Streuungsarten
Physik
Basiswissen
Streuung in der Physik ist eine Veränderung der Flugbahn von Teilchen[1]. Der physikalische Begriff der Streuung ist eng verwandt mit der Streuung in der Statistik[3] und der Wehrtechnik[4]. Hier werden verschiedene Arten der Streuung in Sinn der Physik kurz vorgestellt.
Streuungsarten nach beteiligten mikroskopischen Objekten
Photonen, Elektronen, Wassertröpfchen oder auch kleinere Festkörper: der grundlegende Vorgang der Streuung wird meist auf der Ebene von mikroskopisch oder submikroskopisch kleinsten Teilchen betrachtet. Je nach der Art der Teilchen sowie auch deren Energie, kann man dann verschiedene Grundeffekte betrachten. Dazu stehen hier einige Beispiele.
Streuungsarten nach Erhaltungsgrößen
- Nur der Impuls der beteiigten Teilchen ändert sich, nicht aber die kinetische Energie elastische Streuung ↗
- Sowohl der Impuls wie auch die kinetische Energie der beteiligten Teilchen ändert sich inelastische Streuung ↗
Thomson-Streuung
- Photonen an quasifreien Elektronen
- Quasifreie Elektronen haben die Resonanzfrequenz 0.
- Siehe auch freie Elektronen [Beispiele] ↗
- Grenzfall der Compton-Streuung für kleine Photonenenergien
- Die Resonanzfrequenz des beteiligten Elektrons ist fast Null.
- Die Resonanzfrequenz des Elektrons ist damit sehr viel kleiner als die Eigenfrequenz des elektrischen Feldes des Photons.
- Das Photon überträgt Energie nicht aber Impuls auf das Elektron.
- Bei der Streuung geht keine Bewegungsenergie verloren, sie ist elastisch ↗
- Bei der Streuung wird kein Impuls übertragen, sie ist rückstoßfrei ↗
- Mehr unter Thomson-Streuung ↗
Compton-Streuung
- Photonen an quasifreien Elektronen
- Quasifreie Elektronen haben die Resonanzfrequenz 0.
- Das Photon überträgt sowohl Impuls als auch Energie.
- Die Resonanzfrequenz des beteiligten Elektrons ist in der Größenordnung der Eigenfrequenz des elektrischen Feldes des Photons.
- Typische Photonenenergien liegen zwischen 100 keV und 10 MeV.
- Compton-Streuung tritt auf bei Röntgenstrahlung ↗
- Compton-Streuung tritt auf bei Gammastrahlung ↗
- Bei der Streuung geht keine Bewegungsenergie verloren, sie ist elastisch ↗
- Bei der Streuung gibt es eine Übertragung von Impuls ↗
- Mehr unter Compton-Streuung ↗
Rayleigh-Streuung
- Photonen an gebundenen Elektronen.
- Die Elektronen sind zum Beispiel gebunden an Sauerstoff- oder Stickstoffmolekülen.
- Gebundene Elektronen habe eine hohe Resonanzfrequenz.
- Bei der Streuung geht keine Bewegungsenergie verloren, sie ist elastisch ↗
- Mehr unter Rayleigh-Streuung ↗
Mie-Streuung
Photonen an kleinen Festkörpern: elektromagnetische Streuung an Objekten in der Größenordnung der Wellenlänge, auch Lorenz-Mie-Streuung, benannt nach dem deutschen Physiker Gustav Mie (1868–1957) und dem dänischen Physiker Ludvig Lorenz (1829–1891). Siehe auch Mie-Streuung ↗
Bragg-Streuung
Photonen an großen Festkörpern, etwa Röntgenstrahlen an einem Kristallgitter Bragg-Streuung ↗
Elektronenbeugung
Elektronen an einem Festkörper (z. B. einem Kristallgitter) Elektronenbeugung ↗
Rutherford-Streuung
Geladenes Teilchen (z. B. Alphateilchen) an einem Atomkern einem, elastisch, siehe auch Rutherford-Streuung ↗
Sonstige Streuungsarten
Licht-Licht-Streuung: Effekt, der nur im Rahmen der Quantenelektrodynamik erklärt werden können.
- Raman-Streuung: inelastische Streuung an Atomen, Molekülen oder Festkörpern
- Phonon-Raman-Streuung: unelastische Streuung an optischen Phononen (Gitterschwingungen im Frequenzbereich des sichtbaren Lichts)
- Brillouin-Streuung: unelastische Streuung an akustischen Phononen (Gitterschwingungen im Frequenzbereich von Schall).
