Gegenstand
Definition
Basiswissen
Ursprünglich bezeichnete das Wort Gegenstand tatsächlich etwas, „was einem andern Dinge entgegen steht[1]“, einen „Widerstand leistete[1]“. Erst später nahm das Wort die sehr allgemeinere Bedeutung von etwas Denkbaren an[2], von Dingen, die außerhalb des Menschen stehen[4], Teil der Außenwelt sind[5], letzten Endes nur noch übersetzt mit dem Fremdwort Objekt[3]. Das ist hier näher vorgestellt, auch mit einigen ähnlichen Worten.
Gegenstand als Körper
Ein Suppentopf, eine Stehlampe oder ein Amboss: der Gegenstand als ein Körper der real gedachte, echten Welt kommt der Alltagsvorstellung am nächsten. Ein so gedachter Gegenstand hat eine Ausdehnung, was der Philosoph Rene Descartes eine res extensa nannte. Im Deutschen spricht man auch von einem Körper, was aber über das Wort Gegenstand hinausgeht, da man zum Beispiel den Körper eines Menschen nicht als Gegenstand bezeichnen würde. In der Geometrie denkt man sich Gegenstände rein von der Form und nennt diese dann tatsächlich auch Körper (Geometrie) ↗
Gegenstand als Widerstand
Das Adelung Lexikon aus dem Jahr 1793 ist noch nah am eigentlichen Sinn der Zusammensetzung der zwei Wortteile "Gegen" und "Stand". Ein Gegenstand steht etwas anderem entgegen und bildet damit einen Widerstand. Es ist richtig, das Wort dann auch auf Gegenstände der Wirklichkeit oder des Denkens zu übertragen, wenn damit gemeint ist, dass es Dinge sind, die uns einen Widerstand entgegen stellen. Der amerikanische Schriftsteller Philip K. Dick definierte Realität in genaus diesem Sinn als er sagte: "Realität ist das, was nicht weggeht, wenn du aufhörst, daran zu glauben[7]". Dass die Wirklichkeit genau das sein könnte, was unabhängig von unserem Willen sein kann wurde auch in einem Lexikon aus dem Jahr 1907 gesagt[8]. Der Gegenstand als Widerstand wird damit zu einem Indiz für eine objektiv, das heißt unabhängig von uns als Willen seiende, existierende Wirklichkeit ↗
Gegenstand als Gegenstand des Bewusstseins
Schon im Jahr 1857 wird das Wort Gegenstand auch für Gegenstände des Denkens verwendet, als eine Vorstellung oder Wahrnehmung[2]. Als Synonym für ein "Gegenstand des Erkennens" wird das Wort Objekt vorgeschlagen[3]. Hier stehen einige Worte, die in etwa die Bedeutung von Gegenständen des Bewusstseins angeben:
- Ein Verallgemeinerung von mehreren Einzeldingen Abstraktion [auch Begriff] ↗
- Die direkten, unverarbeiteten Sinneseindrücke Qualia ↗
- Als reiner Bezeichner eines Gegenstandes Wort ↗
Gegenstand als etwas Außenliegendes
Fast alle älteren Lexika sehen in einem Gegenstand etwas, das außerhalb von uns selbst liegt. Die Rede ist dann von einem "Ding außer uns überhaupt[1], von "dem vorstellenden Wesen (Subject) selbst unterschiedene Äußere[2]". Man bezeichnet damit "jede Sache außer uns[4]" oder "Gegenstände der Außenwelt, externa[5]". Was hier angedeutet wird ist die philosophisch sehr problematische Trennung der Welt in Subjekt des Erkennens (z. B. wir als Menschen) und eine außerhalb von uns liegende Welt der Objekte. Berühmt ist hier die Trennung der Welt in eine res cogitans (denkende Substanz) und res extensa (ausgedehnte Substanz). Viele Philosophen zweifeln die Existenz einer Welt außerhalb unserer Wahrnehmung an und sprechen von der Außenwelt mit ihren Gegenständen nur als Täuschung, Einbildung oder Hypothese. Siehe dazu Außenwelthypothese ↗
Fußnoten
- [1] 1793, Gegenstand als Hindernis: " Der Gêgenstand, des -es, plur. die -stände. 1) * Dasjenige, was einem andern Dinge entgegen stehet, dasselbe hindert, das Hinderniß; in welcher Bedeutung es im Hochdeutschen veraltet ist. 2) * Der Widerstand, Resistenz; ohne Plural, und nur im Oberdeutschen. 3) * Der Gegensatz, das Gegentheil, eine im Hochdeutschen gleichfalls nicht mehr gangbare Bedeutung, wo dieses Wort, 4) nur noch figürlich, ein Ding bezeichnet, auf welches eine Veränderung gerichtet ist, von welchem man etwas saget oder behauptet, und oft ein jedes Ding außer uns überhaupt. Die natürlichen Dinge sind der Gegenstand der Physik. Der Gegenstand unsers pflichtmäßigen Verhaltens muß sich so weit erstrecken, als sich der Gegenstand unserer Fähigkeiten erstreckt, Baumg. Die Übung der Pflichten ist der Gegenstand der Moral. Wir gewöhnen uns an die Gegenstände, die uns umgeben. Der Einfluß, welchen die Gegenstände der Natur auf unser Glück haben. Unrichtige Meinungen legen den Gegenständen unserer Neigungen einen falschen Werth bey, Gell. Der Gegenstände, die zum äußern Glücke gehören, gibt es eine große Anzahl, ebend. Die größere Bekanntschaft mit den Gegenständen erzeugt eine größere Kenntniß derselben, Sonnenf. Der persönliche Gegenstand, diejenige