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Subjektivität

Physik

Basiswissen


Als Subjektivität bezeichnet man die Abhängigkeit von Werturteilen, Gefühlsregungen oder Sinneseindrücken von der jeweilig betroffenen Person, dem Subjekt[1]. Die philosophische Position, dass letztendlich alle Erkenntnis der Subjektivität unterliegt bezeichnet man als Subjektivismus[2]. Hier stehen einige Beispiele aus den (Natur)wissenschaften zu Subjektivität von Erkenntnis.

Das Subjekt als Quelle von Handlung und Wertung


Ein Subjekt ist eine Person, oder allgemein ein Wesen, das etwas erleben, tun oder auch bewerten kann[3]. Man bezeichnet etwas als subjektiv, wenn seine Eigenschaften zumindest teilweise von der betrachtenden Person abhängen. In den Naturwissenschaften und damit speziell auch in der Physik interessiert die Frage, inwiefern Messergebnisse subjektiv beeinflusst sind oder nicht. Betrachtete die Physik die uns umgebende Welt als rein objektiv, hat die Quantenphysik seit den 1920er Jahren die Frage erneut aufgeworfen, ob es eine objektive Realität überhaupt gibt.

Farbeindrücke sind subjektiv: die Benham-Scheibe


Im Jahr 1838 beschrieb der Naturphilosoph Gustav Theodor Fechner (1801 bis 1887) eine Kreisscheibe mit schwarzen und weißen Mustern.[4] Unter geeigneten Umständen erscheint die Scheibe bei einer schnellen Drehung farbig. Der Farbeindruck kann dabei bei verschiedenen Personen unterschiedlich von der Art und Stärke durchaus unterschiedlich sein.



Wenn verschiedene Personen dieses Video betrachten und dabei unterschiedlich Eindrücke schildern, dann sind die Eindrücke subjektiv.

Wir haben den Versuch in unserer Lernwerkstatt in Aachen mit verschiedenen Personen durchgeführt. Bei ansonsten gleichen Bedingungen sahen manche Personen Farbeffekte, andere nicht. Auch unterschieden sich die Angaben der Farbe, etwa zwischen rot, orange und braun einerseits oder blau und grün oder türkis andererseits. Unter anderem soll der Effekt auch vom momentanen Zustand einer Person abhängen[5].

MERKSATZ:

1.0 Sinneseindrücke sind oft stark subjektiv geprägt.

Neben der Frage, ob die Scheibe im rotierenden Zustand tatsächlich eine Farbe HAT ist die Frage interessant, ob man sich angesichts der unterschiedlichen Eindrücke von beobachtenden Menschen auf einen objektiv gültigen Farbeindruck einigen kann. Tatsache ist, dass der Effekt zwar auch am Monitor erzeugt werden kann, gleichzeitig aber ein Screenshot oder ein angehaltener Video-Film den Eindruck sofort verschwinden lässt. Siehe mehr unter Benham-Scheibe ↗

Zufälligkeit ist subjektiv: Zahlenfolgen


Ein weiteres gutes Beispiel für die Subjektivität von Erkenntnis bietet die Theorie der Wahrscheinlichkeiten. So kann die Ziffernfolge 1 4 1 5 9 2 6 5 3 5 8 9 7 9 3 2 3 8 4 6 2 6 4 3 3 8 3 2 7 9 5 0 2 8 8 4 1 9 7 1 6 9 3 9 9 3 7 5 1 0 5 8 2 0 9 7 4 9 4 4 5 9 2 3 0 7 8 1 6 4 0 6 2 8 6 2 0 8 9 9 8 6 2 8 0 3 4 8 2 5 3 4 2 1 1 7 0 6 7 9 völlig zufällig erscheinen. Die Ziffer 0 kommt in den insgesamt 100 Ziffern genau 8 mal, das ergibt eine relative Häufigkeit von 8/100 oder rund 8 %. Deutete man diese relative Häufigkeit als empirische Wahrscheinlichkeit, könnte man mit diesem Zahlenwert abschätzen, wie oft die 0 bei weiteren 100 Ziffern dieser scheinbar zufälligen Zahlenfolge erscheinen wird[6].

MERKSATZ:

2.0 Zahlenfolgen können subjektiv zufällig erscheinen, ohne es wirklich zu sein.

Tatsächlich ist die Zahlenfolge im Beispiel hier nichts anderes als die Abfolge der ersten 100 Nachkommastellen der Kreiszahl Pi. Die Abfolge ist also durchaus nicht zufälllig sondern durch Rechenformeln fest vorgegeben[7]. Nur wer die Entstehungsregel der Ziffernfolge nicht kennt, würde dann etwas Zufälliges vermuten. Der Eindruck des Zufalls ist hier also subjektiv, der Zufall ein bloß subjektiver Zufall ↗

Die Realität ist subjektiv: das EPR


In der Physik war es bis in die 1920er Jahre in weit verbreiteter Konsens, dass die Objekte der Welt um uns herum objektiv für sich alleine bestehen und auch ihre Eigenschaften nicht von uns als Betrachter abhängen.[8] Das Blatt eines Baumes hat eine objektive Masse, die man messen kann und die nicht davon abhängt, wer die Messung macht oder mit welchem Verfahren man misst. Diese Grundgewissheit vieler Physiker wurde in den 1920er Jahren durch Versuchsergebnisse der Quantenphysik erschüttert.

MERKSATZ:

3.0 Die Quantenphysik hinterfragt, ob die Realität objektiv oder subjektiv ist.

Klassische Experimente die heute durchgeführt werden können sind Variationen des Einstein-Podolsky-Rosten Paradoxons: welche Eigenschaften ein Teilchen A als Paar von zwei Teilchen A und B hat, hängt zum Beispiel davon ab, welche Messungen man dem räumlich weit entfernten Teilchen B vornimmt. Damit kann der Experimentator am Ort von B sozusagen subjektiv beeinflussen, welche Messerergebnisse SOFORT am Ort von A wie wahrscheinlich sind. Die Eigenschaften des Teilchens A sind damit untrennbar mit der subjektiven Wahl des Experimentators verbunden. Siehe dazu Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon ↗

Subjektivität und Subjektivismus


Subjektivät bezeichnet meist die Bindung von konkreten Urteilen oder Eindrücken an eine jeweils betroffene Person. Ferner bezieht sich das Wort Subjektivität oft auf bestimmte Bereiche, etwa die Subjektivät der Farbwahrnehmung oder die Subjektivät von Geschmack und Werturteilen. Wo aber diese Bindung als als unauflösbar und ganz grundlegende für die Beziehung von Menschen zur Welt gefordert wird, spricht man von einer weltanschaulichen Position, dem Subjektivismus[9] ↗

Fußnoten