Vielseelenlehre
Philosophie
Basiswissen
Als Vielseelenlehre (Englisch multiple souls) bezeichnet man Vorstellungen, dass in ein und demselben menschlichen Körper verschiedene individuelle Seelenwesen zur Wirkung drängen. Insbesondere fernöstliche Philosophien sind mit diesem Gedanken vertraut, aber auch die brasilianischen Guarani[1]. Ein gemeinsamer Zug dieser Theorie ist es, dass die Seelen vor und nach dem irdischen Leben getrennte Wege gehen. Als Vision des Transhumanismus erscheint das Motiv als Geistverschmelzung ↗
Quaestiones
- 1) Wenn aus Bewusstseins-Bausteinen ein Überbewusstsein entsteht, verlieren die Bausteine dabe ihr altes psychisches Ich?
- 2) Gibt es bei der Verbindung eine Mischform neuer Zustände: wird aus traurigen und freudvollen Ichs ein ausgeglichenes Ich?
- 3) Gibt es bei der Verbindung eine Konkurrenz gegenseitiger Ausschlüsse: wird aus traurig und freudvoll entweder nur traurig oder nur freudvoll?
- 4) Den einzelnen Zellen eines menschlichen Körpers kann man eine elementare Psyche zusprechen. Wenn man ihnen aber zum Beispiel nicht die - 5) Fähigkeit zur Gemütslage der Wehmut zusprechen möchte, wie kann dann aus einer Kombination die Wehmut eines individuellen Menschen werden?
- 6) Bestimmen die psychischen Zustände der Elemente immer eindeutig die Psyche des kombinierten Wesen oder kann das kombinierte Wesen Freiheiten entwicklen, dich nicht eindeutig aus den Teilen resultieren (Emergenz)?
- 7) Ist eine wirkungsvolle Kombination an zeitliche oder räumliche Nähe der elementaren Psychen gebunden? Oder können sie über weite Distanzen oder über weite Zeiträume hinweg erfolgen?
- 8) Können sich einzelne psychische Elemente aktiv einer Verschmelzung widersetzen oder läuft diese bei geeigneten Umständen naturgesetzmäßig automatisch ab?
- 9) Kann ein Element gleichzeitig Teil verschiedenen Überwesen sein?
- 10) Können sich die Überwesen die Bewusstseinszustände ihrer Teile bewusst machen?
Fußnoten
- [1] Multiple souls. In: Encyclopedia Britannica. Abgerufen am 10. September 2023. Online: https://britannica.com/topic/multiple-souls
- [2] Loris Vielseelenlehre: "In der Bedrohung durch das Vergangene, die Loris früh schon in allem Anspurch der Tradition witterte, kommt jedoch nur besonders deutlich zum Vorschen, was alle Ich-Konturierung impliziert: eben jene Erstarrung, gegen die Loris Vielseelenlehre sich wandte. Den Einzelseelen, die sich revolutionär von der Herrschaft des Bewußtsein befreit hatten, drohte eine diktatur von außen, die Identität um den Preis der Lebendigkeit gewährte." In: Karl Pestalozzi: Die Entstehung des lyrischen Ich: Studien zum Motiv der Erhebung in der Lyrik. Studien zum Motiv der Erhebung in der Lyrik. Walter de Gruyter & Co. Berlin. 1970. Dort die Seite 287.
- [3] "Am sichersten weist aber die Vielseelenlehre der Khonds auf die alten Grundlagen, da es sich hier fraglos um primitive Vorstellungen handelt." In: Wolfgang Binde. Magie der Geschichte: das Erbe der Primitiven. Strom-Verlag. 1965. Dort die Seite 33.