Vorstrandriff
Geologie
© 2025
Definition
Als Vorstrandriff, etwa seewärts der ostrfriesischen Inseln, bezeichnet man Riffe die „unmittelbar unter der Linie des mittleren Springtidenniedrigwassers (SpTnw = Seekartennull = SKN) liegen.“[1] Ihre untere Begrenzung haben sie bei etwa „SKN -3“.[1]
Formen
In der betreffenden Tiefenzone, für die die Vorstrandriffe definiert sind, also zwischen der Höhe des Springtidenniedrigwassers unter drei Meter darunter, liegen "zwei, häufig auch mehrere schmale und langgetreckte Riffe."[1] Sie verlaufen "strandparallel oder extrem spitzwinklig zur Strandlinie".[1] Sie "werden ca. 1 bis 1,5 m hoch und sind durch sogenannte Rifftäler voneinander getrennt.
Entstehung
Diese Riffe entstehen in der sogenannten "Brecherzone", einer "Zone, in der die vom Seegang erzeugten Wellen den Seegrund berühren, sich aufsteilen und brechen. Dabei überströmen die eingetragenen Wassermassen die Riffe in Querrichtung."[1]
Die Vorstrandriffe bilden sich typischerweise aus den sogenannten Riffbögen. Im Zusammenhang mit den ostfriesischen Inseln spricht man von Riffbögen und meint damit eine Reihe von Sandplaten, die sich meist vom östlichen Teil einer Insel bis hin zum westlichen Teil der ostwärts folgenden Insel erstreckt.
ZITAT:
"Mit zunehmender Annäherung an den Strand verschmelzen die Platen und formen sich zu langgestrckten Vorstrand- und Strandriffen."[6]
"Mit zunehmender Annäherung an den Strand verschmelzen die Platen und formen sich zu langgestrckten Vorstrand- und Strandriffen."[6]
Sedimentbildung
Der ständige Kontakt zum Seegang führt zu intenstiven "Umlagerungsprozessen", sodass man in den Rifftälern zum Beispiel häufiger Muschelschalen findet als auf den höher gelegenen Bereichen. Es treten typische Strukturen im Sediement auf, abhängig von der Häufigkeit des Kontaktes zur Brandung. Man findet zum Beispiel "sortiere feinsandige Mittelsande und Mittelsande" mit "laminierter Schichtung" oder auch "Schrägschichtung". Für "Bodenorganismen" sind die "Lebensbedingungen" eher "ungünstig". Man findet in den Sanden deshalb auch selten "Wühlgefüge".[1] In den tieferen Bereichen, die nur bei Sturm von der Wellenbasis berührt werden, findet man oft Rippelbildung.[1]
Fossile Vorstrandriffe
Die Kenntnis der Strukturen, die sich am Meeresboden bilden, hilft Geologen dabei, aus älteren Gesteine oder sonstige Ablagerungen auf die Landschaft zur Zeit der Ablagerung, oft Jahrhundertausende oder Jahrmillionen bis Jahrmilliarden in der Vergangenheit, zu schließen. In der Sprache der Geologen klingt das dann für Vorstrandriffe zum Beispiel so:
ZITAT:
"Im Tageba u Grimmen (westlich Greifswald )ist marines Eem in transgressiver Überlagerung auf Saale-Geschiebemergel erschlossen. Die Kiese und Sande lassen sich als Vorstrand-Riff-Rinnen-Sedimente interpretieren." Und: "Die Sedimentgefügekombination spricht dafür, daß der Kies/Sand-Profilabschnitt eine Vorstrand-Riff-Rinnen-Sedimentation dokumentiert."[3]
