Partielle Reflexion
Physik
Grundidee
Trifft Licht auf eine Glasplatte, etwa ein Fenster, so wird ein Teil des Lichtes reflektiert, prallt also sozusagen an dem Glas ab. Ein anderer Teil des Lichtes jedoch geht durch die Glasplatte hindurch, wobei das Licht auch seie Richtung ändern kann (Brechung). Die Tatsache dass ein Teil des Lichtes reflektiert wird, umschreibt man mit dem Wort partielle Reflexion. Dieses Phänomen kann man nicht mehr mit der klassischen Physik erklären. Man braucht dazu die Quantenphysik.
Verschiedene Arten von Reflexion
Trifft Licht auf einen größeren Körper aus Materie, so kann man verschiedene Fälle unterscheiden, je nachdem was mit dem Licht passiert.
- Das Licht geht durch den Körper hindurch und ändert seine Richtung Lichtbrechung ↗
- Ein Teil des Lichts wird von dem Körper zurückgeworfen partielle Reflexion ↗
- Das Licht wird innerhalb des Körpers neu ständig umgelenkt Streuung ↗
- Das ganze Licht wird von dem Körper zurückgeworfen Totalreflexion ↗
- Das Licht wird ganz von dem Körper aufgenommen Absorption ↗
Partielle Reflexion: ein einfacher Versuch
Bei einer partiellen Reflexion wird nur ein Teil des Lichts reflektiert. Der Rest dringt tiefer in das Glas ein oder geht ganz durch das Glas hindurch. Man kann diese partielle Reflexion von Licht mit einem einfachen Versuch leicht selbst beobachten: man mache bei Dunkelheit oder trübem Wetter in einem Zimmer mit einem Fenster innen eine Lampe an (eine Kerze geht auch). Blickt man von innen aus auf die Fensterscheibe, wird man dort ein Spiegelbild der Lampe. Geht man nach außen, und blickt man von außen nach innen in den Raum, wird man das Licht ebenfalls sehen. Für das Bild innen musste ein Teil des Lichts reflektiert worden sein. Für das Bild, das man von außen sieht, musste ein Teil des Lichts ganz durch das Fensterglas hindurchgehen. Wenn etwas nur teilweise passiert, nennt man den Vorgang auch partiell ↗
Partielle Reflexion: die 100 Millionen Zyklen
Das Rätselhafte an der partiellen Reflexion geht aber noch tiefer. Man stelle sich einen Lichtstrahl vor der mit einem Einfallswinkel von zum Beispiel 20° auf eine dünne, ebene Glasplatte treffe[5]. Dem sogenannten Reflexionsgesetz zufolge wird der Strahl unter demselben Winkel von der Oberfläche reflektiert, also auch mit 20°. Der Strahl trifft also recht steil auf die Glasfläche auf und geht dann nach der Reflexion auch wieder recht steil von der Fläche weg. In den Weg des reflektierten Strahls baue man jetzt gedanklich einen Photonendetektor ein, ein Gerät also, dass zum Beispiel jedes Mal klickt, wenn ein Photon darauf trifft[6]. Angenommen man beginne das Experiment und stelle mit Hilfe des Detektors fest, dass gut 16 % der ausgesandten Photonen vom Glas reflektiert werden. Dann macht man die Glasplatte etwas dicker. Jetzt werden zum Beispiel nur noch 12 % der Photonen reflektiert. Man macht die Glasplatte langsam immer dicker und stellt dann fest, dass der Anteil der reflektierten Photonen bis auf 4 % zurückgeht. Macht man das Glas dann aber weiter dicker steigt der Anteil der reflektierten Photonen langsam wieder auf 16 % an, um bei einer noch weiteren Verdickung wieder bis auf 4 % abzufallen. Der Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman (1918 bis 1988) beschreibt das Experiment ausführlich[1, Seite 27 bis 47]: der Zyklus, so Feynman, wiederhole sich gut 100 Millionen Mal "ohne jedes Anzeichen einer Abschwächung[1, Seite 33]". Feynman spricht in diesem Zusammenhang von Interferenz[7].
