Eisen-Glüh-Versuch
Physik
© 2025
Basiswissen|
Video|
Material|
Anleitung|
Glutfarben|
Pilotversuch 7. Juli 2025|
Zündung über Batterie|
Technik-Geschichte|
Fußnoten
Basiswissen
Eisen- oder Stahlwolle, wie man sie zum Reinigen von Flächen im Baumarkt oder in einem Küchengeschäft kaufen kann, werden gezielt und schnell zum Rosten gebracht. Dabei nimmt die Masse der Metallwolle messbar zu. Der Grund ist, dass sich Eisen mit dem Sauerstoff der Luft zu Eisenoxid verbunden, zur Masse des reinen Eisens dann also noch die Masse der chemisch gebundenen Luft dazukommt.
Video
Am 7. Juli 2025 wurde der Eisen-Glüh-Versuch zum ersten Mal als Pilotversuch in der Lernwerkstatt in Aachen durchgeführt. Das Ziel war es, das Zündverhalten von Eisen zu erkunden sowie abzuschätzen, ob die gemessene Änderung der Masse der Stahlwolle zu den theoretischen Werten der wahrscheinlich ablaufenen chemischen Reaktion passt.
Der etwa 5 Minuten lange Film zeigt, wie man feine Stahlwolle aus dem Baumarkt "zünden" kann und auf welche verschiedene Weisen sich die Stahlwolle anschließend verändert.
Material
- Stahlwolle[1]
- Feuerfester Untergrund
Anleitung
- Man stelle einen funktionsfähigen Feuerlöscher griffbereit auf.
- Man lege zur doppelten Sicherheit noch eine Löschdecke dazu.
- Man baue den Labor-Gasbrenner auf einer feuerfesten Unterlage (z. B. Stein) auf.
- Man nehme ein Stück Stahlwolle, etwa zum Polieren von Metallen.[1]
- Wenn neu gekauft, ist keine Reinigung nötig.
- Wenn die Wolle vorher benutzt wurde, erst in einem Bad aus Spiritus entfetten, dann trocknen lassen.
- Das Stück Stahlwolle bis auf Zehntel Gramm genau wiegen.
- Dann die Glaswolle mit einem feuerfesten Schraubendreher oder einer Zange haltbar machen.
- Dann die Glaswolle für einige Sekunden in die Flamme des Labor-Gasbrenners halten.
- Wenn man helle Glut sieht, die Stahlwolle auf die steinerne Unterlage legen.
- Die Stahlwolle wird nun langsam durchglühen. Das kann bis zu einer Stunde dauern.
- Während dieser Zeit wird eine große Hitze entwickelt.
Glutfarben
Die Farbe, mit der ein Metall glüht, gibt einen Hinweis auf dessen Temperatur. Hier ist eine typische Tabelle dazu:[2]
- Unterhalb 400 °C: unsichtbare Infrarotstrahlung ↗
- 400 °C: bei Nachtsehen farblose Grauglut, nur im Dunkeln wahrnehmbar
- 525 °C: Beginnende Rotglut
- 700 °C: Dunkle Rotglut (Leuchtdichte ca. 1,5 cd/m²)
- 800 °C: Helle Rotglut (ca. 14 cd/m²)
- 1100 °C: Gelbglut (ca. 1.700 cd/m²)
- 1300 °C: beginnende Weißglut (ca. 16 Tausend cd/m²)
- 1500 °C: volle, blendende Weißglut (knapp 100 Tausend cd/m²)
In ersten Vorversuchen in der Mathe-AC Lernwerkstatt in Aachen wurde eine helle Rotglut beobachtet. Das deutet auf Temperaturen im Bereich von 800 bis maximal 1100 °C hin. Die Temperatur der Zündflamme des verwendeten Butan-Propan-Brenners wurde mit 1700 °C angegeben.[3]
Pilotversuch 7. Juli 2025
Am 7. Juli 2025 wurde in der Mathe-AC Lernwerkstatt in Aachen ein erster Pilotversuch durchgeführt. Eng zu einem Zylinder von 10 cm Länge und bis zu 4 cm Durchmesser zusammengepresste Stahlwolle wog in dieser Form am Anfang 25,2 Gramm.
