A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z 9 Ω
Das Banner der Rhetos-Website: zwei griechische Denker betrachten ein physikalisches Universum um sie herum.

Rolleftal-Viadukt

Physik unterwegs

© 2025




Einführung


Das Rolleftal-Viadukt, auch Rolleftalbrücke genannt, liegt etwa 8 Kilometer vom Aachener Dom aus in südöstlicher Richtung. Das Viadukt wurde im Jahr 1885 als Eisenbahnbrücke für die sogenannte Vennbahn gebaut. Im zweiten Weltkrieg teilweise zerstört, dient sie heute als Brücke für Radfahrer und Fußgänger. Für diese Brücke sind hier einige Höhenmessungen mit einfachsten physikalischen Mitteln geplant.



Bildbeschreibung und Urheberrecht
Das Viadukt über das Tal des Rollefbachs bei Aachen. Das Viadukt ist heute Teil des grenzübergreifenden Vennbahnradweges. Für die Höhe der Brücke findet man unterschiedliche Angaben von 25 m bis 30 m. Für die geplante Vermessung der Höhe mit einfachsten Mitteln kann ein Problem sein, dass man den tiefsten Geländepunkt am Rollefbach selbst vielleicht nicht zu Fuß erreichen kann. Damit würden einige Verfahren zur Messung der Höhe ausscheiden. © Leonhard Lorenz ☛


Das Viadukt


Ortsbeschreibung


  • Koordinate WGS84 50° 44′ 25,53″ N: 6° 10′ 6,27″ O 50,74042°N: 6,16841°O
  • Koordinate UTM 32.300.217,94 m: 5.624.783,58 m
  • Koordinate Gauss/Krüger 2.511.931,80 m: 5.622.783,47 m
  • Die Brücke liegt etwa 8 Kilometer südöstlich der Aachener Innenstadt zwischen Brand und Breinig.
  • Der Rollefbach ist ein Zusammenfluss des Oberforstbacher Bach(Quelle zwischen Oberforstbach und Schleckheim) und dem Holzbach (Quelle Autobahnraststätte Lichtenbusch).
  • Der Rollefbach selbst ist rund 4,6 Kilometer lang.
  • Wenige hundert Meter bachabwärts mündet der Rollefbach in die Inde, die wiederum in die Rur fließt.
  • Die Hänge fällen beide sehr steil hin zum Rollefbach ab.

Geschichte


  • Das Viadukt wurde im Jahr 1885 fertiggestellt.[1 ] Es war Teil der Vennbahnstrecke von Stolberg nach Monschau. Am Ende des Zweiten Weltkriegs, zerstörten deutsche Sprengkommandons viele Brücken der damaligen Vennbahn: "Als sich die deutschen Truppen, vor den stetig vorrückenden alliierten Verbänden, hinter den Westwall zurückziehen mußten, jagten motorisierte Sprengkommandos der deutschen Pioniere die halbe Vennbahn in die Luft. Lediglich das abseits gelegene Viadukt über das Rolleftal zwischen Aachen-Brand und Kornelimünster blieb verschont."[6] Das Viadukt über den Rollefbach kam als weitgehend unversehrt aus dem Krieg heraus. Nach dem Krieg wurde der Zugverkehr von Stolberg nach Monschau wieder aufgenommen. 1959 schließlich wurde der Personenverkehr eingestellt.[6] Um 1982 fuhren dann keine Züge mehr zwischen Stolberg und Kornelimünster, also auch nicht mehr über das Rolleftal-Viadukt.[1]

Die Konstruktion


"Auf dem Vennbahn-Abschnitt zwischen dem Aachener Stadtbezirk Brand und der Ortschaft Kornelimünster erstreckt sich das Rollefbach-Viadukt mit seinen 25 Metern Höhe über das gleichnamige Tal. In seiner Länge von 128 Metern wurde es im Jahre 1885 im Zuge des Ausbaus der Vennbahn als typische Pfeiler- und Bogenkonstruktion fertiggestellt; für den Bau verwendete man Kalkstein aus der umliegenden Gegend.[2][3] Noch bis 1982 befuhr die Vennbahn das Bauwerk, das heute denkmalgeschützt und ein Teil des Vennbahnradwegs ist."[1]

Messung der Höhe


Für die Höhe der Brücke über der Talsohle gibt es unterschiedliche Angaben: zwei Mal werden 25 Meter genannt[1][2] sowie mehrmals auch 30 Meter[4]. Keine der Quellen präzisiert aber, ob die Höhe etwa von der Fahrbahn bis zur Bachwasseroberfläche oder von der Geländerbrüstung bis zum festen Fußweg auf der Talsohle gemessen wurde.

