Holismus und Evolution
Naturphilosophie
Grundidee
1927 auf Englisch veröffentlicht, später auch auf Deutsch, beschreibt das Buch ein ständiges Anwachsen von Komplexität bei dem die Teile aufs engste verwoben sind mit dem sinnhaften Ganzen das sie ergeben: das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Smuts prägte das Wort Holismus in dieser Bedeutung.
Smuts Kernaussage
Smuts: „The fundamental holistic characters as a unity of parts which is so close and intense as to be more than the sum of its parts; which not only gives a particular conformation or structure to the parts, but so relates and determines them in their synthesis that their functions are altered; the synthesis affects and determines the parts, so that they function towards the whole; and the whole and the parts, therefore reciprocally influence and determine each other, and appear more or less to merge their individual characters: the whole is in the parts and the parts are in the whole, and this synthesis of whole and parts is reflected in the holistic character of the functions of the parts as well as of the whole.“
Spiralförmige Evolution
In seinen eigenen Worten als grobe Skizze gedacht, zeigt Smuts beispielhaft, wie sich der evolutionäre Prozess zu immer größeren Einheiten entwickeln könnte. Dabei beschränkte sich der Prozess nicht auf materielle Strukturen, sondern schloss auch den Bereich des Geistigen mit ein:
- Material structure, e.g. a chemical compound
- Functional structure in living bodies
- Animals, which exhibit a degree of central control that is primarily implicit and unconscious
- Personality, characterized as conscious central control
- States and similar group organizations characterized by central control that involve many people
- Holistic Ideals, or absolute Values, distinct from human personality, that are creative factors in the creation of a spiritual world, for example Truth, Beauty and Goodness.
Smuts Zeit: Der Staat als Organismus
Smuts wandte seine Gedanken ausdrücklich auch auch menschliche Gesellschaften und die Politik an. Er suchte den einzelnen Menschen als Teil sinnstiftender und größerer politischer Gebilde zu sehen: die südafrikanische Union, der Commonwealth, der Völkerbund oder auch eine Weltregierung. Der Staat als eine Art Überorganismus war seit etwa 1850 Gegenstand philosophischer Schriften. Der Staat stifte einerseits Sinn für das Leben des Einzelnen, trat aber andererseits auch in Konkurrenz zu den Bedürfnissen von Individuen. Im Geist der Zeit lag genoß der organisch gebildete Staat Vorrang vor dem ihn bildenden Individuum. Lies mehr dazu unter organische Theorie ↗
Spätere Fortführung der Ideen
Im Politischen lebte die Idee der Weltregierung oder doch größerer politischer Gebilde fort in den Vereinten Nationen, dem Zusammenfinden der europäischen Länder zur Europäischen Union sowie ständig engeren Handelszonen. Als kosmologisches Grundprinzip und weltanschaulicher Leitgedanke trat der Holismus im Sinne Smuts zunächst in den Hintergrund. Erst mit dem Aufkommen der Computerchnologie stand die Idee Anfang der 1970er Jahre neu auf. Insbesondere die Vorstellung einer naturnotwendigen Evolution hin zu Strukturen höherer Komplexität wurde neu belebt durch die Deutung internationaler Kommunikationsstrukturen als Teil eines Globalen Gehirns. Viele dieser Bücher tragen einen ähnlich euphorischen Grundton wie auch Smuts Schrift. Ein solides naturwissenschaftlich Fundament für derartige Betrachtungen lieferte dann der englische Evolutionsbiologie John Maynard Smith in seinem Buch über Metasystem-Transitionen ↗
Fußnoten
- [1] Jan Christian Smuts: Holisms and Evolution. The Macmillan Company. New York. 1926.
- [2] John Maynard Smith, Eörs Szathmáry: The Major Transitions in Evolution. Oxford University Press, New York 1995, ISBN 0-19-850294-X.
- [3] Fortschritt und Richtung in der Evolution? In: Schöpfung und Evolution – zwischen Sein und Design. Neuer Streit um die Evolutionstheorie (pp.89–112). Herausgegeben von: Böhlau. Editiert von: Ulrich H. Körtner & Marianne Popp. 2007.