Massenerhaltungssatz
Chemie
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Basiswissen
Chemische Reaktionen lassen die Gesamtmasse aller beteiligten Stoffe nahezu unverändert. Masse meint hier dasselbe wie die Menge an Materie. Tatsächlich gibt es geringste Veränderungen der Masse. Aber diese geringen Verluste oder Zunahmen liegen meist weit unterhalb der Messbarkeitsgrenze. Das ist hier kurz vorgestellt.
Lavoisier, 1789
Im Jahr 1789, als in Frankreich die sozialen Kräfte hin zur Französischen Revolution gärten, betrachtete der Chemiker Antoine Laurent de Lavoisier (1743 bis 1794) im Alter von etwa 34 Jahren die Gärung von Weintrauben hin zu Wein.[1] Durch Erhitzung konnte er aus dem Wein etwas heraustreiben, das man damals als Geist des Weines bezeichnete, und heute Alkohol nennt. Durch genaueste Wägungen der Ausgangs- und der Endstoffe stellte Lavoisier dann fest, dass die Masse, die Grammzahl der Stoffe vorher gleich der Grammzahl der Masse nachher ist:
ZITAT:
Lavoisier, 1789: "[...] nichts wird erzeugt, noch in den Operationen der Kunst, noch in denen der Natur; und man kann als Grundsatz aufstellen, daß in jeder Operation eine gleiche Masse vorhanden ist vor und nach der Operation; daß die Qualität und Quantität der Prinzipien dieselbe ist, und daß es nur Veränderungen, Modifikationen gibt.“[1][2]
Lavoisier, 1789: "[...] nichts wird erzeugt, noch in den Operationen der Kunst, noch in denen der Natur; und man kann als Grundsatz aufstellen, daß in jeder Operation eine gleiche Masse vorhanden ist vor und nach der Operation; daß die Qualität und Quantität der Prinzipien dieselbe ist, und daß es nur Veränderungen, Modifikationen gibt.“[1][2]
Als Kunst bezeichnete man in jener Zeit nicht nur das, was heute als Kunst im Sinne einer Ausdrucksform von Gefühlen oder Gedanken verstanden wird, sondern auch künstlich hergestellte Dinge, insbesondere technische Konstruktionen wie Maschinen.[3]
Streicholz-Brenn-Versuch
Der kurze Film zeigt einen Versuch mit einfachsten Mitteln: in einem mit einem Ballon abgeschlossenen Reagenglas verbrennen zehn Streichholzköpfe. Wenn der Ballon durch die "Explosion" nicht zerstört wird, ist die Gesamtmasse von Reagenglas, Streichholzköpfen, Ballon und Gasfüllung vor und nach der "Explosion" gleich groß.
Material
- 5 bis 10 Streichölzer
- Ein Reagenzglas ↗
- Ein Luftballon ↗
- Einen Brenner, z. B. WH54 20250626 Inventar Labor-Gasbrenner ↗
- Alternativ ein Brennglas ↗
- Ein Laborstativ ↗
- Eine Balkenwaage ↗
- Alternativ eine elektronische Waage ↗
Kurzanleitung
5 bis 10 Köpfe von Streichhölzern werden in einem Reagenzglas, das mit einem vorgedehnten Ballon abgeschlossen ist, verbrannt. Die gesamte Masse, zum Beispiel in Gramm, vorher und nachher sollte sich nicht messbar verändert haben.[4]
Schritt-für-Schritt
- Blase den Luftballon einmal kräftig auf, dass er gut vorgedehnt ist.
- Nimm 5 bis 10 der roten Köpfe von Streichhölzern. Knicke sie einfach von den Hölzern ab.
- Lege die Streichholzköpfe unten in ein Reagenzglas.
- Stülpe dann den Ballon über den offenen Rand des Reagenzglases, sodass die Luft im Reagenzglas nur in den Ballon aber nicht nach außen gelangen kann.
- Lege die ganze Anordnung (Reagenzglas mit Köpfen darin und angehängtem Luftballon) auf eine Seite einer Balkenwaage. Fülle die andere Seite mit Sand oder ähnlichem Zeug, bis die Waage austariert ist.
- Oder, alternativ: wiege die ganze Anordnung auf einer elektronischen Waage und notiere die Grammzahl.
- Befestige das Reagenzglas so an einem Laborstativ, dass du mit einem Gasbrenner darunter Feuer machen kannst.
- Bringe mit einer Flamme von außen die Streichholzköpfe im Inneren des abgeschlossenen Reagenzglases zum brennen.
