Axiom
Definition
© 2016
- 2025
Basiswissen|
Exakte Definition|
Beispiel: die newtonschen Axiom|
Beispiel: die Axiome der Strahlenoptik|
Kritik|
Persönliche Einschätzung|
Fußnoten
Basiswissen
Axiome sind vernünftige Annahme auf denen man ein größeres Gedankengebäude aufbauen kann. Ein Axiom muss nicht zwingend wahr sein. Es kann zunächst mehr oder minder willkürlich gesetzt sein. Durch logische Schlüsse leitet man aus einem Axiom dann weitere Aussagen ab. Das ist hier näher erklärt.
Exakte Definition
Das Metzeler Philosophie Lexikon[1] definiert Axiome als "nicht abgeleitete Grund-Sätze" innerhalb einer Theorie. Die Axiome sind die "ersten Sätze" die innerhalb einer Wissenschaft nicht bewiesen werden können, aus denen aber über Deduktion weitere Sätze abgeleitet werden können. Welche Sätze als Axiome gewählt werden ist nicht zwingend logisch vorgegeben. Praktische Erwägungen guter Handhabbarkeit spielen eine wichtige Rolle. An eine Theorie, die gleichzeitig auch ein Axiomensystem sein soll, werde üblicherweise vier Anforderungen gestellt:
- a) Die Axiome müssen untereinander unabhängig sein.
- b) Die Axiome müssen unterainder widerspruchsfrei sein.
- c) Es muss vollständig sein, alle Aussagen der Theorie müssen aus den Axiomen hergeleitet werden können.
- d) Das Axiomensystem soll möglichst einfach, das heißt auch kurz formuliert, sein.
Der Naturwissenschaftler Franz Serafin Exner (1849 bis 1926) verlangt zusätzlich noch, dass Axiome nicht im Widerspruch zur beobachteten Wirklichkeit stehen dürfen[2].
Beispiel: die newtonschen Axiom
Das klassische Beispiel für ein sehr erfolgreiches System aus Axiomen sind Newtons drei Axiome zur Mechanik. In einer sehr kurzen Fassung lauten sie:
- Ein Körper behält solange seinen Bewegungszustand bei, wie keine resultierende Kraft vo außen auf ihn einwirkt Lex prima ↗
- Kraft gleich Masse mal Beschleunigung (F=ma) Lex secunda ↗
- Jede Kraft hat eine Gegenkraft (actio gleich reactio) Lex tertia ↗
Aus diesen drei Axiomen wurde von etwa 1700 bis 1900 ein großer Teil des mechanistischen Weltbildes abgeleitet und empirisch immer wieder (bis auf eine Ausnahme) bestätigt. Lies mehr unter Newtonsche Axiome ↗
Beispiel: die Axiome der Strahlenoptik
Die Strahlenoptik ist ein Teilgebiet der Physik. Du Grundidee ist, optische Phänomene durch gerade Linien, die Strahlen zu erklären. Die Strahlenoptik baut auf vier Axiomen auf.
- 1. Axiom: In homogenem[6] Material sind die Lichtstrahlen gerade. Siehe auch geradlinig ↗
- 2. Axiom: An der Grenze zwischen zwei homogenen isotropen[7] Materialien wird das Licht im Allgemeinen nach dem Reflexionsgesetz[8] reflektiert und nach dem Brechungsgesetz[9] gebrochen.
- 3. Axiom: Der Strahlengang ist umkehrbar; bei Umkehrung der Richtung eines Strahls ändert sich sein Verlauf nicht.