Die Stahlwolle wurde dann für gut eine Minute an mehreren Stellen mit der Flamme eines Propan-Butan-Labor-Gasbrenners entzündet. Man sah am Anfang schnell erlöschende Funken umherfliegen. Anschließend glühte der Draht im Inneren für gut eine halbe Stunde weiter, bevor er erlosch. Dabei war er die ganze Zeit über heiß. Hier die Daten im Überblick:
Vorher:
- Länge: etwa 10 cm
- Durchmesser: bis 4 cm
- Masse: 25,2 Gramm
- Farbe: hell glänzend
- Festigkeit: ließ sich leicht eindrücken
- Magnetismus: stark von Magnet angezogen
Glühen:
- Sehr viel Hitze, über lange Zeit
- Keine Flammenbildung, langsame Reaktion
- Hellrot, vielleicht bis 1100 °C Glutfarbe ↗
Nachher
- Länge: etwa 9 cm
- Durchmesser: etwa 3,6 cm
- Masse: 34,35 g
- Farbe: dunkelgrau, ähnlich wie Magnetitkristall ↗
- Festigkeit: sehr starr, sehr formstabil
- Magnetismus: stark von Magnet angezogen
Beobachtungen
- Die Stahlwolle entwickelte beim Durchglühen über lange Zeit eine starke Hitze. Sie schien trotz der Massenzunahme von gut 36,3 % vom Volumen her zu schrumpfen. Die dunkelgraue Färbung im Endzustand und der starke Magnetismus deuten auf Magnetit als Ergebnis der Reaktion.
- Kleine Späne hielten sich nach dem Glühvorgang magnetisch an einem Schraubendreher oder an einer Zange fest.
Theorie
- Chemisch könnte die Stahlwolle mit dem Sauerstoff der Umgebungsluft zu Fe₂O₃ (Hämatit) oder auch zu Fe₃O₄ (Magnetit) reagiert haben.
- Reaktion zu Hämatit: 4Fe + 3O₂ → 2Fe₂O₃
- Bei einer Reaktion zu Hämatit wäre die Endmasse rund 35,8 Gramm
- Bei einer Reaktion zu Hämatit wäre das Endprodukt schwach magnetisch.
- Bei einer Reaktion zu Hämatit wäre die frei werden Enthalpie rund 184,5 kJ.
- Magnetit gilt als schlechter elektrischer Leiter.
- Reaktion zu Magnetit: 3Fe + 2O₂ → Fe₃O₄
- Bei einer Reaktion zu Magnetit wäre die Endmasse rund 34,6 Gramm
- Bei einer Reaktion zu Magnetit wäre das Endprodukt stark magnetisch.
- Bei einer Reaktion zu Magnetit wäre die frei werden Enthalpie rund 167,1 kJ.
- Magnetit gilt als guter elektrischer Leiter.
Bei weiterer Erhitzung der Luft von etwa 300 bis 700 °C würde sich das Magnetit theoretisch weiter zu Hämatit aufoxidieren. Hilfreich ist dabei eine gute Durchlüftung, sodass Sauerstoff schnell alle Teile der Magnetit-Oberfläche erreichen kann. Alternativ man Magnetit auch an der Luft rosten lassen. Dieser Prozess kann allerdings Wochen oder Monate dauern. Dabei entstehen am Ende Hämatit und/oder Goethit.
Vermutung
Das mehr oder minder reine Eisen der Stahlwolle wurde weitgehend in das dunkelgraue bis schwarze und stark magnetische Hämatit umgewandelt. Hämatit hingegen wäre rotbraun bis rostfarben und nur schwach magnetisch.
Fragen
- Die beobachtete Zunahme an Masse lag über dem stöchiometrisch berechneten Wert. Wie kann das sein?
- Kann durch den starken Magnetismus eine Reaktion zu Hämatit (Fe₂O₃, nicht magnetisch) ausgeschlossen werden?
- Welchen Einfluss könnte der Kohlenstoff oder die geringen anderen Bestandteile der Legierung[1] haben?
Zündung über Batterie
Alternativ über eine Zündung mit einer Gasflamme kann man die Stahlwolle auch leicht mit Hilfe einer kleinen Batterie zünden. Auch hier sollte man eine feuerfeste Unterlage benutzen und Feuerlöschmittel griffbereit halten.
Das Eisen aus der Stahlwolle reagiert mit dem Sauerstoff aus der Luft: 3Fe + 2O₂ → Fe₃O₄. Diese Reaktion ist ein klassisches Beispiel für eine sogenannte Oxidation.
Den Fortschritt der Oxidation des Eisens (Fe) zu Magnetit (Fe₃O₄) kann man gut an der Eindunkelung des Wolle erkennen: Magnetit ist deutlich dunkler als die ursprüngliche Stahlwolle.