- Alternativ kann man die Streichholzköpfe auch mit der Energie der Sonne über ein Brennglas entzünden.
- Warte bis die Flammen im Inneren ganz erloschen sind.
- Lege die Anordnung wieder auf die Balkenwaage …
- oder wiege sie auf der elektronischen Waage.
Beobachtung
Wenn alles gut geklappt hat, ist die gesamte Masse, also die Grammzahl, des Reagenzglases mit dem Ballon und den Streichholzköpfen weder mehr noch weniger geworden.
Deutung
Die Streichholzköpfe sind zu Asche verbrannt. Gleichzeitig sind Gase aus der Verbrennung entstanden. Diese neu entstandenen Gase gleichen den Verlust an Masse der vorher festen Streichholzköpfe genau aus. Die gesamte Masse blieb von der Menge her erhalten. Das bestätigt den Massenerhaltungssatz.
Wie exakt gilt der Satz?
Tatsächlich ist zum Beispiel bei Verbrennungen die Masse der Reaktionsprodukte um einen extrem kleinen Anteil niedriger als die Masse der Edukte vor der Reaktion: Beim Verbrennen von 1000 Gramm Kohlenstoff mit 2664 Gramm Sauerstoff (Heizwert 32,8 MJ) „verschwinden“theoretisch 0,364 Mikrogramm (µg) Masse, d. h. 9,95 mal 10 hoch −11 (99,5 Billionstel) der Masse. Der Hintergrund von diesem Phänomen ist der sogenannten Massendefekt ↗
Fußnoten
- [1] Die Idee der Erhaltung der Masse wurde schon 1789 von Lavoisier am Beispiel der alkoholischen Gärung von Weintrauben formuliert. Der vollständige Gedanken im französischen Original ist: "Le suc des raisins, de doux & de sucré qu'il étoit, se change dans cette opération en une liqueur 140vineuse qui, lorsque la fermentation est complette, ne contient plus de sucre, & dont on peut retirer par distillation une liqueur inflammable qui est connue dans le commerce & dans les arts sous le nom d'esprit de vin. On sent que cette liqueur étant un résultat de la fermentation d'une matière sucrée quelconque suffisamment étendue d'eau, il auroit été contre les principes de notre nomenclature de la nommer plutôt esprit de vin qu'esprit de cidre, ou esprit de sucre fermenté. Nous avons donc été forcés d'adopter un nom plus général, & celui d'alkool qui nous vient des arabes nous a paru propre à remplir notre objet. Cette opération est une des plus frappantes & des plus extraordinaires de toutes celles que la Chimie nous présente, & nous avons à examiner d'où vient le gaz acide carbonique qui se dégage, d'où vient l'esprit inflammable qui se forme, & comment un corps doux, un oxide végétal peut se transformer ainsi en deux substances si différentes, dont l'une est combustible, l'autre éminemment incombustible. On voit que pour arriver à la solution de ces deux questions, il falloit d'abord bien connoître l'analyse & la nature du corps susceptible de fermenter, & les produits de la fermentation; car rien ne se crée, ni dans les opérations de l'art, ni dans 141celles de la nature, & l'on peut poser en principes que dans toute opération, il y a une égale quantité de matière avant & après l'opération; que la qualité & la quantité des principes est la même, & qu'il n'y a que des changemens, des modifications." In: Lavoisier, Traité élémentaire de chimie, Tome I, Paris (Cuchet) 1789, S. 140 und 141. Online: https://www.gutenberg.org/cache/epub/52489/pg52489-images.html
- [2] Sigismund Friedrich Hermbstädt: System der antiphlogistischen Chemie, 2. Aufl. 1803, S. 141. Die erste Auflage erschien in Berlin/Stettin 1792. Das ist die Übersetzung von Lavoisiers Traité élémentaire de chimie.
- [3] So sprach man etwa im Bergbau von einer Wasserkunst und meinte damit Hebe- und Schöpfwerke mit denen Wasser aus Bergwerken nach oben befördert wurde. Eine Fahrkunst hingegen war eine technische Einrichtung zum Transport von Menschen. Siehe etwa Fahrkunst ↗
- [4] Der Versuch wurde ursprünglich auf "Professor Blumes Bildungsserver" beschrieben. Die letzte Bearbeitung der Versuchsanleitung fand 2010 durch Dagmar Wiechoczek statt. Herzlichen Dank an die beiden für die Beschreibung.