Die Strahlentheorie der Optik versagt
Warum, so kann man fragen, gehen ein Teil der Photonen (Lichtteilchen) durch das Glas hindurch während andere daran abprallen und nach dem Gesetz Ausfallswinkel gleich Einfallswinkel reflektiert werden? Man könnte annehmen, dass das Licht an sich auf geraden Bahnen fliegt und es dann Löcher im Glas gibt, die das Licht durchlassen. Zwischen den Löchern könnte es kleine Klümpchen geben, an denen das Licht abprallt. Doch wenn man solche anschaulich ansprechenden Thesen weiter entwickelt, stößt man letztendlich immer auf unüberwindbare Probleme: keine "vernünftige" oder anschauliche Theorie kann das Phänomen erklären[2]. Die Idee von geraden Flugbahnen, den Strahlen von Licht bezeichnet führt zur praktisch nützlichen aber letztendlich überforderten Strahlenoptik ↗
Fußnoten
- [1] Richard Feynman: QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie. Piper Verlag. 1. Auflage 1992. ISBN: 3-492-21562-9. Die partielle Reflexion ist dort sehr ausführlich und mit Skizzen veranschaulicht von der Seite 27 bis zur Seite 47 erklärt. Siehe auch QED (Feynman) ↗
- [2] Der Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman (1918 bis 1988) bezeichnete die Annahme "daß die Oberfläche des Glases zu 96 Prozent aus 'Löchern' besteht, die das Licht durchlassen, und nur zu 4 Prozent aus kleinen 'Klümpchen' reflektierenden Materials" als "Löcherthese". Dass keine der Denkbilder der klassischen Physik das Geschehen erklären kann, drückt Feynman mit den Worten aus, dass "wir verrückt würden, wollten wir an der 'Löcherthese' - oder irgeneiner anderen vernünftigen Theorie festhalten!" In: Richard Feynman: QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie. Piper Verlag. 1. Auflage 1992. ISBN: 3-492-21562-9. Dort die Seiten 28 und 29. Siehe dazu zum auch Beispiel Rutherfordsches Glasparadoxon ↗
- [3] Wie geistreich aber letztendlich erfolglos Isaac Newton (1642 bis 1727) versucht hatte, die partielle Reflexion von Licht an Glasscheiben zu erklären schildert sehr ausführlich der Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman (1918 bis 1988). Trifft Licht auf eine Glasscheibe, so kann je nach Winkel und Beschaffenheit des Glases mehr oder weniger Licht reflektiert werden. Feynman schreibt von 4 % bis 16 % des einfallenden Lichtes. Angenommen es seie zu Beginn des Versuches nur 4 % die reflektiert werden und 96 % Licht die durch das Glas hindurchgehen. Wenn man dann die Glasscheibe zunehmend dicker macht, steigt damit einhergehend der Anteil des reflektierten Lichtes bis auf 16 % an. Bei einer weiteren Verdickung sinkt er dann wieder auf 4 % ab. Man könne diesen Zyklus, so Feynman, bis zu 100 Millionen Mal wiederholen. Feynman zufolge war Newton mit dem Phänomen vertraut und er versuchte es im Sinne seiner "Korpuskeln" so zu erklären, dass die Lichtteilchen beim Eindringen in das Glas dort eine "Welle oder Feld" erzeugen. Diese Welle schaffe dann, so Newton nach Feynman, die Voraussetzung, dass das Licht je nach Abhängigkeit der Glasdicke mehr oder minder stark reflektiert werden. Newton, so Feynman, habe von "Vorgängen leichter Reflexion oder leichter Durchlässigkeit" gesprochen. In: Richard Feynman: QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie. Piper Verlag. 1. Auflage 1992. ISBN: 3-492-21562-9. Dort die Fußnote auf den Seiten 33 und 34. Newtons Idee vom Licht als Teilchen nannte man später auch die Korpuskeltheorie ↗
