Vorhersagbarkeit
Physik
Basiswissen
In den Naturwissenschaften gilt eine Theorie dann als brauchbar, wenn man mit ihr Versuchsergebnisse[1] oder Naturbeobachtungen[5] vorhersagen kann. Das ideale Ziel ist dann erreicht, wenn man eine (mathematische) Funktion gefunden hat, die jedem Zustand eindeutig einen Zustand zu einem späteren Zeitpunkt zuordnen kann. Der Gedanke hat weitreichende philosophische Folgen und ist nicht ohne Probleme.
Das Fadenpendel als einführender Versuch
Man bastele sich ein sehr einfaches Fadenpendel: an das Ende eines etwa 10 bis 100 Zentimeter langen Fadens befestige man ein einigermaßen kleines und schweres Gewicht. Feste Knete oder eine schwere Schraube sind dafür zum Beispiel ideal. Dann halte man den Faden mit dem Gewicht nach unten in einer Hand. Wie viele Zentimeter lang die Strecke von der Aufhängung oben bis zur Mitte des Gewichts unten ist sei die Pendellänge. Wenn man von der Fadenlänge in Zentimetern erst die Wurzel zieht und dieses Zwischenergebnis dann verdoppelt, dann steht das Zahlenergebnis gleichzeitig auch für die Dauer von 10 Schwingungen des Pendels in Sekunden[22].
Mit dem Pendelgesetz lässt sich für ein 0,5 Meter langes Pendel die Periodendauer von etwa 14 Sekunden gut vorhersagen.
Um die Periodendauer eines Fadenpendels auf der Erdoberfläche recht gut vorherzusagen, genügt es die Länge l des Pendels zu kennen. Man rechnet dann: die Länge in Metern geteilt durch 9,81. Aus diesem Zwischenergebnis zieht man dann die Wurzel. Und diese wiederum multipliziert man mit 6,28. Das Ergebnis ist dann die Dauer einer Schwingung in Sekunden.
Weitere Beispiele sind:
- Ein einfallender Lichtstrahl trifft auf eine glatte Wasseroberfläche. Man kann dann genau vorhersagen, in welche Richtung sich der Strahl im Wasser fortsetzt Snelliussches Gesetz ↗
- Wenn man von einem rechtwinkligen Dreieck die Länge zweier Seiten kennt, kann man daraus genau vorhersagen, wie viele Zentimeter lang die dritte Seite ist Satz des Pythagoras ↗
- Für einen Wasserkocher kann man recht genau die Heizdauer bis zum Kochen vorhersagen Teewasserkochversuch ↗
- Für 200 Würfel kann man einigermaßen gut die Anzahl der geworfenen 6er eingrenzen Zweihundert-Würfel-Versuch ↗
- Die Bewegung der Planeten, aus denen sich sogar bisher unbekannte Planeten vorhersagen lassen[9] Neptunentdeckung ↗
Arten von Vorhersagbarkeit in der Physik
Physiker[1], aber auch einige nicht-Physiker[2] halten die Fähigkeit, zutreffende Vorhersagen machen zu können für den letztendlichen Test jeder Theorie. Newtons Theorie der Gravitation galt solange als korrekt, bis man Planetenbewegungen entdeckte, die man damit nicht vorhersagen konnte[6]. Eine solche Bechreibung nennt man auch deterministisch[8]. Man muss dabei klar zwei Arten von Vorhersagbarkeit unterscheiden sowie einen Fehlschluss vermeiden.
Die Vorhersagbarkeit als Leitprinzip der Physik
Indem Physiker ihr Intresse auf Dinge beschränkten, die eine Vorhersage zukünftiger Zustände erlaubt, legten sie sich gleichzeitig ein sehr strenges Wahrheitskriterium auf. Das hieß aber auch, dass die Erkenntnise der Physik eine hohe Überzeugungskraft erlangten. Während man zum Beispiel bei der Diskussion um die Existenz und das Wesen Gottes im Spekulativen blieb und die Diskussion nie ein Ende fand[12], konnten Physiker Zweifel an ihren Erkenntnisen stets mit dem Verweis zerstreuen, dass sich die Welt offensichtlich in Übereinstimmung mit den Formeln verhalte.