Mit einfachsten physikalischen Mitteln, ohne elektronische Messgeräte, soll die Höhe nun abgeschätzt werden. Dazu sollen drei Methoden angewendet und die Ergebnisse verglichen werden.

1: direkt über die Seillänge


Man lässt ein Seil über die gesamte Strecke der Brückenhöhe senkrecht nach unten herab hängen. Dass das Seil ausreichend straff und damit gerade bleibt, beschwert man es am unteren Ende mit einem Gewicht, etwa einer Kugel aus Blei. Man markiert dann, etwa mit einem Klebeband am Seil den oberen Anfang der Messstrecke. Anschließend kann man das Seil längs entlang auf der Brücke gestreckt auslegen und mit einem Maßband die Höhenstrecke messen.

Das aber bringt ein Problem mit sich: unter Last dehnen sich die meisten Seile und Schnüre stark aus. Dieser Effekt muss nach der Messung wieder herausgerechnet werden. Die ohne Last horizontale auf der Brücke ausgelegte Seilstrecke ist tatsächlich etwas kürzer als die tatsächlich zu messende Höhe. Siehe dazu auch WH54 20250325 Inventar Nautik-Seil ↗

Material

  • Gewicht, z. B. 1,5 kg Kugel aus Blei ↗

2: Freifall-Messung


Ein kleiner und möglichst schwerer Gegenstand, etwa ein kompakter rundlicher Stein, wird vom Brückengeländer aus nach unten fallen gelassen. Dabei wird die Falldauer, also die Zeit vom Loslassen bis zum Aufschlag auf dem Boden, gemessen. Das soll einmal mit einer Stoppuhr und einmal über die Auswertung eines Films passieren.

Über die Formel für einen sogenannten Freien Fall s = ½·g·t² kann man dann bei bekannter Erdfallbeschleunigung g = 9,81 m/s² und der gemessenen Falldauer t die Höhe abschätzen. Wenn der Gegenstand zum Beispiel genau zwei Sekunden fällt, erhält man durch Einsetzen den Term: ½·9,81·2². Das gibt ausgerechnet rund 20. Also wäre die Fallstrecke s dann 20 Meter. Eine ähnliche Messung wurde mit einigermaßen zufrieden stellender Genauigkeit an einer Schleuse am Main durchgeführt. Siehe dazu Freier Fall (Staustufe Mühlheim) ↗

Material


3: Pendel-Messung


Eine zweite Möglichkeit die Höhe über einfachste physikalische Prinzipien abzuschätzen verwendet die Formel für die Periodendauer eines einfachen Fadenpendels. Man hängt ein schweres kleines Gewicht an das untere Ende einer langen stabilen und wenig dehnbaren Schnur. Dann versetzt man das Gewicht in eine Hin- und Herbewegung. Die Periodendauer ist die Zeit (z. B. in Sekunden), die das Gewicht für eine ganze Hin- und Herbewegung benötigt.

Die Formel T = 2·π·√(l/g) bezeichnet man auch als das sogenannte Pendelgesetz. Das große T steht hier für die Periodendauer in Sekunden, das π ist das kleine griechische Pi und steht für die Kreiszahl, etwa 3,14. Das kleine l steht für die Länge des Fadenpendels in Metern. Und g ist wieder die Erdfallbeschleunigung von etwa 9,81 m/s². Siehe auch Pendelgesetz ↗

Stellt man die Formel um nach l und misst man dann die Zeit eine komplette Periode, so kann man dann durch Einsetzen der bekannten Werte die gesuchte Länge l berechnen:

  • T = 2·π·√(l/g) | umstellen nach der Länge l
  • l = (T/(2·π)²·g
  • Mit T = 9 s, π ≈ 3,14 und g = 9,81 m/s²:
  • l ≈ (9/6,28)²·9,81
  • l ≈ 20 Meter

