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Das Leben der Bienen

Buch

Basiswissen


1901 von einem Bienenkenner, Maurice Maeterlinck, geschrieben bietet das Buch Laien einen ersten Eindruck Bienenvölkern. Der Autor vergleicht den Bienenstaat mit menschlichen Gesellschaften: so wie wir in Bienen oft nur Automaten sehen, könnten auch wir nur Automaten sein - oder aber Bienen empfindsam? Sehr betont Maeterlinck, wie das Wohl der individuellen Biene stets und sehr konsequent dem zukünftigen Fortbestand des Bienenvolkes im „Wachskönigreich“[1, Seite 50] untergeordnet bleibt. Hier stehen einige kommentierte Zitate aus Maeterlincks Buch.

Das Individuum gilt nichts


Maeterlinck wird in seinem Buch immer wieder Beispiele dafür anführen, wie untergeordnet die einzelne Biene gegenüber dem Bienenvolk ist.

ZITAT:

"Das Individuum gilt im Bienenstock nichts, es hat nur ein Dasein aus zweiter Hand, es ist gleichsam ein nebensächlicher Faktor, ein geflügeltes Organ der Gattung. Sein ganzes Lebens ist eine vollständige Aufopferung für das unzählige, beharrende Wesen, zu dem es gehört."[1, Seite 20]

Es ist aber nicht das konkrete, jetzt lebende Volk, dem sich die Bienen aufopfern, sondern ein abstraktes Hinretten in die Zukunft der Art. Maeterlinck verwendet in seinem Buch kaum Begriffe aus der Evolutionstheorie, doch hat man den Eindruck, dass sein Denken stark geprägt ist von der Idee einer Erhaltung der Art.[2]

Tendenz auch bei Menschen


Ein roter Faden durch Maeterlincks Buch ist der Vergleich zwischen den Völkern der Bienen und den Völkern der Menschen. Wie auch die individuelle Biene, so Maeterlinck, so ist der auch der individuelle Mensch seiner Art untergeordnet.

ZITAT:

"Er [der Mensch] trachtet sichtlich nach Veredelung der Art, aber er zeigt auch, dass er diese nur auf Kosten der individuellen Freiheit und des individuellen Glücks erreichen will oder kann. In dem Maße, wie die Gesellschaft sich organisiert und erhebt, wird dem Sonderleben eines jeden ihrer Glieder ein immer engerer Kreis gezogen."[1, Seite 21]

Ganz in diesem Sinne schrieb gut 50 Jahre später auch der Soziologe Herbert Marcuse, indem er zunächst Sigmund Freud zitiert: "Die individuelle Freiheit ist kein Kulturgut"[15] und dann in eigenen Worten anfügt: "Das Glück muß der Disziplin der Arbeit als Volltagsbeschäftigung untergeordnet werden."[16]

Maeterlincks sieht eine enge Analogie zwischen dem Los der Menschen und der Bienen. Er war aber keineswegs der einzige Denker, der solchte Vergleiche recht detailliert anstellte. Die Idee hatte beispielweise im Jahr der Erscheinung von Maeterlincks Buch bereits Eingang in deutschsprachige Lexika[3] sowie die französische Literatur[4] gefunden.

Blick vom Mars


Maeterlinck regt beim Leser immer wieder überraschende Blickwechsel an. Wie etwa auch Herbert George Wells im Jahr 1898[5], lässt auch auch Maeterlinck fiktive Bewohner vom Mars auf die Menschen auf der Erde herabschauen:

ZITAT:

"Glaubt man etwa, ein Bewohner des Mars oder der Venus, der von eine Berggipfel herab die kleinen schwarzen Punkte, die wir im Raum sind, durch die Straßen und Plätze hin- und herwimmeln sähe, könnte sich aus dem Anblick unserer Bewegungen, unserer Gebäude und Kanäle oder Maschinen eine genaue Vorstellung von unserem Verstand, unserer Moral, unserer Art zu lieben, zu denken und zu hoffen, kurz unserem inneren und wirklichen Wesen machen? Er würde sich damit begnügen, gewisse ersaunliche Tatsachen festzustellen, ganz wie wir es im Bienenstock tun, und daraus würde er wahrscheinlich ebenso unsichere und irrige Folgerungen ziehen wie wir."[1, Seite 33]

