Materiewelle
Quantenphysik
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Basiswissen ·
Materie an sich ·
Problemstellung ·
Materie als Welle ·
Mathematische Darstellung ·
Grundformel ·
Fußnoten
Basiswissen
Als Materiewelle, oder auch Wellenpaket[4] bezeichnet man ein mit Teilchen verbundenes Wellenmodell: um die Ausbreitung eines Teilchens, etwa eines Elektrons[6], im Raum und der Zeit vorauszuberechnen, muss man sein Bewegungsverhalten als ausgedehnte Welle beschrieben. Diese einem Teilchen zugeordnete Welle nennt man Materiewelle. Ob sie real existiert ist unklar. Klar ist, dass sie als Modell exakte Vorausberechnungen der Wirklichkeit ermöglicht.
Materie an sich
Das Wort Materie ist etymologisch (sprachwissenschaftlich) verwandt mit dem deutschen Mutter, dem persischen madar und dem englischen matter oder auch dem Wort Matrix. Alle diesen Bedeutungen ist die Idee der Urstoffes, der Herkunft, des Grundlegenden gemeinsam. Physikalisch denkend würde Materie hier am ehesten den Urstoff bezeichnen, aus dem alles zusammengesetzt ist. Diese Rolle nehmen in der Physik am ehesten als Teilchen gedachte Dinge ein. Bei einem Atom oder einem Proton würde man durchaus von Materie sprechen. Auch bei großen Gebilden wie Holzblöcken, Wassermengen oder auch Gas würde man von Materie sprechen. Als Materie würde man am ehesten "Zeug" beschreiben, das eine Masse hat, das man wiegen kann. Bei elektrischen Feldern oder Gravitationsfeldern würde man eher nicht von Materie sprechen. Auch reine Energie, etwa die kinetische Energie in einer schnellen Kugel, würde man eher nicht als Materie bezeichnen. Der Übergang zwischen Materie und Energie ist aber fließend, die Unterscheidung konsequent nicht aufrecht erhaltbar.[8][9] Man kann aus reiner Energie (Geschwindigkeit) zum Beispiel feste Materie machen. Sehr deutlich tritt der fließende Übergang bei "Lichtteilchen" zutage. Mehr dazu unter Photonenwelle ↗
Problemstellung
Obwohl der Materiebegriff in der Physik nicht scharf gefasst werden kann, benutzt man ihn oft im Zusammenhang mit klar gedachten Teilchen wie etwa Protonen oder ganzen Atomen. Materie meint hier also im Wesentlichen: als Teilchen gedachte fest Dinge. Von der Alltagserfahrung her kann man die Bewegung und den Zusammenprall solcher Teilchen ganz ähnlich wie das Verhalten von Steinbrocken oder Billardkugeln berechnen. Man benutzt die seit dem 18ten Jahrhundert gut bekannten Gesetze von Newton und anderen Forschern. Damit kann man das Verhalten vieler großer und kleiner Teilchen sehr gut in Fromeln fassen und vorausberechnen. Es gibt aber Experimente, bei denen das Teilchenmodell völlig versagt. Dazu zählt insbesondere alles, was mit Interferenz zu tun hat. Das Standard-Experiment dafür ist das Doppelspaltexperiment mit Licht oder Elektronen.Als Teilchen gedachtes Licht (Photonen) oder als Teilchen gedachte Elektronen können unmöglich Interferenz ergeben. Die Lösung des Problems liegt in der Idee der Materiewelle.
Materie als Welle
Auf Schirmen aufgefangene Teilchen in Versuchen sind immer "klumpenartig", eng begrenzt, punkthaft, kurz: teilchenartig. Um aber die Ausbreitung und Bewegung solcher Teilchen zu beschreiben benutzt man Gleichungen die eher wellenartige Phänomene beschreiben. Um im Wellenmodell rechnen zu können braucht man unbedingt eine Wellenlänge und eine Frequenz. Die Formel, die das leistet ist nach dem französischen Physiker Louis de Broglie (sprich: Broij) benannt. Wenn man den Impuls (Masse mal Geschwindigkeit) eines Teilchen kennt, kann man daraus immer die sogenannte de-Broglie-Wellenlänge berechnen. Aus der Wellenlänge kann man dann auch eine Frequenz berechnen. Mit Frequenz ud Wellenlänge kann man schlussendlich das ganze Formelpaket für Wellen benutzen. Die auf diese Weise gedachte Wellenbild zu einem Teilchen nennt man dann die Materiewelle.
