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Welle

Physik

Definition


Eine Welle ist eine sich im Raum fortpflanzende Schwingung: auf diese gemeinsame Kernbedeutung kann man die meisten Definitionen von Welle im Sinn der Physik bringen. Dabei sind die vollständigen Definitionen jedoch nicht deckungsgleich und zum Teil auch widersprüchlich. Abhängig vom betrachteten Phänomen muss der Begriff der Welle dem Zusammenhang angepasst werden.

Die Welle im Meer als anschaulicher Ausgangspunkt


Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Welle verweist auf eine wallende Bewegung, insbesondere auch von Wasser[1]. Dieser Bezug hat sich noch erhalten im deutschen Wort wallen oder dem englischen well für Wasserquelle. Später wurde im Deutschen die Bedeutung verengt auf eine "Erhöhung auf der Oberfläche des in Bewegung gesetzten Wassers"[2]. Das ist die alltägliche Bedeutung von Welle, so wie sie am Meer zu beobachten ist.



Typische Meereswellen treffen auf ein Deckwerk an der Küste der Nordsee. Man beachte, dass die einzelnen Wellen aus Bergen und Tälern bestehen.

Die Form und das Verhalten von Wasserwellen ist nicht mit einfachen Formeln zu beschreiben. Von kleinsten Windwellen bis hin zu den zerstörerischen Monsterwellen und Tsunamis wirken sehr viele verschiedene Faktoren zusammen. Eine große Bedeutung hat die Erforschung von Wellen für den Küstenschutz und den Bau von Schiffen. Für die Physik diente die Wasserwelle als Inspiration bis in Bereiche hinein, die mit Wasser nichts mehr gemeinsam haben.[26] Siehe mehr unter Wasserwelle ↗

Der Begriff der Welle in der Physik


Abgeleitet von dieser natürlichen Wasserwelle wurde der Begriff der Welle in der Physik seit dem 17ten Jahrhundert stark abstrahiert. Dabei wurde er auch immer mehr der Anschaulichkeit entzogen[13]. Die vorläufig letzte Stufe dieser Abstraktion gipfelte dann in der Frage der Quantenphysiker, ob die von ihnen angenommen elektromagnetischen Wellen mit ihren Feldern überhaupt existieren oder bloß eine Rechenidee sind.[9]

MERKSATZ:

1.0 Den Begriff der Wasserwelle auf andere physikalische Phänomene zu übertragen war der Beginn einer Reihe von Abstraktion jenseits jeder Anschaulichkeit.

Je nachdem unter welchem Erklärungsdruck der experimentellen Befunde der Begriff der Welle zugeschnitten wurde, traten dabei manche Aspekte in den Vordergrund, andere konnten vernachlässigt werden. So kam es etwa dass zwar viele Definition einer Welle diese vor allem über ihre Ausdehnung im Raum verstehen[7][8], andererseits aber in dem Begriff des Wellenpakets gerade diese Ausdehnung wieder rückgängig gemacht werden soll[11], was zu Widersprüchen führt[13]. Hier werden nun einzelne Aspekte betrachtet, wie sie - nicht immer widerspruchsfrei - mit Wellen in Verbindung gebracht werden.

Die Welle als Weitergabe von Schwingungen von Oszillatoren


Lässt man sich außerhalb der Brandungszone im Meer regungslos auf der Oberfläche treiben[19], und gehen dann mehr oder minder hohen Wellen unter einem hindurch kann man eine beachtliche Beobachtung machen: die Wellen heben einen nach oben und lassen einen wieder nach unten sinken. Aber man wird von den Wellen in ihrer Bewegung hin zum Strand nicht mitgenommen. Und dasselbe gilt auch für die an der Wellenbewegung beteiligten Wasserteilchen selbst: siehe vollführen eine kleine Kreis- oder Ellipsenbewegung, sind aber am Ende einer vollständigen solchen Bewegung wieder an ihrem Ausgangspunkt.[21]

MERKSATZ:

2.0 Bei Wasserwellen schwingen die beteiligten Wasserteilchen nur hin und her. Über einen längeren Zeitraum betrachtet ändert sich ihre durchschnittliche Position nicht.

