Transhumanismus
Vision
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Transhumanismus der Individuen|
Digitale Fossilisation|
Transhumanismus des Kollektivs|
Soll man den Transhumanismus stoppen?|
Fußnoten
Basiwissen
Als Transhumanismus bezeichnet man eine breite Strömung visionären Denkens hin zu Menschen, deren Fähigkeiten und Eigenschaften weiter über das jetzt mögliche Hinausgehen. Dabei kann man zwei Grundströmungen unterscheiden.
Transhumanismus der Individuen
Dies ist die überwiegend gemeinte Bedeutung: einzelne Menschen werden in Körper und Geist mit technischen Mitteln und Methoden so optimiert, dass ihre Fähigkeiten weit über denen jetziger Menschen liegen werden[1]. Die Visionen reichen Cyborgs[7] über Hybrid sapiens[8] über ein unsterbliches Digital me[9] bis hin zur Migration von Menschen auf Computersysteme als Mind uploading ↗
Digitale Fossilisation
Digitale Fossilisation, Technomimesis oder anthropotechnische Replikation könnte man Formen einer Nachbildung von Menschen durch Technik bezeichnen. Anders als bei einem Androiden oder einem Humanoiden ist aber hier der Mensch nicht nur die Vorlage der Nachbildung sondern auch als materielles Substrat dessen Ausgangspunkt. Nach und nach werden Strukturen und Funktionen des Menschen eng an der ursprünglichen Vorlage ergänzt, sodass durch kleine Schritte am Ende eine technische Replikation von Menschen entsteht. Bleibt man eng am Begriff der Fossilisation wird der so nachgebildete Mensch eng am ursprünglichen Modell nachgebildet, so wie Minerale die Strukturen von toten organischen Substanzen nachbilden und dauerhaft erhalten.
Transhumanismus des Kollektivs
Größere Gruppen von Menschen werden zusammen mit den sie umgebenden Technologien optimiert bis hin zu einem soziotechnischen Überwesen (Global Brain, Metaman). Der einzelne Mensch wird dann zu einem funktionalen Teil des Ganzen und erfährt darin seine Erfüllung. Siehe als Beispiel den Homo Symbioticus ↗
Soll man den Transhumanismus stoppen?
Transhumanismus als Zukunftsszenario wird sehr unterschiedlich bewertet. Das Spektrum reicht von euphorischem Fortschrittslauben hin zu Ängsten vor dystopisch unkontrollierbaren Zuständen[6]. Um einen Transhumanismus aufzuhalten, so der Philosoph Nick Bostrom, müsste man gezielt einige Situationen ausschalten, in denen jetzige Menschen gegen Maschinen und KI konkurrieren. Dieses Idee ist hier kurz vorgestellt im Artikel Bostrom-Bremse ↗
Fußnoten
- [1] Yuval Harari: Homo deus: eine Geschichte von Morgen. Aus dem Englischen von Andreas Wirthensohn. C.H.Beck, München 2017 (1. Auflage) bis 2018 (2. Auflage), ISBN 978-3-406-70401-7.
- [2] Nick Bostrom: Die Zukunft der Menschheit. Suhrkamp Verlag. 2018. ISBN: 978-3518298459.
- [3] Gregory Stock: Redisigning Humans: Our Inevitable Genetic Future. Houghton Mifflin Company. 2002. ISBN: 978-0618060269.
- [4] Günter Anders: Die Antiquiertheit des Menschen. Band I: Über die Seele im Zeitalter der zweiten industriellen Revolution. C. H. Beck, München 1956, ISBN 3-406-47644-9.
- [5] Dass der Mensch am Ende seiner Entwicklung angekommen ist, vermutet der Physiker und Nobelpreistäger Erwin Schrödinger. Er argumentiert mit der fehlenden biologischen Auslesefunktion von Krieg und Medizin: "Er [der Krieg] ist ein wahlloes Morden, ebenso wie unsere fortgeschrittene Heilkunde und Chirurgie auf wahllose Lebenserhaltung abzielt. Krieg und ärztliche Kuunst, verdienterweise Antipoden in unserer Achtung, treffen sich darin, daß sie für die Auslese wertlos sind. […] All das weist darauf hin, daß unsere Entwicklung als Art zum Stillstand gekommen ist und uns wenig Aussicht auf weiteren biologischen Fortschritt verheißt." Schrödinger sieht dennoch einen Weg zu einer Höherentwcklung, und zwar in Form des Lamarckismus. In: Erwin Schrödinger: Geist und Materie. Friedrich Vieweg & Sohn Braunschweig, 1961. Deutsche Ausgabe der Tanner Lectures vom Trinity College Oxford aus dem Jahr 1956 (Mind and Matter). Dort die Seite 13.
- [6] Eine Art Gegenbewegung zum Transhumanismus ist der Neo-Luddismus. Dessen Anhänger fordern zu einem sehr weitgehenden Verzicht auf High-Tech oder sogar zur militärischen Zertörung von Rechenzentren auf. Siehe auch Neo-Luddismus ↗
- [7] Ray Kurzweil: Die Nächste Stufe der Evolution. Wenn Mensch und Maschine Eins Werden. Englische Erstausgabe 2024 unter dem Titel: The Singularity is Nearer. Deutsch im Piper Verlag, 2024. ISBN: 978-3-492-07306-6. Siehe auch technologische Singularität ↗
- [8] Homo sapiens wird Hybrid sapiens: "Taken together, the mechanization of the human body and the integration of intelligent machines into the center of society, will produce an organism whose features are so far removed from the physical and behavioral characteristics that originally defined homo sapiens as to soon render this evolutionary categorization inaccurate and obsolete. Sometime in the 21st century it may well become necessary to revise the name of our genus and species from Homo sapiens (thinking or intelligent humans) to Hybrid sapiens (thinking or intelligent hybrids) and end the hominid era of evolution." In: Richard L. Gilbert: Mechanizing Humans, Humanizing Machines: The Transition from Homo sapiens to Hybrid sapiens.
- [9] Digital me als Nachfolger organischer Menschen: "This paper addresses ontology and ethics of an AI agent called digital me. We define digital me as autonomous, decision-making, and learning agent, representing an individual and having practically immortal own life. It is assumed that digital me is equipped with the big-five personality model, ensuring that it provides a model of some aspects of a strong AI: consciousness, free will, and intentionality." In: Ljupco Kocarev, Jasna Koteska: Digital me ontology and ethics. 2020. Online: https://arxiv.org/abs/2012.14325