A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z 9 Ω
Das Banner der Rhetos-Website: zwei griechische Denker betrachten ein physikalisches Universum um sie herum.

Invarianz

Mathematik | Physik

© 2016 - 2025




Basiswissen


Staucht man eine Parabel entlang der y-Achse, also von oben und unten her, dann bleiben alle Nullpunkte auch nach der Transformation an ihrer alten Stelle: sie sind invariant gegenüber einer Stauchung entlang der y-Achse. Eine Invarianz ist eine Art Immunität gegenüber einer Tätigkeit: eine Eigenschaft, ein Messergebnis, ein Zustand ist invariant gegenüber einer Operation, wenn durch die Operation keine Veränderung bewirkt wird.

Invarianzen beim Transformieren von Graphen


Die Funktionsgraphen von zum Beispiel Geraden oder Parabeln können durch verschiedene Operationen, dort Transformationen genannt, gestreckt, gestaucht, gedreht oder sonstwie verändert werden. Je nach Transformation, bleiben

  • Nullstellen sind invariant gegenüber einer Stauchung und Streckung ↗
  • Die Form eines Graphen ist invariant gegenüber einer Drehung ↗

Aber es gibt auch Gegenbeispiele: die Nullstellen eines Graphen sind nicht invariant gegenüber einer Verschiebung entlang der y-Achse. Oder: die Steigungen bestimmten Stellen sind nicht invariant gegenüber einer Stauchung oder Streckung. Siehe mehr dazu unter Graphen transformieren ↗

Invarianz gegenüber der Galilei-Transformation


Bei einer sogenannten Galilei-Transformation in der Physik überträgt man Koordinaten von Punkten aus einem Koordinatensystem in ein anderes Koordinatensystem. Dabei dürfen sich die beiden Koordinatensysteme zueinander auch bewegen, aber immer nur mit derselben Geschwindigkeit und nur entlang einer geraden Linie. Wenn diese Voraussetzung gelten, dann gelten auch die folgenden Sätze und Axiome:


Man sagt, dass der Impulserhaltungssatz, das zweite Newtonsche Axiom und der Energieerhaltungssatz invariant gegenüber einer Galilei-Transformation sind. Aus dieser Invarianz leiten sich dann auch die Annahmen "eines absoluten Raumes und einer absoluten Zeit" ab.[6] Siehe mehr dazu unter Galilei-Transformation ↗

Ein interessantes Gegenbeispiel ist die Geschwindigkeit: wenn man von einem fest mit dem Festland verbunden Koordinatensystem aus die Geschwindigkeit eines kleines Bootes misst, so kann man für einen Fischkutter zum Beispiel auf realistische 8 Knoten relativ zum Festlandskoordinatensystem kommen. Misst man die Geschwindigkeit des Fischkutters aber relativ zu einem Koordinatensystem, das fest mit einem schnell fahrenden Flugzeugträger verbunden ist, dann kann derselbe Fischkutter einer Geschwindigkeit von zum Beispiel 35 Knoten haben. Die gemessene Geschwindigkeit selbst ist nicht invariant gegenüber einer Galilei-Transformationen zwischen Koordinatensystemen, die sich gleichförmig geradlinig zueinander bewegen. Diese Feststellung entspricht auch dem gesunden Menschenverstand, hat aber eine folgenschwere Ausnahme, die im nächsten Abschnitt zur Lorentz-Transformation kurz besprochen wird. Zu den Grundlagen dieses Gedankens, siehe den Artikel zur Relativgeschwindigkeit ↗

Invarianz gegenüber der Lorentz-Transformation


Wie bei einer Galilei-Transformation überträgt man auch bei einer Lorentz-Transformation die Koordinaten von Punkten aus einem Koordinatensystem in ein anderes Koordinatensystem. Dabei dürfen sich die beiden Koordinatensysteme zueinander auch bewegen, aber immer nur mit derselben Geschwindigkeit und nur entlang einer geraden Linie. Bis hier stimmen die Galilei- und die Lorentz-Transformation überein. Beide Transformationen verwenden aber unterschiedliche Rechengesetze. Bewegen sich die zwei Koordinatensystem nur langsam zueinander, liefern beide Transformationen auch fast dieselben Ergebnisse. Aber je schneller sich die beiden Koordinatensysete zueinander bewegen, desto stärker weichen ihre Ergebnisse voneinander ab. Die "richtigere", besser gesagt, die allgemeinere Umrechnung ist die Lorentztransformation.