Tatsächlich pflanzt sich eine Welle im Wasser dadurch fort, dass die Wasserteilchen untereinander eine gewisste Zähigkeit aufweisen. Sie sind mechanisch gekoppelt: geht ein Teilchen nach oben, nimmt es mit einem gewissen Zeitverzug[5] auch die benachbarten Teilchen mit. Das kann man verallgemeinern für alle Formen von mechanischen Wellen. Mechanisch nennt man Wellen, bei der die schwingenden Teilchen aus Materie bestehen[20]. Die schwingenden Teilchen selbst bezeichnet man als Oszillatoren. In einer weitergehenden Abstraktion kommt es dann sogar nicht mehr darauf an, dass sich ein materieller Oszillator bewegt, es genügt die Ausbreitung einer irgendwie gearteten Zustandsänderung[8].

MERKSATZ:

3.0 Das was schwingt nennt man einen Oszillator. Bei mechanischen Wellen ist der Oszillator ein schwingfähiges System aus Materie. Das können zum Beispiel gekoppelte Pendel, Wasserteilchen oder auch Luftmoleküle sein.

Die Idee, dass auch Licht eine solche mechanische Schwingung "elastisch" gekoppelter Oszillatoren sein könnte wird heute dem Niederländer Christiaan Huygens zugeschrieben. Er nahm dabei einen für uns unsichtbaren Äther aus Materie an als schwingende Teilchen des Lichts an[22], hatte aber ein gutes Argument dagegen, dass diese Teilchen sich selbst durch den Raum bewegen[23]. Die historisch ältere Theorien von Licht als Welle mit materiellen Oszillatoren bezeichnet man auch als Undulationstheorie[24] oder elastische Theorie des Lichts[8].

Die Welle als Weitergabe von Schwingungen ohne Oszillatoren


Was für Grimaldi, Newton und Huygens im 17ten Jahrhundert noch Gegenstand zur Spekulation war, nämlich die Wellennatur des Lichts[25], galt seit Beginn des 19ten Jahrhunderts als Gewissheit[26]. Wenn aber Licht eine wellenartige Erscheinung ist, was sind dann die Oszillatoren? Was schwingt bei einer Welle? Die hypothetischen schwingenden Teilchen des Lichts nannte man den Äther. Schon Huygens hatte mit einem einfachen Experiment nachgewiesen, dass - anders als bei Schall - die Luft nicht in Frage kommt und dass der Äther auch Glas und Wasser durchdringen muss[27]. Die Existenz des Äthers, so schwer er auch anschaulich als feinstoffliche Materie zu fassen sein möge, galt bis zur Schwelle zum 20ten Jahrhundert als Gewissheit.[28]

MERKSATZ:

4.0 Als materielle Grundlage von Licht - und später auch elektromagnetischen Wellen - nahm man einen materiellen Äther an. Doch diese Annahme führt zu unüberwindbaren Problemen, die zu Einsteins Relativitätstheorie aus dem Jahr 1905 führten.

Im Jahr 1887 wurde die Ergebnisse eines aufwändigen Experimentes zur relativen Geschwindigkeit der Erde zum Äther veröffentlicht.[29] Das verblüffende Ergebnis war, dass sich der Äther nicht widerspruchsfrei zu den bekannten Gesetzen der Bewegung erklären ließe. Das war dann der Anlass für Albert Einsteins Relativitätstheorie aus dem Jahr 1905. Statt von einem Äthers ging Einstein nun von Krümmungen der Raumzeit aus. Er stellte einen Rechenformalismus vor, der ganz auf den Äther verzichtete.

MERKSATZ:

5.0 Seit Einsteins Relativitätstheorie gilt für viele Physiker der Äther als eine überholte Vorstellung.[30] Doch das wirft die Frage auf, was denn die Oszillatoren elektromagnetischer Wellen - und damit auch des Lichts - sein sollen. Denn auch wenn man nun statt von einem Äther von Feldern als Träger der elektromagnetischen Wellen spricht, so ist die Frage nach der materiellen Realität nur auf ein anderes Wort verschoben.[31]

So ist der Stand heute, dass man ganz pragmatisch von elektromagnetischen Wellen, Gravitationswellen oder auch Wahrscheinlichkeitswellen[32] spricht, und dabei weitgehend die Frage ausblendet, was denn an diesen Wellen die schwingenden Dinge sein sollen, ob die Wellen und ihre Felder real überhaupt existieren sollen. Die Probleme mit einer anschaulichen Vorstellung von solchen Wellen[33] treiben die Abstraktion bis dahin, dass man den leeren Raum selbst als einen "Rechnenden Raum" auffasst[34] und über die Welt als eine Simulation spekuliert[35]. Mein Anliegen hier ist es nicht, für oder gegen eine der Sichten zu sprechen. Vielmehr glaube ich, dass der Nobelpreisträger der Physik, Anton Zeilinger, gute Gründe dafür hat, dass er eine stärkere philosophische Durchdringung der modernen Physik fordert.[36]