Mathematische Darstellung
Bei den Wellenformeln für Teilchen kommen immer nur Aufenthaltswahrscheinlichkeiten heraus.[37] Mathematisch gesprochen formuliert man Wellenfunktionen. Nimmt man den Funktionswert einer solchen Welle zum Quadrat, so hat man im Ergebnis immer eine Zahl zwischen 0 und 1. Diese Zahl wird als Aufenthaltswahrscheinlichkeit für einen bestimmten Raumbereich gedeutet. Sie ist eine Wahrscheinlichkeitsdichte. Dass man aber mathematisch die Materiewellen nicht befriedigend fassen könne, mahnte der Physiker und Nobelpreisträger Max Born an[5]. Mehr dazu unter Wellenfunktion ↗
Grundformel
l = h durch m·v: Um die Wellenlänge l eines Teilchens zu berechnen, muss man den Impuls (Masse mal Geschwindigkeit) eines Teilchens kennen. Mehr dazu unter de-Broglie-Wellenlänge ↗
Fußnoten
- [1] Der Physiker Richard Feynman verdeutlicht die Idee von Materiewellen am Beispiel von Elektronen. Er weist zunächst darauf hin, wass Elektronen stets nur in Klumpen (lumps) beobachtet werden: "We conclude, therefore, that whatever arrives at the backstop arrives in “lumps.” All the “lumps” are the same size: only whole “lumps” arrive, and they arrive one at a time at the backstop. We shall say: “Electrons always arrive in identical lumps." Wo sie in Experimenten gemessen werden, wird jedoch von Wellengleichungen bestimmt: "We conclude the following: The electrons arrive in lumps, like particles, and the probability of arrival of these lumps is distributed like the distribution of intensity of a wave. It is in this sense that an electron behaves sometimes like a particle and sometimes like a wave.” In: The Feynman Lectures on Physics, Volume I. Mainly mechanics, radiation, and heat. Feynman • Leighton • Sands. Dort das Kapitel 37: Quantum behaviour. Online: https://www.feynmanlectures.caltech.edu/I_37.html
- [2] Schon Ende des Jahres 1921, noch vor de Broglies Theorie der Materiewellen, deuteten Messungen der mittleren freien Weglänge von Elektronen in dem Gas Argon an, dass mit dem klassischen Bild der Materie etwas nicht stimmen kann. In einem Brief vom 29. November 1921 äußerte der Physiker Max Born aber noch völlige Ungläubigkeit gegenüber der "schier verrückten Behauptung" des Physikers Ramsauer aus Jena, "daß in Argon die Weglänge der Elektronen mit sinkender Geschwindigkeit unendlich wird (die Atome werden von langsamen Elektronen frei durchflogen)." Über 40 Jahre später gestand Born im Rückblick ein, dass Ramsauer Recht hatte. Eine Erklärung, so Born lieferte aber erst "de Broglies Wellenmechanik: die Materiewellen der Elektronen haben eine der Geschwindigkeit proportionale Wellenlänge. Sieht man ihre Stöße auf Atome als Beugungserscheinung, so ist sofort verständlich, daß langsame Elektronen, d. h. solche von großer Wellenlänge, von den atomaren Hindernissen wenig beeinflußt werden." In: Albert Einstein Max Born Briefwechsel 1916-1955. Geleitworte von Bertrand Russell und Werner Heisenberg. Ullstein Buch, Frankfurt am Main, 1986. ISBN: 3-548-3445-7. Dort die Seiten 93 und 95. Siehe auch mittlere freie Weglänge ↗
- [3] Zumindest für Licht zweifelte Albert Einstein an der realen Existenz der Wellen-Felder: In einem Brief vom 30. Dezember 1921 schreibt Einstein seinen Freund Max Born über ein von Geiger und Bothe durchgeführtes Experiment: "Die Lichtaussendung des bewegten Kanalstrahlteilchens ist streng monochromatisch während doch nach der Undulationstheorie die Farbe der elementaren Emission nach verschiedenen Richtungen verschieden sein müßte. Damit ist sicher bewiesen, daß das Undulations-Feld keine reale Existenz hat und daß die Borhsche Emission ein Momentanprozeß im eigentlichen Sinn ist. Es ist das mein stärktes wissenschaftliches Erleben seit Jahren." In: Albert Einstein Max Born Briefwechsel 1916-1955. Geleitworte von Bertrand Russell und Werner Heisenberg. Ullstein Buch, Frankfurt am Main, 1986. ISBN: 3-548-3445-7. Dort die Seiten 96 und 97. Die Frage, inwiefern die Gedankenkonstrukte der Physik auch realen Dingen in der Welt entsprechen betracht unter anderem das Teilgebiet der Philosophie Ontologie ↗
