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Tagebau Hambach

Bergbau

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Basiswissen


Der Tagebau Hambach gehörte während seiner Betriebszeit zu den größten Bergbaubetrieben weltweit: fast 400 Meter tief und viele Kilomter lang und breit ist der Tagebau. Zwischen Köln, Aachen und Jülich wurden hier pro Jahr rund 40 Millionen Tonnen Braunkohle abgebaut, das sind rund 1,3 Tonnen in jeder Sekunde. Der Tagebau ist hier kurz vorgestellt.



Bildbeschreibung und Urheberrecht
Blick auf einen Schaufelradbagger im Tagebau Hambach.☛


Der Betreiber


  • Früher hieß die Firma "Rheinbraun".
  • Heute gehört "Rheinbraun" zum RWE-Konzern.
  • RWE betreibt auch die Kraftwerke

Daten


  • Abbautechnik: Tagebau auf 85 km²
  • Abraum: pro Jahr: 250 bis 300 Mio. t
  • Förderung/Jahr: 40 Mio. t
  • Beschäftigte ca.: 1.500
  • Betriebsbeginn: 1978
  • Betriebsende 2040: (Stand 2017)
  • Nachfolgenutzung: Rekultivierung, Restsee
  • Größte Tiefe: 370 m

Die Sophienhöhe


Die Braunkohle liegt in mehreren hundert Metern Tiefe, im Bergbau sagt man auch Teufe. Um mit einem Tagebau an die Kohle zu gelangen muss das darüberliegende Deckgebirge zunächst abgetragen werden. Das abgetragene Material wurde dann als sichtbarer Hügel außerhalb des Tagebaus angehäuft. Dieser Hügel ist die Sophienhöhe ↗

Das Thema CO₂


Die in Hambach gewonnene Braunkohle wird mit einer Eisenbahn, der sogenannten Hambach, in nahegelegene Großkraftwerke transportiert. Dort wird die Braunkohle dann in riesigen Kesseln verbrannt. Dadurch wird extrem heißer Wasserdampf in Rohren erzeugt. Mit diesem Wasserdampf wiederum werden gigantische Stromgeneratoren angetrieben. Bei der Verbrennung verbindet sich der Kohlenstoff der Braunkohle mit dem Sauerstoff der Luft und es entsteht Kohlendioxid: C+0₂ ⭢ CO₂. Das CO₂ verteilt sich weltweit in der Erdatmosphäre. Dort bewirkt es dass Wärme länger auf der Erde zurückgehalten wird und nicht in den Weltraum abstrahlen kann. CO₂ ist damit ein wirksames Treibhausgas ↗

Der Restsee


Die dem Untergrund entnommene Menge an Braunkohle sowie die zur Sophienhöhe aufgeschütteten Massen werden am Ende des Tagebaubetriebs als Massendefizit fehlen und ein sogenanntes Restloch mit einem Volumen von 3,6 Milliarden m³ (Kubikmeter) hinterlassen. Wie auch schon das Restloch des Tagebaus Zukunft-West[2], soll auch das Restloch des Tagebaus Hambach mit Wasser befüllt werden. Letztendlich entsteht dort dann ein sogenannter Restsee.

Ein naheliegender Gedanke wäre es, das Restloch über das umgebende Grundwasser und zufließende Oberfächenwässer volllaufen zu lassen. Dagegen sprechen aber gebirgsmechanische Gründe: steht das Grundwasser im umliegenden Gebirge höher als der Wasserspiegel der dann aktuellen Restlochbefüllung, so werden die wassergetränkten Böschungen instabil. Es drohen Hangrutschungen oder eine langsame Erosion. Um das zu verhindern, muss man der Wassespiegel im Restloch stets etwas höher sein sein als der Grundwasserspiegel im umliegenden Gebirge. Eine Möglichkeit das zu erreichen ist eine aktive und kontrollierte Befüllung des Restlochs mit Fremdwasser. Im Fall des Tagebaus Hambach soll dieses Fremdwasser vom Rhein abgezweigt werden.

Die etwa 45 Kilometer lange Pipeline geht von Dormagen bis zum Restloch des Tagebaus bei Elsdorf. Der Innendurchmesser jedes der 12 Meter langen Stahlrohre liegt bei 2,20 Metern, die Masse bei rund 10 Tonnen. Letztendlich sollen rund 9000 dieser Rohre zur Pipeline zusammengestellt werden. 4,3 Milliarden m³ Wasser sollen durch die Pipeline transportiert werden.[3]

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9000 Rohre zu je 12 Metern Länge ergeben zusammen 108000 Meter oder 108 Kilometer. Wie passt das zur angegebenen Länge der Pipeline von 45 Kilometern?

Ab dem Jahr 2030 sollen dann in jeder Sekunde bis zu 18 Kubikmeter Wasser aus dem Rhein entnommen werden.[4] Der mittle Abfluss des Rheins bei Düsseldorf liegt in der Größenordnung von rund 2200 m³ pro Sekunde.[5] Zum Vergleich: die chemische Großanlage von BASF in Mannheim entnahm im Jahr 2022 durchschnittlich etwas mehr als 0,5 Kubikmeter Wasser aus dem Untergrund.[7] Etwa 40 Jahre nach dem Beginn der Auffüllung, also im Jahr 2070 soll die Befüllung des Restlochs Hambach abgeschlossen sein.

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Bei einer gleichbleibenden Wasserentnahme von 18 m³ in jeder Sekunde und einer verlustfreien Auffüllung der 3,6 Milliarden m³ des Restlochs wäre die Befüllung nach gut 6 Jahren und einigen Monaten abgeschlossen.

