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Rotverschiebung

Astronomie

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Basiswissen


Als Rotverschiebung bezeichnet man heute die „Rotfärbung des Lichtes eines Sternes, der sich von uns fortbewegt, infolge des Doppler-Effektes.“[1] Dass weiter entfernte Himmelskörper rötlicher erscheinen war seit spätestens 1914 bekannt[9], wennauch die genaue Ursache noch unklar war[10]. Die heute noch laufende Debatte, ob der Amerikaner Hubble oder der Belgier Lemaitre als Urheber der Erkenntnis gelten dürfen, verschiebt sich anhand eindeutiger Quellen um mindestens ein Jahrzehnt weiter Richtung Vergangenheit und hin zu andere Autoren.

Ursachen einer Rotverschiebung


Die Rotverschiebung als Doppler-Effekt


Wenn sich etwas sehr schnell von uns wegbewegt desto mehr sind die Spektralfarben in Richtung rot (längere Wellen, kleinere Frequenz) verschoben. Umgekehrt, wenn es sich schnell auf uns zubewegt, dann sind die Spektralfarben mehr zum Blauen (kurze Wellenlängen, hohe Frequenzen) verschoben. Galaxien und andere Objekte im Weltraum sind oft schnell genug im Verhältnis zu uns, dass man diesen Effekt gut messen kann. Man kann darüber rückwärts ausrechnen, wie schnell sich etwas von uns wegbewegt oder auf uns zukommt. Tatsächlich entfernen sich die Galaxien umso schneller von uns, je weiter sie schon uns von uns weg sind. Mathematisch ist die Rotverschiebung Z das Verhältnis der Wellenlängenänderung der gemessenen Strahlung zur Wellenlänge der ausgesandten Strahlung. Allgemein spricht man in der Physik vom sogenannten Doppler-Effekt ↗

Die Rotverschiebung als nachlassende Frequenz


Neben dem Doppler-Effekt als Erklärung für die Rotverschiebung wurde auch erwogen, dass die Wellen des Lichts bei ihrem Weg durch den Weltraum an Frequenz verlieren. Weniger Frequenz heißt im Umkehrschluss mehr Wellenlänge. Und mehr Wellenlänge heißt für sichtbares Licht mehr hin zum rötlichen Teil des Spektrums.[2] Diese Deutung war noch bis 1919[9] bezieungsweise auch noch 1928[5], gilt heute aber als überholt.

Ist die Rotverschiebung freiäugig sichtbar?


Nein, mit dem bloßen Auge kann man den Effekt aus zwei unahbängigen Gründen nicht wahrnehmen. Himmelsobjekte, die man am Sternenhimmel mit dem bloßen Auge sehen kann sind astronomisch gesehen alle sehr nahe. Nahe Objekte bewegen sich aber kaum oder nur langsam von uns weg, weshalb alleine schon aus diesem Grund der Effekt sehr schwach ausgeprägt wäre. Der zweite Grund ist, dass Rotverschiebung nicht automatisch zu einer Rotfärbung einer Lichtquelle führt. Tatsächlich werden rote Farben zum Teil in den für uns unsichtbaren Infrarotbereich verschoben. Gleichzeitig können für uns vorher unsichtbare ultraviolette Strahlungen in den sichtbaren Blaubereich rücken. Die Strahlungsquelle als Ganzes bleibt ein Gemisch aus verschiedenen Spektralanteilen. Die Rotverschiebung wird normalerweise über Spektrallinien festgestellt und nicht über den Gesamtfarbeindruck einer Lichtquelle. Wie sich die Rotverschiebung mit der Entfernung einer Galaxie tatsächlich vergrößert wird ausgedrückt über die sogenannte Hubble-Konstante ↗