Einen Schritt weiter in der Entfremdung von uns selbst geht der englisch Philosoph Olaf Stapledon. In seinem Roman "Die Letzten und die Ersten Menschen" beschreibt er fiktive Marsbewohner, eine Schwarmintelligenz aus kleinen insektenartigen Metallgebilden, die ausschließlich über elektromagnetische Wellen kommunizieren. So wie etwa Menschen bestimmte Chemikalien für ein Anzeichen von Leben halten, so sehen die Marsbewohner in Elektromagnetismus ein untrügliches Zeichen von Leben. Ganz folgerichtig glauben sie dann in Radioeinrichtungen auf der Erde Leben zu erblicken, während sie die Menschheit für tote Materie oder niederes Leben halten.[6]

Menschen ohne Ziel


Maeterlinck lässt seine hypothetischen Mars- oder Venusbewohner dann nach dem Sinn und Zweck des menschlichen Treibens auf der Erde rätseln. Nachdem sie uns jahrelang studiert haben, fragen die fernen Beobachter:

ZITAT:

"Was tun sie? Welches ist der Mittelpunkt und der Zweck ihres Lebens? Gehorchen sie irgendeinem Gott? ich sehe nichts, was ihre Schritte lenkt. Heute scheinen sie allerhand Kleinigkeiten aufzuhäufen und aufzubauen und morgen zerstören und zerstreuen sie sie. Sie kommen und gehen, sie versammeln sich und gehen auseinander, aber man weiß nicht, was sie eigentlich wollen."[1, Seite 34]

Was hier anklingt ist die scheinbare Ziellosigkeit, vielleicht auch die Vergänglichkeit all des menschlichen Treibens: Menschen, die meine Eltern noch kannten lebten für den Glanz Preußens, wer kennt heute noch das Land Preußen, wer trauert ihm nach? sic transit gloria mundi ↗

Das Rätsel des Reichtums


Die Marsbewohner blicken auch auf Wohnungen reicher Leute, und stellen dazu Vermutungen an, warum manche der seltsamen Wesen so bevorzugt leben.

ZITAT:

"So sieht man zum Beispiel etliche, die sich sozusagen nicht rühren. Man erkennt sie an ihren glänzenderen Gewändern. Oft auch sind sie von größerem Umfang als die, welche ihnen dienen. Ihre Wohnungen sind zehn- oder zwanzigmal so groß, auch zweckmäßiger eingerichtet und reicher als die der anderen. Sie halten darin Tag für Tag Mahlzeiten ab, die stundenlang dauern und sich bisweilen tief in die Nacht erstrecken. Alle, die ihnen näherkommen, scheinen sie außerordentlich zu ehren; aus den Nachbarhäusern wird ihnen Nahrung zugetragen, und vom Lande her strömen sie in Massen herbei, um ihnen Geschenke zu bringen. Man muss wohl glauben, dass sie unentbehrlich sind und ihrer Gattung wesentliche Dienste leisten, wiewohl unsere Forschungen uns noch keinen Aufschluss darüber gegeben haben, welcher Art diese Dienste sind."[1, Seite 34]

Im Jahr 1899, also genau zu jener Zeit als Maeterlincks Ideen zu seinem Buch über Bienen entstanden sein könnten, beschrieb der US-amerikanische Soziologie Thorstein Veblen den Müßiggang geradezu als Statussymbol der Reichen, den Müßiggang als Lebensziel.[7]

Die Rätsel der Armut


Touristen mögen sich wundern, wie eng beieinander Reichtum und tiefste Armut existieren können. Ich erlebte das selbst im Jahr 1990 in dem von einem langen Bürgerkrieg zerrüttetem Land Mosambik, als ich dort in einem Hotel wohnte und direkt nebenan obdachlose, sichtbar schwer kranke Kinder alleine in Erdlöchern hausten.

ZITAT:

"Dann wieder sieht man andere in großen Häusern, die mit kreisenden Rädern angefüllt sind, in düsteren Schlupfwinkeln an den Häfen, oder auf kleinen Erdgevierten, auf denen sie vom Morgen bis zum Abend herumwühlen, in unaufhörlicher, mühevoller Arbeit. Dies alles führt zu der Vermutung, dass ihre Tätigkeit eine Strafe ist."

Als Literatur zur Erbärmlichkeit der Armut in Industriegesellschaften seien drei einfühslame Werke empfohlen. Friedrich Engels "Die Lage der arbeitenden Klasse" von 1845[8], Jack Londons "The People of the Abyss" aus dem Jahr 1903[9] und George Orwells "Down and Out in Paris and London"[10].