Person, von welcher etwas gesagt wird, oder auf welche eine Wirkung gerichtet ist." Anm. In dieser letztern Bedeutung ist es erst in den neuern Zeiten angenommen worden, das Lat. Objectum auszudrucken, welches in einem alten Vocabulario von 1477 durch Wyderschyne gegeben wird. Im Oberdeutschen hingegen, wo die drey ersten Bedeutungen dieses Wortes noch gangbar sind, macht diese vierte Bedeutung oft Dunkelheit und Zweydeutigkeit, worüber sich ehedem schon P. Dornblüth beschwerete, der mit diesen Klagen den Hohn nicht verdienete, womit ihn Gottsched dafür überschüttete. Gegenstand bedeutet in dieser Bedeutung eigentlich ein Ding, welches uns gegen über stehet, und ist freylich besser als Gegenwurf und Vorwurf, welches andere dafür einführen wollen; obgleich das Wort Stand, welches in dieser Bedeutung wider den Sprachgebrauch ein Ding bedeutet, welches stehet, hier eben nicht zum Besten gewählet ist." In: Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 486-487. Online: http://www.zeno.org/nid/2000018165X
- [2] 1857, alles Denkbare: "Gegenstand, 1) alles Denkbare; 2) das Allgemeine einer Vorstellung; 3) das in einer Vorstellung od. Wahrnehmung von dem vorstellenden Wesen (Subject) selbst unterschiedene Äußere." In: Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 58. Online: http://www.zeno.org/nid/20009985913
- [3] 1904: "Gegenstand s. Object." Unter Objekt heißt es dann einführend zu einen längeren Artikel: "Object (obiectum, antikeimenon, »Gegenwurf«, das Gegen-Stehende): Gegenstand, Sache, Ding (s. d.). Zu unterscheiden sind zunächst Objecte des Handelns, Wollens und Objecte des Erkennens (Denkens, Wahrnehmens)." In: Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 363. Online: http://www.zeno.org/nid/20001789090
- [4] 1910, alles außerhalb von uns: "Gegenstand, res (jede Sache außer uns, z.B. res magna, res magni momenti). – opus (Werk der Kunst). – argumentum (die Grund lage zur weiteren Ausführung in Rede und Schrift, der zugrunde liegende Stoff, Inhalt). – causa (der bestimm te vorliegende Fall, um den sich eine Verhandlung dreht). – genus causae (die Gattung eines Falls). – locu., (einzelner Punkt, Hauptstück, bes. eines philos. Systems, das den Inhalt einer Verhandlung ausmacht, z.B. hic locus a Zenone tractatus est). – quaestio. id, quod quaerimus. id, quod positum od. propositum est. auch bl. propositum (die aufgestellte Frage, der Vorwurf, die Vorlage einer rhetor. od. philos. Erörterung). – etw. als G. der Untersuchung aufstellen, alqd ponere, proponere." In: Karl Ernst Georges: Kleines deutsch-lateinisches Handwörterbuch. Hannover und Leipzig 1910 (Nachdruck Darmstadt 1999), Sp. 1020. Online: http://www.zeno.org/nid/20001984020
- [5] 1910, Teil der Außenwelt: "Gegenstand im Nomin. od. Akk. mit einem Pronomen od. Adjektiv ist im Latein. oft bl. durch das Neutrum des Pron. od. Adjektivs zu geben, z.B. der G., weshalb ich angeklagt bin, id, propter quod reus sum: solche G., die G., die, ea, quae etc.: Gegenstände der Außenwelt, externa (Ggstz interiora): die wirklichen Gegenstände, vera (Ggstz. simulacra)." In: Karl Ernst Georges: Kleines deutsch-lateinisches Handwörterbuch. Hannover und Leipzig 1910 (Nachdruck Darmstadt 1999), Sp. 1020. Online: http://www.zeno.org/nid/20001984039
- [6] 1923, Begriffskritik. Das Wort Gegenstand werde in vor allem zwei Bedeutungen verwendet "einmal in der Schulsprache für das Objekt der Aufmerksamkeit (Gegenstand eines Vertrages), zweitens für das Objekt im weitesten Sinne, das Ding, die Sache, aber eigentlich doch nur die Sache mit Ausschluß der organischen Dinge. Ein Veilchen nennen wir nie Gegenstand." Das Zitat ist Teil einer sehr umfassenden Kritik einer verwässerten Verwendung des Wortes Gegenstand. In: Mauthner, Fritz: Wörterbuch der Philosophie. Leipzig 1923, Band 1, S. 547-553. Online: http://www.zeno.org/nid/20006180620
- [7] 1978, was nicht weggeht: Philip Kindred Dick: "Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away." Das Zitat erschien ursprünglich im Jahr 1978 in einer Vorlesung von Philip Kindred Dick: "How to Build a Universe That Doesn't Fall Apart in Two Days." Online: https://urbigenous.net/library/how_to_build.html
- [8] 1907, Gegenstände der Wirklichkeit unabhängig von unserem Willen: "Man wird die Schwierigkeiten im Begriffe des Wirklichen lösen, wenn man das Wirkliche zwar nur in den Vorstellungen des Bewußtseins, aber in dem an unseren Vorstellungen sucht, was unseren Sinnen und dadurch unserem Bewußtsein ohne unseren Willen gegeben ist. Vgl. gegeben." In: Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 1907, S. 694. Online: http://www.zeno.org/nid/20003593584