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Kreisbewegung

Physik

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Basiswissen


Ein Kinderkarussell ist das klassische Beispiel für eine Kreisbewegung: ein Objekt, bewegt sich auf einer Kreislinie. Statt von einer Kreisbewegung spricht man auch von einer Rotation.[2] Hier wird zuächst die Physik verschiedener Arten der Kreisbewegung mit Formeln vorgestellt. Am Ende wird kurz betrachtet, warum die Kreisbewegung in der antiken und mittelalterlichen Philosophie als besonders vollkommen galt und welche Folge das hatte.



Bildbeschreibung und Urheberrecht
Ein Kinderkarussel auf dem Aachener Weihnachtsmarkt: ein klassisches Beispiel für eine Kreisbewegung.☛


Verschiedene Arten der Kreisbewegung


In der Physik unterscheidet man verschiedene Arten von Kreisbewegungen. Ein Grund für diese Unterscheidung ist, dass manche Fälle kompliziertere Formeln benötigen während andere Fälle mit einfacheren Formeln berechnet werden könnne. Wer die Fälle also gut unterscheiden kann, kann damit direkt die einfachste Formel wählen. Grundsätzlich gilt: je allgemeiner eine Formel, desto schwieriger ist sie auch anzuwenden.

Die unbeschleunigte, gleichmäßige Kreisbewegung


Das ist der einfachste Fall: ein Gegenstand bewegt sich auf einer Kreislinie und ist dabei immer gleich schnell. Klassische Beispiel sind eine Gondel von einem Riesenrad während der Fahrt oder eine Spielzeuglok auf einer kreisförmigen Schienenbahn. Ein anderer oft betrachteter Fall ist der Weg des Mondes um die Erde.[3] Der betrachtete Gegenstand wird dabei weder schneller, noch wird er langsamer. Immer gleich schnell bezeichnet man in der Physik auch als gleichmäßig. Für die gleichmäßige, das heißt unbeschleunigte Kreisbewegung gilt:

  • v = 2·Pi·r/T
  • w = Delta Phi/Delta t

LEGENDE

  • Delta Phi = Überstrichener Winkel in der Zeit t

Die gleichmäßig beschleunigte Kreisbewegung


Bei einer gleichmäßig beschleunigten Kreisbewegung ändert ein Gegenstand ständig seine Geschwindigkeit entlang der Kreisbahn. Diese Änderung der Geschwindigkeit kann sowohl eine echte Beschleunigung als auch ein Bremsen sein. Wesentlich ist, dass in denselben Zeitdauern eine immer gleiche Änderung der Geschwindigkeit stattfindet. Es gelten zwei grundlegende Formeln:

  • a = Δv/Δt
  • a = r·α

LEGENDE

  • Δv = z. B. in m/s ist die Änderung der Bahngeschwindigkeit in der Zeit Δt ↗
  • Δt = z. B. in s ist die Zeitdauer der betrachteten Geschwindigkeitsänderung Δv ↗

Ein Beispiel wäre hier eine Spielzeuglokomotive, die auf einer kreisförmigen Schienenbahn aus dem Stand heraus in jeder Sekunde um einen Zentimeter pro Sekunde schneller wird. Anders gesagt: in jeder Sekunde kommen 1 cm/s an Geschwindigkeit dazu. Siehe mehr gleichmäßig beschleunigte Kreisbewegung ↗

Die ungleichmäßig beschleunigte Kreisbewegung


Die Geschwindigkeit entlang einer Kreisbahn kann sich auch sehr unregelmäßig ändern. So kann eine Lok beim Beschleunigen ruckeln, manchmal drehen die Räder durch und auch der Motor zieht mit unterschiedlichen Leistungen oder Kräften. Solche Fälle werden üblicherweise nicht mehr in der Schulphysik betrachtet. Siehe allgemein dazu ungleichmäßig beschleunigte Bewegung ↗

