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Quantisierung

Physik

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Basiswissen


Als Quantisierung bezeichnet man in der Physik den Übergang von einer klassischen Theorie hin zu einer Quantentheorie. [1] Während in der klassischen Physik[2] zum Beispiel ein Elektron auf unendlich vielen Bahnen und mit beliebigem Abstand zum Atomkern den Atomkern auf stabilen Bahnen umkreisen könnte, erlaubt die Quantenphysik nur eine bestimmte Anzahl von Bahnen ohne Zwischenzustände.[3] Die Tatsache, dass eine physikalische Größe nur bestimmte Werte ohne Zwischenzustände annehmen kann bezeichnet man als Quantelung.[4]

Das Aufrunden als Analogie====

Die Zahl 3,85 gibt aufgerundet die Zahl 4. Die Zahl 8,01 gibt aufgerundet die Zahl 9: beim sogenannten Aufrunden[5] ordnet man jeder beliebigen reellen Zahl[6] die nächstgrößere ganze Zahl[7] zu. Ist eine Zahl bereits eine ganze Zahl, wird sie sich selbst zugeordnet (1 bleibt 1):

  • 0,01 -> aufrunden -> 1
  • 0,05 -> aufrunden -> 1
  • 0,09 -> aufrunden -> 1
  • 1,00 -> aufrunden -> 1
  • 1,01 -> aufrunden -> 2
  • 1,05 -> aufrunden -> 2
  • 1,09 -> aufrunden -> 2
  • 2,00 -> aufrunden -> 2

Die reellen Zahlen links bilden ein sogenanntes Kontinuum. Das heißt, zwischen zwei verschiedenen reellen Zahlen gibt es immer eine weitere reelle Zahl, die noch dazwischen liegt[6]. Das gilt für die ganzen Zahlen rechts nicht: zwischen zwei benachbarten ganzen Zahlen gibt es keine weitere ganze Zahl mehr. Diese Eigenschaft bezeichnet man als Diskretheit.[8]

MERKSATZ:

1.0 Der gedanklich Vorgang, jeder betrachteten reellen Zahl eine diskrete Zahl zuzuordnen bezeichnet man als Quantisierung.

Die Quantisierung wird so also nicht als Eigenschaft oder Prozess der Wirklichkeit aufgefasst, sondern als Denkvorgang.[9][10] Das mag wie eine Spitzfindigkeit erscheinen. Spätestens aber Immanuel Kant (1724 bis 1804) zeigte, dass die Eigenschaften der Wirklichkeit nicht zwingend auch die Eigenschaften unserer Denkvorgänge sein müssen[7]. Zu diesem philosophischen Hintergrund siehe auch den Artikel zum Ding an sich ↗

Quantisierung und Quantelung


Während manche Lexika die Begriffe[1] Quantisierung und Quantelung weitgehend synonym handhaben, wird heute doch zunehmend eine (feine) Unterscheidung getroffen. Während Quantisierung ein gedankliches, mathematisches Verfahren[9] beschreibt um Werte aus einem Kontinuum auf diskreten Werten abzubilden[10], steht Quantelung für die Stückelung der (gedachten, hypothetischen) Realität.[11] Siehe dazu auch unter Quantelung ↗

Fußnoten


  • [1] Das Spektrum Lexikon der Physik definiert: "Quantisierung, Quantelung, der Übergang von klassischen physikalischen Theorien zu den entsprechenden Quantentheorien. Es gibt kein eindeutiges Quantisierungsverfahren". In: der Artikel Quantisierung. Spektrum Lexikon der Physik. Stand 19. Oktober 2024. Online: https://www.spektrum.de/lexikon/physik/quantisierung/11892
  • [2] Als klassisch im Bezug auf die Quantenphysik bezeichnet man die Physik die davon ausgeht, dass Objekte oder Größen der Wirklichkeit zwischen zwei unterschiedlichen Zuständen unendlich viele Zwischenzustände einnehmen können. Das ist gemäß der Quantenphysik nicht mehr uneingeschränkt möglich. Siehe auch klassische Physik ↗
  • [3] Das Beispiel mit den Elektronenbahnen bezieht sich hier auf Bohrs Modell. Siehe dazu unter Bohrsches Atommodell ↗
  • [4] "Quantelung ist die Eigenschaft, dass ganz verschiedene physikalische Größen (Energie, Drehimpuls, Ladung) Vielfaches eines kleinsten (diskreten) Betrages sind, dem Quant." In: der Artikel "Quantentheorie". Spektrum Lexikon der Astronomie. Stand 19. Oktober 2024. Online: https://www.spektrum.de/lexikon/astronomie/quantentheorie/375
  • [5] Das Aufrunden ist eine von mehreren Arten, Zahlen zu runden. Es wurde hier gewählt, weil die Regeln dazu recht leicht zu verstehen sind. Siehe allgemein auch den Artikel zum Runden ↗
  • [6] Als reell bezeichnet man jede Zahl, die man sich irgendwo auf einer Zahlengeraden vorstellen kann. Vor allem ist jede Zahl in einer beliebigen Kommadarstellung eine reelle Zahl ↗
  • [7] Ganz nennt man jede Zahl, die als Dezimalzahl geschrieben kein Komma benötigt. Siehe mehr unter ganze Zahl ↗
  • [9] Dass Quantisierung ein rechnerisches Verfahren beschreibt wird bereits in einer Veröffentlichung aus dem Jahr 1926 deutlich: "In dieser Mitteilung möchte ich zunächst an dem einfachsten Fall des (nichtrelativistischen und ungestörten) Wasserstoffatoms zeigen, daß die übliche Quantisierungsvorschrift sich durch eine andere Forderung ersetzen läßt, in der kein Wort von 'ganzen Zahlen' mehr vorkommt. Vielmehr ergibt sich die Ganzzahligkeit auf dieselbe natürliche Art, wie etwa die Ganzzahligkeit der Knotenzahl einer schwingenden Saite." In: Erwin Schrödinger: Quantisierung als Eigenwertproblem. Ann. Phys., 384: 361-376. (1926). Online: https://doi.org/10.1002/andp.19263840404
  • [10] "Die Diskretisierung der Amplitude eines abgetasteten, amplitudenkontinuierlichen Signals bezeichnet man als Quantisierung." In: U. Zölzer: Quantisierung. In: Digitale Audiosignalverarbeitung. Informationstechnik. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. 1997. Online: https://doi.org/10.1007/978-3-322-96769-5_2
  • [11] Dass sich das Wort Quantelung direkt auf die Wirklichkeit bezieht, und nicht auf Denkvorgänge zur Beschreibung der Wirklichkeit, zeigt beispielhaft ein Artikel von Enrico Fermi aus dem Jahr 1926: Enrico Fermi: Zur Quantelung des idealen einatomigen Gases. Z. Physik 36, 902–912 (1926). https://doi.org/10.1007/BF01400221