- Mott-Streuung: wie Rutherfordstreuung, aber mit Berücksichtigung des Spins
- Neutronenstreuung: thermisches Neutron an Kristall, elastisch oder unelastisch; schnelles Neutron an Atomkern, elastisch (siehe auch Moderator) oder unelastisch
- Møller-Streuung: Elektron an Elektron, also ununterscheidbare Teilchen
- Bhabha-Streuung: Elektron an Positron, seinem Antiteilchen
Streuungsarten nach makroskopischen Effekten
Die oben erwähnten Arten von Streuung bezogen sich mit wenigen Ausnahmen auf die Wechswelwirkung von einem mit einem anderen Teilchen. Betrachtet man nun die Wechselwirkung von einem Teilchen mit einer sehr großen Anzahl anderer Teilchen, etwa von einem Photon mit den abertrillionen Elektronen in den Atomen eines kleinen Stückchen Glas, so entstehen oft Effekte, die mit einer geringere Anzahl von Teilchen nicht zustände kämen. Man könnte hier von einem globalen oder holistischen Verhalten der beteiligten Objekte sprechen oder auch von einem kollektiven Phänomen oder Emergenz. Damit wird die Streuung zu einem Übergriff für verschiedene Phänomene der Optik[2].
- Photonen beim Übergang von Bereichen unterschiedlicher Lichtgeschwindigkeit, etwa von Luft führt zur Brechung ↗
- Photonen beim Auftreffen auf eine Grenzfläche von Materialien verschiedener Lichtgeschwidigkeit ermöglichen das Phänomen der Reflexion ↗
- Photonen beim "Vorbeiflug" an nahe gelegenen Festkörpern, ohne dass dabei verschiedene Lichtgeschwindigkeiten eine Rolle spielen müssen führen zur Beugung ↗
Streuung außerhalb der Physik
- In der Statistik die Abweichung vom Mittelwert Streumaß ↗
- In der Wehrtechnik die Treffungenauikgeit von einem Geschütz ↗
- In der Psychologie die gewollte Ablenkung Zerstreuung ↗
Fußnoten
- [1] Das Spektrum Lexikon der Physik (2000), definiert Streuung als "Ablenkung eines Teiles einer gebündelten Teilchen- oder Wellenstrahlung aus seiner ursprünglichen Richtung beim Durchgang durch Materie infolge der Wechselwirkung mit einem Streuzentrum." In: Spektrum Lexikon der Physik in sechs Bänden. Spektrum Akademischer Verlag. 1998-2000. ISBN: 3860252917. Dort der Artikel zur Streuung. Die Definition liefert keine klare Abgrenzung zum optischen Phänomen der Brechung, bei dem zum Beispiel Lichtwellen beim Durchgang durch Materie (etwa Glas) in der Richtung abgelenkt werden. Online: https://www.spektrum.de/lexikon/physik/streuung/14050
- [2] Streuung (englisch: scattering) als Überbegriff: "Suspended particles scatter light by a combination of three processes: reflection, refraction, and diffraction." In: D. G. Bowers: Optical techniques in studying suspended sediments, turbulence and mixing in marine environments. In: Subsea Optics and Imaging (Buch). Herausgegeben von John Watson and Oliver Zielinski. 2013.
- [3] In der Statistik ist die" Verteilung von einzelnen Werten um den Mittelwert. Die Werte 10, 20 und 30 sowie die Werte 19, 20 und 21 haben zwar den gleichen Mittelwert 20, sind aber unterschiedlich um ihn herum verteilt. Liegen die Daten sehr dicht am Mittelwert, spricht man von einer schwachen Streuung, liegen sie weit entfernt um ihn, dann von einer starken Streuung." In: Statista. Lexikonartikel zur Streuung. Abgerufen am 22. Dezember 2023. Online: https://de.statista.com/statistik/lexikon/definition/129/streuung
- [4] 1905, Streuung in der Wehrtechnik (Ballistik): "Streuung, beim Schießen die Fläche, auf die sich alle mit demselben Visier und Haltepunkt abgegebenen Schüsse infolge der Unvollkommenheiten der Waffe und des Schützen sowie der Witterungsverhältnisse verteilen (Streuungsfläche, Trefferbild). Von der S. hängt die Möglichkeit ab, ein Ziel in kurzer Zeit unter vernichtendes Feuer nehmen zu können; s. auch Abweichung, Flugbahn, Geschoßgarbe." In: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 119. Online: http://www.zeno.org/nid/20007536933
- [5] Keine Übertragung von Energie: "Matter responsible for Rayleigh scattering neither loses nor gains energy in that process – and so the scattered light has the same frequency as the radiation from which it is produced." In: David L. Andrews: Rayleigh Scattering and Raman Effect, Theory. Encyclopedia of Spectroscopy and Spectrometry (Third Edition), 2017. ISBN: 978-0-12-803224-4.