Die Kräfte bei einer Kreisbewegung


Oft interessieren für eine Kreisbewegung nicht nur die Geschwindigkeiten oder momentane Positionen. Auch die Frage nach den wirkenden Kräften kann interessant sein. Wenn man zum Beispiel nassen Salat in einer Salatschleuder dreht, dann wird er durch die sogenannte Zentrifugalkraft etwas entwässert. Und in sogenannten Humanzentrifugen werden Menschen künstlich erzeugten hohen Schwerkräften ausgesetzt. Grundsätzlich kann man sagen, dass die Kräfte mit der Geschwindigkeit zunehmen.



Eine Salatschleuder hat keine besonders großen Bahngeschwindigkeiten. Aber durch den kleinen Radius der Schleuder treten dennoch sehr starke Fliehkräfte auf, das heißt Schleuderkräfte.

Und bei konstanter Geschwindigkeit werden die Kräfte bei kleineren Kreisradien größer: wer mit 10 km/h auf einer Kreisbahn mit 100 Metern Durchmessern rennt, spürt weniger seitliche Kräfte als jemand, der mit derselben Geschwindigkeit auf einer Kreisbahn mit nur 2 Metern Durchmesser rennt (wenn das überhaupt geht).

Die Zentrifugalkraft: nach außen


Bei einer Kreisbewegung spürt man eine nach außen wirkende Kraft. Ihre Wirkung ist so, dass man sich nach außen weggeschleudert führt. Man nennt sie auch Fliehkraft, weil ihre Wirkung ist, dass der Gegenstand der Kreisbahn nach außen entfliehen wird. Berechnet wird sie über die Formeln F = mω²r oder F = mv²/r. Mehr dazu unter Zentrifugalkraft ↗

Die Zentripetalkraft: nach innen


Das ist die Kraft, die nach innen wirkt und einen auf der Kreisbahn sozusagen festhält. Solange sich ein Körper auf einer Kreisbahn bewegt ist die Zentripetalkraft genauso groß wie Zentrifugalkraft. Sie kann also mit denselben Formeln bestimmt werden. Mehr dazu unter Zentripetalkraft ↗

Exkurs: die Kreisbewegung im antiken und christlichen Weltbild


Das Weltbild antiker Philosophen war von der Idee geleitet, dass am Anfang von allem was es gibt, etwas Perfektes und Unvergängliches steht. Die Idee von etwas Unvergänglichem, etwas Absoluten, dem ersten und unbewegten Beweger verband sich in der späteren christlichen Theologie mit der Idee eines einzelnen Gottes als Ursprung allen Seins. Eine interessante Folge dieses Denkens war die Frage, ob es mehr oder weniger vollkommene Dinge geben könne. Man versuche, die Dinge dieser Welt in eine Stufenfolge von niederen unvollkommen bis hin zum obersten, dem Vollkommenen einzuordnen.


Dieses Bild ist für das Verständnis des Textes nicht wichtig. Das Bild wird im Text nicht erwähnt.
Die Scala naturae[8] ähnelt verblüffend modernen Darstellungen einer biologischen Evolution. Doch im mittelalterlichen und neuzeitlichen Denken stand die Scala naturae für eine feste, unveränderliche Rangfolge der Dinge im Bezog auf ihre Nähe zum Vollkommensten, Höchsten.

Ich finde es bemerkenswert, dass antike Denker sogar verschiedene Arten von Bewegung darauf hin untersuchten, welche mehr oder welche weniger vollkommen sei. So verglich der antike griechische Denker Aristoteles (384 bis 322 v. Chr.), der Lehrer von Alexander dem Großen, die Bewegung entlang einer geraden Linie mit der Bewegung auf einer Kreisbahn. Aus drei Grundannahmen, sogenannten Prämissen, schlussfolgerte er dann, dass die Kreisbewegung die vollkommenste Art der Bewegung überhaupt sei. Die Art, wie Aristoteles argumentierte, gibt einen guten Einblick in das das Denken antiker Philosophen. Aristoteles geht von drei Prämissen, das heißt Grundannahmen aus:

