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Heron-Verfahren

Wurzelziehen

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Basiswissen


Die Wurzel von 16 ist 4, denn 4·4 gibt 16. Aber was ist die Wurzel von der Zahl 6? Das Ergebnis ist eine sogenannte irrationale Zahl. Man kann sie also niemals exakt als Dezimalzahl angeben. Man kann sie aber mit beliebig vielen Nachkommastellen berechnen. Dazu dient das Heron-Verfahren. Es werden zwei Varianten vorgestellt.



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Drei Schreibweisen zur Annäherung der Quadratwurzel aus einer positiven Zahlen: alle drei Schreibweisen geben letztendlich immer auch dasselbe Ergebnis.☛


Variante I: geometrisch


Die erste vorgestellte Variante ist nahe an der historischen Grundidee, die bis auf die alten Babylonier zurückgeht. Die Grundidee ist es, ein Quadrat zu finden, dessen Fläche der Zahl entspricht, für die man die Wurzel sucht. Die Seitenlänge des Quadrates ist dann die gesuchte Wurzel.[1]

Schritt 1: Startwerte


Wenn nun für die Zahl A (zum Beispiel 20) die Wurzel gesucht wird, dann denkt man sich zunächst irgendein beliebiges Rechtecke aus, das als Fächeninhalt genau A (hier also 20) hat. Ein solches Rechteck könnte zum Beispiel die Länge a=5 und die Breite b=2 haben. Wichtig ist, dass die Länge a auch wirklich für die längere der zwei Seiten steht.

Schritt 2: Durchschnitt als neues a


Als nächstes berechnet man den Durchschnitt, auch arithmetisches Mittel genannt[2] von der Länge und der Breite. Die Formel dafür ist (a+b):2. Man addiert also Länge und Breite. Das Ergebnis davon halbiert man dann, teilt es also rechnerisch durch zwei. Das Endergebnis ist der Durchschnitt. Im Beispiel: (2+10):2=6. Diesen Durchschnitt nimmt man jetzt als neuen Wert für die Länge des Rechtecks, also: a=6.

Schritt 3: A durch a als neues b


Als nächstes muss man die neue Breite b des Rechtecks bestimmen. Wenn man in Erinnerung behält, dass die Fläche ja immer den Wert von A haben soll (im Beispiel 20), und wenn weiterhin gilt, dass a·b=A geben muss, dann findet man b, wenn man A:a rechnet. Das kleine a ist jetzt das neue a aus dem vorherigen Schritt, also die 6. Man hat also: b=A:a. Im Zahlenbeispiel: b=20:6=10/3, also b gleich zehn Drittel. Man hat jetzt also: a=6 und b=10/3.

Schritt 4: zurück zu Schritt 2


Ab hier geht man mit den neuen Werten für a und b wieder zurück zu Schritt 2 und danach zu Schritt 3 und dann immer weiter so. Mit jedem Durchlauf dieser Schleife[3] rücken die Werte für a und b näher zusammen und auch näher an die gesuchte Wurzel heran.

Die Wurzel von 20 als Zahlenbeispiel


Hier ist jetzt die Annäherung der Wurzel von 20 über das Heron-Verfahren über insgesamt 4 Schleifen hinweg berechnet. Die Wurzel von 20 ist gerundet auf die vierte Nachkommastelle 4,4721.[4] Das Beispiel ist hier mit Bruchzahlen gerechnet, da diese rechnerisch leichter sind als Dezimalzahlen.[5]

  • Ende 0ter Schleifendurchgang (Start): a=10 und b=2, mit Durchschnitt 6
  • Ende 1ter Schleifendurchgang: a=6 und b=10/3, mit Durchschnitt 14/3
  • Ende 2ter Schleifendurchgang: a=14/3 und b=30/7, mit Durchschnitt 64/7
  • Ende 3ter Schleifendurchgang: a=94/21 und b=210/47

Schon am Ende der dritten Schleife ist der Wert für a als gerundete Dezimalzahl geschrieben 4,4762 und für b gerundet 4,4681.[6] Beide Werte liegen schon sehr nahe an der gesuchten Wurzel von 4,4721. Mit jeder weiteren Schleife gehen die Werte für a und b sehr schnell immer näher an die gesuchte Wurzel heran. Da die Zahlenrechnungen aber sehr sehr aufwändig und unübersichtlich werden, lässt man heute solche Rechenverfahren meist von Computern durchführen. Man nennt ein solches Verfahren auch ein Näherungsverfahren ↗

Variante II: rechnerisch


Angenommen, aus der Zahl a=16 soll die Quadratwurzel gezogen werden. Das Ergebnis muss die Zahl 4 sein. Angenommen, dieses Ergebnis ist noch nicht bekannt. Man wählt dann irgendeine beliebige positive Zahl, zum Beispiel die Zahl 2. Das ist dann der Wert xn. Man setzt diese Startzahl dann in den folgenden Term T ein:

  • T(xₙ) = xₙ - [(xₙ)²-a]/(2xₙ)

Mit

  • a = die Zahl, für die man die Quadratwurzel sucht
  • xₙ = der gegenwärtige Schätzwert für die Quadratwurzel der Zahl a
  • xₙ₊₁ = die nächste Schätzung, die auf die Schätzung xₙ folgt

Das Ergebnis dieser Rechnung ist dann der neue Wert für xn, man nennt es auch xn+1. Man setzt diesen neuen Wert dann auch erneut in den Berechnungsterm T(xn) ein. Mit jeder neuen solchen Berechnung kommt man näher an die gesuchte Wurzel heran. Man bricht das Verfahren ab, wenn man die gesuchte Wurzel auf ausreichend viele Nachkommastellen berechnet hat.

