Teilchen
Physik
Grundidee
Das Wort Teilchen kommt in der Physik oft als Teil anderer Worte vor wie Teilchenbeschleuniger[1],[2], Teilchenmodell[2] oder Teilchenzoo[3]. Als eigenes Substantiv hingegen wird es seltener definiert[1][2][3]. Eine verbindende Idee von Teilchen in der Physik ist, dass Teilchen a) Teile von einem größem Ganzen[4], einem System sind[5] und dass b) die Teilchen sehr klein[5] im Vergleich zu ihrem übergeordnetem Ganzen sind[6]. Das ist hier mit Beispielen näher erklärt.
Beispiele für Teilchen im Sinne der Physik
- Elementarteilchen: Elektronen, Quarks oder Photonen sind typische Elementarteilchen. So bezeichnet man Teilchen, die selbst wiederum nicht aus Teilchen bestehen. Sie sind sehr klein im Vergleich zu den Systemen die sie bilden, etwa
Was ist ein klassisches Teilchen?
- Klassisch heißt hier so viel wie: im Weltbild der Physik bis etwa zum Jahr 1900.
- Klassisch heißt dann aber auch so viel wie: anschaulich, begreifbar, vorstellbar.
- Ein so gedachtes Teilchen hat eine Reihe von klaren Eigenschaften:
- Es hat eine Masse, die man zum Beispiel in Gramm oder Mikrogramm angeben kann.
- Es hat eine eng begrenzte Ausdehnung, es ist nicht verschmiert oder verteilt.
- Wirken keine Kräfte von außen, ändert es seine Bewegung nicht (1. Newtonsches Axiom).
- Teilchen haben zu jedem Zeitpunkt einen bestimmten Aufenthaltsort.
- Teilchen haben zu jedem Zeitpunkt eine bestimmte Geschwindigkeit.
- Teilchen können sich verbinden und voneinander abprallen.
- Teilchen können sich gegenseitig aber nicht durchdringen.
- Teilchen sind zählbar (zum Beispiel mit Geigerzähler).
- Teilchen haben immer einen Impuls (m·v).
- Ihre Form ist nicht wichtig.
- Sie haben aber eine Form.
Was sind typische Teilchen?
- Kleine Gewehrkugeln
- Staubteilchen
- Stromteilchen
- Luftmoleküle
- Atomkerne
Was wären keine typischen Teilchen?
- Eine Wolke, sie kann sich mit anderen Wolken durchdringen.
- Ein Elektron: man weiß nicht, ob es eine Ausdehnung hat.
- Eine Wasserwelle, z. B. kreisförmig: sie hat keine begrenzte Größe.
- Ein elektromagnetisches Feld: es hat keine Masse
Gastheorie als Erfolgsbeispiel
Man kann sich ein (ideales) Gas so vorstellen, als bestünde es aus kleinen kugelförmigen klassisch gedachten Teilchen. Sie fliegen auf geradlinigen Bahnen durch den Raum und können unterschiedlich schnell sein. Für Zusammenstöße gelten feste Formeln. Mit diesem einfachen Modell konnte im 19ten Jahrhundert eine Theorie zur Herleitung von Druck, Temperatur und Dichte von Gases aufgabaut werden. Man muss dazu keinen Annahmen über den inneren Aufbau der Teilchen machen. Mehr dazu unter kinetische Gastheorie ↗
Was ist ein Punktteilchen?
- Punktteilchen nennt man auch Punktmassen oder Massenpunkte.
- Es sind zunächst theoretische Modell: Teilchen mit Masse aber ohne Ausdehnung.
- Man kann zum Beispiel die Bewegung der Planeten so berechnen, ...
- als hätten die Sonne und die Planten Masse, aber keine Ausdehnung.
- Wie groß die Planten sind, spielt für die Formeln keine Rolle.
- Das gilt, so lange die Planeten nicht aneinanderstoßen.
- Ob es echte Punktteilchen in Wirklichkeit gibt, ist unklar.
- Man ist sich zurzeit zum Beispiel unsicher, ob Elektronen eine Ausdehnung haben.
- Mehr dazu unter Massepunkt ↗
Was ist der Welle-Teilchen-Dualismus?
- Um das Jahr 1900 entdeckte untersuchte man verschiedene Strahlungen.
- Man entdeckte zum Strahlung, die sich durch elektrische Felder ablenken lässt.
- Die Strahlung könnte eng im Sinne eines Strahlen auf etwas gerichtet werden.
