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Das Banner der Rhetos-Website: zwei griechische Denker betrachten ein physikalisches Universum um sie herum.

Ausdehnung

Physik

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Basiswissen


Das Wort Ausdehnung hat zwei verschiedene aber auch eng miteinander verwandte Bedeutungen: sagt man dass a) etwas eine Ausdehnung hat, dann meint das, die Sache benötigt ein Stück Raum zum existieren[1][2][4][8][9], es hat eine Länge, einen Flächeninhalt oder ein Volumen, manchmal auch nur modellhaft als Gedankenvorstellung gedacht[5]. Sagt man aber etwa b), dass sich ein Land in einer Phase der Ausdehnung befinde, so meint Ausdehnung, dass sich etwas vergrößert.[3][6][7][8] Beide Bedeutungen sind heute üblich.



Bildbeschreibung und Urheberrecht
Die gelbe Linie zeigt die maximale Ausdehnung der Gletscher während der letzten großen Eiszeiten: sie reichten bis fast nach Köln. © Christian Fischer ☛


Ausdehnung als Raumbedarf


Mathematisch


Wenn etwas eine Länge, Breite oder Höhe oder auch einen Flächeninhalt oder ein Volumen hat, dann benötigt es Teile des Raums. Man sagt von solchen Körpern, dass sie eine Ausdehnung (im Raum) haben. Man unterscheidet drei "Gattungen", das heißt Arten von Ausdehnung, nämlich Körper, Flächen und Linien:[5]


Aristoteles, ein Schüler des Platon und selbst Lehrer von Alexander dem Großen, sprach von Ausdehnung, wenn ein Körper sich in alle Richtungen des Raums ers treckt.[1] Späteren Denkern genügte es auch, wenn ein Ding vielleicht nur eine Länge oder auch nur eine Fläche hat. Eine Breite oder Dicke war dann nicht gefordert. Man könnte sich etwa einen langen aber unendlich dünnen Faden vorstellen, ein Faden ohne Durchmesser oder Dicke. Alternativ könnte man sich auch ein unendlich dünnes Blatt Papier, eine rein gedankliche Fläche so groß wie ein Malblatt aber ohne jede Dicke vorstellen.

Dreidimensional

Körper eine eine 3D-Ausdehnung: eine Kugel, ein echtes Tier, eine Pflanze, ein Tropfen Wasser: das sind Beispiele für dreidimensionale Körper. Man sagt sie haben ein Volumen. Würde man sie in ein xyz-Koordinatensystem platzieren, könnte man sich gedanklich an irgendeinen Punkt im Inneren eines solchen Körpers begeben. Und egal in welche Richtung man von dort aus geht, wenn die Strecke nicht zu groß ist, findet man sich am Ende der Wegstrecke noch immer im Inneren des Körpers. Siehe mehr unter Dreidimensional [Körper] ↗

Zweidimensional

Flächen haben eine 2D-Ausdehnung, sie haben einen Flächeninhalt: zeichnet man in einem xy-Koordinatensystem eine Kreisfläche, so kann man ihren Flächeninhalt A über die Formel A = πr² berechnen. Der griechische Buchstabe π (Pi) steht dabei für die immer gleich große Zahl von etwa 3,14. Eine solche Kreisfläche hat einen Flächeninhalt, aber keine Dicke. Man könnte unendlich vieler solcher gedanklichen Kreisflächen übereinander legen und sie würden trotzdem auch zusammen keinerlei Höhe ergeben. Denkt man sich eine Fläche in einem dreidimensionalen xyz-Koordinatensystem, und denkt man sich dann an irgendeinen Punkt auf der Fläche, so gibt es jetzt (anders als beim Körper) Richtungen in die man auch beliebig kurze Strecken gehen könnte und damit sofort außerhalb der Fläche wäre. Solche Dinge nennt man zweidimensional [Fläche] ↗

Eindimensional

Linien habe eine 1D-Ausdehnung, sie haben eine Länge: in der Mathematik kann man zum Beispiel sagen, dass die Linie vom Punkt (1|1) zum Punkt (1|4) in einem Koordinaten die Länge 3 hat. Diese Linie hat aber keine Breite und keinen Flächeninhalt. Man könnte unendlich viele solche gedachten Linien nebeineinander legen und sie würden trotzdem auch zusammen gedacht keine Breite ergeben. Ihre Ausdehnung geht nur in eine Richtung. Denkt man sich eine Linie in einem zweidimensionalen xy-Koordinatensystem oder auch in einem dreidimensionalen xyz-Koordinatensystem, so kann man mit beliebig kleinen Strecke in geeigneter Richtung sofort die Linie verlassen. Solche Dinge nennt man auch eindimensional [Linie] ↗

