Universalienproblem
Philosophie
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Basiswissen
Sind Allgemeinbegriffe real oder nur gedacht (nominal): der mittelalterliche Versuch, die christliche Lehre mit einem streng logischen Denken in Einklang zu bringen spitzte sich unter anderem im sogenannten Universalienstreit zu. Universalien waren Über- oder Allgemeinbegriffe wie etwa "Schifffahrt", "Das Rote" oder "Die Addition" oder "Glück"[4]. Während Nominalisten davon ausgehen, dass diese (oft substantivierten) Begriffe bloße Konstrukte des menschlichen Denken sind, halten Realisten sie für seinsmäßig (ontologisch) real existierend, etwas in einem Reich platonischer Ideen. Die Frage gilt auch heute noch als ungeklärt.
Das Universalienproblem und Naturgesetze
Einen Bezug zur Frage, was denn überhaupt Naturgesetze sind stellt der Anthropologe und Neurowissenschaftler Terrence W. Deacon (geboren 1950) her. Deacon geht der Frage nach, wie die beobachtbaren Tendenzen des Wandels in der Natur entstehen. Ist das was wir als Gesetzmäßigkeit zu erkennen glauben nur ein geistiges Konstrukt (Nominalismus) oder wirkt dort etwas formgebende als Formursache wirklich in der Natur? Deacon geht auf die antike Ideenlehre Platon (Realismus) und die Idee von Formursachen von Aristoteles (Realismus) ein.
ZITAT:
"Realismus: die Annahme, dass allgemeine Eigenschaften, Gesetze und Neigungen der physikalischen Welt zum Wandel fundamentale Gegebenheiten der Realität sind, unabhängig von subjektiver Erfahrung, und kausal wirksam."[1]
"Realismus: die Annahme, dass allgemeine Eigenschaften, Gesetze und Neigungen der physikalischen Welt zum Wandel fundamentale Gegebenheiten der Realität sind, unabhängig von subjektiver Erfahrung, und kausal wirksam."[1]
ZITAT:
"Nominalismus: die Annnahme, dass Verallgemeinerungen bloße Bequemlichkeiten des Denkens sind, abstrahiert von der Beobachtung, und ansonsten nur eine Begleiterscheinung in der Welt physikalischer Ursache und Wirkung. Damit verneint der Nominalismus eine kausale Wirksamkeit von von allgemeinen Typen, Klassen Arten, idealen Formen und allgemeiner Eigenschaften jenseits individueller Einzelfälle."[2]
"Nominalismus: die Annnahme, dass Verallgemeinerungen bloße Bequemlichkeiten des Denkens sind, abstrahiert von der Beobachtung, und ansonsten nur eine Begleiterscheinung in der Welt physikalischer Ursache und Wirkung. Damit verneint der Nominalismus eine kausale Wirksamkeit von von allgemeinen Typen, Klassen Arten, idealen Formen und allgemeiner Eigenschaften jenseits individueller Einzelfälle."[2]
Deacon spielt die Idee des Realismus und Nominalismus zum Beispie durch an der Ausbildung von Wirbeln und Strudeln in schnell fließenden Strömungen.[3] Wirkt hier eine allgemeine Idee wie etwa "das Wirbelartige" kausal wirksam in die Realität hinein?
Moderne Realisten
Moderne Vertreter einer realistischen Position sind zum Beispiel der Neurobiologe Johne Eccles und der Mathematik Roger Penrose. Sie halten Denkgegenstände wie z. B. Formeln oder Naturgesetze für etwas real Existierendes. Penrose zum Beispiel begründet seine Position ausführlich, unter anderem mit dem starken Gefühlsreindruck, mathematische Gesetzmäßigkeiten nicht zu erdenken, sondern eher zu entdecken. Siehe auch Penrose' Buch dazu Computerdenken ↗
Fußnoten
- [1] "Realism: The assumption that general properties, laws, and physical dispositions to change are fundamental facts about reality, irrespective of subjective experience, and are causally efficacious." In: Terrence W. Deacon: Incomplete Nature. How Mind Emergend from Matter. W. W. Norton. New York. London. 2012. Dort im Glossar auf Seite 551, sowie sehr ausführlich auch im Kapitel "6 Constraint", ab Seite 180.
- [2] "Nominalism: The assumption that generaliziations are merely conveniences of thought, abstracted from observation, and otherwise epiphenomenal in the world of physical cause and effect; thus a denial of the efficacy of types, classes, species, ideal forms, and general properties over and above that of the individuals they describe." In: Terrence W. Deacon: Incomplete Nature. How Mind Emergend from Matter. W. W. Norton. New York. London. 2012. Dort im Glossar auf Seite 551, sowie sehr ausführlich auch im Kapitel "6 Constraint", ab Seite 180.
- [3] Deacon zeigt am Beispiel von Wirbeln (vortices) in Gewässern, wie schwer es ist, dort eine Individualität auszumachen. Dennoch zeigen Wirbel viele Gemeinsamkeiten, vor allem in Eigenschaften, die sich nicht haben (Constraint). Deacon hat die längeren Ausführungen zu Wasserwirbeln eingebettet in seine allgemeine Frage, ob es eine reale, kausale Wirksamkeit von Allgemeinen Begriffen (Wirbel?) hin in die physikalische Welt gibt. In: Terrence W. Deacon: Incomplete Nature. How Mind Emergend from Matter. W. W. Norton. New York. London. 2012. Dort im Kapitel "6 Constraint" und dort wiederum speziell der Abschnitt "Redundancy". Zum Beispiel auf den Seiten 187 und 188.
- [4] Francis Bacon führte 1620 sah in zumindest einigen Universalien keine Entsprechung in der Wirklichkeit. Er formulierte recht scharf: "Die Götzenbilder, welche die Worte in den Geist einführen, sind zwiefacher Art. Entweder sind es Namen von Dingen, die es nicht giebt (denn so wie es Dinge giebt, die aus Unachtsamkeit keinen Namen bekommen haben, so giebt es Namen, wo die Philosophie getäuscht und der Gegenstand fehlt), oder es sind zwar Namen von wirklichen Dingen, aber sie sind verworren, schlecht begrenzt, voreilig und ungleich von den Dingen entlehnt. Zur ersten Art gehören z.B. Worte wie: Glück; das erste Bewegliche; die Sphären der Planeten; das Element des Feuers und ähnliche Erdichtungen, die aus eitlen und falschen Lehren hervorgegangen sind. Diese Art von Götzenbildern kann leicht beseitigt werden; denn durch beharrliche Verleugnung und Beiseitschiebung solcher Lehren kann sie zerstört werden." In: Roger Bacon: on der ursprünglich auf sechs Teile geplanten Abhandlung hat Bacon nur den ersten und größere Abschnitte des zweiten und dritten Teils publiziert. Als erstes erschienen die zwei Bücher des zweiten Teils unter dem Titel »Instauratio Magna. Novum Organum, sive Indicia vera de interpretatione naturae«, London 1620. Die erste deutsche Übersetzung durch G. W. Bartoldy erschien unter dem Titel »Neues Organon«, Berlin 1793. Der Text folgt der Übersetzung durch Julius Heinrich von Kirchmann von 1870. Online: http://www.zeno.org/nid/2000915118