Wahrheit
Definition
Basiswissen
Alle möglichen wahren Aussagen zusammen gedacht ergeben die Wahrheit: die Wahrheit
Alltag
Im Alltag ist die Wahrheit oft nur das direkte Gegenteil der Lüge: "Ich habe die Drogen nicht verkauft. Das ist die Wahrheit." Hier steht Wahrheit nicht für die Summe aller möglichen wahren Dingen. Wahrheit heißt hier nur: das ist keine Lüge ↗
Mathematik
In der Mathematik ist Wahrheit gleichbedeutend mit einer Aussage, die nirgends im Widerspruch zum Gedankengebäude der Mathematik steht: 4=3+1 ist eine wahre Aussage und damit ein Teil der mathematischen Wahrheit. Die mathematische Wahrheit ist dann die Summe aller wahren Aussagen, die sich aus dem Gedankengebäude der Mathematik ableiten oder mit ihm beweisen lassen. Da der Zusammenhang zwischen Mathematik und der realen physikalischen Welt nicht abschließend geklärt ist, ist es auch fraglich, welche Schlüsse man von einer mathematischen Wahrheit auf Wahrheit im Bezug auf die Welt ziehen kann. Siehe auch wahre Aussage ↗
Physik
Die Physik - und mit ihr alle Naturwissenschaften - kennt ähnlich wie die Mathematik keinen Begriff der Wahrheit. Die Physik erhebt nicht den Anspruch die letztendliche Weltwahrheit erkennen zu können. Siehe auch Physik ↗
Als Weltsinn
Was ist Die Wahrheit? Wer so fragt, möchte nicht wissen, ob 3+1 gleich 4 ist oder ob es stimmt, dass der Baikalsee in Sibiren über 1600 Meter tief ist (stimmt übrigens). Auch Erklärungen über den Urknall oder die biologischen Wurzeln unseres Verhaltens (z. B. Soziobiologie) befriedigen nicht wirklich. Die Frage nach Der Wahrheit fragt gleichsam auch nach dem Sinn und Zweck unseres Seins. Wozu ist die Welt geschaffen? Welche Rolle sollte ich im Weltentrubel spielen? Woran erkenne ich, was moralisch wirklich richtig und falsch ist? Dieser Wahrheitsbegriff ist eher ein Sinnbegriff, die so verstandene Wahrheit ist eigentlich auch der Sinn des Lebens ↗
Fußnoten
- [1] Rüdiger Safranski: Wieviel Wahrheit braucht der Mensch? Über das Denkbare und das Lebbare. Fischer Taschenbuch Verlag. 11. Auflage, 2010. ISBN: 978-3-596-10977-7
- [2] Wahrheit in der Kunst, 1771: "Wahrheit. (Schöne Künste) Ist Richtigkeit unsrer Vorstellungen. Diese sind wahr, wenn das, was wir für möglich oder würklich halten, in der That so ist; falsch und irrig sind sie, wenn das, was wir für möglich oder würklich halten, es nicht, oder nicht in der Art ist, wie wir es uns vorstellen. Wahrheit ist also Vollkommenheit, Irrthum Unvollkommenheit unsrer Erkenntnis: durch jene bekommen unsre Begriffe, Gedanken und Urtheile die Realität, Würklichkeit oder Währung, die den Probierstein aushalten; durch diesen sind sie schimärisch, eingebildet, ungegründet, oder gar wiedersprechend." In: Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774, S. 1261-1263. Online: http://www.zeno.org/nid/20011450630
- [3] Der logische Wahrheitsbegriff, 1801: "Die Übereinstimmung eines Satzes mit andern bekannten Wahrheiten, die Anwesenheit eines erweislichen Grundes, welches man die logische Wahrheit zu nennen pflegt; im Gegensatze des Irrthums." In: Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1346-1347. Online: http://www.zeno.org/nid/20000515795
- [4] Der logische Wahrheitsbegriff, 1841: "Wahrheit (die) besteht in der Übereinstimmung der Vorstellungen mit sich selbst und mit den Gegenständen, worauf sie sich beziehen, oder mit der Wirklichkeit. Die Wahrheit ist demnach eine Eigenschaft der Erkenntniß, und Wahres und Nichtwahres kann nur in Bezug auf den erkennenden Geist aufgefaßt werden. Da die Erkenntniß nach einer doppelten Seite, nach ihrer Form und nach ihrem Inhalte sich darstellt, so geht hieraus der Unterschied der formellen und materiellen Wahrheit hervor. Formelle Wahrheit hat die Erkenntniß einer Sache, wenn die Vorstellungen, die sie in sich begreift, frei von Widerspruch sind und den Gesetzen des Denkens und der Logik vollkommen entsprechen, weshalb sie auch logische Wahrheit genannt und dafür im gewöhnlichen Leben der sinnverwandte Ausdruck Richtigkeit gebraucht wird." In: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 638-639. Online: http://www.zeno.org/nid/20000875252
- [5] Wahrheit ist schwer erkennbar, wenn überhaupt: "Wahrheit, lat. veritas, italien. verita, frz. vérité, engl. truth, ein Wort, über dessen tiefsten Kern die Philosophen bis heute außerordentlich viel redeten und schrieben und so wenig Befriedigendes vorzubringen wußten als über die Gottheit selber, so daß der einzige vernünftige Ausweg der bleibt, entweder die Kirche als Trägerin der absoluten W. gläubig an zunehmen oder an aller W. d.h. unumstößlichen Gewißheit zu verzweifeln und sich mit Wahrscheinlichkeiten zu begnügen." In: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 658. Online: http://www.zeno.org/nid/20003562484
- [6] Stark ausdifferenzierte Ideen von Wahrheit, 1905: "Wahrheit, im logischen Sinne die Übereinstimmung unsrer Gedanken mit sich selbst und mit den allgemeinen Gesetzen des Denkens (formale) oder mit dessen Gegenständen, dem Sein (materiale W.). Sätze (wie z. B. die mathematischen und logischen), bei denen es sich nur um W. im ersten Sinne handeln kann, werden selbst formelle, solche, denen (mit Recht oder Unrecht) die zweite (wie z. B. den Lehren der Erfahrung) zugeschrieben wird, materiale oder reelle Wahrheiten genannt. Letztere zerfallen abermals in zwei Unterabteilungen: in physische Wahrheiten, die in der unmittelbaren Beobachtung der Erscheinungen, auch des psychischen Lebens, insofern diese dem innern Sinn sich wahrnehmbar machen, ihren Grund haben, und zu deren Erforschung die unbefangene Induktion oder der Versuch der geeignete Weg ist, und in historische Wahrheiten, deren Gegenstand der Vergangenheit angehört, aber durch Geschichtsdenkmäler, noch vorhandene Erzeugnisse und Spuren, Zeugenaussagen oder durch sonstige historische Berichte konstatiert ist." In: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 311. http://www.zeno.org/nid/20007667035