- Letztenlich fand man heraus, dass sie aus Elektronen besteht.
- Die Elektronen verhielten sich in jeder Weise wie kleine Teilchen.
- Später aber beobachtete man an Elektronen Eigenschaften, die ...
- unmöglich auf ein Teilchen passen können, vor allem: Interferenz
- Die beobachteten Eigenschaften passen aber sehr gut auf Wellen.
- Dass etwas gleichzeitig Teilcheneigenschaften hat, aber ...
- tatsächlich kein klassisch gedachtes Teilchen sein kann, ...
- das nennt man den Welle-Teilchen-Dualismus ↗
Fußnoten
- [1] Als Wortverbindungen mit Teilchen führt der Register des Physik-Lehrbuches Höfling zum Beispiel an: "hochenergetisches Teilchen, Teilchenbeschleuniger, Teilchenmenge, Teilchenanzahl, Teilchzahldichte, Teilchenschwingung und Elementarteilchen. Nicht vor kommt das Wort Lichtteilchen, stattdessen ist das Lichtpartikel aufgeführt. Nicht aufgeführt ist bemerkenswerterweise auch Teilchen als Substantiv für sich alleine. In: Oskar Höfling: Physik. Lehrbuch für Unterricht und Selbststudium. Fünfzehnte Auflage. 1994. ISBN: 3-427-41045-5. Dort im Register am Ende des Buches. Siehe auch Der Höfling ↗
- [2] Der Dorn.Bader nennt im Register Teilchenmodell, Teilchenbeschleuniger, Teilchenzoo sowie auch Elementarteilchen, nicht aber Teilchen als Substantiv für sich alleine. In: Dorn.Bader. Physik SII Gesamtband Gymnasium. Westermann Bildungsmedien. Braunschweig. 2023. ISBN: 978-3-14-152376-8.
- [3] Der Metzler nennt im Register nur den Teilchenzoo und Teilchendetektoren. In: Metzler Physik. 5. Auflage. 592 Seiten. Westermann Verlag. 2022. ISBN: 978-3-14-100100-6. Siehe auche Metzler (Physik) ↗
- [4] Ein Teil im Bezug zu etwas Ganzem: "Teil ist ein Relationsbegriff, der sein Correlat im Begriff des Ganzen (s. d.) hat und der Niederschlag eines (realen oder idealen) Teilungsprocesses, einer Zerlegung, Analyse ist. »Teil« ist das durch die Analyse (s. d.) jeweilig aus einer Einheit Herausgehobene, was als solches unselbständig ist, mit anderen erst eine Einheit als Ganzes ausmacht." In: Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 2. Berlin 1904, S. 485. Online: http://www.zeno.org/nid/20001805959
- [5] Die relative Kleinheit des Teilchens gegenüber seinem System stellen die Autoren der deutschsprachigen Wikipedia in der Vordergrund ihrer Definition von Teilchen: "In der Physik bezeichnet man als Teilchen einen Körper, der klein gegenüber dem Maßstab des betrachteten Systems ist. Die innere Struktur eines einzelnen Teilchens spielt dabei keine Rolle, sondern lediglich sein Verhalten als Ganzes gegenüber anderen Teilchen oder äußeren Einflüssen. Oft werden die Teilchen dann als ausdehnungslose Punktteilchen (im Sinne von Punktmassen) aufgefasst." In dem Artikel wird betont, dass man etwa Atome je nach Sichtweise als Teilchen oder als "System von Teilchen" betrachten kann. Teilchen, die nicht wiederum selbst aus Teilchen bestehen werden "Elementarteilchen" genannt. In: der Artikel "Teilchen". Deutsche Wikipedia. Abgerufen am 14. Mai 2024. Online: https://de.wikipedia.org/wiki/Teilchen
- [6] Das Hochschul-Lehrbuch Weidner-Sells definiert ein "ideales Teilchen" darüber, dass es sich "genau lokalisieren" lässt und dass seine Masse und seine Ladung "beliebig genau" angegeben werden können. Modellhaft, so das Lehrbuch, können Teilchen auch als "Massepunkte" gedacht werden, was sehr gut zur Idee der Lokalisierbarkeit passt. Es heißt dann zusammenfassend: "Wir können einen Körper dann als Teilchen behandeln, wenn seine Abmessungen sehr klein zu dem System sind, der dem er als Bestandteil angehört, und wenn die inneren Strukturen des Teilchens für die Fragestellung keine Rolle spielen." So werden als Beispiel Moleküle in einem Gas aber auch Sterne in einer Galaxie angegeben. In: Richard T. Weidner; Robert Sells: Elementare moderne Physik. Verlag Friedrich Vieweg & Sohn, Ausgabe von 1982. ISBN: 3-528-8415-4. Dort im Kapitel "Teilchen- und Wellenbild in der klassischen Physik" auf den Seiten 13 und 14. Siehe auch Elementare moderne Physik ↗
- [7] Die Endung "chen" macht aus dem Wort Teil einen sogenannten Diminutiv, eine Verkleinerungsform eines Wortes.