  • 1) Das Vollkommene ist eine Einheit, in sich nicht weiter teilbar.[4]
  • 2) Das Vollkommene ist unvergänglich, unbewegt und ewiglich.[5]
  • 3) Das Vollkommene kommt vor dem Unvollkommenen.[6]

Ausgehend von diesen drei Annahmen argumentiert Aristoteles dann, dass eine gerade Linie nicht unendlich lang sein kann ("ein solchergestalt Unbegrenztes giebt es nicht"). Wenn sie aber eine endliche Länge hat, so kann eine unvergängliche Bewegung nur dann entlang einer Geraden stattfinden, wenn sich dabei immer wieder die Richtung ändert: "Die Bewegung aber auf der begrenzten Geraden durch Umlenken zwar ist zusammengesetzt, und vielmehr zwei Bewegungen; ohne Umlenken aber, unvollständig und vergänglich." Anders sieht es bei der Kreisbewegung aus: hier kann ein Körper ewiglich sich in gleicher Weise fortbewegen, ohne die Richtung zu ändern und ohne die Bewegung in Teile zu zerlegen. Daher ist die Kreisbewegung die vollkommnere, und nicht die Bewegung entlang einer Geraden.[7]

Die Idee, dass die Kreisbewegung die perfekteste aller Arten der Bewegung sei, hatte weitreichnde Folgen für die Astronomie. Da man den Himmel und die Himmelskörper als Ausdruck einer göttlichen Ordnung ansah, folgerte man dann auch, dass diese Himmelskörper die göttlichste aller Bewegungsarten vollziehen müsse, eben eine Bewegung auf einer Kreislinie. Wo die Beobachtung der Sonne, des Mondes und der Planeten nicht zum Bild einer einfachen Kreisbahn passt, suchte man die Lösung in immer komplizierten Konstrukten aus überlagerten Kreisbahnen: die Planeten bewegten sich auf Kreisbahnen, die deren Mittelpunkt wiederu auf einer Kreisbahn lag. Die Idee, dass die Planeten auf krummen und schiefen ellipsenartigen Bahnen unterwegs sein könnten, war nur schwer vorstellbar. So suchte die Astronomie über Jahrhunderte in einer falschen Richtung, um die Bewegung der Himmelskörper zu erklären. Siehe dazu im Artikel Epizykeltheorie ↗

