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Hartmut Bachmanns CO2-Aussage


Pseudowissenschaft


Basiswissen


Ein Ausschnitt aus einem Vortrag des Publizisten Hartmut Bachmann (geboren 1924) aus dem Jahr 2009 wird hier als ein klassisches Beispiel für Pseudowisssenschaft vorgestellt. Hartmann hat durch eine sinnenverändernde Auslassung den fälschlichen Eindruck erweckt, dass der menschgemachte CO₂-Ausstoß nicht wesentlich zur gegenwärtigen Erderwärmung beiträgt. Durch Verwendung des Wortes „Klimalüge“[1] unterstellte er Klimatologen eine vorsätzliche Irreführung bis hin zum Betrug[2]. Hartmanns pseudowissenschaftliche Argumentation ist hier im Detail beispielhaft vorgestellt.

Wer ist Hartmut Bachmann?


Hartmut Bachmann wurde im Jahr 1924 südlich von Berlin geboren. Im zweiten Weltkrieg sei er Jagdflieger gewesen. Nach dem Krieg betätigte er sich in Deutschland und den USA als Angestellter, Unternehmer und Publizist, unter anderem als Geschäftsführer einer Milchfirma und als Leiter (CEO) eines Klimageräte-Unternehmens in den USA. Hartmann leugnet ausdrücklich einen menschgemachten Klimawandel[2].

Hartmut Bachmann als Klimawandelleugner


In den frühen 2000er Jahren leugnete Bachmann ausdrücklich, dass die Erwärmung der irdischen Biosphäre etwas mit dem menschgemachten CO₂ zu tun hat. Er spricht dabei vorwurfsvoll von einer „Lüge der Klimakatastrophe“[1] und dem „gigantischsten Betrugswerk der Neuzeit“[2]. CO₂ hält er für einen „angeblichen Klimakiller“[1]. Auf welche Weise CO₂ in der Atmosphäre das Erdklima beeinflusst und welche großen Gefahren für den Wohlstand damit verbunden sind, ist spätestens seit 1983 auch in gut verständlicher deutscher Sprache beschrieben worden[3]. Zur Verbreitung seiner Ansichten hielt Bachmann unter anderem gut besuchte Vorträge, die zum Beispiel auf der Internetplattform Youtube veröffentlicht werden. Aus einem dieser Vorträge aus dem Jahr 2007[1] wird hier beispielhaft eine Argumentation Bachmanns diskutiert. Diese Argumentation und der Kontext zusammen erfüllen mehrere Kriterien für Pseudowissenschaftlichkeit.

Das Originalzitat von Hartmut Bachmann


„Ich möchte mich an dieser Stelle [sic] möchte ich zunächst 'mal eine Erklärung abgeben. Mein Vortrag wird kein wissenschaftlicher Vortrag werden. Ich habe mich mit den wissenschaftlichen Symptomen von CO₂, dem angeblichen Klimakiller, nie mehr befasst als es unbedingt notwendig fand musste [sic], weil ich genau weiss, dass CO₂ nur erfunden worden ist, weil von dem Anteil der Luft das CO₂ der einzige Teil ist, den man nachschieben [sic] kann, er ist menschgemacht - Teile davon. Die Luft hat null-komma-null-siebenunddreißig Prozent an CO₂, ein minimaler Anteil, von dem 1,2 Prozent technisch dem der [sic] Produktion der Menge CO₂ zugefügt worden ist, die die Natur herstellt, sowieso. So, wenn das ein so geringer Anteil ist, nich [sic], den die Menschen und die Technik und alles was wir letztendlich produzieren auf der Erde, was angeblich die Mutter Erde stört, so schädlich sein soll, so ist das eine so minimale Menge mit 0,0007 Prozent von der Luft; das ist für mich absolut absurd ist das, muss man überhaupt nicht wissenschaftliche Untersuchungen an(zu)stellen.“

Anmerkungen zur Transkription


Das Zitat oben stammt aus dem Jahr 2009 ist von einer Audio-Datei transkribiert und kann kleinere, unbeabsichtigte Abweichungen vom gesprochenen Text enthalten. Sprachliche Fehler wurden mit einem „sic“-Hinweis gekennzeichnet. Die Fehler wurden nicht dazu übernommen, den Redner in ein schlechtes Licht zu stellen, sondern um Bachmanns ursprüngliche Aussage unverfälscht zu lassen, und dem Leser hier eine eigene Analyse zu ermöglichen.