"Im Tageba u Grimmen (westlich Greifswald )ist marines Eem in transgressiver Überlagerung auf Saale-Geschiebemergel erschlossen. Die Kiese und Sande lassen sich als Vorstrand-Riff-Rinnen-Sedimente interpretieren." Und: "Die Sedimentgefügekombination spricht dafür, daß der Kies/Sand-Profilabschnitt eine Vorstrand-Riff-Rinnen-Sedimentation dokumentiert."[3]
Vor allem die Korngrößen des Sandes, und wie gut sortiert die Sande nach eben diesen verschiedenen Korngrößen vorliegen, helfen bei der Abschätzung, wo genau die Sande abgelagert wurden. Hören wir noch einmal, wie Geologen das in ihrer Fachsprache ausdrücken:
ZITAT:
"Die Sedimentgefügekombination spricht dafür, daß der Kies/Sand-Profilabschnitt eine Vorstrand-Riff-Rinnen-Sedimentation dokumentiert. Die marine Sedimentation beginnt mit einem Transgressionskies (Einheit 3). Die rhythmisch gradierten Sedimente der Einheit 4 sind Sturmhochwassersedimente. Einheit 5.1 ist als Strandriff und Einheit 6 als Sediment des Vorstrandes zu interpretieren."[3]
"Die Sedimentgefügekombination spricht dafür, daß der Kies/Sand-Profilabschnitt eine Vorstrand-Riff-Rinnen-Sedimentation dokumentiert. Die marine Sedimentation beginnt mit einem Transgressionskies (Einheit 3). Die rhythmisch gradierten Sedimente der Einheit 4 sind Sturmhochwassersedimente. Einheit 5.1 ist als Strandriff und Einheit 6 als Sediment des Vorstrandes zu interpretieren."[3]
Die Sortierung von Sanden, das heißt die Trennung von Sanden mit unterschiedlich großen Körnern, kann man selbst sehr gut an den Flachküsten der Nordsee beobachten. Geht man am Spülsaum entlang, dort wo meistens auch die Hochwasserlinie hin reicht, sieht man oft dünne Streifen von Sandkörnern, die gerade dort besonders groß zu sein scheinen. Findet man dann in uralten Sandsteinen genau solche Strukturen wieder, ist der Schluss nahe, dass man einen fossilen Strand vor sich hat.
Ripströme
Für die Inselnb Norderney, Langeoog und Spiekeroog wurden sogenannte Sägezahn-Riffe beschrieben, die im etwas tieferen Bereich, also unterhalb der Vorstrandriffe liegen, etwa zwischen SKN -3 und SKN -6 (SKN = Seekartennull). Die Entstehung soll möglicherweise mit sogenannten Ripströmen, auch Brandungsrückströme genannt, in Verbindung stehen.[2] Solche Strömungen sind für Badende oft unsichtbar, entwickeln aber hohe Geschwindigkeit. Sie werden immer wieder für dramatische Rettungsaktionen, nicht immer mit glimpflichen Ausgang, verantwortlich gemacht.[3]
Fußnoten
- [1] Hans-Erich Reineck: Das Watt. Ablagerungs- und Lebensraum. Dritte Auflage. Senckenberg-Buch 50. Verlag Waldemar Kramer. Frankfurt am Main. 1982. ISBN: 3-7829-1067-2. Dort ausführlich im Kapitel "6.2.2.2.2 Vorstrand und Strand der Inseln", die Seiten 126 ff.
