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Symmetrie (Physik)

Definitionen

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Basiswissen


Umgangssprachlich seht Symmetrie zum einen für die Idee der Ausgewogenheit[1] und um anderen speziell für eine Spiegelsymmetrie, bei der Links und Rechts gleichgeformt sind und harmonisch gegenüber liegen, man denke an den Schmetterling als Sinnbild der Spiegelsymmetrie.[2] In der Schulgeometrie lernt man dann, wie man aus einer gegebenen Zeichenfigur durch bestimmte Operationen eine spiegelsymmetrische Figur erzeugen kann.[2] Die Idee, dass man durch bestimmte Operationen bestimmte interessierende Eigenschaften eines Objektes nicht verändert ist der Kern des sehr weit gefassten Begriffes der Symmetrie in der Physik.

Die Symmetrie geometrischer Objekte


In der Physik spricht man von einer Symmetrie bezüglich einer bestimmten Eigenschaften, wenn eine Operation, etwa eine Verschiebung, Drehung oder Spiegelung, diese Eigenschaften nicht verändert.


ZITAT:

"Ein Ding ist symmetrisch, wenn man es einer bestimmten Operation aussetzen kann und es danach als genau das gleiche erscheint wie vor der Operation."[3]


Dieses Zitat des Physikers Richard Feynman (1918 bis 1988) muss noch um den Hinweis ergänzt werden, dass nicht alle Eigenschaften erhalten bleiben müssen, sondern bestimmte, eben jene, die interessieren. Wenn man ein Dreieck in einem Koordinatensystem an der y-Achse spiegelt, dann bleibt ganz sicher nicht die Lage erhalten. Und auch "rechts und links" vertauschen sich. Es "erscheint" also nicht exakt genau so wie vor der Spiegelung. Aber erhalten wurden durch Spiegelung die Größe, jeder einzelne Winkel und die Längen der Seiten.[4] Typische weitere Operationen oder Transformationen mit Erhalt von Eigenschaften sind bestimmte Koordinatentransformationen ganz allgemein[5], also zum Beispiel auch eine reine Verschiebung[4].

Die Symmetrie der Naturgesetze


In der Physik geht man nun einen Schritt weiter, über die geometrischen Objekte hinaus. Man fragt nun nicht mehr nur, ob ein Dreieck symmetrisch bezüglich einer Verschiebung oder Spiegelung ist. Man fragt nun, ob ein bestimmtes Naturgesetz symmetrisch bezüglich einer Verschiebung im Raum oder einer Spiegel in der Zeit ist.

Operationen im Raum


Ein Gesetz kann symmetrisch bezüglich "einer Verschiebung im Raum" sein, wenn es überall gleich gilt. Wenn man etwa ein "Labor um drei Meter nach Osten" verschiebt, sollten alle Experimente gleich ablaufen. Ein Gesetz ist symmetrisch bezüglich "Drehungen im Raum", wenn es "von der Richtung unabhängig ist".

Operationen in der Zeit


Bezüglich "Verschiebungen in der Zeit" ist ein Gesetz dann symmetrisch, wenn es "unabhängig vom Startzeitpunkt gleich ist". Und "bezüglich Spiegelungen in der Zeit" ist es symmetrisch, wenn es "rückwärts wie vorwärts" abläuft.[6] Das klassische Beispiel sind hier zwei Billardkugeln, die gegenseitig ihre Bewegungen verändern, wenn sie zusammenstoßen[8]: dieser Vorgang ist gleichermaßen plausibel und mit den newtonschen Gesetzen vereinbar[9], ob er nun vorwärts oder rücksärts betrachtet wird.