- 4. Axiom: Die Lichtstrahlen durchkreuzen einander, ohne sich gegenseitig zu beeinflussen Superpositionsprinzip ↗
Die Strahlenoptik ist ein gutes Beispiel für eine sehr nützliche falsche Theorie. Licht kann unmöglich aus Strahlen bestehen, noch besteht es aus Teilchen, die sich entlang von geraden Strahlen bewegen. Doch aufgrund ihrer Einfachheit und ihrer Fähigkeit, viele Phänomene der Optik - nicht alle - befriedigend korrekt zu beschreiben, wird die Strahlenoptik oft verwendet. Nicht Wahrheit sondern Nützlichkeit ist hier das ausschlaggebende Kriterium. Siehe mehr unter Strahlenoptik ↗
Kritik
Scharfe, satirische Kritik an der Idee, dass Axiome einen besonderen Wert für eine wahre Wissenschaft haben könnten, äußerte der US-amerikanische Dichter und Schriftsteller Edgar Allan Poe (1809 bis 1849). Kurz vor seinem Tod schrieb er:
ZITAT:
"Auch hatten unsere Vorfahren kein besseres Recht, von Gewissheit zu sprechen, als sie in blindem Vertrauen dem a priori Pfad der Axiome oder des Widders[3] folgten. An unzähligen Stellen war dieser Pfad kaum so gerade wie ein Widderhorn. Die einfache Wahrheit ist, dass die Aristoteliker ihre Burgen auf einer Grundlage errichteten, die weit weniger zuverlässig war als Luft; denn so etwas wie Axiome existierten nie und können auch niemals existieren. Sie müssen in der Tat sehr blind gewesen sein, dies nicht zu sehen oder zumindest zu vermuten. denn schon zu ihrer Zeit hatte man viele ihrer seit langem anerkannten „Axiome“ aufgegeben: „Ex nihilo nihil fit“ zum Beispiel, „ein Ding kann nicht wirken, wo es nicht ist“, „es kann keine Antipoden geben“ und „Dunkelheit kann nicht aus Licht entstehen“. Diese und zahlreiche ähnliche Lehrsätze, die früher ohne Zögern als Axiome oder unleugbare Wahrheiten akzeptiert wurden, erwiesen sich schon in der Zeit, von der ich spreche, als völlig unhaltbar: Wie absurd war es daher von diesen Leuten, weiterhin auf einer Grundlage zu beharren, die als unveränderlich galt, deren Veränderlichkeit so oft deutlich geworden war!"
"Auch hatten unsere Vorfahren kein besseres Recht, von Gewissheit zu sprechen, als sie in blindem Vertrauen dem a priori Pfad der Axiome oder des Widders[3] folgten. An unzähligen Stellen war dieser Pfad kaum so gerade wie ein Widderhorn. Die einfache Wahrheit ist, dass die Aristoteliker ihre Burgen auf einer Grundlage errichteten, die weit weniger zuverlässig war als Luft; denn so etwas wie Axiome existierten nie und können auch niemals existieren. Sie müssen in der Tat sehr blind gewesen sein, dies nicht zu sehen oder zumindest zu vermuten. denn schon zu ihrer Zeit hatte man viele ihrer seit langem anerkannten „Axiome“ aufgegeben: „Ex nihilo nihil fit“ zum Beispiel, „ein Ding kann nicht wirken, wo es nicht ist“, „es kann keine Antipoden geben“ und „Dunkelheit kann nicht aus Licht entstehen“. Diese und zahlreiche ähnliche Lehrsätze, die früher ohne Zögern als Axiome oder unleugbare Wahrheiten akzeptiert wurden, erwiesen sich schon in der Zeit, von der ich spreche, als völlig unhaltbar: Wie absurd war es daher von diesen Leuten, weiterhin auf einer Grundlage zu beharren, die als unveränderlich galt, deren Veränderlichkeit so oft deutlich geworden war!"
