Idee
Philosophie
Basisiwissen
In der Umgangssprache ist eine Idee eine plötzliche Einsicht, oft zur Lösung für ein Problem. Eine Idee als Leitgedanken für Handlungen ist die Grundlage einer Ideologie. In der Physik und Philosophie bezeichnet Idee hingegen ein Urprinzip, das man nicht sinnlich sonder nur geistig erfasssen kann und das allen Erscheinungen der Welt zugrunde liegt[2]. Beispiele sind das Gute[10], ein Mensch oder auch ein mathematisches Pendel[18].
Verschiedene Bedeutungen von Idee
Das Wort Idee stammt aus dem Altgriechischen[1] und bedeutete dort zunächst so viel wie "Bild"[4], "Gestalt"[7]" oder "Form"[10]. Platon (428 bis 348 v. Chr.) nutzte das Wort und bezeichnete damit ein Urbild von Dingen in einem göttlichen Verstand[4]. Die Idee ist die wirklich existierende Urform jeder aller real existierenden Dinge[8]. Dieser ursprünglichen platonischen Fassung fast engegengesetzt ist die Definition von einer Idee als einer Vorstufe menschlicher Begriffsbildung[2] oder eines Gedankens, der auf eine höchste Wahrheit gerichtet ist[3], oder gar der fertige Vernunftbegriff selbst, wie bei Kant[5].
MERKSATZ:
1.0 Eine Idee ist oder hat als Bezugspunkt eine höchste, unveränderliche Wahrheit.
1.0 Eine Idee ist oder hat als Bezugspunkt eine höchste, unveränderliche Wahrheit.
Das Wort der Idee ist also an zwei fast entgegengesetzten Polen eines Spektrums von Bedeutungen angesiedelt: einmal a) als wirklich seiende höchste Wahrheit, die real exisitert und b) als menschliche Denkbewegung hin zu einer solchen Wahrheit[17]. Ein kleinster gemeinsamer Nenner fast aller hier betracheten Definitionen von Idee ist, dass es um höchste und unveränderliche[11] Wahrheiten geht, denen man eine objektive Existenz zugesteht[12]. Von daher ist die Lehre von Ideen im Sinne Platons immer auch ein Versuch, eine feste und beständige Wahrheit in der Welt erkennen zu wollen[13].
Die Idee in den Naturwissenschaften
Speziell in den Naturwissenschaften oder auch der Geometrie[14] steht eine Idee für ein angenommes Ideal eines Begriffes, bei dem störende oder nicht handhabbare Abweichungen vernachlässigt werden dürfen. So ist der Massepunkt der Mechanik[15] ein hilfreiches Mittel zur Berechnung der Bewegung von Himmelskörpern, obwohl kein realer Himmelskörper wie ein Planet, Komet oder die Sonne echte Massepunkte[16] sind. Man spricht dann auch von einer Idealisierung[15].
MERKSATZ:
2.0 In den Naturwissenschaften ist eine Idealisierung eine vereinfachte Vorstellung, von der man aber nicht fordert, dass sie auch wirklich so existiert.
2.0 In den Naturwissenschaften ist eine Idealisierung eine vereinfachte Vorstellung, von der man aber nicht fordert, dass sie auch wirklich so existiert.
In den Naturwissenschaften fordert man von einer Idealisierung nicht, dass sie auch tatsächlich irgendwo existiert. Niemand fordert, dass es im Weltraum echte Massenpunkte gibt. Die Idealisierung muss weder in der sinnlich wahrnehmbaren Wirklichkeit noch in einem irgendwo angesiedelten Seinsbereich tatsächlich existieren.
MERKSATZ:
3.0 Die Idee der Naturwissenschaften ist dem philosophischen Begriff der Idee fast entegegesetzt. Man sollte den Begriff der Idee in den Naturwissenschaften vorsichtig benutzen.
3.0 Die Idee der Naturwissenschaften ist dem philosophischen Begriff der Idee fast entegegesetzt. Man sollte den Begriff der Idee in den Naturwissenschaften vorsichtig benutzen.