Operationen mit der Geschwindigkeit


Auch bezüglich der Geschwindigkeit kann man eine Symmetrie definieren, und zwar darüber, dass die Zeit "unabhängig von der Geschwindigkeit" immer gleich abläuft.[7] Dieser Gedanke führte zu Einsteins Relativitätstheorie ↗

Superposition in der Quantenphysik


In der Quantenphysik bezieht sich die Symmetrie unter anderem auf mehrere Zustände, die in eine sogenannte Superposition gebracht worden sind. Ganz entgegen anschaulich klassischer Vorstellungen, gibt es dann Wahrscheinlichkeiten für bestimmte gleiche Resultate über mehrere Zustände hinweg.[11]

Buchempfehlung


Der baltendeute Philosoph Nicolai Hartmann (1882 bis 1950) hat einmal empfohlen, dass man bei den Autoren der frühen Zeit neu entstehender Ideen oft die besten und klarsten Darstellungen der Problemlage finden kann.[10] In diesem Sinne kann man jedem tiefer interessiertem Leser die Bücher von Hermann Weyl (1885 bis 1955) empfehlen. Weyl verband streng mathematisches Denken in Formalismen mit dem Drang nach einer anschaulichen und philosophisch befriedigenden Deutung. Der heute übliche, sehr weit fassbare Symmetriebegriff geht stark auch auf Weyl zurück. Sehr zu empfehlen ist Weyls Buch mit dem Titel Symmetrie, erschienen im 1955 und später neu aufgelegt.[1]