Nulldimensional

Punkte haben keine Ausdehnung, sie sind 0D: ein mathematischer Punkt wie (2|4) oder auch der Punkt 4 auf der Zahlengeraden haben weder eine Länge, noch einen Flächeninhalt noch ein Volumen. Man könnte unendlich viele solche Punkt nebeneinander legen und sie würden mathematisch doch keine Länge, keine Fläche und auch kein Volumen erzeugen. Diese merkwürdige Eigenschaft wird auch bei der Betrachtung der Zahlengeraden deutlich: zwichen zwei beliebiegen verschiedenen Zahlen auf der Zahlengeraden liegen immer noch unendlich viele weitere andere Zahlen. Die Idee, dass in ein Stück einer begrenzten Länge unendlich viele Objekte passen sollen hat zu vielen Paradoxien und Denkproblemen geführt. Siehe mehr dazu unter nulldimensional ↗

Physikalisch


In der Mathematik, die eine reine Geisteswissenschaft ist, kann man sich als reines Gedankenbild Dinge mit null, ein, zwei, drei oder sogar mehr Dimensionen an Ausdehnung einfach definieren. Per Definition tut man so, als ob es sie zumindest für die Welt der Vorstellungen wirklich gäbe. Sehr viel schwieriger ist die Frage, ob es solche Dinge auch in der physikalischen Wirklichkeit, der Realität geben kann. Die Frage ist alles andere als leicht zu entscheiden. So wissen Physiker heute noch nicht sicher, ob ein Elektron eine Ausdehnung im Raum hat und damit auch einen Durchmesser oder ob es vielleicht wie ein mathematischer Punkt ausdehnungslos ist. Ähnlich sieht es mit schwarzen Löchern und dem Universum zum Zeitpunkt des Urknalls aus. Und auch für die gedachten Teilchen des Lichts, die sogenannten Photonen, ist es völlig unklar, welche Ausdehnung oder Größe man ihnen zuordnen soll. Auf einem Schirm sichtbar gemacht, erscheinen sie immer als kleine Fleckchen. Aber rechnerisch handhabt man sie auch auf verschiedene Weisen als wellenartig mit dann ständig wachsender Ausdehnung. Die Frage, ob Objekte der Realität im Sinne der Physik wirklich eine Ausdehnung haben, wird in verschiedenen Zusammenhängen diskutiert.

Seltsame Objekte

  • Gibt es Dinge mit Kilogramm aber ohne Ausdehnung? Siehe dazu Materie ↗

Seltsame Theorien


Ausdehnung als Vergrößerung


Werden Eisenbahnschienen in der Sonne erwärmt, dehnen sie sich aus. Sie werden deutlich länger und können sich im Extremfall dadurch stark verbiegen. Auch Flüssigkeiten, etwa das Ozeanwasser auf der Erde, nimmt bei Erwärmung an Volumen zu. Verschiedene Arten einer solchen Volumenzunahme sind aufgelistet unter Ausdehnungen ↗