MERKSATZ:
1.0 Wo sich die Physik auf vorhersagbare Dinge beschränkte, erlangte sie eine schwer anzuzweifelnde Autorität.
1.0 Wo sich die Physik auf vorhersagbare Dinge beschränkte, erlangte sie eine schwer anzuzweifelnde Autorität.
Die Beschränkung auf das Vorhersagbare gab den Ergebnissen der Physik also eine schwer zu leugnende Autorität. Wer erfolgreich die Bahn von Planten auf Jahrhunderte im Voraus berechnen kann, hat scheinbar auch Anspruch darauf, in anderen Gebieten der Erkenntnis gehört zu werden. Aber die Münze hat auch eine Kehrseite. Durch die Beschränkung auf vorhersagbare Abläufe, gab die Physik stillschweigend ihren Anspruch auf Erkenntnisse auf, die möglicherweise nicht vorhersagbar sind.
MERKSATZ:
2.0 Behauptungen über nicht vorhersagbare Dinge gelten vielfacht nicht als seriöse Physik.
2.0 Behauptungen über nicht vorhersagbare Dinge gelten vielfacht nicht als seriöse Physik.
Neben Offensichtlichkeiten wie echt zufälligen und praktisch nicht berechenbaren Abläufen bezieht sich das vor allem auch auf Erkenntnisse, auf die das Konzept der Vorhersagbarkeit überhaupt gar nicht sinnvoll anwendbar ist. In der Philsophie spricht man dann von einem Kategorienfehler. Ein gutes Beispiel ist das Konzept eines Sinns des Lebens, die Frage nach dem großen Wozu[15]. Es macht wenig Sinn, eine Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens damit bewerten zu wollen wie gut sie Vorhersagen erlaube.
Vielleicht war es die Angst mancher Naturforscher, dass sie letzten Endes mit ihren Methoden für viele drängende Fragen nicht zuständig sein konnten, die manche zu der kühnen Hypothese verleitete, dass alles in der Welt vorhersagbar sei, und dass es deshalb nur eine Frage der Zeit sei, bis die Wissenschaft die richtige Antwort fände. Andere hingegen forderten, dass man über die Dinge, die sich nicht eindeutig klären ließen, nicht reden solle[16]. Und auch außerhalb der Physik habe man sich auf das sicher Bestimmbare zu beschränken[17].
MERKSATZ:
3.0 Manche Denker forderten, dass man über nicht Vorhersagbare Dinge besser schweigen sollte, oder zumindest nicht zu viel Zeit auf sie verschwende.
3.0 Manche Denker forderten, dass man über nicht Vorhersagbare Dinge besser schweigen sollte, oder zumindest nicht zu viel Zeit auf sie verschwende.
Man kann festhalten, dass die Vorhersagbarkeit ein geeignetes Kriterium für die Erlangung bemerkenswert zuverlässiger Gesetzmäßigkeiten im Ablauf der Welt ist. Ob dieser Anspruch aber mit Erfolg auch über die Physik hinaus ausgedehnt werden kann, ist zumindest strittig.
Die Vorhersagbarkeit als Eigenschaft der Welt
Schon früh formulierten Naturwissenschaftler die Idee, dass die Welt als Ganzes bis ins kleinste Detail vorhersagbar sein könnte. Im Jahr 1814 stellte der Mathematiker Laplace seinen hypothetischen Dämon vor, der mit dem Wissen des momentanen Zustandes der Welt alle vergangenen und alle zukünftigen Zustände der Welt berechnen können sollte[10].