Persönliche Einschätzung
Tatsächlich ist nicht das Arbeiten mit Axiomen an sich, also die gedankliche Arbeit mit als wahr GESTZTEN Annahmen verwerflich. Bedenklich wird es erst, wenn Axiome, a) etwa aufgrund ihrer nur scheinbar offensichtlichen Gültigkeit - man denke an unsere falschen Vorstellung von Raum und Zeit im Lichte Einsteins - oder b) aufgrund ihrer praktischen Bewährung (Euklids Geometrie) als allgemein gültig und für eine unumstößliche Wahrheit gehalten werden. Bleibt man sich aber bewusst, dass ein Axiom ähnlich wie ein Modell in den Naturwissenschaften zunächst nur eine angenommene aber nicht bewiesene Annahme und damit nur ein Werkzeug des Denkens ist, scheint mir daran nichts Falsches zu sein. Die moderne Physik musste sich schon immer, und seit der Relativitstheorie und der Quantenphysik unvermeidlich mit der Frage auseinandersetzen, ob die Inhalte unseres Denkens letztendlich auch Gegenständen der Wirklichkeit entsprechen. Ein guter Einstieg in dieses Problemfeld, eng an historischen Debatten, ist der Artikel über die Raumkrümmung ↗
Fußnoten
- [1] Metzeler Philosophie Lexikon. Herausgegeben von Peter Prechtl und Franz-Peter Burkard. 2. überarbeitete Auflage. Stuttgart, Weimar, 1999. ISBN: 3-476-01679-X. Dort die Seite 58.
- [2] Der Physiker Franz Ferdinand Exner (1849 bis 1926) betrachtet die Verbindung des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik mit der Idee eines Gleichgewichts von Kräften. In seinen Sätzen wird deutlich, dass ein Axiom zwar nicht bewiesen werden kann, aber auch nicht im Widerspruch zur Erfahrung stehen sollte. Exner schreibt: "Es könnte scheinen, daß dieses sogenannte Prinzip der virtuellen Verschiebungen, das schon auf Bernoulli (1717) und in seinen Anfängen auf Stevin (16. Jahrhundert) zurückgeht, doch nicht absolut verläßlich ist, denn es basiert auf dem ersten Hauptsatz, der in letzter Linie ein Erahrungssatz ist, und daß deshalb vielleicht die Anwendung des Satzes vom Kräfteparallelogramm vorzuziehen ist. Allein man darf nicht vergessen, daß auch letzterer Satz ein Erfahrungssatz und eines Beweises unfähig ist und für uns axiomatische Bedeutung nur dadurch erlangt hat, daß seine Anwendung niemals zu Widersprüchen mit der Erfahrung führte. Ganz das gleiche gilt auch vom ersten Hauptsatz. So weit unsere Erfahrung reicht, hat er sich immer bestätigt und filt darum mit Recht als ein Axiom." In: Franz Serafin Exner: Vorlesungen über die physikalischen Grundlagen der Naturwissenschaften. Deuticke, Wien 1919, OBV. Dort die 24. Vorlesung, Seite 187. Siehe auch Grundlagen der Naturwissenschaften (Exner) ↗
- [3] Mit dem Widder ist hier Aristoteles gemeint, und zwar über den Umweg eines Wortspiels: Aristoteles -> Aries Tottle -> Aries = Widder. Gemeint ist der antike griechische Philosoph Aristoteles ↗
- [4] Die Übersetzung ins Deutsche wurde mit Hilfe einer KI gemacht und von mir zur Kontrolle durchgelesen. Das englische Original von Poe ist: "Nor had our forefathers any better right to talk about certainty, when pursuing, in blind confidence, the à priori path of axioms, or of the Ram. At innumerable points this path was scarcely as straight as a ram's-horn. The simple truth is, that the Aristotelians erected their castles upon a basis far less reliable than air; for no such things as axioms ever existed or can possibly exist at all. This they must have been very blind, indeed, not to see, or at least to suspect; for, even in their own day, many of their long-admitted ‘axioms’ had been abandoned: — ‘ex nihilo nihil fit,’ for example, and a ‘thing cannot act where it is not,’ and ‘there cannot be antipodes,’ and ‘darkness cannot proceed from light.’ These and numerous similar propositions formerly accepted, without hesitation, as axioms, or undeniable truths, were, even at the period of which I speak, seen to be altogether untenable: — how absurd in these people, then, to persist in relying upon a basis, as immutable, whose mutability had become so repeatedly manifest " In: Edgar Allan Poe: Eureka: An Essay on the Material and Spiritual Universe. 1848. Übersetzt ins Deutsche von: Heinz Janisch als Eureka. Ein Prosagedicht. Insel Verlag 1994. Englisches Original online: https://www.eapoe.org/works/essays/eureka1.htm