Fußnoten


  • [1] 343 v. Chr., Körper im Raum: Eingebettet in Überlegungen zur Beschaffenheit der Welt, kommt Aristoteles zu dem Gedanken, dass "ein Körper ist, was eine nach allen Seiten bestimmte Ausdehnung hat; das Unbegrenzte aber, das unendlich Ausgedehnte". Aristoteles fasst also die Ausdehnung (Latein: extensio oder magnitudo, Altgriechisch: μέγεθος (mégethos)) als die Platznahme eines Körpers im Raum auf. in: Aristoteles: Physik: Buch III, Kapitel 5, auf Seite 204b, Zeile 20. In: Entstanden um 347 v. Chr. Erstdruck in lateinischer Übersetzung: Löwen ca. 1475. Erstdruck des griechischen Originals: Venedig 1479. Der Text folgt der ersten deutschen Übersetzung durch Christian Hermann Weiße von 1829. Online: http://www.zeno.org/nid/20009148590
  • [2] 1764, dreidimensional: dass die Ausdehnung etwas Dreidimensionalen war, das schien für den Naturforscher Johann Heinrich Lambert im Jahr 1764 vollkommen offensichtlich gewesen zu sein: "Da die Ausdehnung drey Dimensionen hat, und folglich auf Linien, Flächen und körperliche Räume geht, sind auch ihre Einheiten von drey Arten, weil wir Linien, Flächen und körperliche Raͤume von beliebiger Größe als Einheiten annehmen koͤnnen." In: Johann Heinrich Lambert: Neues Organon oder Gedanken über die Erforschung und Bezeichnung des Wahren und dessen Unterscheidung vom Irrthum und Schein. Leipzig 1764.
  • [3] 1793, aus Theilen: "Die Ausdèhnung, plur. die -en. 1) Die Handlung des Ausdehnens. 2) In der Philosophie, die Eigenschaft eines Dinges, nach welcher dasselbe aus trennbaren Theilen zusammen gesetzet ist, die Extension; und in der Mathematik, die Eigenschaft eines Dinges, nach welcher es durch Theile gedacht wird. In beyden Fällen als ein Abstractum, ohne Plural." In: Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 582. Online: http://www.zeno.org/nid/20000040142
  • [4] 1854, Raumerfüllung: "Ausdehnung, die Erstreckung einer Größe; in der Physik eine allgemeine Eigenschaft der Körper, die Erfüllung eines bestimmten Raumes." In: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 341. Online: http://www.zeno.org/nid/2000321611X
  • [5] 1857, als bloß abstrakte Vorstellung: "Ausdehnung (Extension), 1) (Math.), die allgemeine in unserem Geiste begründete Form der Darstellung aller räumlichen Größen nach Absonderung aller besonderen Beschaffenheiten od. Kraftäußerungen derselben. Abstrahiren wir von allen durch unsere Sinne wahrgenommenen Eigenschaften eines Gegenstandes, so bleibt uns doch die Vorstellung eines zusammenhängenden, ins Unendliche theilbaren Ganzen, u. dies ist seine A. Diese geometrische A. ist etwas durchaus Stetiges, d.h. wir denken uns nothwendig die Theile der Raumgrößen allenthalben unter einander zusammenhängend, so daß das Ende eines Theiles zugleich der Anfang des nächstfolgenden ist. Die geometrischen Körper sind daher ohne Ende theilbar, wenngleich die physischen Körper aus discreten Theilen zusammengesetzt gedacht werden können; die Zwischenräume dieser Letzteren gehören dann, insoweit man den physischen Körper geometrisch betrachtet, als Theile zu dem Ausgedehnten selbst. Es gibt 3 Gattungen ausgedehnter Größen: Körper, Flächen, Linien." Und noch ausführlich weiter zur Behandlung der Zwischenräume. In: Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 40-41. Online: http://www.zeno.org/nid/20009437460
  • [6] 1904, nur als Vergrößerung: "Ausdehnung. Vergrößerung des Volumens oder bestimmter Dimensionen eines Körpers, z. B. der Länge eines Stabs, in allgemeinerer Auffassung auch Aenderung des Volumens oder bestimmter Dimensionen, wobei Verringerung als negative Ausdehnung gilt. Je nachdem es sich um Ausdehnung eines Volumens, einer Fläche oder einer Länge handelt, spricht man von kubischer, quadratischer oder linearer Ausdehnung. Alle bekannten Körper lassen solche Aenderungen zu." Und dann sehr ausführlich zur Ausdehnung realer physikalischer Körper. In: Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 391-392. Online: http://www.zeno.org/nid/2000596203X
  • [7] 1905, nur als Vergrößerung als Folge einer Temperaturänderung: " Ausdehnung (thermische), die Raumvergrößerung, die fast alle Körper beim Erwärmen erleiden. Die A. fester Körper ist geringer als die der flüssigen und gasförmigen." Und sehr ausführlich weiter so. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 133-134. Online: http://www.zeno.org/nid/20006271715
  • [8] 1911, Rauminhalt oder auch Vergrößerung: "Ausdehnung, in der Physik die Eigenschaft aller Körper, Raum einzunehmen; dann auch die Vergrößerung des Rauminhaltes oder Volumens. Alle Körper besitzen die Fähigkeit, sich auszudehnen (Ausdehnbarkeit, Expansibilität)." Für die Ausdehnung im Sinne der Geometrie wird verweisen auf den Artikel zur Dimension. In: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 126. Online: http://www.zeno.org/nid/20000926639
  • [9] 1999, nur Situiertheit im dreidimensionalen Raum: "Seit Aristoteles (Physik III, 5, 204b 20) wird die A. als identifizierende Eigenschaft physikalischer Entitäten, die im dreidimensionalen Raum situiert sind, betrachtet." In: der Artikel "Ausdehnung". Metzler Philosophie Lexikon. Herausgegeben von Peter Prechtl und Franz-Peter Burkard. 2. überarbeitete Auflage. Stuttgart, Weimar, 1999. ISBN: 3-476-01679-X. Dort auf Seite 52.