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Lebenskraft


Vitalismus


Definition


Als Lebenskraft, auch vis vitalis, wird oft eine die Lebensfunktionen organisierende und regulierende Kraft angenommen, die aber nicht identisch ist mit der Seele oder dem Psychischen und auch nicht aus rein physikalisch-chemischen Erklärungen herleitbar ist[1]. Das ist hier kurz mit einigen Beispielen vorgestellt.

Die Lebenskraft als organisch und geheimnisvoll


Ein Lexikon aus dem Jahr 1861[1] listet eine Reihe von Worten auf, die die Idee einer Lebenskraft zu fassen versuchen: Vis vitalis (Latein), threptikê (Aristoteles), anima sensitiva (Campanella), archeus (Paracelsus), spiritus vitae (Paracelsus), Mumie, arcanum, qualitas occulta, influence vitale, force hypermecanique, cause exécutive, rätselhaftes Plus, organische Kraft, Entelechie, Wille. Man erkennt hier eine Nähe zu Begriffen des Geistigen und Geheimnisvollen, in Abgrenzung eben zum rein Mechanischen. Ein Gedanke hinter diesen Worten scheint zu sein, dass die Lebenskraft ein größeres Ganzes zu gestalten versucht. Diese Idee wird auch ausgedrückt über das Wort organisch ↗

Die Lebenskraft erzeugt ständig kleine Wundertaten


Die Kernidee der Lebenskraft wird vielleicht am besten ausgedrückt mit dem Satz "Im Organismus wirken die chemischen Kräfte unter einer nicht chemischen Ursache[1]", sie ist ein "»rätselhaftes Plus«, welches zum Mechanismus und Chemismus hinzutritt[1]". Damit wird die Lebenskraft zu einem Startpunkt im Kausalgeflecht der biologischen Abläufe. Die Lebenkraft ist nicht direktes Ergebnis chemischer (oder überhaupt naturwissenschaftlich) fassbarer Abläufe, kann aber in diese eingreifen. Die Lebenskräfte sind "sind Kräfte, durch welche die Umwandlung der Energieformen ineinander sowie die Veränderung der Richtung ihrer Tätigkeit bestimmt werden[1]". Da aber schon kleine Organismen aus aberbillionen von Atomen bestehen, die ständig irgendwelchen Prozessen der Umwandlung unterliegen, scheint die Lebenskraft in jeder Sekunde auch aberbillionen von kleinen Einflussnahmen auf das Geschehen der Welt zu nehmen. Das »rätselhaftes Plus« der Lebenskraft muss sich dann als nicht-kausale aber auch nicht bloß zufällige Einflussnahme auf die Mikrowelt auswirken. Für die Geschehnisse der Mikrowelt ist die Lebenskraft damit ähnlich einem Wunder ↗

Der Vitalismus als philosophische Position


Das Wort Lebenskraft, und all seine Synonyme werden seit dem 19ten Jahrhundert mit der philosophischen Position des Vitalismus verbunden. Der Vitalismus sah sich sozusagen als eine Gegenbewegung zur damals erstarkenden bis beherrschenden mechanistischen Weltauffassung. Der Vitalismus sah im Leben ewas qualitativ Anderes als in toter Materie. Siehe dazu auch Vitalismus ↗

Fußnoten


Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 584-587. Online: http://www.zeno.org/nid/20001793667