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Trägheitskraft

Physik

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Kurzdefinition


Eine scheinbare Kraft, die sich einer Änderung des Bewegungszustandes widersetzt: die Trägheitskraft gilt im Sinne der drei Newtonschen Axiome nicht als echte eigenständige Kraft. Sie wird in die Formeln nicht eingesetzt.



Bildbeschreibung und Urheberrecht
Auch ohne Antrieb der Schiffschrauben bewegt sich das Schiff kraftvoll weiter.☛


Die Originaldefinition von Isaac Newton


Isaac Newton (1642 bis 1729) beschrieb die Trägheitskraft erstmals auf Latein[1] im Jahr 1687. Erst später wurden die Texte von anderen Personen ins Englisch[2] oder Deutsche[3] übersetzt. Eng am lateinischen Original ist die folgende Übersetzung:

ZITAT:

"Die vis insita, oder innere Kraft der Masse, ist eine Fähigkeit zum Widerstand, die jeder Körper, im Maße seiner Masse, ausübt, um seinen gegenwärtigen Zustand, sei dieser Ruhe oder eine gleichmäßige Bewegung nach vorne in einer geraden Linie."[2]

Vis insita heißt dabei so viel wie angeborene Kraft, die Newton wenige Zeilen später dann ausdrücklich als vis inertia, also Trägheitskraft, bezeichnet.

Was ist ein einfaches Alltagsbeispiel?


Ein Boot treibt langsam auf eine Ufermauer zu. Selbst bei kleinen Booten muss man sehr stark dagegen drücken, um die Bewegung zu stoppen. Die Kraft, die scheinbar vom Boot ausgeht und sich der Geschwindigkeitsänderung entgegen stellt ist die Trägheitskraft.

Wie behandelt die Physik die Trägheitskraft?


  • Hier ist die maßgebliche Formel: F = m·a
  • Der Term m·a gibt den Betrag der Trägheitskraft an.
  • Er ist immer gleich der Summe aller äußeren Kräfte F.

Wie behandelt die Technische Mechanik die Trägheitskraft?


  • Dort verwendet man das Konzept eines dynamischen Gleichgewichtes.
  • Die Trägheitskraft wird als eigenständige Kraft in Gleichungen eingesetzt.
  • Die Summe aller Kräfte ist für ruhende, gleichförmig bewegte und beschleunigte Körper dann immer 0.
  • Dazu rechnet man die Trägheitskraft als negativen Wert der Summe aller äußeren Kräfte.

Welche Bedeutung hat die Trägheitskraft für Masse?


Masse ist physikalisch darüber definiert, dass sie sich immer einer Änderung ihrer Geschwindigkeit widersetzt. Man braucht immer Kraft, um eine Masse, also etwas "mit Kilogramm" schneller oder langsamer zu machen oder seine Bewegungsrichtung zu ändern. Das heißt: alles, was sich mit einer Kraft einer Änderung seiner Bewegungszustandes widersetzt, muss Masse haben oder ist Masse. Diese Widerstandskraft ist die Trägheitskraft. Daraus folgt dann auch, dass für eine Änderung der Geschwindigkeit eines Körpers mit Masse Arbeit nötig ist, denn man muss die Kraft über eine gewisse Wegstrecke ausüben. Und Kraft mal Weg ist Arbeit. Interessant ist die Frage, ob auch der Umkehrschluss gilt: was einer Geschwindigkeitsänderung keinen Widerstand entgegensetzt und damit auch keine Arbeit benötigt kann keine Masse haben. Gibt es solche Dinge? Ja, das klassische Beispiel dafür ist das Photon, auch Lichtteilchen genannt. Photonen haben gewisse Eigenschaften von Teilchen. Aber wenn zum Beispiel ein Photon einen Glaskörper verlässt und in Luft eintritt, dann erhöht es seine Geschwindigkeit ohne Zeitverzug um viele Zehntausende Kilometer pro Sekunde. Das Photon übt dabei keine Widerstands- oder Trägheitskraft aus, die Geschwindigkeitsänderung erfolgt sofort, man sagt auch instantan. Auch sind dafür weder Arbeit oder Energie nötig. So gesehen hätte ein Photon auch keine Masse. Dennoch hat auch ein Photon Eigenschaften, die man mit Masse verbindet. Um diese Doppeldeutigkeit zu umgehen, sagt man oft korrekt einschränkend, dass ein Photon zumindest keine träge Masse hat. Lies mehr zu dieser schwierigen Frage im Artikel zur Photonenmasse ↗

Fußnoten


  • [1] Newtons Trägheitskraft im lateinischen Original aus dem Jahr 1687: "Materiæ vis insita est potentia resistendi, qua corpus unumquodq;, quantum in se est, perseverat in statu suo vel quiescendi vel movendi uniformiter
in directum." In: Isaac Newton: Philosophiae Naturalis Principia Mathematica. Erstausgabe auf Latein im Jahr 1687. Online: https://www.gutenberg.org/cache/epub/28233/pg28233.txt
  • [2] Newtons Trägheitskraft in einer Übersetzung ins Englisch: "The vis insita, or innate force of matter, is a power of resisting, by which every body, as much as in it lies, endeavours to persevere in its present state, whether it be of rest, or of moving uniformly forward in a right line. This force is ever proportional to the body whose force it is ; and differs nothing from the inactivity of the mass, but in our manner of conceiving it. A body, from the inactivity of matter, is not without difficulty put out of its state of rest or motion. Upon which account, this vis insita, may, by a most significant name, be called vis inertia, or force of inactivity." In: Mathematical Principles of Natural Philosophy, by Sir Isaac Newton, Translated into English by Andrew Motte. Basierend auf der dritten lateinischen Ausgabe aus dem Jahr 1729. Auf Englisch erschienen im Jahr 1846. Online: https://redlightrobber.com/red/links_pdf/Isaac-Newton-Principia-English-1846.pdf
  • [3] Eine deutsche Übersetzung: Sir Isaac Newton’s Mathematische Principien der Naturlehre – Mit Bemerkungen und Erläuterungen, übersetzt von J. Ph. Wolfers. Berlin 1872. Herausgegeben von Robert Oppenheim, 1872. Unveränderter Nachdruck Minerva, 1992, ISBN 3-8102-0939-2. Online: https://de.wikisource.org/wiki/Mathematische_Principien_der_Naturlehre