- [4] Max Born Wellenpakete im Sinne von Erwin Schrödingers: "… es gibt nur Wellen mit ihren wohlbekannten, durch ganze Zahlen (Quantenzahlen) gekennzeichneten Eigenschwingungen; die Teilchen sind enge Wellenpakete." In: Albert Einstein Max Born Briefwechsel 1916-1955. Geleitworte von Bertrand Russell und Werner Heisenberg. Ullstein Buch, Frankfurt am Main, 1986. ISBN: 3-548-3445-7. Dort in einem rückblickenden Kommentar von Born, geschrieben in den 1960er Jahren. Seite 270. Siehe auch Wellenpaket ↗
- [5] Skepsis an der Idee der Wellenpakete äußerte der Physiker Max Born, unter anderem für "Vorgänge, die klassisch durch mehrere Teilchen beschrieben werden". Hier, so Born, bräuchte man "Wellen in Räumen von vielen Dimensionen, die etwas ganz anderes als Wellen der klassischen Physik und der Anschauung unzugänglich" seien. Und als schwerster Einwand: "Wellenpakete als Lösungen der Schrödingerschen Gleichung" würden sich "nicht ohne Formänderung fortpflanzen, sondern auseinander laufen". Im Endeffekt, so Born, sei "Schrödingers Standpunkt" damit "wohl endgültig erledigt". Albert Einstein Max Born Briefwechsel 1916-1955. Geleitworte von Bertrand Russell und Werner Heisenberg. Ullstein Buch, Frankfurt am Main, 1986. ISBN: 3-548-3445-7. Born verfasste diese Sicht in den 1960er Jahren als Kommentare zu seinem Briefwechsel mit Einstein. Dort die Seite 270.
- [6] Experimentelle Bestätigung der Materiewellen am Beispiel von Elektronen. C. Davisson, L. H. Germer: Diffraction of Electrons by a Crystal of Nickel. In: Phys. Rev. Band 30, 1927, S. 705–740. Siehe auch Davisson-Germer-Experiment ↗
- [7] De Broglie betrachtete die Materiewellen als etwas materiell Reales: "Während Duane von einer gedanklichen Zerlegung eines Strahlungsvorgangs in harmonische Komponenten spricht, betrachtet de Broglie diese als ›materielle‹ Wellen, welche die Teilchen ersetzen sollten. Später habe ich den Zusammenhang von Teilchen und Wellen in einer andere Weie gedeutet, die heute ziemlich allgemein angenommen ist: die Wellen stellen die Ausbreitung der Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein von Teilchen dar." In: Albert Einstein Max Born Briefwechsel 1916-1955. Geleitworte von Bertrand Russell und Werner Heisenberg. Ullstein Buch, Frankfurt am Main, 1986. ISBN: 3-548-3445-7. Dort die Seiten 123 und 124.
- [8] Erwin Schrödinger sieht eine innigste, unlösbare Verbindung von Wellen- und Teilcheneigenschaften: "sobald wir von nun an von einer Partikel der Masse M hören, werden wir damit ein Wellenfeld von der Frequenz Mc²/h verbinden. Und wo wir eine Wellenfeld der Frequenz ν [ny] begegnen, werden wir Energiequanten hν, oder was dasselbe ist, Massenquanten hν/c² damit verknüpfen." In: Erwin Schrödinger: Was ist ein Naturgesetz? Beiträge zum naturwissenschaftlichen Weltbild. Scientia Nova. Oldenbourg. 2008. ISBN 978-3-486-58671-8. Dort im Kapitel "Quantentheorie: Planck, Bohr, de Broglie" auf Seite 112.
- [9] Schrödinger sieht alles was existiert gleichzeitig als Partikel und Feld an: "Die heute gesicherte Meinung ist […], daß alles - überhaupt alles - zugleich Partikel und Feld ist. Alles hat sowohl kontinuierliche Struktur, die uns vom Feld, als auch die diskrete Struktur, die uns vo der Partikel her geläufig ist." In: Erwin Schrödinger: Was ist ein Naturgesetz? Beiträge zum naturwissenschaftlichen Weltbild. Scientia Nova. Oldenbourg. 2008. ISBN 978-3-486-58671-8. Dort im Abschnitt "Wellenfeld und Partikel; ihr experimenteller Nachweis". Seite 107. Siehe auch Materiewelle ↗