Fußnoten


  • [1] "Symmetrie, ob man ihre Bedeutung weit oder eng faßt, vermöge derer der Mensch durch die Jahrtausende seiner Geschichte versucht hat, Ordnung, Schönheit und Vollkommenheit zu begreifen und zu schaffen." In: Hermann Weyl: Symmetrie. Birkhäuser Verlag, Basel. 1955.
  • [2] Mit der Spiegelsymmetrie als klassisches Beispiel beginnt Henning Genz einen sehr ausführlichen und sehr anschaulich geschriebenen Artikel zur Symmetrie in der Physik: "Symmetrie" In: Spektrum Lexikon der Physik. 6 Bände. Greulich, Walter (Hrsg.) Spektrum Akademischer Verlag. Heidelberg, Berlin. 1998-2000.
  • [3] "Ein Ding ist symmetrisch, wenn man es einer bestimmten Operation aussetzen kann und es danach als genau das gleiche erscheint wie vor der Operation." Richard Feynman, zitiert nach: Henning Genz: Symmetrie. In: Spektrum Lexikon der Physik. 6 Bände. Greulich, Walter (Hrsg.) Spektrum Akademischer Verlag. Heidelberg, Berlin. 1998-2000.
  • [4] Symmetrie geometrischer Objekte: "Symmetrisch ist ein geometrisches Objekt, wenn es bei einer Operation gleich bleibt." Als Beispiele genannt werden "Spiegelung", "Drehung" und "Verschiebung" In: Joachim Schulz: Zeit und Symmetrie physikalischer Gesetz. SciLogs Quantenwelt. 7. Februar 2017. Spektrum Verlag der Wissenschaft. Online: https://scilogs.spektrum.de/quantenwelt/zeit-und-symmetrie-physikalischer-gesetze/
  • [5] "Unter einer Symmetrie (von altgriechisch σύν syn „zusammen“ und μέτρον métron „Maß“) versteht man in der Physik die Eigenschaft eines Systems, nach einer bestimmten Änderung (Transformation, insbesondere Koordinatentransformationen) unverändert zu bleiben (invariant zu sein). Wenn eine Transformation den Zustand eines physikalischen Systems nicht verändert, wird diese Transformation Symmetrietransformation genannt." In: der Artikel "Symmetrie (Physik). Wikipedia. Stand 23. Dezember 2024. Online: https://de.wikipedia.org/wiki/Symmetrie_(Physik)
  • [7] "Physikalische Prozesse sollten auch vom Bewegungszustand des Systems, in dem eine Prozess abläuft, unabhängig sein. Am einfachsten wäre das zu realisieren, wenn die Zeit unabhängig von der Geschwindigkeit immer gleich ginge." Diese "Symmetrie" steht in enger Verbindung mit "Galileos Relativitätsprinzip". Das aber gilt nicht: "Physikalische Gesetze sind zwar unabhängig von der Geschwindigkeit, aber die Zeit ist es nicht." Mit diesem Gedanken kommt man dann zu Einsteins Relativitätstheorie. In: Joachim Schulz: Zeit und Symmetrie physikalischer Gesetz. SciLogs Quantenwelt. 7. Februar 2017. Spektrum Verlag der Wissenschaft. Online: https://scilogs.spektrum.de/quantenwelt/zeit-und-symmetrie-physikalischer-gesetze/
  • [8] "Some changes are symmetric in the sense that they are just as natural run forwards or backwards. This is approximately the case with the collision of two billard balls in the absence of friction. Play the movie of a collision both forwards and backwards and it will be difficult to discern which is the 'real' version." In: Terrence W. Deacon: Incomplete Nature. How Mind Emergend from Matter. W. W. Norton. New York. London. 2012. Dort im Kapitel "7 Homeodynamics". Seite 219 und 220.
  • [9] "… Newtons laws of motion are symmetric." In: Terrence W. Deacon: Incomplete Nature. How Mind Emergend from Matter. W. W. Norton. New York. London. 2012. Dort im Kapite "7 Homeodynamics". Seite 220.
[10] Die Empfehlung, in der Suche nach guter Literatur immer auch die frühe Zeit neuer Denktrömungen einzubeziehen, gab Hartmann in einem kleinen Buch über den Gang der Philosophie über die Jahrtausende: - [21] Nicolai Hartmann: Der philosophische Gedanke und seine Geschichte, Zeitlichkeit und Substantialität, Sinngebung und Sinnerfüllung. Walter de Gruyter, Berlin 1955. Siehe auch Nicolai Hartmann ↗
  • [11] Zur Symmetrie von Zuständen in einer Superposition im Sinne der Quantenphysik schrieb der Pionier Paul Dirac im Jahr 1930: "A defnition of the superposition of states will now be given. We say that a state A may be formed by a superposition of states B and C when, if any observation is made on the system in state A leading to any result, there is a infinite probability for the same result being obtained when the same observation is made on the system in one (at least) of the two states B and C. The Principle of Superposition says that any two states B and C may be superposed in accordance with this definition to form a state A and indeed an infinite number of different states A may be formed by superposing B and C in different ways. This principle forms the foundation of quantum mechanics. It is completely opposed to classical ideas, according to which the result of any observation is certain and for any two states there exists an observation that will certainly lead to two different results. From our definition of superposition some elementary theorems follow immediately. For example, the states B and C themselves are particular cases of states formed by superposition of B and C. Again, if we superpose two states A and B obtaining a state P, which is then superposed on another state C, the resulting state Q will have the property that, if any observation is made on the system in this state leading to any result, there will be a infnite probability of this same result being obtained when the observation is made on the system in one of the two states P and C, and hence there must be a infnite probability of this result being obtained when the observation is made on the system in one of the three states A, B and C. Thus the property possessed by the state Q is symmetrical in the three states A, B and C, so that when superpositions are made successively their order is unimportant. This, of course, is necessary for the word `superposition' to be suitable for describing the relations between the states." In: Paul Dirac: The Principles of Quantum Mechanics. oxford University Press. 1930. Siehe auch Superposition ↗
  • [12] In der Physik kann man die Addition auch als eine Reihenfolge von hintereinander ausgeführten Operationen oder Handlungen deuten. Speziell zur sogenannten Superposition, das heißt der Überlagerung von Zuständen im Sinne der Quantenphysik heißt es: "The usual algebraic axioms of addition are assumed to hold, i. e. the commutative axiom c₁ψ₁ + c₂ψ₂ = c₂ψ₂ + c₁ψ₁ and the associative axiom (c₁ψ₁ + c₂ψ₂) + c₃ψ₃ = c₁ψ₁ + (c₂ψ₂ + c₃ψ₃). The first of these axioms implies that superposition of two states is a symmetrical process between them, which is obvious from the definition of §6, while the second implies the theorem, which was proved in §6, that in successive superpositions the order is unimportant." In: Paul Dirac: The Principles of Quantum Mechanics. Oxford University Press. 1930. Siehe auch Symmetrie (Physik) ↗
  • [13] Eugen Paul Wigner: On the Consequences of the Symmetry of the Nuclear Hamiltonian on the Spectroscopy of Nuclei. In: Physical Review. Band 51, Nr. 2, 15. Januar 1937, S. 106–119, doi:10.1103/PhysRev.51.106 (englisch).
  • [14] Eugene P. Wigner: Symmetry and Conservation Laws. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 51, Nr. 5, Mai 1964, S. 956–965, doi:10.1073/pnas.51.5.956.