Elektronenbeugung
Physik
Basiswissen
Elektronen kann man zu einem Strahl bündeln und sie dann ähnlich wie Licht auf Objekte richten. Dabei treten Beugungseffekte auf[1], insbesondere Intereferenz. Diese Phänomene lassen sich nicht überzeugend im Teilchen- oder Strahlenmodell erklären. Ordnet man den Elektronen jedoch eine Wellenlänge zu[2] und rechnet damit im Wellenmodell, lassen sich die Beugungseffekte auch quantitativ exakt vorhersagen. Dabei bleibt aber weiterhin unklar, was Elektrronen tatsächlich sind.
Beugung an sich, etwa bei Licht
Stellt man sich Licht modellhaft aus Strahlen oder Teilchen vor, dann breitetet es sich auf geraden Linien aus. Trifft sich ausbreitendes Licht auf ein Hindernis, etwa eine Kugel, so bildet sich hinter der Kugel ein Schatten aus, ein Bereich, in den kein Licht gelangt. Tatsächlich aber gibt es Fälle, in denen man beobachten kann, dass sich Licht um Ecken und Kanten herum in den Schattenbereich hinein ausbreitet. Diesen Effekt nennt man Beugung oder auch Diffraktion[5]. Das wäre für echt Lichtstrahlen oder auf geraden Bahnen fliegende Teilchen unmöglich. Die beobachteten Phänomen lassen sich aber oft sehr gut erklären, wenn man das Licht modellhaft als Welle deutet. Siehe mehr dazu im Artikel zur Beugung ↗
Beugungseffekte mit Elektronen
Elektronen stellt man sich üblicherweise als kleine Teilchen vor. Man kann ihnen eine Masse zuordnen[6]. Zum Beispiel mit Hilfe von sogenannten Elektronenkanonen. So erzeugen Strahlen aus Elektronen nannte man früher auch Kathodenstrahlen[7]. Richtet man einen solchen Kathodenstrahl aus Elektronen zum Beispiel auf eine dünne Folie und macht man den Strahl nach dem Durchgang durch die Folie auf einer Photoplatte sichtbar, so beachtet man die für Beugungen typischen Ringmuster unterschiedlicher Helligkeiten[4]. Der klassische Schulversuch dazu ist die Elektronenbeugungsröhre[11]. Der Effekt wurde erstmals im Jahr 1927 beschrieben. Siehe dazu auch den Artikel zum Davisson-Germer-Experiment ↗
Elektronenbeugung als Indiz für eine Materiewelle
Elektronen haben eine Masse[6] und wenn sie zum Beispiel auf den Bildschirm eines Oszilloskops auftreffen, erzeugen sie dort punktförmige Effekte. Diese Phänome passen auf die Idee, dass ein Elektron ein Teilchen ist. Ein Strahl aus Elektron wäre demnach auch ein sogenannter Teilchenstrom, ähnlich gedacht wie die knapp hintereinander fliegenden Geschosse eines Maschinengewehrs. So gedachte Teilchen können aber unmöglich Beugungseffekte wie Interferenz erzeugen. Solche Effekte sind typisch für Wellen. So erscheinen uns Elektronen einerseits als Teilchen (siehe haben z. B. eine Masse), andererseits haben sie Welleneigenschaften (sieh erzeugen z. B. Interferenz). Diese scheinbar widresprüchliche Natur von Objekten lässt sich aus keinem fundamentaleren Konzept, aus keiner Theorie, sinnvoll herleiten. In der Physik spricht man von einer sogenannten Materiewelle ↗
Die Wellenlänge eines Elektrons berechnen
Zur Berechnung von Effekten der Beugung verwendet man verschiedene Formeln. Diesen Formeln gemeinsam ist, dass sie entweder die Wellenlänge oder die Frequenz der sich bewegenden Objekte benötigen. Die Formel dazu ist:
- l = h/(m·v)
- l = h/p
Das kleine l ist die gesuchte Wellenlänge des Elektrons. Das kleine h ist das sogenannte Plancksche Wirkungsquantum[8], das m ist die Ruhemasse des Elektrons[6]. Das kleine v steht für die Geschwindigkeit des Elektrons[9]. Das kleine p ist das Produkt aus m und v, nämlich der Impuls[10]. Siehe mehr zur Berechnung der Wellenlänge eines Elektrons unter de-Broglie-Wellenlänge ↗
Fußnoten
- [1] Tim Gruene et al.: Schnelle Strukturaufklärung mikrokristalliner molekularer Verbindungen durch Elektronenbeugung. In: Angewandte Chemie. Volume130, Issue50. Erstmals veröffentlicht am 10. Dezember 2018. Seiten 16551 bis 16555. DOI: https://doi.org/10.1002/ange.201811318
- [2] Wie man einem Teilchen für Rechenzwecke eine Wellenlänge zuordnen kann behandelt der Artikel zur de-Broglie-Wellenlänge ↗
- [3] C. Davisson, L. H. Germer: Diffraction of Electrons by a Crystal of Nickel. In: Phys. Rev. Band 30, 1927, S. 705–740.