- [4] Die Gesetze der Quantenphysik beruhen letztendlich auf Wahrscheinlichkeiten: "Grundsätzlich sagt die Quantenmechanik nicht ein bestimmtes Ergebnis für eine Beobachtung voraus, sondern eine Reihe verschiedener möglicher Resultate, und sie gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit jedes von ihnen eintreffen wird" In: Stephen Hawking: Eine kurze Geschichte der Zeit. Die Suche nach der Urkraft des Universums. Englischer Originaltitel: A Brief History of Time. From the Big Bang to Black Holes. Deutsch im Rohwolt Taschenbuch Verlag. 1988. ISBN: 3-499-188-50-3. Dort die Seite 78. Siehe auch Bornsche Wahrscheinlichkeitsinterpretation ↗
- [5] Der Einfallswinkel ist per Definition der Winkel, den ein Strahl mit dem Lot einer reflektierenden Ebene bildet. Das Lot wiederum ist eine gedachte Linie, die senkrecht auf einer Fläche steht. Ein Einfallswinkel von 20° heißt also, dass der Lichtstrahl einen sehr spitzen (kleinen) Winkel mit dem Lot bildet, also eher senkrecht (steil) als waagrecht (flach) auf die Fläche trifft. Siehe auch Einfallswinkel ↗
- [6] Der Physiker Richard Feynman (1918 bis 1988) spricht von einem Photo-Multiplier oder auch Photoelektronen-Vervielfacher: Trifft ein Photon auf eine Metallplatte A, so schlägt es dort ein Elektron heraus. Dieses dann freie Elektron wird von einer weiteren Platte B, die elektrisch positiv geladen ist, stark angezogen. Trifft es auf diese Platte schlägt es dort drei oder vier Elektronen heraus. Diese werden von einer weiteren positiv geladenen Platte C angezogen, wo dann noch mehr Elektronen herausgeschlagen werden. Dieser Vorgang wird etwa 10 bis 12 mal durchlaufen, sodaß am Ende einige Milliarden Elektronen herausgeschlagen sind, die als elektrischer Strom über einen Lautsprecher als Klickgeräusch hörbar gemacht werden können. In: Richard Feynman: QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie. Piper Verlag. 1. Auflage 1992. ISBN: 3-492-21562-9. Dort ist der Photo-Multiplier mit Skizze erklärt auf Seite 25.
- [7] Feynman spricht auch bei der sogenannten partiellen Reflexion von Interferenz: "die Bezeihung zwischen der Dicke einer Glasscheibe und der partiellen Reflexion" stehe für "ein Phänomen, das unter der Bezeichnung 'Interferenz' bekannt ist.' In: Richard Feynman: QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie. Piper Verlag. 1. Auflage 1992. ISBN: 3-492-21562-9. Dort ist der Photo-Multiplier mit Skizze erklärt auf Seite 33. Siehe auch Interferenz ↗
- [8] Schon Isaac Newton (1642 bis 1727) wunderte sich über die partielle Reflexion von Licht: "And it is as difficult to explain by these Hypotheses, how Rays can be alternately in Fits of easy Reflexion and easy Transmission; unless perhaps one might suppose that there are in all Space two Æthereal vibrating Mediums, and that the Vibrations of one of them constitute Light, and the Vibrations of the other are swifter, and as often as they overtake the Vibrations of the first, put them into those Fits." In: Isaac Newton: OPTICKS: OR, A TREATISE OF THE Reflections, Refractions, Inflections and colours OF LIGHT. The FOURTH EDITION, corrected. By Sir ISAAC NEWTON, Knt. LONDON: Printed for WILLIAM INNYS at the West-End of St. Paul's. MDCCXXX (1730). Mehr zu Newtons Idee von Licht steht im Artikel zur Korpuskeltheorie ↗