Damit aber ist die naturwissenschaftliche Fassung von Idee und Idealisierung dem philosophischen Sinn des Wortes fast gegenläufig. Während in der Philosophie stehts die reale Existenz der Ideen mitschwingt, ist die Idealisierung der Naturwissenschaft bewusst nur ein Denkmittel. In den Naturwissenschaften spricht man daher besser vom Modell (Wissenschaft) ↗
Ähnliche Begriffe, Alternativen zum Begriff der Idee
- Eine ewige Wahrheit oder deren denkerische Annäherung Idee ↗
- Die denkerische Annäherung an eine Idee Idealisierung ↗
- Der denkerische Verzicht auf subjektiv Unwichtiges Abstraktion ↗
- Das Ergebnis einer Abstraktion ist ein Abstraktum ↗
- Eine Denkvereinfachung ohne Wirklichkeitsanspruch Modell ↗
Fußnoten
- [1] 1796, die Idee als Bewusstseinsinhalt: "Die Idēe, (zweysylbig,) plur. die Idēen, (dreysylbig) aus dem Griech. und Lat. Idea, eine jede Vorstellung einer Sache in unsern Gedanken; ein Begriff, in der weitesten Bedeutung. Durch das Gehör erlangen wir die Idee des Schönen, das in der Harmonie und in der Folge der Töne liegt, Sulz. Im Deutschen und Franz. liegt der Ton auf der zweyten Sylbe, im Griech. und billig auch im Lat. auf der ersten." In: Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1352. Online: http://www.zeno.org/nid/20000247731
- [2] 1835, die Idee als Vorstufe des Begriffs: "Idee, jede, noch nicht zum Begriff gesteigerte, innere Vorstellung, die durch das Wort zum Gedanken, durch die Form zum. Bilde wird. Die Idee ist ein Kind des Geistes, wie der Gedanke durch die Vernunft, der Schluß durch den Verstand, das Bild durch die Phantasie entsteht." In: Damen Conversations Lexikon, Band 5. [o.O.] 1835, S. 396. Online: http://www.zeno.org/nid/20001739689
- [3] 1837, die Idee ist eine Gedanke, der auf eine höhere Wirklichkeit gerichtet ist: "Idee ist ein ursprünglich griech. Wort, welches durch den berühmten griech. Philosophen Platon bleibend in die Philosophie eingeführt worden und dessen Bedeutung ebenso vielen Umgestaltungen ausgesetzt gewesen ist, wie die Philosophie selbst. Ursprünglich bedeutet Idee den Gedanken, insofern er eine höhere und der Wahrheit gemäßere Wirklichkeit hat, als das Gebiet des sinnlich Wahrnehmbaren, welches dem Gedanken gewöhnlich als ein von ihm verschiedenes Gebiet des Wirklichen entgegengesetzt zu werden pflegt." Und weiter so sehr ausführlich. In: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 437. Online: http://www.zeno.org/nid/20000834610
- [4] 1855, die Idee als Gegenstand im göttlchen Verstand: "Idee, griech., Anschauung, Bild, Gestalt, Geistesgebilde; bei Platon das Urbild jedes erschaffenen Dinges, wie dasselbe im göttlichen Verstande vorhanden und dadurch wirklich ist, dann die dem Urbilde entsprechende Vorstellung, welche im menschlichen Geiste als Erinnerung wiederstrahlt." In: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 389. Online: http://www.zeno.org/nid/20003379477
- [5] 1855, die Idee aus der Anschauung und aus der Vernunft: "Die Leibnitzisch-Wolfische Schule nahm I. mit Vorstellung gleichbedeutend, wie die Franzosen und Engländer vorher gethan und wie es auch Sprachgebrauch bei uns ist. Seit Kant, der reine I.n d.h. apriorische Vorstellungen unterschied von den empirischen I.n d.h. von solchen, denen eine sinnliche Anschauung zu Grunde liegt, hat man die I.n als Vernunftbegriffe und mehr od. minder im Sinne Platons aufgefaßt. In der Wissenschaft möchte die Bedeutung von I. als göttlicher Gedanke oder innere Schauung des Göttlichen wiederum herrschend werden." In: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 389. Online: http://www.zeno.org/nid/20003379477
- [6] 1859, die Idee als das Absolute: "Idee (v. gr.), 1) die von der Vernunft, als dem Vermögen Vollkommenes (das Absolute, Unbedingte) zu denken, blos aus sich selbst geschöpfte u. in einer unmittelbaren Nöthigung der Vernunft die Gewährschaft ihrer Wahrheit tragende, folglich weder durch Verstandesbegriffe, noch durch Anschauungen darstellbare Vorstellung von einer höchsten Vollkommenheit, z. B. Gott, Tugend, Unsterblichkeit, Wahrheit, Schönheit, Freiheit etc., s. Idealismus u. Vernunft; 2) so v.w. Vorstellung." In: Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 774. Online: http://www.zeno.org/nid/20010162313
- [7] 1904, verschiedene Bedeutungen: "Idee (idea, eidos, idea, idée) bedeutet 1) ursprünglich: Gestalt, Form, Bild; 2) Urbild, Musterbild, Typus, als reale Wesenheit; 3) schöpferischer Gedanke, Begriff, Gedanke, Grundgedanke, begriffliche Einheit, Leitmotiv, Endpunkt des begründenden Denkens; 4) Vorstellung, Bewußtseinsinhalt, Erinnerungsbild, Phantasiegebilde, Einfall." Und sehr ausführlich weiter so. In: Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 465-481. Online: http://www.zeno.org/nid/20001791206