Ein Zahlenbeispiel zu Variante II


  • xₙ = 2 ist ein zufällig gewählter Wert für xn, also der Startwert ↗
  • a=16 und xₙ=2 einsetzen in T(xₙ) = xₙ - [(xₙ)²-a]/(2xₙ)
  • Die 5 ist dann das neue xn und man rechnet neu:
  • T(5) = 5-[5²-16]/(2·5) = 5-(0,9) = 4,1
  • Die 4,1 ist dann das neue xn und man rechnet neu:
  • T(4,1) = 4.0012195121951 ✔

Man sieht an diesem Zahlenbeispiel, wie schnell sich die Näherungslösung der exakten Lösung 4 annähert. Mit jedem Schritt kommt man näher als die exakte Lösung. Nach nur wenigen sogenannten Iterationsschritten hat man meist eine Lösung, die ausreichend genau ist. Verblüffend ist dabei, dass man als Startzahl jede beliebige positive Zahl nehmen kann. Trotzdem wird das Verfahren nach einigen Schritten sehr genau die Wurzel angeben.

Was heißt Konvergenz?


Wenn eine Näherungsformel zuverlässig immer näher an die Lösung heranführt, dann sagt man auch, dass die Folge der Näherungsschritte gegen die Lösung konvergiert. Diese Verhalten selbst nennt man dann Konvergenz ↗

Was ist ein Algorithmus?


Als Algorithmus bezeichnet man ein starres Rechenverfahren, dass mit denselben Schritten immer auch zu demselben Ergebnis kommt. Man erkennt Algorithmen daran, dass man sie als starre Computerprogramme umsetzen kann. Das Heron-Verfahren ist ein solcher Algorithmus ↗

Fußnoten


  • [1] Den Flächeninhalt A eines Quadrates kann man wie bei jedem Rechteck über die Formel Länge mal Breite berechnen. Da ein Quadrat ein Rechteck ist, bei dem alle Seiten gleich lang sind, sind auch Länge und Breite gleich lang. Man spricht dann nur noch von einer Seitenlänge. Also ist der Flächeninhalt A des Quadrates Seitenlänge mal Seitenlänge oder kurz a². Das kleine a ist die übliche Abkürzung für die Seitenlänge. Es gilt also: A=a². Eine Zahl a, die mit sich selbst multipliziert A ergibt, nennt man auch die Wurzel von A. Beispiel: wenn 4·4=16 gilt, dann ist 4 die Wurzel von der 16. So kommt man auf die Idee, dass die Wurzel einer Zahl A gleich der Länge des Quadrates ist, dass den Flächeninhalt A hat. Siehe auch Quadratfläche ↗
  • [2] So ist zum Beispiel der Durchschnitt oder das arithmetische Mittel der Zahl 8 und 12 die Zahl 10, denn: (8+12):2 = 20:2 = 10. Siehe mehr unter Durchschnitt ↗
  • [3] Das Wort Schleife meint hier, dass man die Schritte von 2 bis 4 immer wieder neu durchläuft. Schleifen sind mit Hand oft mühsam zu berechnen. Aber Computer können Schleifen auch mit komplizierten Rechnungen in Bruchteilen von Sekunden ausführen. Wie das in einer Programmiersprache aussieht zeigt die beispielhaft die Seite Basic256 do until ↗
  • [4] Gerundet auf die vierte Nachkommastelle heißt, dass man die vierte Nachkommastelle noch hinschreibt. Ob man auf- oder abrundet hängt dann von der fünften Nachkommastellen ab. Siehe auch runden ↗
  • [5] Eine Bruchzahl wie zum Beispiel 14/3 (vierzehn Drittel) kann man exakt aufschreiben. Als Dezimalzahl wäre das 4,6666… also Vier-Komma-Periode-Sechs. Die Bruchzahlen sind einfacher. Man benötigt für das Heronverfahren nur drei Verfahren zur Bruchrechnung: Zahl durch Bruch, Bruch durch Bruch und Bruch halbiereren. Siehe auch Bruchrechnung ↗
  • [6] Wie man eine Zahl in Bruchdarstellung umwandelt in eine Zahl in Dezimalzschreibweise ist erklärt im Artikel Bruchzahl in Dezimalzahl ↗