Die Welle als Ausbreitung


Verschiedene Definitionen von Welle fußen auf der Idee einer Ausbreitung[8][10], etwa wenn von einer Ausbreitungsgeschwindigkeit[6] oder dem Transport der Energie[40] die Rede ist. Nimmt man das Wort "ausbreiten" ernst, so heißt das, dass die Welle über die Zeit betrachtet immer mehr Fläche oder Raum erfüllt.[12] Die Idee der Ausbreitung wirft aber mindestens zwei Probleme auf. Es gibt Wellen, sogenannte Solitone, die als reale Wasserwellen einen Kanal entlang wandern können, ohne dass sie dabei ihre Form - und damit auch nicht ihre Ausdehnung - verändern.[14] Eng damit verbunden ist die quantenphysikalische Idee von einer Materiewelle[15] im Sinne eines mathematischen Wellenpakets[16]. Hier ist es geradezu der Kern der Idee, dass das Wellenphänomen zwar durch den Raum wandern kann, sich dabei aber nicht ausbreiten darf[13].

MERKSATZ:

6.0 Während sich klassische Wellen auf der Oberfläche eines Gewässers theoretisch unendlich ausdehnen können, sollen zum Beispiel die Materiewellen der Quantenhysik genau diese Eigenschaft nicht haben.

Für die Quellen von Wasserwellen sowie auch elektromagnetischen Wellen, etwa Licht, haben wir also einmal die zutreffende Idee, dass sich bei einer längeren Dauer von anregenden Schwingungen die Phänomene über den ganzen zur Verfügung stehenden Bereich ausbreiten. Andererseits haben wir bei der Idee von Lichtteilchen (Photonen) und als Materiewellen gedachten Teilchen die Notwendigkeit, dass das Wellenphänom individueller Teilchen sich gerade nicht ausbreitet. Und auch die Wellenfunktion zur Beschreibung der Elektronen in einem Atom, wie sie von Bohr und später Schrödinger konzipiert wurden, haben im Endeffekt ja auch keine sich im Raum ausdehnenden Atome sondern örtlich begrenzte Teilchen. Man muss also an alle diese und möglicherweise noch weitere Fälle denken, wenn man Wellen über ihre Eigenschaft einer Ausbreitung im Raum definiert.

Die Welle als Fortpflanzung


Die Einschränkungen und Probleme[13], die sich aus der Definition einer Welle über ihre Fähigkeit zur Ausbreitung im Raum ergeben, vermeidet man völlig, wenn man eine Welle über die Fortpflanzung einer Schwingung im Raum charakterisiert[5], und zum Beispiel auch von einer Fortpflanzungsgeschwindigkeit spricht[8][44], einer "fortschreitenden Welle"[40] der Schwingung, oder ganz einfach von einer Wanderung, etwa der Energie[40].

MERKSATZ:

7.0 Wellen bestehen aus Schwingungen, die sich im Raum fortpflanzen. Das gilt auch für stehende Wellen.

Die Stärke der Definition über eine Fortpflanzung von Schwingungen zeigt sich am Beispiel einer sogenannten stehenden Welle. Eine stehende Welle, etwa eine stehende Schallwelle in der Kundtschen Röhre in der Akustik[18], kann man in rundum begrenzten Räumen erzeugen. Von einer Ausbreitung kann dann also keine Rede sein. Aber die Schwingung der einzelnen Luftteilchen pflanzt sich abgesehen von den Knoten der Welle ständig fort.

Die Welle transportiert Energie, nicht Materie


Klassisch gedachte Wellen transportieren Energie über den Raum, ohne dass aber die Massen, die den Transport besorgen dauerhaft ihren Ort verlassen[21][40]. Man stelle sich etwa die große Menge an zerstörerischer Energie vor die ein Tsunami über tausende von Kilometern transportieren kann, ohne dass sich das beteiligte Wasser selbst in Richtung des Transports bewegt[37][38]. Über weite Strecken des Ozeans bewegte sich das Wasser für nur kurze Zeit nur wenige Zentimeter oder Dezimeter auf und abwärts.