- [2] Ripströme im Bereich der Vorstrandriffe: "Als Sägezahn-Riff bezeichnet Reineck Strukturen, die im unteren Vorstrandbereich von Norderney, Langeoog und Spiekeroog zwischen SKN [Seekartennull] -3 und -6 m vorkommen. [...] Möglicherweise ist die Entstehung der Sägezahn-Riffe auf Ripströme zurückzuführen." In: Hans-Erich Reineck: Das Watt. Ablagerungs- und Lebensraum. Dritte Auflage. Senckenberg-Buch 50. Verlag Waldemar Kramer. Frankfurt am Main. 1982. ISBN: 3-7829-1067-2. Dort auf den Seiten 126 und 127. Siehe auch Brandungsrückstrom [Rip-Strömung] ↗
- [3] Eine niederländische Rettungswacht weist darauf hin, dass Brandungsrückströmungen nicht nur an Prieldurchlässen unmittelbar am Strand auftreten. Auch Sandwälle weiter hin zur offenen See, seeseitig der Niedrigwasserlinie, können mit ihren Durchlässen (gaten) Brandungsrückströme (muien) erzeugen. "Muien zijn de onderbrekingen in zandbanken, die bij laagwater te herkennen zijn aan geulen of stroomgaten, waardoor het water uit het zwin - de verdieping in het zand van het strand evenwijdig aan de kust - naar open zee stroomt. Muien zitten echter ook in de banken die bij laagwater niet zichtbaar zijn; de zogenaamde tweede en derde banken. Die muien zijn vaak alleen te herkennen bij westenwind, aan de lagere of ontbrekende branding." In: Waarschuwing voor muien en andere stroming in zee. Reddingsbrigade Nederland. Online. 2025. Siehe auch Brandungsrückstrom ↗
- [4] Fossile Vorstrandriffe werden dreimal erwähnt in: Steinich, G.: Ein marines Eem-Vorkommen im Binnenland Vorpommerns (Ton-Tagebau Grimmen, westlich Greifswald), E&G Quaternary Sci. J., 45, 15–24. Creative Commons Attribution 3.0 License. Online: https://doi.org/10.3285/eg.45.1.02, 1995.
- [5] Zum Bild: Sehr wahrscheinlich ein Vorstrandriff am seeseitigen Strand im Westen der Nordseeinsel Wangerooge. Das Riff wird durch die Brecherzone mit den weiß sich brechenden Wellen angezeigt. Um die Einordnung abzusichern wäre noch interessant, wo auf dem Bild die mittlere Springtidenniedrigwasserlinie verläuft und wie die Wassertiefen im photographieren Bereich sein. Für die Definition nach Steinbeck sollte sie zwischen Seekarten 0 und Seekarten -3 liegen. Zur Orientierung: man erkennt links den Anfang der Buhne C. Zur Buhne C: Das Baujahr dieser Buhne ist 1875/76. Die Länge soll 162,00 Meter betragen. In: Wangerooger Buhnen. Erik Kohl. Virtual Wangerooge. Abgerufen am 4. August 2025. Der Ausschnitt aus der Seekarte ist lizensiert und darauf mit entsprechender Quellenangabe verwendet werden: Data Attributation: Derived product from the GEBCO 2021 Grid, made with OpenStreetMap by OpenDEM: Download data (abgerufen am 4. August 2025.)
- [6] Die Vorstrandriffe nähern sich oft von den weiter seewärts gelegenen Platen hin zum Strand an: Über den östlichen Teil eines sogenannten "Riffbogens", der typischerweise am Ostende einer der ostfriesischen Inseln entsteht, heißt es: "Hier bilden sich Platen in Form unregelmäßiger Dreiecke, deren Basis nach SE oder Sa zum W-Ende der folgenden Insel weist. Diese Platen werden SE-wärts zum Strand der nächsten Insel verlagert. Mit zunehmender Annäherung an den Strand verschmelzen die Platen und formen sich zu langgestrckten Vorstrand- und Strandriffen." In: Hans-Erich Reineck: Das Watt. Ablagerungs- und Lebensraum. Dritte Auflage. Senckenberg-Buch 50. Verlag Waldemar Kramer. Frankfurt am Main. 1982. ISBN: 3-7829-1067-2. Dort im Kapitel "6.2.2.2.1 Große Tidesysteme, Seegaten und Riffbögen", Seite 128.
- [7] Der Vorstrand liegt im sogenannten Sublitoral: "Das Sublitoral umfaßt die ständig von Salzwasser bedeckten Zonen am Vorstrand der Inseln sowie die zwischen den Inseln verlaufenden Seegaten und die tiefen, wattseitigen Bereiche." In: Hans-Erich Reineck: Das Watt. Ablagerungs- und Lebensraum. Dritte Auflage. Senckenberg-Buch 50. Verlag Waldemar Kramer. Frankfurt am Main. 1982. ISBN: 3-7829-1067-2. Dort im Kapitel "6.2.2.2 Sedimente und Ablagerungsprozesse", Seite 117.