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Lichtmasse

Physik

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Basiswissen


Hat Licht Masse? Je nachdem, was man unter Masse verstehen will, kann man die Frage mit ja oder auch mit nein beantworten. Beide Sichtweisen sind hier kurz mit Argumenten vorgestellt. Licht steht hier stellvertretend für auch beliebige andere Formen elektromagnetischer Strahlung. Man könnte statt von Lichtmasse auch von Photonenmasse sprechen.

Pro: Licht hat Masse


Licht spürt Gravitation


Masse zieht sich gegenseitig an. Wenn also Licht von massebehafteten Körpern wie Sternen angezogen wird, kann dies als Indiz dafür gedeutet werden, dass Licht Masse hat. Tatsächlich wird das Licht beim nahen passieren der Sonne messbar stark zur Sonne hin abgelenkt. Man kann Licht also mit anderer Masse anziehen. Man spricht im Zusammenhang mit diesem Phänomen auch von Gravitationslinsen. Der Effekt wird von manchen Autoren[1] als Beleg dafür genommen, dass Licht Masse hat:


ZITAT:

"Diese effektive Masse ist Gegenstand der Gravitationskraft. Diese Kraft kümmert sich nur darum, wie viel Masse ein Teilchen hat. Anders gesagt, Gravitation schert sich nur darum, wie viel Masse oder ÄQUIVALENTE ENERGIE ein Teilchen gemäß E=mc² hat."[6]


Der Effekt ist aber aus zwei Gründen noch kein schlüssiger Beweis: er zeigt, dass die Sonne Licht ablenkt. Die gegenseitige Massenanziehung ist aber nicht die einzige Erlärungsmöglichkeit. Nach Einsteins Relativitätstheorie krümmt die Sonne den Raum um sich und in diesem gekrümmten Raum nimmt der Lichtstrahl den kürzesten Weg, ist also weiterhin eine Gerade. Dennoch: Albert Einstein selbst sieht beide Effekte zu je 50 % an dem Phänomen beteiligt, was für eine Masse von Licht spräche.[4]. Siehe auch gekrümmter Raum ↗

Licht erzeugt Gravitation


Wenn Licht selbst der Wirkung der Gravitation unterliegt, kann man umgekehrt auch fragen, ob Licht auch eine gravitative Wirkung hat? Als gravitative Wirkung soll hier sowohl die klassische Vorstellung eines Gravitationsfeldes mit anziehenden Kräften als auch die rein relativistische Vorstellung einer Krümmung in der Raumzeit aufgefasst werden. In der Kosmologie geht man heute tatsächlich davon aus, dass die Summe aller Photonen im Universum eine gravitative Wirkung hat[9], insbesondere auch reine Energie[10]. Und damit kann man folgern: Licht ist eine Quelle von Gravitation.

Masse wird zu Licht


Im Jahr 1905 zog Albert Einstein die Konsequenz aus seiner Theorie der Relativität, dass Masse die Masse eigentlich nur ein Maß für den Energieinhalt eines Körpers ist:


ZITAT:

"Gibt ein Korper die Energie L in Form von Strahlung ab, so verkleinert sich seine Masse um L/V² [wobei V die Lichtgeschwindigkeit bedeutet]. Hierbei ist es offenbar unwesentlich, daS die dem Körper entzogene Energie gerade in Energie der Strahlung übergeht, so daB wir zu der allgemeineren Folgerung geführt werden: Die Masse eines Körpers ist ein MaB für dessen Energieinhalt; ändert sich die Energie um L, so ändert sich die Masse in demselben Sinne um L/9·10²⁰, wenn die Energie in Erg und die Masse in Grammen gemessen wird."[7]


Eintein folgert dann weiter: "Wenn die Theorie den Tatsachen entspricht, so überträgt die Strahlung Trägheit zwischen den emittierenden und absorbierenden Korpern."[7] Tatsächlich übertragen die Teilchen des Lichts, die Photonen, Impuls (siehe unten).