MERKSATZ:

8.0 Wellen können Energie transportieren, ohne dass die beteiligte Masse selbst transportiert wird.

Energie kann auch über Masse transportiert werden. Das Geschoss einer Kanone transportiert Teile von Explosionsenergie in Form von Bewegungsenergie zum Ziel, und wandelt sie dort in Deformationsenergie um. Aber auch wenn man einen heißen Tee in einer Thermoskanne von zuhause mit auf eine Winterwanderung nimmt, hat man Energie zusammen mit Materie transportiert. In der Atomphysik ist die von Strahlung aus Alpha- oder Betateilchen transportierte Energie ein gutes Beispiel. In einer Röntgenröhre kann Metall durch Beschuss mit Betastrahlung (Elektronen) durchaus zum Schmelzen gebracht werden[40].

Dass Wellen Energie ohne einen Transport von Masse übertragen können heißt aber nicht, dass der Umkehrschluss gilt. Wellen können durchaus Masse transportieren, etwa eine Surfering über eine Strecke von mehr als 12 Kilometern[38]. Wesentlich ist aber, dass ein Massetransport für Wellen vielleicht möglich, aber für einen Energietransport nicht notwendig ist.

Die Welle als Überträger von Impuls


Ein Impuls liegt vor, wenn sich eine Masse mit einer Geschwindigkeit bewegt. Der Impuls p ist gleich dem Produkt aus einer Masse m und Geschwindigkeit v dieser Masse, kurz p=mv. Wenn also eine Welle den Impuls von Materie verändern kann, dann kann man davon sprechen, dass sie einen Impuls von sich auf die Materie übertragen hat. Dazu stehen hier einige Beispiele. Dabei ist der Impuls eine sogenannte vektorielle Größe. Das heißt, die Richtung der Bewegung spielt eine Rolle für den Impuls. Das hat zur Folge, dass auch jede Änderung der Richtung einer Bewegung immer auch eine Änderung des Impulses bedeudet.

MERKSATZ:

9.0 Wenn eine Masse ihre Geschwindigkeit entlang einer fixen geraden Linie betrachtet, verändert hat, dann muss ein Impuls auf diese Masse übertragen worden sein.

Dass klassische, mechanische Wellen Impuls übertragen können ist offensichtlich. Wenn eine Welle auf der Wasseroberfläche vorher ruhende Wasserteilchen nach oben anhebt dann haben die entsprechenden Wasserteilchen ihren Impuls geändert. Wenn gekoppelte Pendel ihre Bewegung an ihre Nachbarpendel weitergeben, dann haben sie zwangsläufig auch einen Impuls übertragen. Und wenn schließlich eine Druckwelle nach einer Explosion oder eine Erdbebenwelle Häsuer zum Einsturz bringt, dann wurde auch ganz offensichtlich dort ein Impuls durch die Wellen übertragen. Interessant ist auch der Fall eines Surfers, der auf einer Welle reitet und am Anfang seiner Bewegung einen Impuls in Richtung der Wellenbewegung oder auch etwas schräg dazu aufnehmen kann.

MERKSATZ:

10.0 Mechanische Wellen bieten viele Beispiele, wie sie einen Impuls übertragen können.

Interessant ist nun die Frage, ob auch eine elektromagnetische Welle Impuls übertragen kann. Bleibt man bei der mechanischen Definition von Impuls als Produkt von Masse mal Geschwindigkeit, so kann eine elektromagnetische Welle zumindest nicht Träger eines Impulses sein, denn ihre (Ruhe)Masse ist gleich 0 und damit auch ihr Impuls. Wie vertrackt diese Fragestellung werden kann, betrachtete Albert Einstein in einer Veröffentlichung aus dem Jahr 1916[41]. Ein Phänomen, das die Übertragung von Impuls von einem Photon auf einen massebehafteten Körper, nämlich ein Elektron, belegt ist die Compton-Streuung[42]. Ein weiterer Beleg ist die sogenannte Rückstoßtemperatur[43].

MERKSATZ:

11.0 Auch elektromagnetische Wellen, modellhaft als Photonen gedacht, sind Träger eines Impulses. Das belegen zum Beispiel die Compton-Streuung sowie die Rückstoßtemperatur.

Zur Berechnung des Impulses p eines Photons im Sinne einer elektromagnetischen Welle dienen die Formeln p = h·f/c sowie p=h/l. Dabei sind h das Plancksche Wirkungsquantum, f die Frequenz des Photons, c die Lichtgeschwindigkeit und l die Wellenlänge. Siehe mehr dazu unter Photonenimpuls ↗

Beispiele für verschiedene Arten von Wellen



Sonstige Bedeutungen von Welle



Fußnoten