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Das Banner der Rhetos-Website: zwei griechische Denker betrachten ein physikalisches Universum um sie herum.

Causa sui

Philosophie

Grundidee


Als Causa sui oder auch Selbstursache[4] bezeichnet man etwas, das die Ursache seiner eigenen Existenz sein soll[1]. Der Gedanke wurde umfangreich in der christlichen Theologie behandelt[2], ohne dass in der Philosophie aber eine abschließende Erklärung erreicht werden konnte[3] oder Begriff überhaupt haltbar ist[4]. Die Idee einer Causa sui wird aber zwingend notwendig, wo man für jedes Geschehen oder jedes Ding eine Ursache fordert, also gemäß dem Kausalitätsprinzip denkt.

Kausalität als feste Denkgewohnheit


Causa ist Latein für Ursache. Als Ursache bezeichnet man etwas, was etwas anderes hervorbringt [7]. So kann man die Sonne als die Ursache der Wärme im Sommer betrachten. Und da ein fließender elektrischer Strom immer ein Magnetfeld um sich ausbildet, kann man den Strom als eine Ursache von Magnetismus ansehen[8]. Dem Philosophen Immanuel Kant (1724 bis 1804) zufolge, kann der Mensch nicht anders als in Ursachen und Wirkungen denken. Für alles was geschieht, sucht der menschliche Geist nach einer Ursache. In der Philosophie spricht man vom sogenannten Kausalitätsprinzip ↗

Das Problem mit dem unendlichen Regress


Das streng durchgeführte Kausalitätsprinzip führt manchmal schon Kinder zu oft unlösbaren Problemen: warum hat es gerade geregnet? Weil wir ein Gewitter hatten. Warum gab es ein Gewitter? Weil die Luft schwül war. Warum war die Luft schwül - und ewig so weiter: wenn Kinder so fragen, dauert es oft nur wenige Runden und man ist bei Gott, dem ersten Leben oder dem Anfang des Weltalls: eine solche Kette von Fragen, die keinen Abbruch kennt, bei denen jede sinnvolle Antwort eine neue Frage erzwingt, heißt in der Philosophie Regressus ad infinitum[9], auf Deutsch unendlicher oder infiniter Regress ↗

Die Causa sui als Lösung des Problems


Um einen infiniten Regress mit seinen nie endenden Fragen nach einer Ursache zu beenden setzt man an irgendeine Stelle etwas, das kein Warum mehr benötigt: "Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott." Diese Worte aus der Bibel[6] beenden einen möglichen infiniten Regress, bevor man ihn überhaupt beginnt. Jedes Fragen nach einem Warum wird letzten Endes zu Gott führen und endet dort. Gott selbst hat keinen Grund für sein Sein nötig. Einige weitere, sehr ähnliche Beispiele sind:


Die Causa sui als Unmöglichkeit


Auch wenn die Causa sui oft als Lösung eines infiniten Regresses dienen soll: sie passt nicht zu der Vorstellung, dass eine Ursache einer Wirkung zeitlich vorausgehen muss. Wenn Gott sich selbst gemacht hat, dann muss er existiert haben, bevor er erschaffen wurde. Auf diesen Widerspruch weisen verschiedene Denker hin[3][4]. Fordert man, dass die Ursache in der Zeit vor der Wirkung liegt[10], so bleibt die Idee eines Causa sui ein Widerspruch in sich selbst und der Wunsch nach dem sinnvollen Abbruch des infiniten Regresses bleibt ein unlösbares Problem. Solche Probleme, für die man keine Lösungsidee hat, nennt man in der Philosophie auch eine Aporie ↗

Die Causa sui und der Zufall


Der echte physikalische Zufall gilt als ein Ereignis, das keine Ursache hat. Man geht nicht nur davon aus, die Ursache nicht zu kennen, sondern dass es wörtlich genommen auch keine Ursache gibt[11], die Naturgesetze werden so zu bloßen Aussagen über Wahrscheinlichkeiten[12]. Das klassische Beispiel ist der spontane Zerfall von Atom im Sinne der Radioaktivität. Es scheint so zu sein, dass die Atome ohne jeden Grund irgendwann zufällig von sich aus zerfallen. Damit hat man wieder nur zwei Denkmöglichkeiten: entweder es gibt Ereignisse ganz ohne Ursache, oder man begibt sich in die Aporie des in sich widersprüchlichen Begriffs der Causa sui. Siehe auch Zufall ↗

Der Freie Wille als Causa sui


Eine der Großen Fragen der Philosophie ist der Freie Wille. Manchen Denkern zufolge entsteht unser Wille nur als Folge äußerer Ereignisse oder er ist nur ein mehr oder minder mechanischer Strom des Bewusstseins: wenn man geärgert wird, entsteht ein Rachewille, unter Konkurrenz entsteht ein Wille zur Selbstbehauptung und wenn man schöne Dinge sieht, entsteht oft ein Wille sie zu besitzen. Ein solcher Wille wäre nicht wirklich frei sondern von außen bestimmt. Das drückte der Philosoph Arthur Schopenhauer in einem seiner berühmten Aphorismen aus als er sagte: "Der Mensch kann zwar tun, was er will. Er kann aber nicht wollen, was er will.[13]". Ein echter Freier Wille müsste aber genau dazu in der Lage sein, nämlich sich selbst zu erschaffen. Nur ein Wille, der von nichts abhängt, wäre echt frei. Überhaupt stößt die Idee der Freiheit gerne an die Frage nach der Causa sui. Das Problem erinnert an die Vorstellung von Gott als seinem eigenen Schöpfer. Siehe auch Freier Wille ↗

Fußnoten