Objektivität
Physik
Basiswissen
Als Prinzip: ein Zustand oder Objekt existiert unabhängig vom Experimentator oder Beobachter. In einer schwächeren Form steht Objektivität für über-individuell prüfbare Aussagen[1]. Das ist hier für die Statistik und die Physik kurz ausgeführt.
Sozial- und Humanwissenschaften
- In der Statistik werden unter anderem Umfragen gemacht.
- Man möchte zum Beispiel wissen: wie positiv wird Biotechnologie gesehen.
- Ein Interviewer könnte dazu Menschen verschiedene Fragen stellen.
- Es ist denkbar, dass der Interviewer die Antworten beeinflusst.
- Wirkt er bedrohlich und unsympathisch, könnte das die Antworten färben.
- Genauso auch ein kompetent-freundlich wirkender Interviewer.
- Den Anspruch, Messungen und Erhebungen frei zu machen vom ...
- Einfluss der durchführenden Personen nennt man Objektivität.
- Siehe auch Operationalisierung ↗
Klassische Physik
- Auch in der Physik kann der Experimentator das Messergebnis beeinflussen.
- Angenommen man bestimmt in einem Experiment den Farbeindruck von Flammen.
- Was der eine Mensch als grün bezeichnet nennt ein anderer vielleicht gelb.
- Auch hier würde Objektivität heißen: der Versuch muss unabhängig vom Menschen sein.[4]
- Man könnte zum Beispiel ein Messgerät entwickeln, das die Farbe "misst".
- Die Annahme, dass es eine objektive Realität gibt heißt Objektivismus ↗
Quantenphysik
- Seit den 1920er Jahren wird klar: möglicherweise ist Objektivität unmöglich.[2]
- Man stelle sich folgende hypothetische Situation vor:
- Es gibt einen See. Zwei Kameras filmen den See ständig.
- Eine blickt von links auf den See, die andere von rechts.
- Beide Kameras erfassen den gesamten See und seine Umgebung.
- In einem entfernten Raum kann ein Experimentator zwischen den Kameras wechseln.
- Er kann entweder mit der linken oder mit der rechten Kamera auf den See blicken.
- Jedesmal wenn er über die linke Kamera blickt, sieht er einen Schwan auf dem See.
- Er kommt zu dem Schluss: auf dem See schwimmt ein Schwan, objektiv und immer.
- Objektiv meint hier: wo der Schwan ist hat nichts mit dem Experimentator zu tun.
- Nun blickt er öfters durch die rechte Kamera: in 10 % der Fälle fehlt der Schwan.
- Der Experimentator wiederholt das Experiment extrem oft: der Befund bleibt:
- Linke Kamera: immer ein Schwan, rechte Kamera: nur in 90 % der Fälle
- Die Frage ist: existiert der Schwan objektiv?
- Existiert er also unabhängig vom Beobachter?
- Ein dazu reales Experiment ist das EPR ↗
Fußnoten
- [1] Der deutsch-britische Physiker und Nobelpreisträger Max Born definierte das "Prinzip der Objektivität" wie folgt: "it provide a criterion to distinguish subjective impressions from objective facts, namely by substituting for given sense data others which can be checked by other indiviuals." In: Albert Einstein Max Born Briefwechsel 1916-1955. Geleitworte von Bertrand Russell und Werner Heisenberg. Ullstein Buch, Frankfurt am Main, 1986. ISBN: 3-548-3445-7. Dort die Seite 223.
- [2] P. Mittelstaedt: Objektivität und Realität in der Quantenphysik. In: Audretsch, J. und K. Mainzer (Hg.), Wieviele Leben hat Schrödingers Katze? Zur Physik und Philosophie der Quantenmechanik. Spektrum, Heidelberg. 1990.
- [3] Karl Raimund Popper: Quantum Mechanics without the Observer. In: Bunge, M. (Hg.), Quantum Theory and Reality, S. 7–44. Springer, Berlin. 1967. Online: https://doi.org/10.1007/978-3-642-88026-1_2
- [4] Naturgesetze müssen objektiv gelten, unabhängig von menschlichem Denken. Zum Beispiel ist das Gesetz des "dekadischen Zahlensystems, das uns in einfacher Form Nomenklatur und Schriftzeichen für beliebig viele Zahlengrößen liefert, ist kein Naturgesetz. Im Gegenteil befiehl das Naturgesetz objektiv, unabhängig vom menschlichen Denken, und Galileis Fallgesetz bestand, ehe der menschliche Geist in diesem Gesetze eine unendliche Anzahl von Einzelbewegungen fallender Körper umfaßte." In: der Artikel "Naturgesetz". Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 443-445. Online: http://www.zeno.org/nid/20006030211