MERKSATZ:
4.0 Der Idee, dass die gesamte Welt vorherbestimmt ist liegt der sogenannte Determinismus zugrunde.
4.0 Der Idee, dass die gesamte Welt vorherbestimmt ist liegt der sogenannte Determinismus zugrunde.
Das ist nun ein gewaltiger Schritt. Zwischen der bescheidenen Idee, sich methodisch auf vorhersagbare Abläufe in der Welt zu beschränken und der Idee, dass alles in der Welt vorhersagbar liegt ein ähnlich großer Sprung wie zwischen der kindlichen Idee, dass lebende Dinge sich bewegen und dem offensichtlichen Fehlschluss, dass alles was sich bewegt, auch lebendig ist[18]. Der weltanschauliche Determinismus erlangte dann im 19ten Jahrhundert dennoch eine große Überzeugungskraft und war weit verbreitet[8].
Vorbestimmt heißt nicht automatisch auch vorhersagbar
Im vorigen Abschnitt wurde die Vorhersagbarkeit der Welt in enge Verbindung mit dem Weltbild des Determinismus gebracht. Man muss sich aber deutlich halten, dass sich die zwei Konzepte nicht zwangsläufig gegenseitig bedingen.
Die Welt kann determiniert, dass heißt vorherbestimmt sein, ohne dass sie dabei vorhersagbar ist. Ein einfaches Beispiel dafür sind sogenannte Zellularautomaten[23]. Das sind einfache Computersimulationen von geometrischen Mustern, die sich nach eindeutigen Regeln über die Zeit hinweg verändern. Penrose konnte nun nachweisen, dass das Verhalten mancher dieser Muster auf keine Weise vorausberechnet werden kann[19]. Man muss die gesamte Simulation Schritt für Schritt durchlaufen ohne dass es eine rechnerische Abkürzung gibt. Damit ist das Verhalten von Zellularautomaten nicht berechenbar, nicht vorhersagbar.
MERKSATZ:
5.0 Es gibt determinierte Abläufe, die nicht vorhersagbar sind.
5.0 Es gibt determinierte Abläufe, die nicht vorhersagbar sind.
Der Kern des Problems ist, dass die Abläufe rechnerisch nicht in einem Rechenweg zusammengefasst werden können, der schneller sein kann, als der Ablauf der Welt dauern würde das Ergebnis hervorzubringen. Das mathematische Konzept dieses Gedankens ist die rechnerische Irreduzibilität ↗
Vorhersagbar heißt nicht automatisch auch vorherbestimmt
Stellen wir uns vor, der Mensch verfüge über einen umfassenden echten freien Willen. Das soll hier heißen, dass er unabhängig vom Zustand der Welt eigene Entscheidungen treffen und diese auch - zumindest teilweise - umsetzen kann. Wenn nun ein Mensch mittags um 12.00 Uhr ganz frei von Einflüssen seiner Umwelt entscheidet, um 13.00 Uhr einen Zug in die Nachbarstadt zu nehmen, dann ist diese Tat ab 12.00 weitgehend vorhersagbar. Sie war aber vor 12.00 Uhr nicht vorherbestimmt.
MERKSATZ:
6.0 Es sind Abläufe denkbar, die ab einem bestimmten Zeitpunkt vorhersagbar sind, aber davor nicht vorherbestimmt waren.
6.0 Es sind Abläufe denkbar, die ab einem bestimmten Zeitpunkt vorhersagbar sind, aber davor nicht vorherbestimmt waren.
Was manchen hier wie eine nutzlose Spitzfindigkeit erscheinen mag, hat doch in der Physik eine große praktische Bedeutung. Es gibt dort nämlich Experimente, bei denen ein Experimentator durch die freie Wahl seiner Messungen sozusagen erst festlegt, welche Eigenschaften das Messobjekt durch die Messung animmt. Ab dort sind die Messergebnisse vorhersagbar, sie waren aber aber vorher nicht vorherbestimmt. Siehe mehr dazu im Artikel Delayed-Choice-Experiment ↗
Grenzen der Vorhersagbarkeit
Die bisher gemachten Betrachtungen sollen zweierlei gezeigt haben: die Vorhersagbarkeit ist ein nützliches Leitbild für physikalischen Erkenntnisgewinn. Es gibt aber begründete Zweifel daran, dass die Abläufe der Welt alle oder auch nur in großen Teilen vorhersagbar sind. Die Zweifel lassen sich grob in zwei Gruppen teilen: physikalisch begründete Zweifel (a bis c) und philosophisch begründete Zweifel (d und e):
- a) Der Zustand der Welt ist nie genau erfassbar Unschärferelation ↗
- b) Die Welt ist vielleicht determiniert aber es gibt praktische Probleme Chaostheorie ↗
- c) Die Welt ist vielleicht nicht determiniert[4], einzig möglich ist eine statistische Physik[11] ↗
- d) Eine völlig vorhersagbare Welt befriedigt nicht das Sinngefühl[7][24] Sinn des Lebens ↗
- e) Eine völlig vorhersagbare Welt führt zu (theologischen)[13][14] Paradoxien Freier Wille ↗
In der Wissenschaftstheorie wird das Konzept der Vorhersagbarkeit der Welt meist unter dem Stichwort des Determinismus behandelt. So nennt man die Vorstellung, dass alles in der Welt vorherbestimmt, das heißt determiniert sei. Die gegenteilige Auffassung, dass die Welt möglicherweise nicht determiniert ist, bezeichnet man als Indeterminismus ↗
Persönliche Einschätzung
Es ist die Absurdität der Extreme, die auf eine vielleicht weiterführende Spekulation über die Natur der physikalischen Welt verweist. Wie zum Beispiel Einstein[7] bemerkte wäre eine völlig vorhersagbare Welt absurd. Sie ließe keinen Raum für freie persönliche Entscheidungen. In einer völlig vorhersagbaren Welt wären wir wir Spielzeug von Göttern oder bloße Automaten[20], bestenfalls empfindungsfähig[21], aber nicht wirkmächtig. Das ist zwar denkbar, aber absurd. Zum anderen wäre aber auch eine Welt die völlig unvorhersagbar wäre ebenfalls absurd. Wenn wir nicht vorhersagen könnten, ob das Betätigen eines kleinen Schalters das Licht im Wohnzimmer anmacht oder zur Explosion der Welt führt, könnten wir uns in dieser Welt nicht sicher bewegen, wie wäre ein totales Chaos.
Nur ein ausgewogener Kompromiss zwischen Vorhersagbarkeit und ihrem echten Gegenteil, der Offenheit im Sinne von Freiheit, gibt eine sinnvolle Welt. Dass die Welt mit ihren physikalischen Gesetzen möglicherweise zu genau diesem Zweck eingerichtet ist, wird spekulativ betrachtet in dem Artikel kollaborative Physik ↗
Fußnoten
- [1] Die Vorhersage von Ergebnissen bei Experimenten als Ziel von Wissenschaft allgemein: "Die Prüfung jeden Wissens ist das Experiment. Das Experiment ist der einzige Richter wissenschaftlicher 'Wahrheit'." Im englischen Original: "The test of all knowledge is experiment. Experiment is the sole judge of scientific 'truth'." In: Feynman, R.P.; R.B. Leighton and M. Sands, 1963. The Feynman Lectures on Physics, Reading, MA: Addison-Wesley Publishing Company. Page 1-1.