Fußnoten


  • [2] Das Wort Rotation meint zum einen die Bewegung eines Körpers auf einer Kreisbahn. Zum anderen steht Rotation auch für eine Drehung eines Körpers um sich selbst, wie etwa die Erdrotation. Siehe mehr unter Rotation ↗
  • [3] Auf seinem Weg um die Erde, wandert der Mond auf einer nahezu perfekten Kreisbahn. Dabei ändert der Mond seine Geschwindigkeit so gut wie nicht. Er legt in jeder Sekunde in etwa 1000 Meter oder einen Kilometer zurück. Siehe auch Mondbahn ↗
  • [4] Die Unteilbarkeit des obersten Wesens in den Worten von Aristoteles: "Durch das, was wir ausgeführt haben, ist der Beweis geliefert, daß es ein ewiges, unbewegtes Wesen gibt, das von aller Sinnlichkeit frei ist. Zugleich aber geht daraus hervor, daß diesem Wesen Ausdehnung in keinem Sinne zukommen kann, daß es vielmehr ungeteilt und unteilbar ist. Denn es übt bewegende Kraft die unendliche Zeit hindurch; etwas Endliches aber kann kein unendliches Vermögen besitzen." In: Aristoteles: Metaphysik. Erste Abteilung. VII Das Absolute. Jena 1907, S. 169-183. Online: http://www.zeno.org/nid/20009149694
  • [5] Die Ewigkeit des obersten Wesen in den Worten von Aristoteles: "Es muß mithin ein Prinzip sein von der Art, daß wirklich tätig zu sein sein eigentliches Wesen ausmacht. Wesenheiten solcher Art müssen überdies immateriell sein, weil sie, wenn irgend etwas sonst, ewig sind". In: Aristoteles: Metaphysik. Erste Abteilung. VII Das Absolute. Jena 1907, S. 169-183. Online: http://www.zeno.org/nid/20009149694
  • [6] Das Vollkommene kommt vor dem Unvollkommnen: "Vorangehende aber sowohl der Natur, als dem Begriffe, als auch der Zeit nach, ist das Vollkommene vor dem Unvollkommnen, und vor dem Vergänglichen das Unvergängliche." In: Aristoteles: Physik. Achtes Buch. Neuntes Kapitel. Aristoteles: Physik. Leipzig 1829, S. 231-233. Online: http://www.zeno.org/nid/20009149376
  • [7] Aristoteles (384 bis 322 v. Chr.) sah in der Kreisbewegung, nicht wie später Newton (1642 bis 1727) in der geradlinigen Bewegung, die ursprüngliche, natürliche oder fundamentale Form von Bewegung: "Daß aber unter den räumlichen Bewegungen die Kreisbewegung erste ist, ist klar. Alle Raumbewegung nämlich ist, wie wir auch vorhin sagten, entweder im Kreise, oder auf gerader Linie, oder gemischt. Früher aber als diese müssen jene sein; denn aus jenen besteht sie. Als die gerade aber, die im Kreise; denn einfacher ist sie und vollkommener. Unbegrenzt nämlich kann nichts nach gerader Linie sich bewegen. Denn ein solchergestalt Unbegrenztes giebt es nicht. Aber auch nicht, wenn es eines gäbe, bewegt sich etwas so. Denn nicht geschieht das Unmögliche. Zu durchgehen aber die unbegrenzte Linie ist unmöglich. Die Bewegung aber auf der begrenzten Geraden durch Umlenken zwar ist zusammengesetzt, und vielmehr zwei Bewegungen; ohne Umlenken aber, unvollständig und vergänglich. Vorangehende aber sowohl der Natur, als dem Begriffe, als auch der Zeit nach, ist das Vollkommene vor dem Unvollkommnen, und vor dem Vergänglichen das Unvergängliche. Und vorangehend ist, die ewig sein kann vor der, die es nicht kann. Die im Kreise nun kann ewig sein, von den andern aber weder eine Raumbewegung, noch irgend eine andere. Denn Stillstand muß eintreten; wenn aber Stillstand, so ist verschwunden die Bewegung. Folgerecht aber ergab es sich, daß die im Kreise eine einige sei und stetige, und nicht die auf gerader Linie. Denn von der geradlinigen ist bestimmt sowohl Anfang, als Mittel, als Ende, und alles hat sie in sich. Also giebt es etwas, wovon die Bewegung beginnt, und worin sie endet. Denn bei den Grenzen ruht Alles, sowohl woher als wohin. Bei der Kreisbewegung aber ist dieß unbestimmt. Denn warum sollte irgend etwas vorzugweise Grenze sein in dieser Linie? Auf gleiche Weise nämlich ist jedes sowohl Anfang, als Mitte, als Ende: so daß stets etwas ist am Anfang und am Ende, und niemals." In: Aristoteles: Physik. Achtes Buch. Neuntes Kapitel. Aristoteles: Physik. Leipzig 1829, S. 231-233. Online: http://www.zeno.org/nid/20009149376
  • [8] In der Scala naturae, der statischen Stufenleiter der Natur, ordnete man im Mittelalter und der Neuzeit die Dinge vom Niedersten (Hölle, Teufel) über Minerale, Pflanzen, Tiere, Menschen, Engel bis hin zu Gott als höchstem Wesen an. Siehe mehr im Artikel zur Scala naturae ↗