Bestand als Lebenszweck


Maeterlinck vergleicht dann den Zweck der Bienenstöcke mit dem der Menschen und kommt zu einer Gemeinsamkeit, die er festält:

ZITAT:

"Ist es nicht wunderbar, dass seine Bauten, seine Sitten und Gesetze, seine soziale und politische Organisation, seine Tugenden und selbst seine Grausamkeiten uns unmitelbar den Gedaken oder Gott offenbaren, dem die Bienen dienen, der weder der unrechtsmäßigste noch der vernunftwidrigste ist, den man sich vorstellen kann, wiewohl vielleicht der Einzige, den wir noch nicht ernstlich angebetet haben, nämlich die Zukunft? Wir suchen in unserer Menschheitsgeschichte bisweilen die moralische Kraft und Größe eines Volkes zu bewerten, und wir finden keinen anderen Maßstab als die Dauerhaftigkeit und Größe des von ihm verfolgten Ideals und die Selbstverleugnung, mit der er sich ihm hingibt."[1, 35]

Hier klingt wieder die Idee eines Bestandes in der Evolution an, ohne dass Maeterlinck aber biologistisches Vokabular benutzt. Unbeantwortet lässt Maeterlinck die Frage, wozu diese Zukunft dienen soll. Er hält nur fest und fragt nicht nach dem großen Wozu ↗

Metabewusstsein


Die Bienen, so Maeterlinck, sehen hinter ihrer Königin "eine höhere, beharrende geistige Macht", das sei ihr - der Bienen - "beherrschender Gedanke". Doch wo hat dieser Gedanke seinen Sitz?

ZITAT:

"Wo er [der Gedanke] aber auch seinen Sitz hat, dieser beherrschende Gedanke, in den kleinen zarten Bienenleibern oder in dem großen unerkennbaren Weltkörper, er ist unserer Beachtung wert …"[1, Seite 46]

ZITAT:

"Wo hat sie ihren Sitz, diese unpersönliche Klugheit, die da entsagt und wählt, eröht und erniedrigt, die so viele Bienen zu Königinnen machen könnte und aus so vielen Müttern ein Volk von Jungfrauen erzieht? Wir sagten weiter oben, dass sie im Geist des Bienenstocks zu suchen sei, aber wo ist dieser Geist schließlich zu finden, wenn nicht in der Masse der Arbeitsbienen?"[1, Seite 59]

Zur Zeit Maeterlincks beschäftigte sich unter anderem der US-amerikanische Psychologe William James mit der Frage, ob es sinnvollerweise so etwas wie einen Geist zusammengesetzt aus einzelnen Bewusstseinen geben könnte. James war skeptisch. Er sprach von einer Compound mind ↗

Ein anderer Querverweis zeigt auf ein Buch über Termiten, das Maeterlinck später schamlos plaggiieren sollte. Dort fragt der Autor, Eugene Marais, wer denn der Architekt sei, wer ersinnt den Plan für die vielen Abeiter[19] und vermutet, dass es ein Bewusstsein außerhalb der individuellen Körper der einzelnen Insekten sei[20]. Dass es Felder außerhalb von Körpern gibt, die unser Verhalten prägen betrachtete später als Hypothese der Biologe Rupert Sheldrake unter dem Stichwort morphogenetisches Feld[21].

Der getriebene Mensch


Wenn die Menschen schon bei äußerlicher Betrachtung ähnlich ziellos zu sein scheinen wie die Bienen, folgen sie dann vielleicht wie jene auch nur stumpf inneren Trieben?

ZITAT:

"Aber wenn wir von den Menschen so sprächen, wie es vielleicht klug wäre, von den Bienen zu sprechen, hätten wir dann wohl das Recht, mehr zu sagen? Auch wir gehorchen nur den Notwendigkeiten des Lebens, dem Lustreiz oder der Furcht vor Schmerz und Tod, und was wir unseren Verstand nennen, das hat den gleichen Ursprung und den gleichen Zweck wie das, was wir bei den Tieren Instinkt nennen. Wir vollziehen gewisse Akte, deren Folgen wir zu kennen meinen, wir unterliegen ihnen und reden uns ein, sie besser zu durchschauen, als es tatsächlich der Fall ist."[1, Seite 47]

Wie sich Triebe individueller Menschen auf die gesellschaftlichen Verhältnisse durchprägen können, und auch umgekehrt betrachtete in großer Ausführlichkeit der Soziologe Herbert Marcuse in seinem Buch "Triebstruktur und Gesellschaft"[11]

Die getriebene Biene


Die Bienen scheinen auf wundervolle Weise zu kooperieren. Doch, so vermutet Maeterlinck, ist dies bloß ein "Schein eines Einvernehmens und eines gemeinsamen Ziels.

