Stufenbau der Materie
Buch
Basiswissen
Der schweizer Emil Schmied entwirft das Bild einer schrittweisen Entwicklung der Evolutionen zu Gebilden wachsender Komplexität. Er verwendet dabei Begriff wie Proto- und Metabiont. Das ist hier kurz anhand eines Zitates aus dem Buch skizziert.
Der Metabiont als zentraler Begriff
"Die Entstehung der Vielzeller aus den Einzellern ist heute noch nichtgenügend klargelegt; jedenfalls haben sie an mehreren Stellen der Proto-Biontenstufe ihren Anfang genommen. Die einzelnen Zellen sind im Metabiont gruppiert zu Geweben in ± weitgehender Arbeitsteilung, subatomare, atomare, molekulare und protobiontische Strukturen enthaltend, dem wohl umgrenzten Gefüge eingeordnet. [...] Die Einzelzellen bleiben im Metabiont Ganzheiten; auch in Isolation sind sie weiter lebensfähig, wenn man sie in ein entsprechendes Milieu bringt. [...] Nach holistischer Auffassung sollen zwischen Protobionten und Metabionten keine prinzipiellen Unterschiede sein, dagegen sprechen aber die zahlreichen, gegenüber der Protobiontenstufe konstatierten Nova: Spezielle Sinnesorgane, Kräftespeicherung, Organbildung, verstärkter Persönlichkeitscharakter der Individuen usw. [... ] Über die Metabiontenstufe hinaus sind der Materie nur wenige Vorstösse geglückt. Soziale Strukturen sind nur an wenigen Stellen des Tier-reiches zustande gekommen, bei den hervorragend differenzierten und adaptierten Insekten und beim Menschen, dessen hochentwickeltes Zentralnervensystem den Anforderungen einer sozialen Gefügebildung genügte. [...] Die Stufengrenzen sind da, wo Gefüge einer Stufe zu einem höheren Gefüge zusammentreten, subatomare Körper zu Atomen, Atome zu Molekülen, Moleküle zu Protobionten, Einzeller zu Metabionten, Metabionten zu Sozietäten."[1] Siehe auch Metabiont (Biologie) ↗
Abgrenzung zum Unbelebten
"Während die nicht organismischen, nichtautonomen, von der Umwelt völlig abhängigen abiotischen Ganzheiten von der Art der Atome und Moleküle von Kernkräften und elektromagnetischen Kräften zusammengehalten werden, kommen bei den Lebewesen der untersten Stufe, den Protobionten, noch dazu Hüllen, Zellwände, Organelle, und weiter bei den Metabionten ein Gefüge mit Arbeitsteilung nach Organen, beiden Sozietäten des Menschen organisierte Arbeitsteilung, Energiebeschaffung, Sprache, Rechtsordnung, Verkehrsmittel usw."[2] Siehe auch Leben ↗
Was ist die Scala naturae?
So bezeichnet man ein Denkbild, in dem die Dinge der Welt von kleinsten Teilen her sich zu immer größeren Gebilden zusammenfügen und dabei einer göttlich-harmonischen Ordnung folgen. Während der Stufenbau der Materie Ideen von Entwicklung und Evolution zulässt, war die Scala naturae als eine starre und unveränderliche Weltordnung gedacht. Siehe auch Scala naturae ↗
Fußnoten
- [1] Emil Schmied: Der Stufenbau der Materie und die biologischen Wissenschaften. In: Vierteljahrsschrift ct. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 88. 1943.
- [2] Emil Schmied: Der Ganzheitsbegriff in der Biocoenologie und in der Landschaftskunde, Geographica Helvetica, 10, 153–162, https://doi.org/10.5194/gh-10-153-1955, 1955.
- [3] Ernst Häckel: Die Welträtsel. Gemeinverständliche Studien über Monistische Philosophie. Neu bearbeitete Taschenausgabe. Leipzig. Alfred Kröner Verlag. 1909 (Erstausgabe 1899). Dort vor allem: Siebtes Kapitel: Stufenleiter der Seele. Seite 68.
- [4] Fortschritt und Richtung in der Evolution? In: Schöpfung und Evolution – zwischen Sein und Design. Neuer Streit um die Evolutionstheorie (pp.89–112). Herausgegeben von: Böhlau. Editiert von: Ulrich H. Körtner & Marianne Popp. 2007.
- [5] Francis Heylighen: The Growth of Structural and Functional Complexity during Evolution. In: F. Heylighen & D. Aerts (eds.): "The Evolution of Complexity" (Kluwer, Dordrecht). 1996.
- [6] W. Brian Arthur: Why do Things Become More Complex? In: Scientific American. May 1993. Seite 92. ff.
- [7] Carl Zimmer: The Surprising Origins of Life's Complexity" in Scientific American 309, 2, 84-89. August 2013. doi:10.1038/scientificamerican0813-84
- [8] Nicolai Hartmann: Ontologie. 4 Bände. Walter de Gruyter, Berlin 1935–1950. Dort vor allem Band 3: Kapitel 3. Der Aufbau der realen Welt: Grundriß der allgemeinen Kategorienlehre.
- [9] Emile Boutroux: De la contingence des lois de la nature (1874 ; dt. Die Kontingenz der Naturgesetze, 1911, Denken in Schichten und Stufen)
- [10] Dass möglicherweise die Komplexität im Universum zunimmt (law of increasing “complexity. ) behandelt ein Artikel aus dem Jahr 2023: Michael L. Wong, Carol E. Cleland, Daniel Arend Jr., Robert M. Hazen: On the roles of function and selection in evolving systems. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS). 2023. 120 (43) e2310223120. Online: https://doi.org/10.1073/pnas.2310223120