Was suggeriert Hartmann in dem zitierten Redeausschnitt?



Auf den ersten Blick: Bachmann hat recht



Warum dann Suggestion und nicht Fakt?



Wie kann man solche Suggestionen erkennen?


Bachmanns Vortrag zeigt, wie wichtig es ist, dass man als Zuhörer präzise Wortbedeutungen einfordert. Bachmann hätte im Vortrag dem Wort "Produkt" das Adjektiv "jährlich" voranstellen müssen. Dann aber hätten mehr Zuhörer vermutet, dass der Gesamteintrag von CO₂ in die Atmosphäre wesentlich größer war. Also ließ Bachmann möglicherweise das "jährlich" gezielt aus, um die Zuhörer glauben zu lassen, was sie (vielleicht) glauben wollen. Die Täuschung verwendet vor allem das Weglassen von wichtigem Wissen und Präzisierungen. Damit werden die Täuschungen schwer erkennbar, vor allem für fachliche Laien. Was es braucht ist eine sogenannte Wissensgesellschaft ↗

Ist Bachmanns Anspruch wissenschaftlich?


Ein über diesen Artikel hier erboster Leser (Jahr 2022) wies darauf hin, dass Bachmann zu Beginn seines Vortrages deutlich gemacht habe, dass der Vortrag kein wissenschaftlicher sei. Das ist korrekt und ein wichtiger Aspekt. Der Kontext des Vortrags imitierte wissenschaftliche Formate. Den Rahmen bildete eine Konferenz. Konferenzen verbindet man üblicherweise mit Wissenschaft. Die räumliche Einzelstellung des Redners an einem Pult und die Anordnung der Zuhörer in Sitzreihen kennzeichnet den Vortragenden darüberhinaus als Autorität. Desweiteren argumentierte Bachmann mathematisch und beanspruchte in Verbindung mit seinen Schlüssen auch eine entsprechende Kompetenz. Mathematisch zuverlässig argumentieren zu können setzt meist eine wissenschaftliche Bildung voraus. Zudem beanspruchte Bachmann in seinem Vortrag, dass er selbst abschätzen könne, wie weit man sich überhaupt mit CO₂ beschäftigen müssen, um zu einer sicheren Einschätzung zu gelangen. Auch dieses Urteil wird man gemeinhin nur Menschen zugestehen, die wissenschaftlich denken und schlussfolgern können. Bachmann beansprucht damit indirekt, dass er über wissenschaftliche Kompetenz verfügt und diese bei seine Schlüssen auch anwendet. Siehe auch Wissenschaft [Merkmale] ↗

Welche Zeichen von Pseudowissenschaftlichkeit zeigte Bachmanns Vortrag?



Ist Hartmut Bachmanns Vortrag Demagogie?


