Komplexität
Verwobenheit
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Basiswissen
Umfassend, verflochten, vielschichtig, zusammenhängend: die Entwicklung des Klimas auf der Erde ist sehr komplex: viele komplizierte Mechanismen wirken gleichzeitig und verstärken oder schwächen sich dabei auf komplizierte Weise gegenseitig. Komplexe Dinge kann man oft nicht auf einmal verstehen, man muss sie in kleinere Teilgebiete zergliedern. Das nennt man eine Analyse.
Wie ist Komplexität definiert?
Die komplexen Abläufe auf einem Großflughafen, ein komplexes Computerpgrogramm oder komplexe politische Probleme: Komplexität im alltagsüblichen Gebrauch des Wortes soll oft ausdrücken, dass man einen Sachverhalt nicht mehr überblickt, weil die Wechselbeziehungen zwischen den Teilen vielleicht bekannt aber von der Anzahl her übewältigend unüerschaubar sind. Mank kann das als subjektiv empfundene Komplexität bezeichnen, die nämlich in den Mangelnden Fähigkeiten eines Betrachters liegen. Ein anderer Ansatz versucht Komplexität objektiv zu definieren, im Idealfall sogar messbar zu machen. So kann in der Informatik für Zeichenketten[8] oder auch Daten allgemein[9] eine in Zahlen quantifzierbare Komplexität angeben oder in der Physik die Anzahl innerer Verknüpfungen berechnen[10]. Doch keine der bisher bekannten Definitionen einer objektiven Komplexität deckt alle wesentlichen Vorstellungen befriedigend ab.
Nimmt die Komplexität im Kosmos zu?
Moleküle sind komplexer als Atome. Zellen sind komplexer als Moleküle. Organismen sind komplexer als Zellen. Insektenstaaten sind komplexer als einzelne Insekten. Und moderne Industriegesellschaften sind komplexer als mittelalterliche Staatsgebilde: dieser Bild einer Evolution hin zu ständig mehr Komplexität ist sehr verbreitet[1][2][3][4][5][6][12], sodass manche Denker für einer Art zwangsläufig im Kosmos angelegten Tendenz zu einer Höherentwicklung ausgehen[11]. Dabei müsste diese evolutionär getriebene Höherentwicklung nicht zwangsläufig an uns bekanntes biologisches Leben gebunden sein, sondern könnte auch für Gebilde wie Sterne, Minerale oder Atmosphären[7] zutreffen. Siehe mehr zu der Idee einer Entwicklung des Kosmos, auch hin zu mehr Komplexität, im Artikel zur Höherentwicklung ↗
Fußnoten
- [1] Fortschritt und Richtung in der Evolution? In: Schöpfung und Evolution – zwischen Sein und Design. Neuer Streit um die Evolutionstheorie (pp.89–112). Herausgegeben von: Böhlau. Editiert von: Ulrich H. Körtner & Marianne Popp. 2007.
- [2] Francis Heylighen: The Growth of Structural and Functional Complexity during Evolution. In: F. Heylighen & D. Aerts (eds.): "The Evolution of Complexity" (Kluwer, Dordrecht). 1996.
- [3] W. Brian Arthur: Why do Things Become More Complex? In: Scientific American. May 1993. Seite 92. ff.
- [4] Carl Zimmer: The Surprising Origins of Life's Complexity" in Scientific American 309, 2, 84-89. August 2013. doi:10.1038/scientificamerican0813-84
- [5] John Maynard Smith, Eörs Szathmáry: The Major Transitions in Evolution. Oxford University Press, New York 1995, ISBN 0-19-850294-X. Hier das Kapitel 1.3: The measurement of complexity. Seite 5 ff.
- [6] Jagers op Akkerhuis: Evolution and Transitions in Complexity: The Science of Hierarchical Organization in Nature. Springer. 2018. ISBN: 978-3319829142.
- [7] Dass der Physik ein Gesetz zur Beschreibung wachsender Komplexität fehlt (conspicuously absent is a law of increasing “complexity.” Therefore, an important unanswered question is whether the thus-far-articulated natural laws, in combination with necessary background assumptions and initial conditions, are sufficient to codify all readily observed natural phenomena.) behandelt ein Artikel aus dem Jahr 2023: Michael L. Wong, Carol E. Cleland, Daniel Arend Jr., Robert M. Hazen: On the roles of function and selection in evolving systems.In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS). 2023. 120 (43) e2310223120. Online: https://doi.org/10.1073/pnas.2310223120
- [8] Die Kolmogorow-Komplexität (nach Andrei Nikolajewitsch Kolmogorow) ist ein Maß für die Strukturiertheit einer Zeichenkette und ist durch die Länge des kürzesten Programms gegeben, das diese Zeichenkette erzeugt. Dieses kürzeste Programm gibt somit eine beste Komprimierung der Zeichenkette an, ohne dass Information verloren geht.
- [9] Die Algorithmische oder Logische Tiefe ist ein Maß für die Komplexität einer Datenmenge und definiert als der Aufwand, der betrieben werden muss, um die Daten zu erzeugen oder zu entschlüsseln.
- [10] Carsten Bresch: Zwischenstufe Leben. Evolution ohne Ziel? Piper Verlag. München 1977. ISBN 3-492-02270-7. Siehe auch MONON ↗
- [11] Die "physikalische Komplexität ist das Maß für die Anzahl und die Art der Elemente eines Systems sowie der Wechselwirkungsverknüpfungen zwischen ihnen, wobei der maximale Verknüpfungsgrad von n Elementen proportional zu n² ist." In: Metzeler Philosophie Lexikon. Herausgegeben von Peter Prechtl und Franz-Peter Burkard. 2. überarbeitete Auflage. Stuttgart, Weimar, 1999. ISBN: 3-476-01679-X. Dort der Artikel Komplexität auf Seite 292. Online: https://www.spektrum.de/lexikon/philosophie/komplexitaet/1092
- [12] Wachsende Komplexität als Ergebnis von Metasystem-Transitionen: "Throughout the evolution of life, metasystems have consistently increased living system complexity (Miller andMiller 1990;Smith andSzathmáry1995).Common examples include the emergenceofprokaryotes,eukaryotes,multicellularity,sexuality,societies,andsuperorganisms […].These metasystems have emerged in a hierarchical and developmentally constrained nature […],through progressive and cooperative symbioses at various levels of biological organization […].This simplymeans that previous metasystems act as structured platforms for the emergence of higher cooperation […]" In: Cadell Last: Human metasystem transition (HMST) theory. Journal of Evolution & Technology. 25. 16. 2015. DOI: 10.55613/jeet.v25i1.36. Online: https://jeet.ieet.org/index.php/home/article/view/36/36
- [13] Komplexität denken zu können war eine der zentralen Forderungen des Soziologen Edgar Morin (geboren 1921): The Challenge of Complexity. Essays by Edgar Morin. Herausgegeben von Amy Heath-Carpentier. Liverpool University Press, Liverpool 2022.