- [4] G. P. Thomson: Diffraction of Cathode Rays by a Thin Film. In: Nature. 119. Jahrgang, Nr. 3007, 1927, S. 890, doi:10.1038/119890a0, bibcode:1927Natur.119Q.890T. Der Effekt wird beschrieben: "If a fine beam of homogeneous cathode rays is sent nearly normally through a thin celluloid film (of the order 3 x 10⁻⁶ cm. thick) and then received on a photographic plate 10 em. away and parallel to the film, we find that the central spot formed by the undeflected rays is surrounded by rings, recalling in appearance the haloes formed by mist round the sun." Zur Energie der Elektronen heißt es: "The energy of the rays, as measured by their elect,rostatic defiexion, varied from 3900 volts to 16,500 volts." Die Wellenlänge wurde berechnet über: "Using the formula λ = h/mv the wave-length in the above-quoted case would be λ = 1·0 x I0⁻⁹ cm." Online: https://www.nature.com/articles/119890a0.pdf
- [5] Diffraktion ist ein Synonym für die Beugung: "Beugung der Lichtwellen und anderer Wellen" In: Digitales Wörterbuch der Deutschen Sprache. Abgerufen am 30. November 2023. Online: https://www.dwds.de/wb/Diffraktion
- [6] Ein Elektron wiegt etwa 9,11 mal 10 hoch -31 Kilogramm. Siehe mehr unter Elektronenmasse ↗
- [7] "Kathodenstrahlen entstehen beim Durchgang einer elektrischen Entladung durch sehr verdünnte Gase und bei Bestrahlung von Metallen mit ultraviolettem Licht. Sie gehen ferner aus von weißglühenden Metallen, stark erhitzten Elektrolyten und von radioaktiven Stoffen. " In: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 749-752. Online: http://www.zeno.org/nid/20006878695
- [8] Der Wert von h ist: 6,626070040 mal 10 hoch -34 J·s, mehr unter Planck-Konstante ↗
- [9] Die Elektronen werden oft von sogenannten Elektronenkanonen erzeugt und in einem elektrischen Feld auf die gewünschte Geschwindigkeit beschleunigt. Eine dazu wichtige Formel ist ½mv²=qU. Mit dieser Formel kann man bei gegebener Beschleunigungsspannung U die Geschwindigkeit des Elektrons ausrechnen, die man wiederum für die de-Broglie-Formel der Wellenlänge benötigt. Zur Berechnung siehe den Artikel zur Elektronenkanone ↗
- [10] Der Impuls ist definiert als Produkt aus der Masse eines Körpers (z. B. eines Elektrons) und seiner Geschwindigkeit. Die Formel hier berücksichtigt noch keine Effekte von Einsteins Relativitätstheorie. Sie wird oft für Geschwindigkeit von weniger als 10 % der Lichtgeschwindigkeit verwendet. Siehe dazu auch Impuls ↗
- [11] Siehe dazu die Elektronenbeugungsröhre ↗