Der Versuch mit der Batteriezündung zeigt auch eindrucksvoll die Gefahr selbst vermeintlich leerer Batterien auf. Man benötigt keine hohen Spannungen oder riesige Energiemengen, um ein Feuer zu entzünden. Es genügen alleine hohe Temperaturen. Und die kommen auch bei niedrigen Spannung schon dann zustande, wenn Strom durch dünne Leiter fließt und diese nur kurz über deren ohmschen Widerstand aufheizt. Einmal gezündet, brennt der Stoff, im Beispiel oben Eisen, dann von alleine weiter solange er genügen Sauerstoff zur Verfügung hat.
Technik-Geschichte
Es mag für viele verwunderlich erscheinen, wie leicht man Metall dazu bringen kann zu verbrennen. In der Geschichte der Technik kann man nachlesen, wie schwer es war, Drähte zu entwickeln, die zwar einerseits viel Hitze (Toaster, Tauchsieder) oder viel Licht (Glühbirne, Leuchtfeuer) erzeugen konnten, ohne dass sie dabei verglühten.
- Z. B. für die Seefahrt Leuchtfeuer ↗
- Z. B. für Toaster Heizdraht ↗
Erst im Laufe des 20ten Jahrhunderts gelang es, durch eine geeignete Mischung verschiedener oft metallischer Stoffe ausreichend robuste Drähte oder Elektroden herzustellen.
Fußnoten
- [1] Stahlwolle des Herstellers Lux aus Wermelskirchen: "Die LUX-TOOLS Stahlwolle 200 g Nr. 000 besteht aus 1A Gütestahl. Sie ist sehr elastisch, langfaserig und reißfest und eignet sich somit ideal zum Feinpolieren von Metallen und empfindlichen Oberflächen, wie z. B. Messing- und Kupfergefäße, Zinnteller und Aluminiumrahmen." In einer Verkaufspackung sind 8 Rollen zu je 25 Gramm (Herstellerangabe) enthalten. Die Stahlwolle hat die Feinheit Nr. 000. Der Stahl wird als 1A-Gütestahl angegeben. Das meint üblicherweise: Eisen (Fe) ≥ 99,8 %, Kohlenstoff (C) ≤ 0,10 %, Mangan (Mn), Silizium (Si), Phosphor (P), Schwefel (S) je ≤ 0,03 %. Unlegierter Kohlenstoffstahl bildet bei Kontakt mit Feuchtigkeit und Sauerstoff rasch Eisen(II)- und Eisen(III)-Oxide (Rost). Zum Rostverhalten: bereits kurz feucht gelagerte Stahlwolle beginnt innerhalb weniger Stunden bis Tage zu rosten. Unter Wasser oder in saurer Umgebung (z. B. Essigsäure, Salzwasser) erfolgt besonders schnelle Korrosion. In trockenem Zustand praktisch unbegrenzt lagerfähig, solange kein Kondenswasser auftritt.
- [2] Die Tabelle zu den Glutfarben stammt aus: Ulrich Fischer: Tabellenbuch Metall. 41. Auflage. Verlag Europa-Lehrmittel Nourney, Vollmer, 2001, ISBN 3-8085-1721-2, S. 128B. Siehe auch Glutfarbe ↗
- Verwendet wurde ein Labor-Gasbrenner von laborladen.de mit der Artikelnummer: L10.0063.00001. Das Gas war dabei in einer Kartusche enthalten. Siehe mehr unter WH54 20250626 Inventar Labor-Gasbrenner ↗
- [3] In den falschen Müll geworfene Batterien lösen immer wieder Brände aus. "Bis zu 30 Mal am Tag, 10.000 Mal im Jahr, brennt es laut einer Studie des zuständigen Verbands in deutschen Entsorgungsbetrieben. Meistens ist ein falsch entsorgter Akku oder eine Batterie Schuld." So wird ein Fachmann zitiert. Im rheinischen Swisttal waren am Sonntag den 6. Juli 2025 gut hundert Einsatzkräfte der Feuerwehr über 14 Stunden mit einem solchen Brand beschäftigt. Wegen des starken Rauchs musste vor Ort sogar ein Fußballspiel abgesagt werden. In: Kristina Klusen: Brände in Recyclinghöfen: Kleine Batterien als unterschätzte Gefahr. WDR aktuelle Stunde. Online Artikel vom 7. Juli 2025.