Rein rechnerisch sollte die Befüllung bei konstanter Wasserentnahme und verlustfreier Auffüllung nach etwas mehr als 6 Jahren abgeschlossen sein. Dass tatsächlich 40 Jahre angesetzt werden könnte mehrere Gründe haben, zum Beispiel:

  • verringerte Entnahme von Rheinwasser in Dürrezeiten
  • Verdunstung von bereits aufgefülltem Wasser aus dem Restsee
  • Versickerung von aufgefülltem Wasser in das vorher gesümpfte Gebirge
  • Kontrolliert langsamer Anstieg aus Gründen der Böschungsstabilität

Der Umweltverband BUND ist skeptisch, ob die vorgesehene Planung eingehalten werden kann: aufgrund der Gletscherschmelze in den Alpen und der zunehmend warmen Sommer wird der Rhein möglicherweise nur im Winter genug Wasser für eine Entnahme führen können. Zudem sei mit großen Mengen an verdunstetem Wasser in den Restseen zu rechnen. Letztendlich, so der BUND, könnte die Zeit für die Befüllung des über 3500 Hektar großen Restsees mit einem Volumen von über 3 Milliarden Kubikmetern deutlich länger als nur 40 Jahre dauern.[5]

Historisch: Union 103


Auf dem Gelände des heutigen Tagebaus Hambach wurde beim Ort Morschenich unter dem damaligen Bürgewald die Braunkohle unter Tage abgebaut. Bis in gut 330 Meter Tiefe reichten die Grubenbaue. Seit dem Jahr 2011 werden die alten Grubenbaue durch den nachfolgenden Tagebau abgetragen.[1]

Quaestiones


  • 1) Wenn 9000 Rohre mit einer Einzellänge von je 12 Metern verbaut werden sollen[4], wie kommt man dann auf die geplante Länge der Pipeline von 45 Kilometern?
  • 2) Wenn dem Rhein zur Befüllung des Restsees Hambach pro Sekunde 18 Kubikmeter Wasser entnommen werden sollen, dann wäre das das Restloch nach deutlich unter 10 Jahren mit Wasser befüllt. Wie kommt man dann auf eine Zeitdauer von gut 40 Jahren?

Fußnoten


  • [2] Der Tagebau Zukunft-West lag etwas westlich des später aufgeschlossenen Tagebaus Inden. Aus dem Restloch entstand der heute so genannte Blausteinsee ↗
  • [3] Die Angaben stammen aus einem Zeitungsartikel. Unklar bleibt in dem Artikel, warum die Summe der Längen aller 9000 Rohre insgesamt über 100 Kilometer ergibt (9000 mal 12 Meter) und nicht wie erwartet rund 45 Kilometer. Eine mögliche Antwort wäre, dass zwei Rohrstränge parallel verlegt werden.
  • [4] Stephan Pesch: Riesige Rohre für Rheinwasser-Leitung lagern bei Bedburg. Tausende Rohre für den Rheinwassertransport sind bereits im Rheinischen Revier. Damit soll der Tagebau Hambach geflutet werden. In: WDR Aktuell. Online. 24.04.2025.
  • [6] Die Entnahme des Wassers aus dem Rhein ist nach dem sogenannten "Rahmenbetriebsplan" geregelt: "Die Höchstmenge von 18 Kubikmeter Wasser pro Sekunde darf laut Rahmenbetriebsplan, der derzeit zur Genehmigung bei der Bezirksregierung Arnsberg liegt, nur dann entnommen werden, wenn der Düsseldorfer Rheinpegel 307 Zentimeter erreicht hat." Und: "Bei diesem Wasserstand strömen mehr als 2200 Kubikmeter Wasser pro Sekunde den Rhein abwärts in Richtung Düsseldorf." Bei einem Pegelstand von 297 Zentimeter in Düsseldorf "dürfen rund 14 Kubikmeter pro Sekunde aus dem Rhein entnommen werden." Der RWE-Sprecher Lorenz sagte dazu, dass der Pegel durch die Entnahme von Wasser nur minimal sinke: "um 0,4 Zentimeter bis höchstens 2,4 Zentimeter bei höheren Wasserständen". Dieses Konzept einer "gestaffelten Entnahme", so Lorenz, "sei auch mit den Schifffahrtsbehörden abgestimmt." In: Frank Gerstenberg: Wirbel um neuen deutschen Riesensee: Der Dürre-Rhein wird schon bald abgezapft. Focus online. 14. Mai 2025. Online: https://www.focus.de/earth/wirbel-um-neuen-deutschen-riesensee-der-duerre-rhein-wird-schon-bald-abgezapft_0cbd89e2-ff88-49ec-8f09-392355ccd356.html
  • [7] Das BASF Stammwerk in Ludwigshafen darf "laut der zuständigen Wasserbehörde, der SGD Süd mit Sitz in Neustadt [...] jedes Jahr 26 Millionen Kubikmeter - das sind 26 Milliarden Liter [...] über konzerneigene Grundwasser aus der Tiefe nach oben pumpen." Tatsächlich waren es im Jahr 2022 17,3 Millionen Kubikmeter. Damit sei BASF in Ludwigshafen die Industrieanlage mit dem größten jährlichen Wasserverbrauch in Deutschland. In: Ulrike Brandt: Soviel Wasser nutzt der Chemie-Riese BASF in Ludwigshafen. SWR aktuell. 27. Juli 2023. Online: https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/ludwigshafen/wasser-grundwasser-verbrauch-basf-in-ludwigshafen-100.html