Humes Gesetz
Ethik
Grundidee
Weil der Kampf ums Dasein überall in der Natur und auch unter den Menschen beobachtet werden kann, so muss er wohl gewollt sein: weil der Krieg allgegenwärtig ist, so soll es wohl auch Kriege geben[1]: das ist ein klassisches Beipiel für einen logisch nicht zwingenden Schluss vom Sein auf das Sollen. Dem Philosophen David Hume (1711 bis 1776) zufolge ist ein solcher Schluss unzulässig[2], was man auch als Humes Gesetz bezeichnet. Eng verwandt damit (aber nicht identisch) ist ein sogenannter naturalistischer Fehlschluss ↗
Fußnoten
- [1] Der deutsche Militärhistoriker Friedrich von Bernhardi stellt zunächst fest, dass Kampf und Krieg allgegenwärtig sind: "Überall gilt das Gesetz des Stärkeren […] Es ist ein fortwährender Kampf um Besitz, Macht und Herrschaft, der die Beziehungen der Völker untereinander in erster Linie beherrscht". Das ist der Ist-Zustand. Einige Absätze weiter erscheint das Prinzip Krieg aber plötzlich nicht mehr als ein Ist-Zustand, sondern es wird als Soll-Zustand, als Pflicht dargestellt: "Diese Pflicht der Selbstbehauptung ist keineswegs durch die Abwehr feindlicher Angriffe erschöpft; sie schließt die Forderung ein, der Gesamtheit des Volkes, das der Staat umfaßt, Daseins und Entwicklungmöglichkeiten zu gewähren." Der schleichten Übergang vom Ist zum Soll ist ein klassisches Beispiel für Humes Gesetz. Die Zitate stammen aus Bernhardis Buch aus dem Jahr 1913. Siehe auch Deutschland und der nächste Krieg ↗
- [2] Im Jahr 1739 oder 1740 schreibt David Hume: „Bei jedem System der Moral, das mir bislang begegnet ist, habe ich stets festgestellt, dass der Autor eine gewisse Zeit in der üblichen Argumentationsweise fortschreitet und begründet, dass es einen Gott gibt, oder Beobachtungen über menschliches Verhalten trifft; dann plötzlich stelle ich überrascht fest, dass anstatt der üblichen Satzverknüpfungen, nämlich ‚ist‘ und ‚ist nicht‘, ich nur auf Sätze stoße, welche mit ‚soll‘ oder ‚soll nicht‘ verbunden sind. Diese Änderung geschieht unmerklich. Sie ist jedoch sehr wichtig. Dieses ‚soll‘ oder ‚soll nicht‘ drückt eine neue Verknüpfung oder Behauptung aus. Darum muss sie notwendigerweise beobachtet und erklärt werden. Zugleich muss notwendigerweise ein Grund angegeben werden für dies, was vollständig unbegreiflich erscheint: Wie nämlich diese neue Verknüpfung eine logische Folgerung sein kann von anderen, davon ganz verschiedenen Verknüpfungen [...] Ich bin der Überzeugung, dass eine solche geringfügige Aufmerksamkeit alle gewohnten Moralsysteme umwerfen würde. Sie würde uns außerdem zeigen, dass die Unterscheidung von Laster und Tugend nicht nur auf den Verhältnissen von Objekten gründet und auch nicht mit der Vernunft wahrgenommen wird.“ In: David Hume: A Treatise of Human Nature (Buch III, Teil I, Kapitel I). Siehe auch Humes Gesetz ↗
- [3] Im Englischen Original schrieb Hume: "In every system of morality, which I have hitherto met with, I have always remark’d, that the author proceeds for some time in the ordinary ways of reasoning, and establishes the being of a God, or makes observations concerning human affairs; when of a sudden I am surpriz’d to find, that instead of the usual copulations of propositions, is, and is not, I meet with no proposition that is not connected with an ought, or an ought not. This change is imperceptible; but is however, of the last consequence. For as this ought, or ought not, expresses some new relation or affirmation, 'tis necessary that it shou’d be observ’d and explain’d; and at the same time that a reason should be given; for what seems altogether inconceivable, how this new relation can be a deduction from others, which are entirely different from it [...] (I) am persuaded, that a small attention wou’d subvert all the vulgar systems of morality, and let us see, that the distinction of vice and virtue is not founded merely on the relations of objects, nor is perceiv’d by reason." In