- [2] Vorhersagbarkeit in der Politik: "... the test of a political theory is its power to foretell the future." In: George Orwell: As I Please 7 (Tribune, 14 January 1944). In: George Orwell. Essays. Everyman Library. 242. Herausgegeben von Alfred A. Knopf. 2002. ISBN: 978-1-85715-242-5. Seite 522. Siehe auch George Orwell ↗
- [3] Die Vorhersagbarkeit in der Physik gilt aber nur noch statistisch: "Grundsätzlich sagt die Quantenmechanik nicht ein bestimmtes Ergebnis für eine Beobachtung voraus, sondern eine Reihe verschiedener möglicher Resultate, und sie gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit jedes von ihnen eintreffen wird [3]." In: Stephen Hawking: Eine kurze Geschichte der Zeit. Die Suche nach der Urkraft des Universums. Englischer Originaltitel: A Brief History of Time. From the Big Bang to Black Holes. Deutsch im Rohwolt Taschenbuch Verlag. 1988. ISBN: 3-499-188-50-3. Seite 78.
- [4] Dass eine Vorhersagbarkeit für Einzelereignisse in der Physik nicht gibt, stellte der Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman (1918 bis 1988) klar: "Von Philosophen wurde die Behauptung aufgestellt, daß, wenn die gleichen Umstände nicht immer zu den gleichen Resultaten führen, Vorhersagen unmöglich sind, was das Ende der Naturwissenschaften bedeuten müßte." Feynman erklärt ausführlich die sogenannte partielle Reflexion. Richtet man zum Beispiel ein Photon in immer derselben Richtung auf dieselbe Glasscheibe müsste bei Gültigkeit einer strengen Kausalität das Photon auch immer am selben Zielort A oder B ankommen. Das ist aber nicht der Fall. Feynman weiter: "Wir können nicht vorhersagen, ob ein bestimmtes Photon in A oder B anlangen wird. Wir können einzig voraussagen, daß von 100 Photonen, die auf dem Glas landen, durchschnittlich 4 an der Oberfläche reflektiert werden. Heißt das nun, daß die Physik, eine Wissenschaft mit großer Genauigkeit, sich damit zufriedengeben muß, die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Ereignisses zu berechnen, und außerstande ist, genau vorherzusagen, was passieren wird? Ja, das heißt es." In: Richard Feynman: QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie. Piper Verlag. 1. Auflage 1992. ISBN: 3-492-21562-9. Dort die Seite 30. Siehe auch Kausalitätsprinzip ↗
- [5] Ein klassisches Beispiel für die Idee der Vorhersagbarkeit an Naturbeobachtungen ist die Entdeckung des Planeten Nepun. Unregelmäßigkeiten in der Bahn des Planeten Uranus führten über schwierige mathematische Berechnungen zu einer genauen Vorhersage, wo am Himmel man mit einem starken Fernrohr einen schwachen Punkt finden müsste. Die Vorhersage wurde im Jahr 1846 bestätigt. Siehe auch Neptunentdeckung ↗
- [6] Schlecht vorhersagbar war die Bahn des sonnennahen Planeten Merkur, die sich nicht gut vorausberechnen ließ. Tatsächlich verantwortlich dafür ist die Nähe der Sonne, die dort den Raum und die Zeit so stark verzerrt, dass die newtonschen Formeln versagen. Den Effekt konnte erst Albert Einstein im Jahr 1916 mit seiner Allgemeinen Relativitätstheorie erklären. Siehe dazu auch Merkurbahn ↗
- [7] Albert Einstein ist mit bloßer Vorhersagbarkeit nicht zufrieden: "Ich bin nicht damit zufrieden, wenn man eine Maschinerie hat, die zwar zu prophezeien gestattet, der wir aber keinen klaren Sinn zu geben vermögen." In: Albert Einstein Max Born Briefwechsel 1916-1955. Geleitworte von Bertrand Russell und Werner Heisenberg. Ullstein Buch, Frankfurt am Main, 1986. ISBN: 3-548-3445-7. Dort in einem Brief von Albert Einstein an Max Born vom 3. Dezember 1953. Seite 279.