Die Rotverschiebung in der Astronomie


Die Expansion des Universums


Dass das Lichtspektrum der Spiralnebel (die Galaxien) verschoben ist, wurde bereits im Jahr 1912 für unsere Nachbargalaxie bemerkt[2] und kurz darauf auch für andere nebelhafte Flecken in Teleskopen beobachtet[3]. Im Jahr 1926 deutete der US-amerikanische Astronom Edwin Hubble diee Nebel korrekt als Galaxien und lieferte eine statistische Abschätzung der Größe und der Entfernungen der Galaxien zur Erde ermöglichten. Damit wurde auch langsam deutlich, dass das Universum sehr viel größer sein muss als unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, es alleine ist.[4] Im Jahr 1928 deutete der Astrophysiker Arthur Stanley Eddington die schon bekannte Rotverschiebung der Galaxien als einen Effekt der langen Strecke, die das Licht durch den Weltraum bis zu uns zurücklegt.[5] 1929 schließlich veröffentlichte Edwin Hubble die Beoachtung, dass die Rotverschiebung einer Galaxie umso größer ist, je weiter sie von uns entfernt ist.[6] Wenn man dann als Grund der Rotverschiebung den Doppler-Effekt annimmt kommt man zur Idee eines expandierenden Universums. Spätestens im Jahr 1934 wurde dann die beobachtete Expansion des Universums mit theoretischen Folgerungen aus Einteins allgemeiner Relativitätstheorie aus dem Jahr 1916 gemeinsam gedeutet.[7] Die Idee, dass die Rotverschiebung der Galaxien auf ein expandierendes Universum hinweist, ist auch die im 21ten Jahrhundert noch gültige Sicht.

Rotation von Sternen


Wenn sich eine Lichtquelle auf einen Beobachter zubewegt, sind die Spektren des Lichts für den Beobachter ins Blaue verschoben. Bewegt sich die Lichtquelle vom Beobachter weg, nimmt er eine entsprechende Rotverschiebung wahr. Das ist ganz einfach der Doppler-Effekt für Lichtwellen. Wie könnte man dann die Tatsache deuten, dass das Licht von einem großen Stern auf einer Hälfte seiner Kreisscheibe im Teleskop rotverschoben und auf der anderen Hälfte blauverschoben erscheint? Bleibt man bei der Deutung des Doppler-Effektes hieße das: die eine Hälfte des Stern kommt auf uns zu, die andere bewegt sich von uns weg! Würde das den Stern nicht eigentlich zerreißen? Die Antwort ist: der Stern rotiert. Und die Hälfte, deren Oberflächenteile sich auf uns zu bewegen emittieren blauverschobenes Licht. Und diejenigen Teile der Oberfläche, die sich von uns wegbewegen emittieren rotverschobenes Licht. Das wurde zum Beispiel am Roten Riesen Beteigeuze beobachtet.[8]

