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Ernst Mach

Physik

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Basiswissen


Österreichischer Physiker und Sozialist aus dem 19ten Jahrhundert: Ernst Mach (1838 bis 1916) legte das geistige Fundament, auf das sich später viele Quantenphysiker beriefen: man verzichtet auf die (problematische) Hypothese einer Welt außerhalb des Bewusstsein und beschränkt sich ganz auf Gesetzmäßigkeiten, die Sinneseindrücke miteinander verbinden.[3]



Bildbeschreibung und Urheberrecht
Ernst Mach im Jahr 1905: zu dieser Zeit hatte er seinen großen Gedanken bereits alle niedergeschrieben. Mach hatte einen großen Einfluss auf die ihm nachfolgende Generation von (Quanten)Physikern. © Charles Scolik (1854-1928) ☛


Wofür war Mach berühmt?


  • Ernst Mach lebte von 1838 bis 1916.
  • Mach untersuchte als Physiker unter anderem den Schall.
  • In der Psychologie studierte er den Gleichgewichtssinn.
  • Als Philosoph hinterfragte er die Idee der Materie.
  • Er hinterfrage kritische die sogenannte Außenwelthypothese.[1]
  • Politisch vertrat er sozialdemokratische Ideen.
  • Er war Rektor der Universität in Prag.

Physik ohne Außenwelt?


In seinem Buch über die Analyse der Empfindungen[1] skizziert Mach eine Physik, die lediglich Sinnesereignisse miteinander verbindet.

ZITAT:

"Alle Hülfsvorstellungen, Gesetze, Formeln sind nur das quantitative Regulativ meiner sinnlichen Vorstellung. Diese ist das Ziel, jene sind die Mittel."[1, Seite 145]

ZITAT:

"Die Function der Physik besteht also darin, zu lehren, dass eine Thatsache, welche auf eine bestimmte Reaction R ein Empfindungsmerkmal
E liefert, zugleich noch auf eine andere Reaction R' ein anderes Merkmal E' zeigt."[1, Seite 164]

Es ist bemerkenswert, wie sehr Mach mit seinem Buch aus dem Jahr 1886 die schon bald nach seinem Tod im Jahr 1916 einsetzende rasante Entwicklung der Quantenphysik quasi vorwegnahm. Die Experimente der Quantenphysik machten es den Physikern immer schwerer, eine reale Außenwelt als Grund für die Ergebnisse ihrer Messungen annehmen zu können. Letztendlich zogen sie sich ganz zurück auf die bloße Berechnung der Wahrscheinlichkeiten bestimmte Sinnesereignisse zu erhalten:

ZITAT:

E. P. Wigner, 1967: "Tatsächlich ist die Wellenfunktion nur eine geeignete Sprache zur Beschreibung des durch Beobachtungen gewonnenen Wissens, das für die Vorhersage des zukünftigen Verhaltens eines Systems relevant ist. Aus diesem Grund werden Wechselwirkungen, die in uns die eine oder andere Empfindung hervorrufen können, auch Beobachtungen oder Messungen genannt. Man erkennt, dass alle Informationen, die die Gesetze der Physik liefern, aus Wahrscheinlichkeitsbeziehungen zwischen aufeinanderfolgenden Eindrücken bestehen, die ein System auf einen macht, wenn man wiederholt mit ihm interagiert, d. h. wenn man wiederholt Messungen an ihm vornimmt. Die Wellenfunktion ist eine praktische Zusammenfassung des Teils der vergangenen Eindrücke, der für die Wahrscheinlichkeiten relevant bleibt, die verschiedenen möglichen Eindrücke bei späterer Interaktion mit dem System zu erhalten."[5]

Mach ging so weit, die Existenz einer realen Außenwelt nicht mehr für nötig zu halten, zumindest nicht, um sinnvoll Physik treiben zu können:

ZITAT:

"Weil man jeden Bestandtlieil [das Beständige in unseren Wahrnehmungen] einzeln wegnehmen kann, ohne dass dies Bild aufhört die Gesammtheit zu repräsentiren und wieder erkannt zu werden, meint man, man könnte alle wegnehmen und es bliebe noch etwas übrig. So entsteht der ungeheuerliche Gedanke eines (von seiner „Erscheinung" verschiedenen unerkennbaren) Dinges an sich. Das Ding, der Körper, die Materie ist nichts ausser dem Complex der Farben, Töne u. s. w. ausser den sogenannten Merkmalen."[1, Seite 5]

Die Frage, ob es hinter der Welt der Erscheinungen, unseren bloßen Empfindungen im Kopf, eine real für sich alleine existierende Welt aus materiellen Körpern gibt, ist bis heute nicht entschieden. Sicher ist, dass die gegenwärtigen Objekte der Quantenphysik keine Kanditaten für anschaulisch-realistische Körper einer Außenwelt abgeben. Jede tiefere Analyse von zum Beispiel dem berühmten Doppelspaltexperiment kann zeigen, wie man zu diesem Schluss kommt.[6]

