Berührpunkt
Definition
Basiswissen
In der Geometrie ist ein Berührpunkt ein Punkt, an dem sich zwei Objekte (z. B. Kreise, Vierecke, Kugeln) nur berühren, aber nicht durchdringen: in der Analysis ist ein Berührpunkt ein Punkt von zwei Graphen, an dem beiden Graphen dieselbe Tangentensteigung haben. Dabei ist üblicherweise eine Durchdringung oder Überkreuzung erlaubt.
Mathematische Definition
- Die mathematische Definition eines Berührpunktes ist:
- Ein gemeinsamer Punkt mit identischer Tangentensteigung
Umgangssprachlich
"Nur berühren" wird oft so verstanden, dass sich zwei Graphen, Linien oder Körper an einer Stelle nur kurz berühren aber nicht schneiden oder durchdringen. An weiter entfernten anderen Stellen können sich die Graphen dann durchaus noch einmal berühren oder auch schneiden, aber nicht direkt am Berührpunkt selbst. Die mathematische Definition eines Berührpunktes fordert das aber nicht. Dort darf es auch am Punkt der Berührung eine Überkreuzung[2] oder Durchdringung[3] geben.
Beispiel Berührpunkt ohne Überkreuzung
- Die Normalparabel von f(x)=x² hat den Scheitelpunkt bei (0|0).
- Die Parabel berührt dort die x-Achse ohne sie aber zu schneiden.
- Der Punkt (0|0) ist also ein Berührpunkt von f(x) ohne Überkreuzung.
Beispiel Berührpunkt mit Überkreuzung
- Der Graph von f(x)=³ hat einen Sattelpunkt bei (0|0).
- Die x-Achse berührt dort den Graphen.
- Gleichzeitig überkreuzen sie sich dort auch mit f(x).
- Der Punkt (0|0) ist hier also ein Berührpunkt mit Überkreuzung.
Sind Berührpunkte mit der x-Achse auch Nullstellen?
- Ja:
- Jeder Berührpunkt mit der x-Achse ist auch eine Nullstelle.
- Für eine Nullstelle genügt es, wenn der Funktionswert y gleich 0 ist.
- Aber: nicht jede Nullstelle ist auch ein Berührpunkt mit der x-Achse.
- Wenn der Graph die x-Achse von oben nach unten schneidet ist es kein BP.
- Eine Nullstelle, die auch Berührpunkt ist heißt Mehrfachnullstelle ↗
Was hat die Steigung mit der Idee der Berührung zu tun?
- Wo sich zwei Funktionsgraphen (Kurven) berühren haben sie dieselbe Steigung.
- (Vorausgesetzt sie haben an dem Punkt eine definierte Steigung.)
- Das heißt für Graphen: der y-Wert ihrer 1. Ableitung ist dort gleich.
- Oder: x in die 1. Ableitung eingesetzt gibt immer denselben y-Wert.
Fußnoten
- [1] Lothar Papula: Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler Band 1. 14. Auflage. Springer Vieweg. ISBN: 978-3-658-05619-3. Auf Seite 151 unter dem Kapitel Nullstellen werden Doppelnullstellen als Berührungspunkt bezeichnet. Das Buch gibt aber keine Definition des Wortes Berührpunkt Der Papula ↗
- [2] Das Spektrum Lexikon der Mathematik behandelt auch die Zweideutigkeit des Wortes Berührpunkt: Zwei Funktionen f und g berühren sich in einem Punkt an der Stelle (x-Wert) a genau dann, wenn beide Funktionen dort differenzierbar sind, wenn a ein sogenannter innerer Punkt beider Funktionen ist (das heißt nicht am Rand des betrachteten Intervalls liegt) und wenn dann gilt: f(a) = g(a) und f'(a) = g'(a). Das heißt, an dem Punkt haben beide Funktionen denselben Funktionswert und dieselbe Steigung. Dieser Punkt wird in dem Artikel auch Berührungspunkt genannt. Das Lexikon unterscheidet auch eine "Berührung mit Überkreuzung" und eine "Berührung ohne Überkreuzung" und sagt zur Mehrdeutigkeit des Wortes Berührpunkt: "Die Literatur ist hier nicht ganz einheitlich: Manche Autoren sprechen in einem solchen Fall, also wenn sich die Funktionen überkreuzen, nicht mehr von einer Berührung; die hier gegebene Definition scheint aber die verbreitete." In: Guido Walz: Spektrum Lexikon der Mathematik. Band 1. A bis Eif; 2000; ISBN: 3-8274-0303-0. Dort der Artikel "Berührung zweier Funktion". Siehe auch Berührpunkt ↗
- [3] 1907, es darf Überkreuzungen oder Durchgänge geben: "Berührung. In der Geometrie sagt man: zwei ebene Kurven haben einen K. oder sie berühren einander, wenn sie einen Punkt (den Berührungspunkt) und in diesem Punkte die Tangente gemein haben. Bei jedem K. fallen mindestens zwei sonst getrennte Schnittpunkte der beiden Kurven in dem gemeinsamen Berührungspunkte zusammen; ist n+1 die Zahl der zusammenfallenden Punkte, so nennt man den K. einen K. n-ter Ordnung und für n=2 insbes. Oskulation (die Kurven oskulieren einander), für n > 2 auch Oskulation höherer Ordnung. Mit ihren Tangenten hat eine Kurve im allgemeinen nur eine Berührung erster Ordnung, wohl aber kann in einzelnen Punkten der Kurve (den Wendepunkten) der K. mit den zugehörigen Tangenten von zweiter Ordnung sein; dagegen wird die Kurve von allen ihren Krümmungskreisen (s. Krümmung) oskuliert. Je höher die Ordnung der Berührung ist, um so genauer schmiegen sich die Kurven in der Nähe des Berührungspunktes aneinander; doch ist zu unterscheiden, ob die Ordnung der Berührung ungerade oder gerade ist: im ersten Falle verhalten sich die Kurven in der Nähe der Berührungspunkte so, daß jede ganz auf der einen Seite der andern liegt, im zweiten Falle geht im Berührungspunkt jede der beiden Kurven durch die andre hindurch. Zwei Flächen haben in einem Punkt einen K., wenn jede durch den Punkt gehende Ebene auf ihnen zwei Kurven ausschneidet, die einander in diesem Punkte (dem Berührungspunkt der Flächen) berühren; sie haben in dem Berührungspunkt immer die Tangentialebene gemein (s. Tangente). Näheres in den Lehrbüchern der Differentialrechnung." In: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907. Dort der Artikel "Kontakt" auf Seite 436-437. Online: http://www.zeno.org/nid/20006925308
- [4] 1857: Berührung und Kontakt werden unterschieden: "Contact (v. lat., Math.), Berührende, wenn sie nicht blos eine gewöhnliche Tangente, sondern eine Berührende irgend einer höhern Ordnung ist, d.h. außer wenigstens einem Berührungspunkt mit 2 Curven, noch andere hat, od. wenigstens Punkte, in denen sie dieselben schneidet." Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 406. Online: http://www.zeno.org/nid/20009716041