3] Problematisch ist an dieser Frage, dass man Leben überhaupt erst einmal definieren muss. Siehe auch Erstes Leben ↗
- [4] Die Idee einer Zweckmäßigkeit der Natur, die Vorstellung, dass der Kosmos einem Ziel zustrebt, bezeichnet man in der Philsophie als Teleologie ↗
- [5] Zur Frage 5, woher Bewusstsein kommt, wurde in der Zeit von du Bois-Reymond die Theorie des Mind-Stuffs formuliert, kleinsten Partikeln von Bewusstsein, die sich im Lauf der Evolution zu komplexeren Gebilden zusammenfanden und dort "höhere" Formen von Bewusstsei erzeugten. Siehe dazu auch Mind-Stuff ↗
- [6] Die Frage nach dem Ursprung der Moral beschäftigte auch Kant: "Zwei Dinge erfüllen das Gemüth mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir. Ich sehe sie beide vor mir und verknüpfe sie unmittelbar mit dem Bewusstsein meiner Existenz." In: Immanuel Kant: Kritik der praktischen Vernunft. Riga, 1788. Dort das Kapitel 34, "Beschluß". Siehe auch Immanuel Kant ↗
- [7] dazu auch Linguistik ↗
- [8] Emil du Bois-Reymond: Die Sieben Welträtsel. Vortragsmanuskript. 1880. In: Emil du Bois-Reymond: Die sieben Welträtsel. Und: Über die Grenzen des Naturerkennens. In: Reden, in zwei Bänden, Hrsg.: Estelle du Bois-Reymond. Veit & Co., Leipzig 1912.
- [9] Auch Isaac Newton glaubte, dass der erste Beweger mit naturwissenschaftlichen Methoden nicht erkennbar sei. Nachdem er anhand einiger Beispiele die richtige Methode naturwissenschaftlicher Forschung skizzierte, schreibt er: "And though every true Step made in this Philosophy brings us not immediately to the Knowledge of the first Cause, yet it brings us nearer to it, and on that account is to be highly valued." In: Isaac Newton: OPTICKS: OR, A TREATISE OF THE Reflections, Refractions, Inflections and colours OF LIGHT. The FOURTH EDITION, corrected. By Sir ISAAC NEWTON, Knt. LONDON: Printed for WILLIAM INNYS at the West-End of St. Paul's. MDCCXXX (1730). Dort die Seiten 369 und 370.
- [10] Im Jahr 1927 formulierte der englische Astrophysiker Arthur Stanley Eddington ein weiteres Ignorabimus. Eine Folge der Relativitätstheorie von Albert Einstein ist, es, dass wir unmöglich feststellen können, ob wir mit unseren Längenmessungen einen sytematischen Messfehler begehen. Eddington betont ausdrücklich die Möglichkeit, diese niemals herausbekommen zu können. Die Schlussfolgerung steht am Ende einer längeren und ausführlichen Betrachtungen rund um das Phänomen der sogenannten Längenkontraktion, die du Bois-Reymond noch nicht bekannt war: "The FitzGerald contraction may seem a little thing to bring the whole structure of classical physics tumbling down. But few indeed are the experiments contributing to our scientific knowledge which would not be invalidated if our methods of measuring lengths were fundamentally unsound. We now find that there is no guarantee that they are not subject to a systematic kind of error. Worse still we do not know if the error occurs or not, and there is every reason to presume that it is impossible to know." In: Arthur Stanley Eddington: The Nature of the Physical World. MacMillan, 1928 (Gifford Lectures). Dort die Seite 19. Deutsch: Die Natur der physikalischen Welt. Die Gifford Vorlesungen 1927 in Deutsch. Siehe auch Längenkontraktion ↗