Auch bei der Lorentz-Transformation gelten die drei grundlegenden Invarianzen, die auch schon bei dre Galilei-Transformation galten. Es kommt aber eine vierte Invarianz hinzu. Invariant gegenüber einer Lorentz-Transformation sind die folgenden Dinge:


Das bemerkenswerte ist die Invarianz der Lichtgeschwindigkeit, die man auch als Konstanz der Lichtgeschwindigkeit bezeichnet.[7] Es waren Beobachtungen und Versuche im 19ten Jahrhundert, die - völlig überraschend - zu dem Schluss zwangen, dass Licht sich für jeden Beobachter immer gleich schnell bewegt, also invariant gegenüber dem Beobachter ist. Konkret: wenn Licht die Erde mit 300 tausend km/s verlässt, und ein Raumschiff kurz darauf mit einer Geschwindigkeit von 290 tausend km/s hinter fliegen würde, dann sollte man meinen, dass sich das Licht mit nur noch 10 tausend km/s vom Raumschiff entfernt. Das aber tut es nicht. Sowohl von der Erde aus wie auch von dem Raumschiff aus würde sich das Licht mit ziemlich genau 300 tausend km/s entfernen. Diese Invarianz der Lichtgeschwindigkeit war der Ausgangspunkt für Albert Einsteins Relativitätstheorie. Zum Grundedanken, siehe den Artikel zur Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ↗

Unterschied zur Konstanz


Der Meeresspiegel war seit etwa 5000 vor Christus auf einer konstanten Höhe. Oder: das Flugzeug flog mit einer konstanten Geschwindigkeit von etwa 1200 Kilometern in jeder Stunde: Konstanz bezieht sich meist darauf, dass sich etwas mit der Zeit kaum oder gar nicht verändert. Bei einer Invarianz hingegen geht es weniger um die Beständigkeit in der Zeit als vielmehr um die Beständigkeit gegenüber irgendwelchen Transformationen.

Fußnoten


  • [2] Zur sogenannten Translationsinvarianz: "die Translationsinvarianz der Zeit" bedeutet, "dass zum Beispiel die Gesetze der Physik zu jedem Zeitpunkt dieselben sind. In diesem Bild erschließt sich der Unterschied zwischen Salz- und Zeitkristall folgendermaßen: Wenn ich eine halbe Gitterkonstante zur Seite gehe, um zu sehen, wie die Welt dort aussieht, kann ich danach wieder an den Ausgangspunkt zurückgehen, und nichts hat sich verändert. Wenn ich aber nachsehe, wie die Welt in fünf Minuten aussieht, ist es unmöglich, diese fünf Minuten wieder zurückzugehen." In: Roderich Moessner: Kristalle der Zeit. Tritt Ordnung im Nichtgleichgewicht auf, können sogenannte Zeitkristalle entstehen. Physik Journal 23 (2024) Nr. 12. Seite 38 ff. Siehe auch Zeitkristall ↗
  • [3] Der Satz, dass der Impuls vor einem Stoß gleich dem Impuls nach einem Stoß ist, gilt für alle Koordinatensysteme, die sich zueinander mit einer "konstanten Geschwindigkeit" bewegen. Für alle mit Hilfe einer Galilei-Transformationen ineinander überführbare Koordinatensysteme gilt für einen beliebigen Stoß von beliebig vielen beteiligten Objekten, "daß der Impuls erhalten bleibt". Bemerkenswert ist aber, dass der Gesamtimpuls aller Teilchen in unterschiedlichen Koordinatensystemen nicht gleich groß sein muss. Invariant ist nicht der Gesamtimpuls, sondern die Erhaltung des Gesamtimpulses. Das ist formal ausführlich dargelegt in: Richard T. Weidner; Robert Sells: Elementare moderne Physik. Verlag Friedrich Vieweg & Sohn, Ausgabe von 1982. ISBN: 3-528-8415-4. Dort im Kapitel "2.3 Invarianz der klassischen Mechanik gegenüber der Galilei-Transformation". Dort auf den Seiten 27 bis 29. Siehe auch Impulserhaltungssatz ↗
  • [4] "Wir wollen zeigen, dass das zweite Newtonsche Gesetz der Dynamik gegenüber einer Galilei-Transformation invariant ist." In: Richard T. Weidner; Robert Sells: Elementare moderne Physik. Verlag Friedrich Vieweg & Sohn, Ausgabe von 1982. ISBN: 3-528-8415-4. Dort im Kapitel "2.3 Invarianz der klassischen Mechanik gegenüber der Galilei-Transformation". Seite 29.
  • [5] Auch der Satz von der Energieerhaltung ist invariant gegenüber einer Galilei-Transformation. Auch das wird formal ausführlich dargelegt in: Richard T. Weidner; Robert Sells: Elementare moderne Physik. Verlag Friedrich Vieweg & Sohn, Ausgabe von 1982. ISBN: 3-528-8415-4. Dort im Kapitel "2.3 Invarianz der klassischen Mechanik gegenüber der Galilei-Transformation". Seite 30. Siehe auch Energieerhaltungssatz ↗
  • [6] Folgerungen aus einer Invarianz "der Gesetze der klassischen Mechanik" werden ausführlich diskutiert in: Richard T. Weidner; Robert Sells: Elementare moderne Physik. Verlag Friedrich Vieweg & Sohn, Ausgabe von 1982. ISBN: 3-528-8415-4. Dort im Kapitel "2.3 Invarianz der klassischen Mechanik gegenüber der Galilei-Transformation". Seite 30. Siehe auch klassische Physik ↗
  • [7] Egal wie schnell man sich als Beobachter selbst bewegt, egal wie schnell sich eine Lichtquelle bewegt, man wird immer feststellen, dass sich Licht mit genau rund 300 tausend Kilometern in jeder Sekunden fortpflanzt. Siehe mehr unter Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ↗