- [8] Determinismus in den Worten von Niels Bohr, am Beispiel der Newtonschen Himmelsmechanik: "The description thus achieved was a so-called deterministic description. This means that it proved possible, from a knowledge of the state of a physical system as defined by the positions and motions of its parts, together with a knowledge of the forces between these parts, to calculate or predict the state of the system at any later time. This great achievement, the foremost expression of which was Newton's explanation of Kepler's laws governing the motions of the planets around the sun and of the satellites around the planets, made an overwhelming impression at the time. This kind of description, therefore, came to stand as the ideal for scientific explanation." In: - [4] Niels Bohr: Atoms and Human Knowledge. Vorlesung vom 13. Dezember 1957. Universität von Oklahoma. USA. Siehe auch Determinismus ↗
- [9] Im Jahr 1781 wurde der Planet Uranus entdeckt. Man beobachte seine Bewegung über den Himmel. Diese Beobachtungen machte man über Monate und Jahre. Die Beobachtungen passten aber nicht zu den Keplerschen Gesetzen. Man vermutete einen störenden Planten jenseits der Uranusbahn. Man berechnete seine möglichen Positionen voraus. Aber erst im Jahr 1846 konnte die Vorhersage mit Hilfe von Teleskopen bestätigt werden [5]. Siehe auch Neptunentdeckung ↗
- [10] Der Mathematiker und Astronom Laplace stellte seinen Dämon erstmals im Jahr 1814 vor. Dieser Dämon, ausgestattet mit einer Kenntnis aller Gesetze der Welt und des gegenwärtigen Zustandes, könne damit den Ablauf der Welt bis in jede Vergangenheit und bis in jede Zukunft erkennen. Siehe mehr unter Laplacescher Dämon ↗
- [11] Der Physiker und Nobelpreisträger Max Born schreibt zur Idee, dass man Daten nicht aus Einzelfällen sondern aus "Ensembles " gewinnt: "Das stimmt genau mit dem wirklichen Vorgehen der Experimentalphysiker überein, die im atomaren und subatomaren Bereich ihre Daten stets durch Häufung von gleichartigen Messungen gewinnen." In: Albert Einstein Max Born Briefwechsel 1916-1955. Geleitworte von Bertrand Russell und Werner Heisenberg. Ullstein Buch, Frankfurt am Main, 1986. ISBN: 3-548-3445-7. Dort in einem Kommentar Borns aus den 1960er Jahren. Seite 281.
- [12] Die Frage, ob es einen Gott gibt und welche Eigenschaften er haben sollte, beschäftigte die Theologie über Jahrhunderte. Während man im Mittelalter noch davon ausging, dass Gottesbeweise durch logisches Denken möglich seien, wurde diese Anspruch aber später fallen gelassen. Auch die Eigenschaften Gottes ließen sich nicht befriedigend, das heißt frei von Widersprüchen und Erklärungslücken, ergründen. Damit aber liegt Gott auch außerhalb des Erkenntnisanspruches der Physik. Siehe mehr unter Unvorstellbarkeit Gottes ↗
- [13] Der Humanist Erasmus von Rotterdam kam in theologischen Betrachtungen zu dem Schluss, dass der Mensch durch seine Taten die Entscheidung Gottes über sein Seelenheil letztendlich mitbestimmen könne (was etwa Luther ablehnt). In: Erasmus von Rotterdam: De libero arbitrio diatribē. Basel 1524. doi:10.3931/e-rara-1062.
- [14] Martin Luther ging davon aus, dass das Seelenheil des Menschen alleine von Gottes Gnade abhänge. In: De servo arbitrio. 1525. Auf Deutsch etwa: „Über den geknechteten Willen“ oder „Vom unfreien Willen“.