ZITAT:

"… wer sie [die Bienen] beobachtet, wird ihnen […] leicht Absichten und den Geist, der ihnen gerade fehlt, unterschieben, er wird bemüht sein, für jede Handlung eine Ursache zu entdecken, jede Bewegung wird bald einen Beweggrund haben, und daraus werden dann Vernunft-Ungeheuer oder Wundertiere ohnegleichen …"[1, Seite 48]

Ob die Bienen wirklich so geistlos oder mechanisch handeln, wie sich Maeterlinck hier vielleicht lesen lässt, wird zunehmend zweifelhaft. So scheinen Spinnen zu träumen[12], Hummeln zu spielen[13] und überhaupt scheint es im physiologischen Bau der Sinnes- und Denkorgange von der einfachen Zelle bis hin zum Menschen vor allem fließende Übergänge zu geben[14].

Und nochmal der getriebene Mensch


Maeterlinck sieht in den kulturellen und geistigen Regungen des Menschen bloß den Schein von Sinn und Zweck:

ZITAT:

"Unsere Weisheit, unsere Tugenden, unsere Politik sind weiter nichts als die Früchte der herben Notwendigkeit, die unsere Einbildungskraft vergoldet hat; sie haben keinen anderen Zweck, als unsere Selbstsucht nutzbar zu machen und die ursprünglich schädliche Tätigkeit der Einzelwesen zum gemeinsamen Heil zu wenden."[1, Seite 49]

Die Psychoanalyse Freuds sollte das Phänomen der Kultur und Zivilisation schon bald anders deuten. Unter dem Stichwort Sublimation gingen Freud und andere Psychologen dem Gedanken nach, dass sich unsere niederen Triebe in höhere Formen und Bestrebungen verwandeln, und dabei durchaus nützliche und neue Leistungen der Menschen hervorbringen. Das nachträgliche Begründen einer Handlung als vernünftig bezeichne man in der Psychologie auch als eine Rationalisierung (Psychologie) ↗

Kein Sozialstaat


ZITAT:

"Die Bienen sind keineswegs empfindsam, und wenn eine von ihnen mit so schweren Verletzungen von der Arbeit heimkommt, dass sie für andauernd arbeitsunfähig erachtet werden muss, so wird sie ohne Erbarmen verjagt."[1, Seite 49]

Vogel im Aquarium


Am Beispiel einer vom Imker in den Stock eingesetzten fremden Königin betrachtet Maeterlinck die Loyalität der Bienen gegenüber der Königin.

ZITAT:

"Ihre [der Bienen] Anhänglichkeit [gegenüber der Königin] nimmt alsoin de Maße zu oder ab, inwieweit die Königin diese Zukunft vertritt. […] Die Anhänglichkeit kann sogar in Wut und Hass umschlagen, wenn ihre Herrin nicht alle ihre Pflichten gegen jene abstrakte Gottheit erfüllt, die man die künftige Gesellschaft nennen könnte …"[1, Seite 54]

Noch nicht einmal die Königin im Bienenstaat scheint also ein Souverän zu sein. Ich erinnere mich hier an ein kleines Büchlein, in dem der Franzose Goudeveurt (oder so ähnlich) seine Erfahrungen als Führungskraft und Konzernvorstand beschrieb. Der Titel seines Buches war treffend "Wie ein Vogel im Aquarium". Dem Namen nach war er als Konzernvorstand der oberste Chef, doch tatsächlich unterlag auch er unsichtbaren Kräften, die seine Bewegungen erheblich einschränkten.[22]

Soziointegrative Degeneration


Im Bienenstaat wird jedes Individuum auf eine ganze eng definierte Aufgabe zugeschnitten. Fähigkeiten, die dieser Aufgabe nicht zuträglich ist, verkümmern.

