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Das Banner der Rhetos-Website: zwei griechische Denker betrachten ein physikalisches Universum um sie herum.

Lukrez

Naturphilosoph

Basiswissen


Lukrez (99 v. Chr. bis etwa 55 v. Chr.) war ein römischer Dichter und Naturphilosoph. Er entwickelte die Idee von Atomen von Leukipp und Demokrit weiter fort und verband sie mit Gedanken über die Natur des Seelischen.

Lukrez als Naturphilosoph


Die Lebensdaten und -stationen von Lukrez sind nicht sicher überliefert. Als sicher gilt nur, dass er in etwa von 99 bis 55 vor Christus im damaligen römischen Reich lebte und mehrere Werke auf Latein verfasste. Lukrez wirkte also genau in jener Zeit, in der auch Cäsar lebte (100 bis 44 v. Chr.), was ein gutes Bild von seiner Welt gibt. Insbesondere in dem Werk "Über die Natur der Dinge"[1] finden sich viele Positionen, die heutige Konzepte der Naturwissenschaften vorwegnehmen.

Lukrez und die Erhaltungssätze


Ex nihilo nihil fit: aus Nichts entsteht nichts. Und auch der Umkehrschluss gilt: Nichts in der Welt wird letztendlich zu Nichts. Lukrez hat diese beiden Gedanken in dichterischer Form sehr klar dargelegt. Er nutzte diesen Gedanken, um die Abläufe in der Welt von der Willkür der Götter zu befreien.

ZITAT:

"Nichts kann je aus dem Nichts entstehn durch göttliche Schöpfung. Denn nur darum beherrschet die Furcht die Sterblichen alle, weil sie am Himmel und hier auf Erden gar vieles geschehen sehen, von dem sie den Grund durchaus nicht zu fassen vermögen. Darum schreiben sie solches Geschehn wohl der göttlichen Macht zu."[3]

Von diesem Gedanken ausgehend, dass nämlich die Menschen ein Walten der Götter vermuten, wo sie selbst keine andere Ursache finden können, entwickelt Lukrez das erste Prinzip seiner Naturphilosophie, dass Nichts aus dem Nichts entsteht und Nichts ins Nichts verschwindet. Damit nimmt er die modernen Erhaltungssätze der Physik vorweg, etwa die Erhaltung von Energie, Ladung oder Impuls. Siehe mehr dazu unter ex nihilo nihil fit ↗

Lukrez und die Idee von Atomen


Die Idee von Atomen, kleinsten Teilen, aus denen die Welt aufgebaut ist, war zur Zeit von Lukrez nicht neu. Schon lange vor ihm hatten antike griechische Denker wie Leukipp (5. Jh. v. Chr.) und dessen Schüler Demokrit (460 bis 370 v. Chr.). Lukrez griff die Idee auf und verband sie mit verschiedenen philosophischen Fragestellung. Um seinen Leser die Idee von unsichtbaren Atomen verständlicher zu machen, verwies er unter anderem darauf, dass Wasser bei der Verdunstung entschwindet. Aus der vorher festgehaltenen Überzeugung, dass Nichts ins Nichts verschwinden kann, folgert er dann, dass das später unsichtbare, verdunstete Wasser in Form kleinster Teilchen existieren muss. Lukrez schrieb:

ZITAT:

"Hängst du ferner ein Kleid an dem flutenumbrandeten Strand auf, Feucht wird es dort, doch es trocknet auch wieder in glühender Sonne;
Aber man hat nicht gesehn, wie des Wassers Nässe hineinkam In das Gewand, noch andererseits, wie sie floh vor der Hitze. Also muß sich das Naß in winzige Teilchen zerteilen, Die auf keinerlei Weise das Auge zu sehen imstand ist."[2]

Lukrez ging von der Existenz unsichtbarer kleiner Atome aus. Zwischen den Atomen herrsche eine vollständige Leere (Vakuum). Die Atome sind kugelige Vollkörper. Damit nahm Lukrez in etwa das Atommodell vorweg, das man mehr oder minder auch im 19ten Jahrhundert hatte. Siehe mehr dazu unter (externer Link)=> Lukrezsches Atommodell

Lukrez und der Freie Wille


Wenn alles - und damit auch der Mensch nur aus Atomen besteht, und wenn diese Atome nur nach den Gesetzen der Natur sich bewegen, wie soll dann der Mensch seinen Körper mit einem Freien Willen bewegen können? In der dichterischen Sprache von Lukrez:

ZITAT:

"Wenn die Atome nicht weichen vom Lote und dadurch bewirken Jener Bewegung Beginn, die des Schicksals Bande zertrümmert, Das sonst lückenlos schließt die unendliche Ursachenkette: Woher, frag ich dich, stammt die Freiheit der Willensbestimmung, Die uns lebenden Wesen auf Erden hier überall zusteht,"[4]

Übersetzt in eine moderne Sprache fragt Lukrez hier: wenn die Bewegung der Atome nicht von den Gesetzen der Natur (Lot Schicksals Bande) abweichen kann, wie soll dann ein Lebewesen mit einem Freien Willen in der Welt wirken können? Das Problem gilt auch heute noch als ungelöst. Lukrez' Versuch einer Antwort ist näher behandelt im Artikel zum sogenannten Clinamen ↗

Lukrez und der Freie Fall


Es ist immer wieder bemerkenswert, wie Denker lange Zeit vor einer experimentellen Bestätigung Naturphänomene vorweg nahmen, die den meisten Menschen als falsch vorkommen müssen. In dem folgenden Zitat argumentiert Lukrez, dass in einem Vakuum alle Körper gleich schnell fallen müssten, und zwar ganz egal, wie schwer ein Körper ist:

ZITAT:

: "Wer nun etwa vermeint, die schwereren Körper, die senkrecht Rascher im Leeren versinken, vermöchten von oben zu fallen Auf die leichteren Körper und dadurch die Stöße bewirken, Die zu erregen vermögen die schöpferisch tätigen Kräfte: Der entfernt sich gar weit von dem richtigen Wege der Wahrheit. Denn was immer im Wasser herabfällt oder im Luftreich, Muß, je schwerer es ist, um so mehr sein Fallen beeilen, Deshalb, weil die Natur des Gewässers und leichteren Luftreichs Nicht in der nämlichen Weise den Fall zu verzögern imstand ist, Sondern im Kampfe besiegt vor dem Schwereren schneller zurückweicht: Dahingegen vermöchte das Leere sich niemals und nirgends Wider irgendein Ding als Halt entgegenzustellen, Sondern es weicht ihm beständig, wie seine Natur es erfordert. Deshalb müssen die Körper mit gleicher Geschwindigkeit alle Trotz ungleichem Gewicht durch das ruhende Leere sich stürzen, Darum können auch nie die schwereren Körper von oben Auf die leichteren fallen und ihrerseits Stöße bewirken, Die zum Betrieb der Natur die verschiednen Bewegungen, stiften."[5]

Die Idee, dass etwa ein Hammer und eine Feder gleich schnell nach unten fallen sollen, wirkt auch heute noch, über 2000 Jahre nach Lukrez, für viele Menschen sonderbar. Dennoch ist der Gedanke richtig: Astronauten haben genau dieses Experiment auf dem Mond durchgeführt und die Annahme von Lukrez bestätigt. Siehe dazu auch Freier Fall auf dem Mond ↗

Fußnoten