Licht hat Impuls und übt Druck aus


Tifft das Licht der Sonne auf Kometen, lenkt es dessen Schweif weg von der Sonne hin ab. Dieses Phänomen bezeichnet man als Lichtdruck. Licht kann also eine Kraft auf andere Körper ausüben. Das ist auch die Grundidee für einen Photonenantrieb. Der Druck kann auch als Impulsübertragung gedeutet werden. Ein Impuls ist aber keine ausschließliche Eigenschaft von Masse sodass der Schluss von einem Impuls auf eine Masse nicht zwingend ist[2]. Mehr dazu unter Photonenimpuls ↗

Contra: Licht hat keine Masse


Licht hat keine Ruhemasse


Als Ruhemasse bezeichnet man in der Physik die Masse, die man an einem Objekt der Physik messen würde, wenn man sich das Objekt im Vergleich zu einem selbst in Ruhe befindet, also nicht bewegt. Licht im Vakuum aber bewegt sich immer mit der Lichtgeschwindigkeit, kann also niemals "in Ruhe" gewogen werden. Es gilt heute als sehr wahrscheinlich aus der Theorie heraus, aber noch nicht abschließend experimentell bestätigt, dass Licht die Ruhemasse Null hat.[8]

Licht müsste unendliche Energie haben


In Einsteins allgemein anerkannten Formeln zur Relativitätstheorie kann kein Körper mit einer positiven Ruhemasse Lichtgeschwindigkeit im Vakuum erreichen. Die dazu nötige Beschleunigungsarbeit wäre unendlich groß. Zudem würden in den Formeln Terme mit einer 0 im Nenner eines Bruches entstehen, was zumindest mathematisch nicht definiert ist. Der relevante Teil der Formeln ist der sogenannte Lorentzfaktor ↗

Licht ist nicht träge


Nach Newtons zweitem Axiom F=m·a ist eine Masse m dadurch erkennbar, dass man zu ihrer Beschleunigung a eine Kraft F benötigt. Wenn die Kraft über einen längeren Weg wirkt, wird sie als Arbeit oder Energieverbrauch erkennbar. Geht Licht durch Glas ist es vergleichsweise langsam. 260 Tausend Kilometer pro Sekunde sind ein möglicher Wert. Tritt es vom Glas aus und in Luft ein, nimmt die Geschwindigeit sprunghaft auf rund 300 Tausend Kilometer pro Sekunde zu.[5] Dabei könnte eine Kraftübertragung wirken (siehe oben unter Lichtdruck). Das Licht scheint diesen Übergang aber ohne Zeit zu vollziehen, scheint damit also nicht träge zu sein. Licht hätte demnach keine träge Masse. Siehe auch träge Masse ↗