- [8] "Das Teilchenmodell ist eine der einfachsten Modellvorstellungen zum Aufbau der Materie. Im Gegensatz zum Kontinuumsmodell beruht es auf der Grundannahme, dass ausgedehnte Körper aus vielen einzelnen Teilchen bestehen, die erst durch ihr Zusammenwirken die Eigenschaften entstehen lassen, die sich in den makroskopischen Zuständen und Vorgängen zeigen. Diese Annahme, dass ein Bereich aus kleinsten, fundamentalen, nicht teilbaren oder auf andere Elemente reduzierbaren Elementen besteht, wird als Atomismus bezeichnet. " In: der Artikel "Teilchenmodell". Wikipedia. Abgerufen am 14. Mai 2024. Online: https://de.wikipedia.org/wiki/Teilchenmodell
- [9] Im englischsprachigen Wikipedia nennen zuerst die Lokalität (hat einen Ort) mit einigen physikalischen Eigenschaften: "In the physical sciences, a particle (or corpuscule in older texts) is a small localized object which can be described by several physical or chemical properties, such as volume, density, or mass." In: der Artikel "Particle". Englische Wikipedia. Abgerufen am 14. Mai 2024. Online: https://en.wikipedia.org/wiki/Particle
- [10] Der Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman (1918 bis 1988) hält die Idee des Teilchen für die wichtigste menschliche Erkenntnis: "If, in some cataclysm, all of scientific knowledge were to be destroyed, and only one sentence passed on to the next generations of creatures, what statement would contain the most information in the fewest words? I believe it is the atomich hypothesis (or the atomic fact, or whatever you wish to call it) that all things are made of atoms - little particles that move around in perpetual motion, attracting each other when they are a little distance apart, but repelling upon being squeezed into one another. In that one sentence, you will see, there is an enormous amount of information about the world, if just a little imagination and thinking are applied." Siehe auch Richard Feynman (Zitate) ↗
- [11] Das Spektrum Lexikon der Physik definiert: "Teilchen, Bezeichnung für die im phänomenologischen Sinn unteilbaren und fundamentalen Bausteine, aus denen sich die gesamte Materie zusammensetzt." Der Artikel mit über 900 Worten behandelt ausführlich den sogenannten "Teilchenzoo" der Physik des 20ten Jahrhunderts, geht aber nicht näher darauf ein, ob ein Teilchen zwingend Masse, Ausdehnung oder Lokalität benötigt. In: der Artikel "Elementarteilchen". Spektrum Lexikon der Physik. Abgerufen am 14. Mai 2024. Online: https://www.spektrum.de/lexikon/physik/elementarteilchen/4234
- [12] Stephen Wolfram über Teilchen (particles) als zentrales Modell der Physik: "There are some aspects of the universe - notably the structure of space and time - that present-day physics tends to assume are continuous. But over the past century it has at least become universally accepted that all matter is made up of identifiable discrete particles." Als Beispiele genannt werden Elektronen, Photonen, Myonen und die 6 Grundtypen der Quarks. Wolfram modelliert Teilchen als "localized structure" innehalb eines sogenannten Zellularautomaten. In: Stephen Wolfram: A New Kind of Science. 2002. ISBN: 1-57955-008-8. Dort das Kapitel "Elementary Particles" ab Seite 525. Siehe auch Zellularautomat ↗
- [13] Natalie Wolchover: Was ist ein Teilchen? In: Spektrum der Wissenschaft 4.21 (April 2021). Seite 13ff.
- [14] Stephen Hawking: Eine kurze Geschichte der Zeit. Die Suche nach der Urkraft des Universums. Englischer Originaltitel: A Brief History of Time. From the Big Bang to Black Holes. Deutsch im Rohwolt Taschenbuch Verlag. 1988. ISBN: 3-499-188-50-3. Dort vor allem das Kapitel: Elementarteilchen und Naturkräfte. Seite 87 ff.