- [15] Zum Unterschied des Wozu gegenüber dem Warum schreibt Albert Einstein in Bezug auf die "kausale Betrachtungsweise": "Diese Betrachtungsweise [die kausale] antwortet immer nur auf die Frage »Warum?« aber nie auf die Frage »Wozu?«. Darüber kann uns kein Nützlichkeitsprinzip und keine Zuchtwahl hinwegbringen. Wenn aber einer fragt, »Wozu sollen wir einander fördern, das Leben einander erleichtern, schöne Musik machen und feine Gedanken zu erzeugen suchen?« so wird man ihm sagen müssen: »Wenn du's nicht spürst, kann's dir niemand erklären.« In: Albert Einstein Max Born Briefwechsel 1916-1955. Geleitworte von Bertrand Russell und Werner Heisenberg. Ullstein Buch, Frankfurt am Main, 1986. ISBN: 3-548-3445-7. Dort die Seite 88.So schrieb Born am 21. Oktober 1921 in einem Brief an Albert Einstein. Dort die Seiten 32 und 33. Was Einstein hier abtut, nämlich den Wunsch, Werturteile wissenschaftlich abzuleiten, heißt heute in der Philosophie naturalistischer Fehlschluss ↗
- [16] „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“ Diese Mahnung des Philosophen Ludwig Wittgenstein stammt aus dem Jahr 1921 und steht für die damals erstarkende Position, sich auf das Sichere, das Faktische, das klar Sagbare zu beschränken. In: Ludwig Wittgenstein: Logisch-philosophische Abhandlung, W. Ostwald (Hrsg.), Annalen der Naturphilosophie, Band 14, 1921, S. 185–262. Online: https://zs.thulb.uni-jena.de/receive/jportal_jparticle_00326119
- [17] Nicht nur in der Physik, auch in der Philosophie sollte man sich auf das Sichere beschränken: Auguste Comte: Einleitung in die positive Philosophie. Übersetzung von G.H. Schneider. Leipzig 1880, S 6f. Siehe mehr unter Positivismus ↗
- [18] Ich meine mich zu erinnern, dass der Psychologe Jean Piaget in seinem Buch "Das Weltbild des Kindes" beschrieb, wie Kinder zum Beispiel Wolken für belebt hielten, da sie sich ja von alleine bewegen. Siehe auch Leben ↗
- [19] Die Idee, dass es determinierte aber nicht vorhesagbare Abläufe gibt, hatte der Mathematiker Roger Penrose ausführlich ausgearbeitet in seinem Buch: Computerdenken. Des Kaisers neue Kleider oder Die Debatte um Künstliche Intelligenz, Bewusstsein und die Gesetze der Natur. Spektrum der Wissenschaft, Heidelberg 1991, ISBN 3-8274-1332-X. Siehe dort im Register nach den Stichworten "Zellularautomat" und vor allem auch Berechenbarkeit ↗
- [20] Julien Offray de la Mettrie: Die Maschine Mensch. 1748. Siehe auch Die Maschine Mensch ↗
- [21] Recht nahe an die Vorstellung eines im Körper hausenden wirkungslosen Bewusstseins kommen Menschen mit einem sogenannten Locked-in-Syndrom ↗
- [22] Die Rechnung zum Fadenpendel ist eine sogenannte Zahlenwertgleichung, bei der die zu verwendenden Einheiten sozusagen schon vorgegeben sind. Die grundlegende Formel zum Fadenpendel, unabhängig von den gewählten Einheiten, steht unter Pendelgesetz ↗
- [23] Schon der deutsche Computerpionier Konrad Zuse hatte sich in seinem Buch "Der rechnende Raum" mit Zellularautomaten beschäftigt. Zum Ausgangspunkt einer völlig neu konzipierten Physik wurden die Zellularautomaten dann in dem Weltentwurf des der britische Mathematikers Stephen Wolfram. Siehe mehr unter Zellularautomat ↗
- [24] Max Born im Jahr 1944: "Ich finde eine deterministische Welt ganz abscheulich - das ist ein primäres Gefühl." In: Albert Einstein Max Born Briefwechsel 1916-1955. Geleitworte von Bertrand Russell und Werner Heisenberg. Ullstein Buch, Frankfurt am Main, 1986. ISBN: 3-548-3445-7. Dort in einem Brief an Albert Einstein, 10. Oktober 1944. Seite 212.