Bedingt: Der Große Brockhaus[4] definiert Demagogie als „Aufwiegelung und Verführung einer Volksmasse zur Durchsetzung politischer Ziele durch Appelle an Emotionen und Vorurteile, durch Lügen, unbewiesene Behauptungen und abschätzige Kritik politischer Gegner.“ Ganz sicher trifft das Kriterium der abschätzigen Kritik politischer Gegner zu. Dass Bachmann größere Teile der Bevölkerung anspricht ist durch seine Tätigkeit als Veranstaltungsredner und Buchautor gegeben. Schwieriger ist die Frage, ob und welche politische Ziele Bachmann verfolgt. In dem analysierten Vortrag nährt Bachmann vor allem Zweifel an der Rechtschaffenheit und Kompetenz der damaligen (2009) Machtelite. Deutet man die Verunglimpfung der Machtelite als politisches Ziel, so ist auch dieses Kriterium erfüllt. Appelliert Bachmann an Emotionen und Vorteile, wie es von der Definition für Demagogie gefordert wird? Ganz sicher appelliert Bachmann an eine emotionale Bereitschaft, sich von der Elite hinters Licht geführt zu sehen und zu einer kleinen Gruppe der Erleuchteten zu zählen (Asterix-Syndrom). Ein dazu passendes Vorurteil wäre, dass die Elite nur an sich denkt und die breite Masse manipulieren möchte. Also können auch diese Kriterien für Demagogie zutreffen. Abschließend fordert die Definition des Brockhaus auch, dass politische Gegner abschätzig kritisiert werden. Das trifft auf Hartmut Bachmanns Wortwahl ganz sicher zu (Lüge, Betrug). Was bei Hartmut Bachmann jedoch fehlt, ist ein positives politisches Ziel, das über eine Schürung von Unzufriedenheit hinausgeht. Insofern ist fraglich, ob Bachmann ein Demagoge im Sinne einer Person war, die eigene politische Macht anstrebte. Das darf angezweifelt werden. Siehe auch Demagogie ↗

Ist Hartmut Bachmanns Rede Scharlatanerie?


Nein: als Scharlatan bezeichnete man vor allem umherziehende Personen, die medizinisches Wissen oder Fähigkeiten vortäuschten und durch versprochene Heilung ihren Kunden Geld aus der Tasche zogen, ohne dass die Behandlung zuverlässig wirksam ist. Dabei war sich der Scharlatan seiner Täuschung bewusst. Bachmann hat seinen Zuhörern weder Heilung oder sonstige persönliche Vorteile in Aussicht gestellt, womit das wichtigste Kriterium für eine Scharlatanerie nicht erfüllt wird. Schwieriger ist die Frage zu beantworten, ob Bachmann sein Urteilsvermögen in Sachen Klimalogie bewusst vortäuschte oder ob er selbst an seine Urteilsfähigkeit glaubte. Das Geschick, mit dem er seine oben beschriebene Suggestionen aufbaute deutet darauf hin, dass er selbst die wahren Zusammenhänge in Sachen Klimaforschung erkannte oder mindestens erahnte. Damit hätte er seine Zuhörer bewusst getäuscht. Da aber der heilende-medizinische Anspruch fehlte, war Bachmann in seinem beschriebenen Vortrag kein Scharlatan ↗

Hatte Hartmut Bachmann Recht?


Nein, die Aussage Bachmanns, dass das menschgemachte CO₂ keinen nennenswerten Einfluss auf das aktuelle Klimageschehen habe ist faktisch falsch. Bereits im Jahr 1856 hatte Eunice Foot die physikalische Wichtigkeit des Gases CO₂ für den Wärmehaushalt richtig erkannt. Seitdem haben Wissenschaftler ohne jeden Zweifel festgestellt, dass CO₂ bereits in geringen Konzentrationen das Klima stark verändern kann[3]. Zur Historie der CO₂-Forschung siehe die kritisch kommentierte Chronologie zur Erderwärmung (Zitate) ↗

Betreibt Hartmut Bachmann Desinformation?


Ja, dieser Vorwurf kann gelten. Als Desinformation bezeichnet man die gezielte Verbreitung falscher Informationen zur Täuschung größerer Gruppen von Menschen. Auch wenn Bachmanns Aussagen in der betrachteten Rede heruntergebrochen auf einzelne Sätze faktisch korrekt sind, so erzeugt die Anordung der Aussagen und vor allem die Auslassung vieler wichtiger anderer Fakten beim Zuhöhrer ein völlig falsches Bild von der Wirklichkeit. Siehe mehr unter Desinformation ↗

Fußnoten