- [8] 1907, Ideen nach Platon: " Idee (griech. eidos oder idéa), ein aus der Philosophie Platons stammender Ausdruck, der das im Begriff erfaßte Wesen eines Dinges oder einer Art von Dingen bezeichnet; also z. B. die I. des Tisches = Inbegriff der wesentlichen Merkmale eines Tisches, das Typische des Tisches. Die Ideen existieren jedoch nach Platon nicht bloß im Kopfe des Menschen als Abstraktionen von den konkreten Einzeldingen, sondern sie besitzen eine selbständige Realität außerhalb des subjektiven Denkens und vor den Einzeldingen, es sind die Ideen nicht sowohl bestimmt durch die Dinge, als diese durch die Ideen, die in ihnen in mehr oder weniger unvollkommener Weise verkörpert sind (»Ideenlehre«)." Und dann noch weiter zur neuzeitlichen Philosophie. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 736. Online: http://www.zeno.org/nid/20006808328
- [9] 1911: "Idee (grch.), Vorstellung, Begriff, Gedanke; dann auch Entwurf, Plan; ferner Einbildung." In: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 847. Online: http://www.zeno.org/nid/20001206680
- [10] 1999, Idee als höchste Wahrheit mit eigenem Seinsbereich: "Bedeutet I. (griech. idea bzw. eidos) zunächst nicht mehr als »Aussehen«, »Anblick« oder auch »Form«, so wird diese Charakteristik des Seienden bei Platon zum Ausdruck für dessen eigentliches Sein, das es zu erkennen gilt, weil das im Handeln angestrebte Gute als ein wahrhaft Gutes gewusst werden muss." Und so weiter. In: Metzeler Philosophie Lexikon. Herausgegeben von Peter Prechtl und Franz-Peter Burkard. 2. überarbeitete Auflage. Stuttgart, Weimar, 1999. ISBN: 3-476-01679-X. Dort die Seite 247. Siehe auch Metzler Philosophie Lexikon ↗
- [11] Platon, der Urheber des philosophischen Begriffs der Idee, lebte von 328 bis 348 vor Christus. in einer Zeit großer politischer Wirren und Unsicherheiten. Platons Heimatstadt Athen befand sich in einem selbstzerstörerischen Krieg mit Sparta. Platons Lehrer, Sokrates, wurde im Jahr 399 mit dem Vorwurf hingerichtet, die Sitten zu untergraben. Im Reich der Ideen glaubte Platon etwas Beständiges und Gutes zu erkennen, das jedem irdischen Wandel wiedersteht. Siehe auch Ideenlehre ↗
- [12] 1999, die Sinne sind trügerisch, die Vernunft ist nötig: "Demnach kann es wirkliches Wissen nur geben, wenn es neben dem veränderlichen Seienden, das durch die trügerischen Sinne wahrgenommen wird, auch unveränderliches Sein gibt, das allein durch vernünftiges Denken erfassbar ist." In: Metzeler Philosophie Lexikon. Herausgegeben von Peter Prechtl und Franz-Peter Burkard. 2. überarbeitete Auflage. Stuttgart, Weimar, 1999. ISBN: 3-476-01679-X. Dort die Seite 247. Siehe auch Metzler Philosophie Lexikon ↗
- [13] Dass man der Welt eine feste, unveränderliche Wahrheit unterstellt, ist keine Selbstverständlichkeit. Andere Denkströmungen gehen davon aus, dass es keine absolute Wahrheit gibt. Jedes Erkenntnis ist relativ und jede Wertsetzung nur subjektiv. Siehe dazu auch Relativismus ↗
- [14] Der Physiker Ernst Mach betrachtet die Geometrie als idealisierte Raumerfahrung: "Die Raumanschauung des Menschen wurzelt in dessen physiologischer Konstitution. Die geometrischen Begriffe entwickeln sich durch Idealisierung physikalischer Raumerfahrungen." In: Ernst Mach: Erkenntnis und Irrtum. Leipzig 1917, S. 389-423. Online: http://www.zeno.org/nid/20009213570
- [16] Möchte man die Bewegung der Erde im Spiel mit den Anziehungskräften anderer Himmelskörper wie der Sonne, des Mondes oder der Planeten betrachten, so kann man ohne Verlust an Genauigkeit und Korrektheit stets annehmen, dass die gesamte Masse der Himmelskörper in einem Punkt vereinigt ist. Man muss nicht wissen, ob oder welche Gebirge und Täler es auf den Körpern gibt oder wie diese um sich selbst rotieren. Diese Annahme vereinfacht viele Berechnungen ganz erheblich und führt gleichzeitig zu denselben Ergebnissen wie eine detaillierte Betrachtung der wirklichen Formen von Himmelskörpern. Siehe auch Massepunkt ↗
- [17] Im Mittelalter Westeuropas wurde die Polarität von Idee als echtem Gegenstand oder bloßem Denkobjekt zugespitzt zu einer scharfen theologisch-philosophischen Auseinandersetzung, dem sogenannten Universalienproblem ↗
- [18] Als mathematisches Pendel, im Gegensatz zu einem physikalischen Pendel, bezeichnet man ein Fadenpendel, dessen Faden als masselos gedacht wird. Das unten angehängte Gewicht wird dabei als Massepunkt gedacht. Diese zwei Idealisierungen erleichern die mathematische Behandlung des Pendels ganz wesentlich. Siehe auch mathematisches Pendel ↗