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Naturgesetz

Definition

Basiswissen


Das Gravitationsgesetz, das Gesetz von Gay-Lussac oder das Wiensche Verschiebungsgesetz: als Naturgesetz bezeichnet man eine feste Regelmäßigkeit im Ablauf der Welt, die man in Worten oder mit Mathematik formuliert hat. Die Idee von Naturgesetzen ruht jedoch a) auf unsicherem Boden und sie bringt b) eine Entseelung der Welt mit sich. Diese beiden Aspekte sind hier behandelt.

Einführung: das klassische Naturgesetz


Bei einer Spannung von einem Megavolt pro Millimeter wird auch Vakuum zu einem Leiter(Spannungsdurchschlag). Und ein Stein, der aus 4 Sekunden lang nahe der Mondoberfläche nach unten fällt ist dann 6,72 Meter pro Sekunde schnell. Die Zuverlässigkeit mit der solche Regeln - über Jahrhunderte - in Versuchen bestätigt wurden verleitet zu dem Annahme, dass sie immer und überall gelten. Und die große Anzahl solcher Naturgesetze verleitet zur Verallgemeinerung: dort, wo wir noch keine Naturgesetze kennen werden wir sie doch nach ausreichend langer Zeit auffinden können. Letztendlich, so die Annahme, sind alle Abläufe der Welt strikt durch Naturgesetze geregelt. Betrachten wir diesem Punkt etwas näher.

Naturgesetze als Mittelwert-Angaben


Der einflussreiche österreichische Physiker Franz Serafin Exner legte großen Wert auf die Erkenntnis, dass jedes Naturgesetz immer nur für Mittelwerte einer größeren Anzahl von Messungen gilt. Misst man mit einer sehr feinen Waage zum Beispiel 10 mal die Masse einer kleinen Knetkugel, dann wird man möglicherweise 10 verschiedene Ergebnisse erhalten. Man bildet von den verschiedenen Ergebnissen dann einen Durchschnitt, auch arithmetisches Mittel genannt. Die Naturgesetze beziehen sich oft nur auf solche arithmetischen Mittelwert und nicht auf einen konkreten Einzelfall[4]. Siehe auch arithmetisches Mittel ↗

Naturgesetze als Kausalität


Der österreichische Physiker und Nobelpreisträger Erwin Schrödinger definiert ein Naturgesetz eindeutig: "Die Umstände, die einem gewissen, oft beobachteten Erscheinungsablauf (A) vorangehen, scheiden sich typisch in zwei Gruppen, beständige und wechselnde. Und wenn weiter erkannt wird, daß die beständige Gruppe auch umgekehrt immer von A gefolgt wird, so führt das dazu, diese Gruppe von Umständen als die bedingenden Ursachen von A zu erklären.[1, Seite 9 und 10.]" Als anschauliches Beispiel kann man sich einen Lichtschalter vorstellen. Dem Aufleuchten eines Lichtes, geht immer ein Umlegen des Schalters voraus. Und auch führt ein Umlegen des Schalters immer zum Aufleuchten des Lichtes. Schrödinger bemerkt, dass man nun "über die Erfahrung hinaus[1, Seite 10]" verallgemeinert und damit auch gleichzeitig fordert, dass alle Erscheinungsabläufe in der Welt derart determiniert, also durch vorangehende Erscheinung angekündigt seien. Dies, so Schrödinger, nenne man das Kausalitätsprinzip ↗

Naturgesetze und der Laplacesche Dämon


Würde das oben beschriebene Kausalitätsprinzip ausnahmslos auf alle Abläufe in der Welt zutreffen, dann würde sich die Welt nur abspulen wie eine aufgezogene Spielzeugmechanik. Alle Ereignisse wären so fest und vorherbestimmt wie die Zeilen einer spannenden Geschichte in einem Buch. Der gesamt Weltablauf könnte dann in die Zukunft und auch in die Vergangenheit berechnet werden. Dieser Gedankengang ist die Grundidee

Der Mensch als Roboter im Sinne von Naturgesetzen


Bereits im Jahr 1748 wurde ein kleines Buch veröffentlicht, in dem auch der Mensch mitsamt seines gesamten Seelenlebens als roboterhafte Mechanik beschrieben wurde[3]. Der Autor, ein Arzt, betrachtete alle Regungen der menschlichen Seele als reine Mechanik oder Chemismus. Alles basiert auf Reflexen und eindeutigen Abläufen. Einen freien Willen kann Offra nirgends erkennen. Wie auch der Laplacesche Dämon eine logische Konsequenz einer nur naturgesetzlich gedachten Welt ist, so kann es in einer solche Welt auch keine wirklich frei handelnden Wesen geben. Siehe auch Die Maschine Mensch ↗

Die ausgeschaltete Persönlichkeit als Erkenntnisvoraussetzung


Der Laplacesche Dämon und der entseelte Mensch als Maschine sind logische Folgen eine strikt naturgesetzlich gedachten Weltablaufs. Aber nicht nur als Folge eines solchen Denkens sondern auch als denknotwendige Voraussetzung muss man die Wegnahme des Seelischen bei Naturgesetzen verstehen. Wenn ein Naturwissenschaftler die Aufspaltung von weißem Licht in bunte Farben an einem Glasprisma beschreibt, dann dürfen die Resultate nicht davon abhängen, ob er rot-grün blind war. Im Idealfall entwirft der Wissenschaftler ein Messgerät, dass Farben von alleine misst und sie zum Beispiel über Wellenlängen benennt. Aus allem muss der Forscher versuchen, sich herauszuhalten. Das Ziel ist Objektivität. Objektivität heißt, dass in Aussagen nichts Subjektives, an der Einzelperson Hängendes mehr enthalten ist. Die Verallgemeinerung führt zu einer Weltbeschreibung, in der subjektive Werturteile und Empfindungen und alles, was nicht verallgemeinbar ist, ausgespart wird. Das Individuum ist nur dort interessant, wo es als Objekt der Statistik Daten liefern kann. Das muss man sich bewusst machen. Und man darf hinterfragen, ob es nicht auch eine Alternative gibt. Höheren wir noch einmal den Physiker Erwin Schrödinger: "Ich verstrete hier nicht, daß in de Naturbetrachtung die eigene Persönlichkeit ausgeschaltet werden soll, sondern daß sie es tatsächlich wird.[1, Seite 63]" Siehe auch unter Determinismus ↗

Naturgesetze sind immer nur idealisiert


s=½at²: viele Naturgesetze sind als Formeln formuliert: "Mathematische Formeln verleiten leicht zu dem Glauben, daß der mathematischen Exaktheit auch eine physikalische entsprechen müsse.[2, Seite 647]" Siehe auch Ideenlehre ↗

Bis wann gilt ein Gesetz als Naturgesetz?


Ein Naturgesetz wird von Wissenschaftlern solange akzeptiert, wie es mit Beobachtungen und Versuchsergebnissen übereinstimmt. Dieses Prinzip nennt man Empirismus: Die Gültigkeit von Gesetzen wird nicht von Autoritäten, über Zitate oder demokratische Prozesse sondern alleine über die Überprüfung mit Versuchen und Beobachtungen bestimmt. Lies mehr unter Empirismus ↗

Fußnoten