Fußnoten


  • [3] Dennis Rätzel, Martin Wilkens, Ralf Menzel: Gravitational properties of light - The emission of counter-propagating laser pulses from an atom. In: Phys. Rev. D 95, 084008 (2017). Archiv der Cornell University. Online: https://arxiv.org/abs/1607.01310
  • [4] Albert Einstein führt die gemessene Ablenkung von Licht in der Nähe von Sternen, etwa der Sonne, je zur Hälfte auf eine gravitative Wirkung im Sinne Newtons und auf die Krümmung des Raumes zurück. Einsteins Formel für die Ablenkung durch die Sonne war: „α = 1,7 Sekunden/Δ“ wobei das große Delta Δ für die Anzahl der Sonnenradien steht, die das Licht an der Sonne vorbeigeht. Einstein schreibt dann zu dieser Formel, "daß diese Ablenkung nach der Theorie zur Hälfte durch das (Newtonsche) Anziehungsfeld der Sonne, zur Hälfte durch die von der Sonner herrührende geometrische Modifikation („Krümmung“) des Raumes erzeugt wird." In: Albert Einstein: Über die spezielle und die allgemeine Relativitätstheorie. WTB Wisschenschaftliche Taschenbücher. Akademie Verlag. Berlin (DDR). 1979. Erstveröffentlichung im Jahr 1916. Dort der Anhang "3. Über die Bestätigung d. allgemeinen Relativitätstheorie". Seite 100. Siehe auch gekrümmter Raum ↗
  • [5] Photonen zeigen keine Trägheit im physikalischen Sinn, damit hätten sie auch keine träge Masse: „Since the photon is massless (m₀ = 0), it carries no inertia; its speed c cannot be altered by any finite force, though its direction may change instantaneously at a reflecting surface.“In: J. D. Jackson. Classical Electrodynamics, 3rd ed., John Wiley & Sons, New York 1998. Kapitel 11 „Relativistic Dynamics of a Charged Particle“, Abschnitt 11.10, S. 523. Siehe auch Photonenmasse ↗
  • [6] Photonen haben keine Ruhemasse. Aber gegenüber der Gravitationskraft verhalten sie sich genau so wie ein Teilchen mit einer Masse von h·f/c², etwa angegeben in Kilogramm: "If you take Einstein's equation E = m c^2 , where m = mass and c = speed of light, and the Planck equation for the energy of a photon, E = h f , where h = Planck's constant and f = the frequency of the photon, and combine them you get: m c^2 = hf or that m = h f/c^2. This equation says that the energy carried by a photon which has NO REST MASS, is equivalent to an amount of ordinary mass in grams, and that this 'effective mass' varies with the frequency of the photon. This effective mass can be acted upon by gravity which only cares how much mass a particle has; alternately, gravity only cares about how much mass or EQUIVALENT ENERGY a particle has given by E = m c^2. Also, if you prefer the particle description of physics over the wave description, you can approximate all photons as 'bullets' each carrying a mass of m = hf/c^2 and traveling at the speed of light." In: Gravity Probe B. Testing Einsteins Universe. Relativity. Questions and Answers. Answers by: Dr. Sten Odenwald. Stanford University. Abgerufen am 25. August 2025. Online: https://einstein.stanford.edu/content/relativity/q1647.html
  • [7] Albert Einstein (1905): Ist die Trägheit eines Körpers von seinem Energieinhalt abhängig? Annalen der Physik, Vierte Folge, Band 18, Heft 13, S. 639–641. DOI: 10.1002/andp.19053231314
  • [8] Dass Photonen keine Ruhemasse haben wird zwar vielfach aus der Theorie heraus gefordert. Aber eine abschließende experimentelle Bestätigung steht noch aus: " Up to now, there has been no conclusive evidence of a finite mass for the photon, with the results instead yielding ever more stringent upper bounds on the size of it, thus confirming the related aspects of Maxwellian electromagnetism with concomitant precision. Of course, failure to find a finite photon mass in any one experiment or class of experiments is not proof that it is identically zero". In: Liang-Cheng Tu et al.: The Mass of the Photon. 2005 Rep. Prog. Phys. 68 77. DOI 10.1088/0034-4885/68/1/R02
  • [9] Aus dem folgenden Zitat kann entnommen werden, dass Strahlung (radiation) und damit auch Licht eine gravitative Wirkung auf das Universum haben: "The equations contain densities 𝛺𝑚 and 𝛺𝑟 [𝛺 auf Deutsch: Dichteparameter] that describe the effects of gravity produced by matter, radiation and radiation pressure of photon gas. Since radiation pressure represents energy, it produces also gravity according to general relativity." In: Vavryčuk V. Considering light-matter interactions in the Friedmann equations. Proc Math Phys Eng Sci. 2022 May;478(2261):20220045. doi: 10.1098/rspa.2022.0045. Online: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC9066607/
  • [10] Energie ist eine Quelle von Gravitation: "The gravitational field is sourced by the mass density ρ. But we know that in special relativity mass is just a form of energy. This suggests, correctly, that the gravitational field should be sourced by energy density." Und als weitere interessante Folerung: nicht nur Energie sondern auch Impuls tragen zur Gravitation bei: "if energy sources the gravitational field, then momentum must too." In: David Tong: General Relativity. University of Cambridge Part III Mathematical Tripos. Vorlesungsskript: Michaelmas Term, 2019. Online: http://www.damtp.cam.ac.uk/user/tong/gr/gr.pdf
  • [11] Jede Form von Energie hat Trägheit und Gewicht: "In accordance with the special theory of relativity all forms of energy, including heat, have inertia and hence in accordance with the equivalence principle also have weight." In: Richard C. Tolman: On the Weight of Heat and Thermal Equilibrium in General Relativity. Phys. Rev. 35, 904 – Published 15 April, 1930. DOI: https://doi.org/10.1103/PhysRev.35.904