Material

  • Schweres Gewicht mit Öse, z. B. aus Blei ↗
  • Stoppuhr

4: über den Strahlensatz


Man stellt einen möglichst langen Stab bekannter Länge senkrecht so auf, dass man von einem Punkt am Erdboden aus das obere Ende des Stabes an der gleichen Stelle sieht wie die Fahrbahn der Brücke. Da es schwierig ist, das Auge selbst nahe am Boden zu platzieren, kann man für die Peilung auch ein Handy oder eine Webcam in Verbindung mit einem Laptop verwenden.

Kennt man den Abstand des eigenen Standpunktes (des Auges, der Kamera) zum Stab sowie zum Fußpunkt der Brücke[8], kann man dann mit Hilfe des Strahlensatzes rechnerisch auf die Höhe der Brücke schließen. Siehe dazu auch Baumhöhe über Strahlensatz ↗

Material


5: über den Tangens


Von einem beliebigen Standpunkt auf der Geländeoberfläche unterhalb der Brücke misst man aufrecht stehend den Höhenwinkel (Elevation), unter dem man die Fahrbahn der Brücke sieht. Den Höhenwinkel kann man zum Beispiel mit einem Pendelquadranten oder einem Jakobsstab messen.

Dann misst man die horizontale Entfernung vom eigenen Standpunkt der Messung bis zum Lotfußpunkt unterhalb der Brücke. Der Tangens des Höhenwinkels ist dann gleich dem Verhältnis aus der gesuchten Höhe der Brücke zum horizontalen Abstand Beobachter-Lotfußpunkt. Über Umstellen der Verhältnisgleichung kann man die gesuchte Höhe berechnen. Siehe dazu auch Baumhöhe über Tangens ↗

Material


6: über die Schattenlänge


Diese Methode wendet man am besten bei tiefem Sonnenstand an: man misst die Elevation der Sonne mit einem Pendelquadranten oder einem Jakobsstab. Gleichzeitig misst man die Länge des Schattens der Brücke am Boden. Aus diesen zwei Angaben kann man die Höhe der Brücke berechnen.

Material


7: Mit einem Laserentfernungsmesser


Kleine, handgetragenen Laserentfernungsmesser, auch optoelektronische Entfernungsmesser genannt, gibt es bereits für wenig Geld. Ein Gerät von der Firma Lux mit einem Messbereich bis zu 30 Meter soll laut Datenblatt des Herstellers eine Genauigkeit von ±2 mm und erhöht um den Wert 0,05 mm/m haben. Damit käme man bei einer Höhe der Brücke von etwa 25 Metern auf eine Messgenauigkeit von rund etwa ±3 mm.

8: Geodaten von Google Earth


Etwa 23 Meter: im Geoinformationssystem von Google Earth wird die Geländehöhe am Ort der momentanen Cursor-Position dynamisch angezeigt. Zeigt man mit dem Cursor auf die Stelle der Geländeoberfläche, wo der Brückenpfeile direkt westlich vom Bach steht, erhält man einen Wert von 219 Metern. Hält man den Cursor auf einen Punkt auf der Fahrbahn der Brücke, werden 242 Meter angezeigt. Nach Google Earth ist der angezeigte Wert die "Cursorhöhe über dem Meeresspiegel". Auffällig ist, dass bei einer Cursorposition direkt auf der Oberkante des Geländers ebenfalls der Wert 242 Meter angezeigt wird. Man kann aber annehmen, dass dieser Wert für die Oberfläche der Fahrbahn und nicht für die Oberkante des Geländers steht. Mit diesen Daten käme man auf eine Höhe der Fahrbahn über dem Gelände von rund 23 Metern sehr nahe der Stelle, wo das Viadukt den Bach quert.