Unter anderem vielleicht aufgrund von Machs großem Einfluss auf die Generation der frühen Quantenphysiker, sah man in der Annahme einer realen Außenwelt mit ihren "Dingen an sich" zunhemend mehr Probleme. Was dem naiven Menschen, dem bodenständigen Pragmatiker als Gewissheit erscheint, dass es nämlich Steine, Bäume, Häuser und derlei Dinge mehr wirklich gebe (haue dir doch einmal mit dem Hammer auf den Finger, wenn du es nicht glaubst), das geriet unter Physikern immer mehr nur noch zu einer nützlichen aber vielleicht letztendlich inhaltslosen Annahme, einer bloßen Außenwelthypothese ↗

Fußnoten


  • [1] Ernst Mach: Die Analyse der Empfindungen und das Verhältnis des Physischen zum Psychischen. Ersterscheinung: 1886.
  • [2] Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, Seite 20: "Mach, Ernst, Physiker, geb. 18. Febr. 1838 zu Turas in Mähren, studierte in Wien, habilitierte sich 1861 an der Wiener Universität als Privatdozent, wurde 1864 Professor der Mathematik in Graz, 1867 Professor der Physik in Prag und 1895 an der Wiener Universität. Als Rektor Magnifikus 1879/80 trat er gegen die Tschechisierung der Prager Universität auf. 1901 trat er in den Ruhestand und wurde zum Mitgliede des österreichischen Herrenhauses ernannt. Er schrieb: »Kompendium der Physik für Mediziner« (Wien 1863); »Einleitung in die Helmholtzsche Musiktheorie« (Graz 1866); »Die Geschichte und die Wurzel des Satzes der Erhaltung der Arbeit« (Prag 1872); »Optisch-akustische Versuche« (das. 1873); »Grundlinien der Lehre von den Bewegungsempfindungen« (Leipz. 1875); »Die Mechanik in ihrer Entwickelung« (das. 1883, 5. Aufl. 1904); »Beiträge zur Analyse der Empfindungen« (Jena 1886), in 2.–4. (1903) Aufl. u. d. T.: »Die Analyse der Empfindungen und das Verhältnis des Physischen zum Psychischen«; »Leitfaden der Physik für Studierende« (mit Jaumann, Prag 1891); »Populär wissenschaftliche Vorlesungen« (3. Aufl., Leipz. 1903); »Die Prinzipien der Wärmelehre« (2. Aufl., das. 1900); »Erkenntnis und Irrtum. Skizzen zur Psychologie der Forschung« (das. 1905)." Online: http://www.zeno.org/nid/2000703010X
  • [3] Ernst Mach: Erkenntnis und Irrtum. Leipzig 1917. Erstdruck: Leipzig (Johann Ambrosius Barth) 1905. Online: Ernst Mach: Erkenntnis und Irrtum. Leipzig 31917. Online: http://www.zeno.org/nid/20009213333
  • [4] Das Eisler Philosophen-Lexikon charakterisiert Machs erkenntnistheoretischen Anspruch: "Die Wissenschaft ist biologisch-praktischen Bedürfnissen entsprungen und dient noch jetzt der Erhaltung des Lebens und der Beherrschung der Natur, und aus dieser Tendenz ist alles Erkennen zu verstehen und zu regeln (Erkenntnistheoretischer Biologismus und Psychologismus). Nicht unbekannte Wesenheiten, sondern das Gegebene, Unmittelbare, Erlebbare will die Wissenschaft erfassen, es in seinen relativ konstanten Zusammenhängen und Abfolgen möglichst exakt beschreiben. Die Wissenschaft entsteht durch einen »Anpassungsprozeß der Gedanken an ein bestimmtes Erfahrungsgebiet«, sie hat teilweise vorliegende Tatsachen in Gedanken zu ergänzen. »Die Abbildung der Tatsachen in Gedanken, oder die Anpassung der Gedanken an die Tatsachen ermöglicht dem Denken, nur teilweise beobachtete Tatsachen gedanklich zu ergänzen, soweit die Ergänzung durch den beobachteten Teil bestimmt ist.« Die methodische Anpassung modifiziert beständig die Denkgewohnheiten. Die Anpassung der Gedanken aneinander ergibt die Theorie. M. faßt also die Gedanken und Erkenntnisfunktionen als Lebensfunktionen auf. Beherrscht werden dieselben durch das biologisch-psychologische Prinzip der Denkökonomie (vgl. Avenarius), der sparsameren, ökonomischen Verwertung der geistigen Kräfte. »Die Methoden, durch welche das Wissen beschafft wird. sind ökonomischer Natur.