ZITAT:

"Jedes Individuum verzichtet hier auf mehr als auf sein halbes Glück und seine halben Rechte. Die Königin entsagt dem Tageslicht, den Blumenkelchen und der süßen Freiheit, die Arbeitsbienen entsagen der Liebe, fünf oder sechs Lebensjahren und dem Mutterglück. Die Königin sieht ihr Hirn zugunsten der Zeugungsorgane auf ein Nichts zusammenschrumpfen und die Arbeitsbienen sehen diese Organe auf Kosten ihres Intellekts verkümmern."[1, Seite 58]

Der polnische Schriftsteller Stanislaw Lem prägte den Begriff der soziointegrativen Degeneration: gerade dadurch, dass die Indivivduen bereit sind, sich zurück zu entwickeln[17], wird das Kollektiv mächtiger und effizienter. Lem verglich zukünftige Armeen mit Schwärmen von Insekten. Siehe dazu auch soziointegrative Degeneration (Stanislaw Lem) ↗

Dummheit der Bienen nur scheinbar


Maeterlinck zitiert den englischen Entomologen, das heißt Insektenkundler, John Lubbock (1834 bis 1913). Dieser habe zwei Beweise für die Dummheit der Bienen angeführt. Gibt man Bienen in eine Flasche, drehe den Boden einem hellen Zimmerfenster zu während der offene Flaschenhals ins dunkle Zimmer zeigt, so werden alle Bienen dem Licht zustreben und am Ende aus Erschöpfung oder Hunger sterben. Macht man denselben Versuch mit Fliegen, so hätten diese nach zwei Minuten den Ausgang gefunden. Doch Maeterlinck hält die Bienen nicht für dumm:

ZITAT:

Sie bilden sich augenscheinlich ein, dass die Vefreiung aus jdem Gefängnis auf der Lichtseite leigt, sie handeln also ganz folgericht, nur zu folgerichtig. Sie wissen ichts von dem übernatürlichen Mysterium, das für sie das Glas ist, diese plötzlich undurchdringliche Luft, die es in der freien Natur nicht gibt"[1, Seite 70]

Und:

ZITAT:

"Die hirnlosen Fliegen, die sich um die Logik, den Ruf des Lichts und das Wunder des Kristalls nicht kümmern, schwirren planlos in der Flasche herum, bis sie schließlich mit dem Glück der Einfältigen, die sich oft da retten, wo die Weisheit verdirbt, in den guten Flaschenhals geraten, der sie befreit."[1, Seite 71]

Ähnlich sei es mit der Beobachtung, dass Bienen in großer Zahl in heißem Zuckerwasser von Zuckersiedereien ertrinken, sogar wenn sie sähen, dass bereits "Tausende" ihrer Artgenossen das Schicksal erlitten hätten. Auch hier mahnt Maeterlinck, dass es so etwas "in der freien Natur" nicht gäbe. Und Maeterlinck erinnert dann auch an ein ganz ähnliches Phänomen unter Menschen, nämlich deren "Alkoholverwüstungen" oder "den Anblick eines Schlachtfelds".[1, Seite 71 und 72]

Verstörende Gleichgültigkeit


Eine Beobachtung an Bienen, so Maeterlinck, sollte unsere "Bewunderung etwa beeinträchtigen", nämlich "ihre Gleichgültigkeit gegenüber dem Tod und dem Unglück ihrer Mitschwestern."

ZITAT:

Im Bienenkorb lieben und helfen sie sich alle, sie sind so einig wie die guten Gedanken derselben Seele. Verletzt man eine, so opfern sich tausend, um ihre Mitbürgerin zu rächen. Außerhalb des Bienenstocks kennen sie sich nicht mehr. Man verstümmle oder vernichte […] ein par Schritte vom Bienenstand entfernt, zwanzig oder dreißig Bienen aus demselben Stock, und die nicht Getroffenen werden nicht einmal den Kopf drehen, sondern achtlos gegen die in Todeszuckungen Liegenden, deren letzte Bewegungen ihre Glieder streifen, deren Schmerzensrufe ihnen ins Ohr gellen, saugen sie nach wie vor mit ihrer fantastischen Zunge […] den Saft, der ihnen kostbarer ist als das Leben. […] der Tod, den sie um sich sehen, erschüttert sie nicht im Mindesten, noch das geringste Gefühl der Zusammengehörigkeit und des Mitleids."[1, Seite 74]

Fußnoten