Über Photoauswertung


Es gibt online-Werkzeuge, die nach Angabe einer Vergleichslänge verschiedene andere Längen berechnen.[9] Manche dieser Werkzeuge erlauben es auch, die perspektivische Verzerrung rückwirkend wieder herauszurechnen.[10]

Material

  • Zwei Meterstäbe
  • Kamera

Allgemein Notizen zur Messung


  • Datum
  • Höhe des Geländers über der Fahrbahn:
  • Abstand des Messpunktes zu östlichen (Brander) Ende der Brücke)
  • Beschreibung des unteren Punktes der Messung (z. B. Gewässeroberfläche)
  • Windverhältnisse (Einfluss auf Pendel?)
  • Temperatur (Einfluss auf Längendehnung der Schnur?)[5]
  • Photodokumentation

Fußnoten


  • [2] Für Wanderer: Stadt Aachen, Bezirksamt Brand: Wanderwege in Aachen Brand. Der Rollefbachtal-Rundweg. Faltblatt. 2014.
  • [3] Zur Geologie und Verwendung von Kalkstein rund um Aachen siehe zum Beispiel: Roland Walter: Aachener Georouten. GEV (Grenz-Echo Verlag). Eupen. 2012. ISBN: 978-3-86712-058-6.
  • [4] Verschiedene Portale im Internet nannten Höhen bis zu 30 Metern. Die Angaben schienen dem verwendeten Wortlaut nach Schätzungen von Wanderern oder Radfahrern zu sein.
  • [5] Sowohl das angehängte Gewicht als auch die thermische Ausdehnung können die Längenmessung verfälschen. Das musste zum Beispiel bei ähnlichen Längenmessungen bei tiefen Schächten (z. B. über 1000 Meter) im Bergbau aufwändig berücksichtigt werden.
  • [6] Bernhard David (Vennbahn V.o.E., Raeren, Belgien): Die Vennbahn. Lokrundschau 195. Dort ab Seite 47. Die LOKRUNDSCHAU-Magazin erschien von 1969 bis 2007 als gedrucktes Heft, seitdem digital.
  • [7] Im Idealfall sollte das Seil bei Belastung durch ein Gewicht keine Dehnung zeigen. Ein solches Seil wäre ideal dehnungssteif. Das ist aber in der Praxis eher nicht der Fall. Eigene Vorversuche oder Angaben von Herstellern können den Effekt berechenbar machen. Für ein Nautik-Seil mit 2 Millimetern Durchmesser zum Beispiel unter Belastung (vielleicht 70 kg?) eine Arbeitsdehnung von 12 % angegeben. Der Hersteller Liros definiert auf seiner Internetseite (Stand 2025): "Arbeitsdehnung ist die Dehnung des Seiles bei 30 % der linearen Bruchlast." Die lineare Bruchlast wiederum definiert der Hersteller von Verpackungen Transpack-Krumbach aus 6476 Neuburg an der Kammel: "Die Bruchlast (oder Reißkraft) gibt an, mit welcher Kraft ein „Bauteil“ maximal belastet werden kann, bevor es kaputtgeht. Gemessen wird die Bruchlast in der Krafteinheit daN (dekaNewton)." Wenn das Seil also mit rund 20 Kilogramm belastet wird, kommen zu seiner ursprünglichen Längen noch einmal 12 % hinzu. Das liegt in der Größenordnung von 2 Metern und muss bei der Höhenmessung berücksichtigt werden.
  • [8] Mit Fußpunkt, auch Lotfußpunkt ist hier ein Punkt auf der Geländeoberfläche direkt senkrecht unterhalb der zu vermessenden Brücke gemeint. Man kann einen solche Punkt etwa dadurch bestimmen, dass man von der Brücke herab ein Seil mit einem unten befestigen Gewicht hängen lässt. Wo das Gewicht den Boden berührt, liegt der Lotfußpunkt ↗
  • [10] Um die perspektivische Verzerrung rückwirkend zu korrigieren, verwendet ein online-Werkzeug zum Beispiel die vorherige Angabe von drei Punkten auf einger Geraden, von denen die Abstände zueinander bekannt sind: "Often, you may want to measure the height of a high object, or another distance along a line that is subject to perspective foreshortening. In this case, the 'Perspective line' tool can be used. It requires that you mark three points on a line: the zero point and two known points with their distance to the zero point. These three points are indicated with a small triangle." In: Dirk Farin. Algorithmic Research e.K. Stuttgart. Abgerufen am 19. Juni 2025. Online: https://www.imagemeter.com/de/manual/faq/index.html