« Das Ziel der Naturwissenschaft bei der Zusammenfassung und Darstellung ihrer Ergebnisse ist der sparsamste, einfachste begriffliche Ausdruck. Es ist die Aufgabe der Physik, die gleichartigen Elemente der Naturvorgänge aufzusuchen, wodurch die »sparsamste, kürzeste Beschreibung und Mitteilung« ermöglicht wird. Die Wissenschaft kann so »als eine Minimumaufgabe angesehen werden, welche darin besteht, möglichst vollständig die Tatsachen mit dem geringsten Gedankenaufwand darzustellen«. Durch die Denkökonomie als Ideal erfolgt ein Ordnen, Harmonisieren, Organisieren der Gedanken, ein Herausheben des Wesentlichen im Begriff und Urteil. So kommt es auf die aktive Geistesarbeit an und hier unterscheidet sich M.s Lehre scharf von allem passivistischen Sensualismus. Im Übrigen betont M. aber, alle Erkenntnis bestehe in der bloßen Beschreibung der Tatsachen, d.h. der Erlebnisse und deren funktionalen Abhängigkeiten und Zusammenhänge selbst, ohne Zugrundelegung nicht erlebbarer Faktoren, die »an sich« existieren (vgl. Comte, Kirchhoff u. a.). Die hypothetischen »Denkzutaten« sind möglichst zu »eliminieren«, höchstens können sie als praktische Abbreviaturen für empirische Komplexe und Zusammenhänge selbst dienen, ohne daß ihnen (Kausalität, Substanz, Kraft u. dgl.) etwas außer diesen Zusammenhängen und Relationen entspricht. Der Begriff der Ursache hat. nach M. »einen starken Zug von Fetischismus«, er stammt von »animistischen Vorstellungen« ist anthropomorph. Er muß wissenschaftlich durch den Funktionsbegriff ersetzt werden, d.h. durch den Begriff der funktionalen »Abhängigkeit« der Erscheinungen und ihrer Merkmale voneinander. Die Wissenschaft hat diese Abhängigkeiten, die regelmäßigen Zusammenhänge der Erlebnisse zu beschreiben und denkökonomisch zu formulieren, in Gleichungen, welche der Physik das Rekurrieren auf hypothetisch-mechanische (atomistische) Vorgänge unnötig machen (Begriffliche, unanschauliche »phänomenologische«[438] Physik, ohne mechanische Modelle). Isolierte Ursachen und Wirkungen gibt es in der Natur nicht. Das Gleiche wiederholt sich nur in der Abstraktion, die Natur selbst ist nur einmal da. Eine absolute Beständigkeit gibt es nicht und so ist der rohe Substanzbegriff zu eliminieren. Die »Materie« ist nur ein »Gedankensymbol« für gesetzmäßige Zusammenhänge von Elementen, in denen nur das »Verbindungsgesetz« das Beständige ist. Einen »Träger« der Erscheinungen gibt es nicht. »Das Ding, der Körper, die Materie ist nichts außer dem Zusammenhang der Färben, Töne usw., außer den sogenannten Merkmalen.« In: Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 437-441. Online: http://www.zeno.org/nid/2000182757X
  • [5] Tatsächlich sollte sich im 20ten Jahrhundert eine Deutung der Physik in weiten Kreisen etablieren, die Machs Idee einer bloßen Verknüpfung von Sinneserlebnissen durch Wahrscheinlichkeiten so gut wie vollständig gerecht wird. So verknüpft in der Deutung von Eugen Paul Wigner die quantenphysikalische Wellenfunktion nur Sinneserlebnisse so wie Mach es angedacht hatte; die deutsche Übersetzung wurde mit Hilfe eine KI erstellt und von mir korrekturgelesen. Die Worte Wigners im englischen Original: “In fact, the wave function is only a suitable language for describing the body of knowledge—gained by observations—which is relevant for predicting the future behaviour of the system. For this reason, the interactions which may create one or another sensation in us are also called observations, or measurements. One realises that all the information which the laws of physics provide consists of probability connections between subsequent impressions that a system makes on one if one interacts with it repeatedly, i.e., if one makes repeated measurements on it. The wave function is a convenient summary of that part of the past impressions which remains relevant for the probabilities of receiving the different possible impressions when interacting with the system at later times.” In: Wigner, E. P. (1967). Remarks on the mind–body question. In Symmetries and Reflections: Scientific Essays of Eugene P. Wigner (pp. 171–184). Bloomington, IN: Indiana University Press. Zumindest der Verzicht auf den Versuch, eine reale Außenwelt hinter der Welt der Messergebnisse konstruieren zu wollen, ist der Kern der sogenannten Kopenhagener Deutung ↗
  • [6] Das Doppelspaltexperiment in seiner heutigen Form enstand zu Beginn des 19ten Jahrhunderts. Es muss Mach bekannt gewesen sein. Verwunderlich ist, dass er nirgends Bezug darauf nimmt. Auch das sogenannte Ätherproblem erwähnte er in seinem Buch über die Analyse der Empfindungen nicht. Im Kern macht das Doppelspaltexperiment jede vernünftig anschauliche Deutung eines klassisch als Teilchen gedachten Lichtteilchens oder Elektrons unhaltbar bis absurd. Siehe mehr dazu unter Doppelspaltexperiment ↗