Observable
Physik
Definition
Eine Observable ist eine „beobachtbare physikalische Größe, wie Energie, Impuls, Parität, Spin oder Ladung“.[1] Der Begriff wird speziell in der Quantenphysik verwendet. Das ist hier kurz vorgestellt.
Observable als beobachtbare Größen
Das Wort Observable wird meist in Verbindung mit der Quantenphysik verwendet und wird dort oft als direkt beobachtbare oder besser messbare Größe bezeichnet[1]. Als Beschreibung, wie man die Größe beobachten soll, wird in der Physik ein sogenannter Operator formuliert, eine genaue Anleitung unter welchen Umständen die Messung stattzufinden hat. Zusätzlich ist die Messung von Observablen in der Quantenphysik mit aufwändigen mathematischen Berechnungen verbunden. Begriffe wie Eigenwert, Eigenzustand, und Hilbert-Raum spielen eine Rolle. Erst am Ende zum Teil sehr aufwändiger Rechnungen erhält man den Messwert. Das Wort Observable wird oft in engem Bezug zur Quantenmechanik verwendet, soll hier aber allgemeiner für die gesamte Physik weiter diskutiert werden.
Kritik des Wortes Observable
Der Physiker Dustin Lazarovici kritisiert an der gängigen Definition von Observablen (siehe oben), dass die beschriebenen Größen tatsächlich nicht direkt durch menschliche Sinnensorgane beobachtet werden können und damit nicht im eigentlichen Sinn des Wortes "observierbar" sind. Er nennt den Begriff der Observablen "suggestive but misleading[2, Seite 20]" und warnt vor einem naiven Empirismus (naive empiricism about observables in quantum mechanics). Als Beispiel nennt er den Spin von Elektronen im sogenannten Stern-Gerlach-Versuch aus dem Jahr 1922: was man dort alleine beobachtet sind Flecken auf einem Schirm, letztendlich Position von Dingen (in physics the only observations we must consider are position observations, if only the positions of instrument pointer[2, Seite 22]). Der Spin ist nach Lazarovici also keine echte Observable im eigentlichen Wortsinn. Lazarovici weist darauf hin, dass auch klassische Größen wie Energie, Impuls und Drehmoment nicht direkt beobachtet oder gemessen werden können sondern nur indirekt über Bewegungen und Positionen. Siehe auch Proxy-Variable ↗
Elektronen in einer Nebelkammer als Beispiel
Ein gutes Beispiel für die allgemeine Bedeutung einer observablen Größe in der Physik sind submikroskopische Teilchen wie Protonen, Alphateilchen oder Elektronen. Solche Teilchen entstehen zum Beispiel infolge von Radioaktivität. Gelangen solche Teilchen in eine sogenannte Nebelkammer erzeugen sie entlang ihrer Bahn eine Spur von sichtbaren Nebeltröpfchen. Die observable Größe wäre hier aber nur die Position der sichtbaren Nebeltropfen. Die Teilchen selbst bleiben ein reines Gedankenkonstrukt. Ob es die Teilchen wirklich gibt und welche Eigenschaften sie dann haben lässt sich durch unsere Sinnesorgane nicht direkt überprüfen. Siehe auch Nebelkammer ↗
Das „Ding an sich“ in der Philosophie
Der Philosoph Immanuel Kant hat bereits im 18ten Jahrhundert unsere Unfähigkeit beschrieben, die wahren Eigenschaften von Objekten der Wirklichkeit direkt wahrzunehmen.[3] Kants Position wird rückwirkend durch die Unterscheidung von observablen Größen (Lichtflecke auf einem Schirm) und daraus konstruierten Größen (Spin eines Elektrons) bestätigt. Im Sinne Kants wäre das Elektron ein Ding an sich, dessen Eigenschaften wir nicht direkt wahrnehmen können. Siehe auch Ding an sich ↗
Was ist Machs Außenwelthypothese?
Der österreichische Physiker Ernst Mach fasste gegen Ende des 19ten Jahrhunderts eine Reihe von Problemem mit klassischen Vorstellungen von Materie, Raum und Gegenständen im Raum zusammen. Die Vorstellung, dass es reale Objekte hielt er für eine bloße Annahme, die später als „Hypothese der realen Außenwelt“ bezeichnet wurde.[5] Mach hielt die Außenwelthypothese für widerspruchsvoll und hinderlich für die Physik. Die Probleme, physikalische Größen wie etwa Energie, Masse, Spin oder Impuls wirklich zu beobachtbaren Größen im engeren Wortsinn zu machen bestätig rückblickend Machs Skeptik. Als Alternative schlug Mach eine Physik vor, die sich alleine auf Sinnenwahrnehmungen stützt. Lies mehr dazu unter Außenwelthypothese ↗
Fußnoten
- [1] Observable. In: Ulrich Kilian, Christine Weber: Spektrum Lexikon der Physik. Spektrum Akademischer Verlag. 1998. ISBN: 9783860252963. Online: https://www.spektrum.de/lexikon/physik/observable/10594
- [2] Lazarovici D, Oldofredi A, Esfeld M.: Observables and Unobservables in Quantum Mechanics: How the No-Hidden-Variables Theorems Support the Bohmian Particle Ontology. In: Entropy (Basel). 2018. doi: 10.3390/e20050381. PMID: 33265471; PMCID: PMC7512900.
- [3] Kant, Ausgabe der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 1900ff, AA IV, Kritik der reinen Vernunft, Seite 178
- [4] Ernst Mach: Die Analyse der Empfindungen und das Verhältnis des Physischen zum Psychischen. Ersterscheinung: 1886. Siehe auch Außenwelthypothese ↗
- [5] Erwin Schrödinger über die Außenwelthypothese: "Damit [mit dem Begriff der Objektivierung] meine ich genau dasselbe, was auch oftmals die Hypothese der realen Außenwelt genannt wird. Ich behaupte, es handelt sich dabei um eine gewisse Vereinfachung, die wir einführen, um das unerhört verwickelte Probleme der Natur zu meistern. Ohne es uns ganz klarzumachen und ohne dabei immer ganz streng folgerichtig zu sein, schließen wir das Subjekt der Erkenntnis aus aus dem Bereich dessen, was wir an der Natur verstehen wollen. Wir treten mit unserer Person zurück in die Rolle eines Zuschauers, der nicht zur Welt gehört, welch letztere eben dadurch zu einer objektiven Welt wird." Quelle: Erwin Schrödinger. Geist und Materie. Friedrich Vieweg und Sohn, Braunschweig. 1961. Deutsche Übersetzung der Tarner Lectures abgehalten am Trinity College, Cambridge, England, im Oktober 1956. Siehe auch Objektivierung ↗