Fußnoten


  • [1] Stephen Hawking: Eine kurze Geschichte der Zeit. Die Suche nach der Urkraft des Universums. Englischer Originaltitel: A Brief History of Time. From the Big Bang to Black Holes. Deutsch im Rohwolt Taschenbuch Verlag. 1988. ISBN: 3-499-188-50-3. Dort im Glossar die Seite 227.
  • [2] Vesto Slipher: The radial velocity of the Andromeda Nebula. In: Lowell Observatory Bulletin. 1 (8): 2.56 – 2.57. 1912.
  • [3] Vesto Slipher: Spectrographic Observations of Nebulae". Popular Astronomy. 23: 21–24. 1915.
  • [4] Im September 1926 veröffentlichte der US-Amerikaner Edwin Hubble eine erste verlässliche Abschätzung der Größe, Entfernung zur Erde und gegenseitiger Abstände der Galaxien. Damit wurde langsam die Größe des Universums deutlich. Eine Rotverschiebung ist in diesem Artikel nicht erwähnt. In: E. Hubble, Extra-Galactic Nebulae, Astrophys. J. 64 321 (1926).
  • [5] Im Jahr 1928 deutete der Astrophysiker Arthur Stanley Eddington (1882 bis 1944) die Rotverschiebung der Galaxien als ein Nachlassen der Frequenz der Lichtwellen bei ihrer Reise durch den Raum: "[…] space is finite — finite though unbounded. In such a space light which has travelled an appreciable part of the way "round the world" is slowed down in its vibrations, with the result that all spectral lines are displaced towards the red. Ordinarily we interpret such a red displacement as signifying receding velocity in the line of sight. Now it is a striking fact that a great majority of the spirals which have been measured show large receding velocities often exceeding 1000 kilometres per second. There are only two serious exceptions, and these are the largest spirals which must be nearer to us than most of the others. On ordinary grounds it would be difficult to explain why these other universes should hurry away from us so fast and so unanimously. Why should they shun us like a plague? But the phenomenon is intelligible if what has really been observed is the slowing down of vibrations consequent on the light from these objects having travelled an appreciable part of the way round the world. On that theory the radius of space is of the order twenty times the average distance of the nebulae observed, or say 100 million light years. That leaves room for a few million spirals; but there is nothing beyond. There is no beyond—in spherical space "beyond" brings us back towards the earth from the opposite direction". In: Arthur Stanley Eddington: The Nature of the Physical World. MacMillan, 1928 (Gifford Lectures). Dort im Kapitel "VIII Man's Place in the Universe", die Seiten 166 und 167". Das Buch ist auch auf Deutsch erhältlich Das Weltbild der Physik und ein Versuch seiner philosophischen Deutung ↗
  • [6] Edwin Hubble: A Relation between Distance and Radial Velocity among Extra-Galactic Nebulae" In. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America. 15 (3): 168–173. 1929.
  • [7] W. de Sitter. On distance, magnitude, and related quantities in an expanding universe. In: Bulletin of the Astronomical Institutes of the Netherlands. 7: 205. 1934.
  • [8] Was ist los mit Beteigeuze? Spektrum der Wissenschaft. Februar 2025. Dort die Seiten 24 bis 27.
  • [9] Schon im Jahr 1914 beschrieb ein US-Astronom die Erscheinung der Rotverwschiebung in einem Vortrag. Unter den Zuhörern war auch der junge Edwin Hubble: "Lowell Observatory astronomer Vesto M. Slipher discovered the systematic redshifts of galaxies ('spiral nebulae' then) during the miracle years 1912–1914. After presenting his findings on 15 spirals at the Seventeenth Meeting of the American Astronomical Society in August 1914, in Evanston, Illinois, the audience, with young Edwin Hubble in it, erupted in an unprecedented standing ovation. He had discovered what soon would be recognized as the expansion of the Universe. Slipher was reading from an unpublished manuscript (MS) now residing in the Lowell Observatory Archives. Here we present it as a full facsimile of the historic original. It reveals that Slipher clearly recognized then the radical nature of his discovery. He described the spirals as "fleeing", "leaving," and "receding" from the Milky Way at unheard of velocities, and ventured that the data might support the controversial "island universe" hypothesis." In: Marcus, J. N., Amundson, L., Schindler, K. S., and Skiff, B. A., “Vesto Slipher's observational discovery of the expansion of the Universe: the unpublished, paradigm-shattering manuscript read to the 1914 Evanston Meeting of the American Astronomical Society”. Journal of Astronomical History and Heritage, vol. 27, no. 4, pp. 796–835, 2024. Online: https://articles.adsabs.harvard.edu/pdf/2024JAHH...27..796M
  • [10] Franz Serafin Exner deutete im Jahr 1919 die Rotverschiebung als mögliche Folge eines den Weltrau durchringenden Lichtäthers: "[...] neuere Untersuchungen haben die interessante Tatsache gelehrt, daß der Weltraum eine gewissermaßen selektive Absorption ausübt, d. h. nicht alle Strahlen in gleichem Maße schwächt. Wie es im großen und ganzen bei allen Materialien der Fall ist, so werden auch im Weltraum die kurzwelligen Lichtstrahlen stärker zurückgehalten als die langwelligen. Es zeigte sich, daß die Sterne um so röter sind, je größer ihre Entfernung ist und das bestätigt sich bis hin zu den weitesten Sternen, jenen der Milchstraße, an denen keine nachweisbare Parallaxe mehr zu bemerken ist. Ob dieses Überwiegen der roten Strahlen in dem Komplex, der uns ereicht, wirklich auf eine Absorption der kurzen Wellen im Weltraume zurückzuführen ist oder vielleicht auf eine Art diffuser Zerstreuung, ähnlich wie in trüben Medien, das bleibt dahingestellt; in beiden Fällen aber müßte ein wirksames Medium vorhanden sein. Direkt wurde in neuester Zeit dieser Effekt auch durch photographie Aufnahmen von Sternspektren nachgewiesen, wobei sich für die entfernteren Sterne das Spektrum am violetten Ende verkürzt zeigte." Exner machte diese Betrachtung im Zusammenhang mit einem hypothetischen Lichtäther. Er schränkt diesbezüglich ein: "Damit ist freilich die Existenz eines Äthers keineswegs erwiesen, denn das gleich würde durch irgendwelche fein verteilte Staubmassen im Raume auch hervorgebracht werden." In: Franz Serafin Exner: Vorlesungen über die physikalischen Grundlagen der Naturwissenschaften. Deuticke, Wien 1919, OBV. Dort in der 79. Vorlesung, Seite 592. Siehe auch Lichtäther