Quaestio (Fossil)
Physik
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Basiswissen|
Die naturphilosophische Bedeutung|
Darwins Dilemma|
Kreationismus|
Die molekulare Uhr|
Quaestio simpsonorum|
Fußnoten
Basiswissen
Quaestio simpsonorum ist ein tierisches Fossil aus der Zeit des Ediacariums. Zur Zeit seiner Entdeckung in Australien im Jahr 2024 galt es als der älteste fossile Beleg eines eindeutig erkennbaren Tieres aus der Zeit vor dem Kambrium. Quastio graste den Meeresboden ab und fraß dabei wahrscheinlich sogenannte Algenmatten. Das Tier sah in etwa aus wie eine plattgedrückte Qualle.[2] Den Namen hat es von einer Struktur auf seinem Körper, die an ein Fragezeichen erinnert. Das Tier war mobil, hatte aber noch kein Skelett. Hier geht es vor allem um die Bedeutung dieses Fossils für die Naturphilosophie.
Die naturphilosophische Bedeutung
Darwins Dilemma
Als der Naturforscher Charles Darwin im Jahr 1859 seine Theorie über die Evolution der Arten veröffentlichte, erwähnte er beachtlicherweise auch einen Befund, der deutlich gegen seine Theorie sprach:
ZITAT:
“Warum wir keine reichhaltigen Fossilien aus Zeiten vor dem Kambrium finden kann ich nicht befriedigend erklären. Die Sachlage ist gegenwärtig unerklärlich, was als Argument gegen meine Sichtweise [die Evolutionstheorie] gelten mag."[1]
“Warum wir keine reichhaltigen Fossilien aus Zeiten vor dem Kambrium finden kann ich nicht befriedigend erklären. Die Sachlage ist gegenwärtig unerklärlich, was als Argument gegen meine Sichtweise [die Evolutionstheorie] gelten mag."[1]
Darwins Unbehagen ist leich zu erklären. Zu seiner Zeit stammten die ältesten Spuren tierischen Lebens aus einer geologischen Zeit, die man Kambrium nennt. In den kambrischen Schichten gab es wie auf einen Schlag plötzlich eine große Fülle verschiedenster Tierarten und -stämme. Aber aus älteren Schichten waren keinerlei Fossilien von Tieren bekannt. Nach der Evolutionstheorie, so Darwin, hätten die vielfältigen Tierarten aber aus einer langen evolutionären Vorgeschichte heraus entstehen müssen.
Kreationismus
Als Kreationismus bezeichnet man die Position, dass die Welt mehr oder minder in Übereinstimmung mit den biblischen Schöpfungsgeschichten aus dem Alten Testament von Gott erschaffen wurde. Hätten Kreationisten recht, könnten Fossilien von Tieren tatsächlich schlagartig in einer geologischen Schicht auftauchen, ohne dass es eine evolutionäre Vorgeschichte dafür gegeben hätte:
ZITAT:
"Fundamentalistische Bibel-Kreationisten argumentieren, dass diese kambrische Explosion, und die gigantische Leere an Fossilien vor der Zeit von Fischen, dieses plötzliche Auftreten von so vielen verschiedenen Arten von Leben, ohne jedes Anzeichen von Vorfahren, ein guter Beweis für die Art göttlicher Schöpfung ist, wie sie in Genesis beschrieben wird. Dieser Schluss ist ganz klar, was auch die fossile Überlieferung zeigt. Die Evolutionisten jedoch sagen, dass das bloß religiöser Nonsens sei. Doch dennoch, auch ihre Antwort ist nicht klarer, und sie hat so gut wie keine Belege zur ihrer Unterstützung."[3]
"Fundamentalistische Bibel-Kreationisten argumentieren, dass diese kambrische Explosion, und die gigantische Leere an Fossilien vor der Zeit von Fischen, dieses plötzliche Auftreten von so vielen verschiedenen Arten von Leben, ohne jedes Anzeichen von Vorfahren, ein guter Beweis für die Art göttlicher Schöpfung ist, wie sie in Genesis beschrieben wird. Dieser Schluss ist ganz klar, was auch die fossile Überlieferung zeigt. Die Evolutionisten jedoch sagen, dass das bloß religiöser Nonsens sei. Doch dennoch, auch ihre Antwort ist nicht klarer, und sie hat so gut wie keine Belege zur ihrer Unterstützung."[3]
Tatsächlich konnte man im Jahr 1999, aus dem das Zitat oben stammt, tatsächlich noch so argumentieren: es waren keine sicher tierischen Fossilien aus der Zeit vor dem Kambrium bekannt. Was mir das Zitat oben aber etwas verdächtig erscheinen lässt sind a) die Einbettung der Befunde in ein Szenario eines weltanschaulichen Kampfes, b) die Endgültigkeit der Feststellungen und das Verschweigen schon damals bekannter und vermutlich tierischer Fossillien aus dem Ediacarium.[4] Solche Stilmittel rücken für mich die Art der Argumentation in Richtung einer Pseudowissenschaft ↗
Die molekulare Uhr
Die Zeit vor dem Kambrium fasste man früher grob zum Präkambrium zusammen. Heute teilt man auch diesen langen Zeitraum von gut 4 Milliarden Jahren in viele kleinere Abschnitte auf:
- Direkt nach dem Kambrium Ordovizium ↗
- Mit der Artenexplosion Kambrium ↗
- Direkt vor dem Kambrium Ediacarium ↗
- Davor, Snowball-Earth Cryogenium ↗
Einen einigermaßen glaubwürdigen Hinweis auf Tiere auch lange vor dem Kambrium, bis zurück in Crygenium gaben Betrachtungen über die Mutationsrate von Tieren: wenn Mutationen für Veränderungen verantwortlich sind, und wenn die Anzahl von Mutationen einigermaßen abschätzbar für bestimmte Zeiträume ist, und wenn die Anzahl von Mutationen einigermmaßen gut mit dem Maß der Veränderung von Tierstämmen einhergeht, dann kann man rückwärts in der Zeit denkend, wann dier gemeinsame Vorfahr der heute bekannten Tierstämme oder jener aus dem Kambrium, gelebt haben müsste. Mit dieser Methode kam man auf Zeit bis zu 100 Millionen Jahren vor Beginn des Kambriums.[2]
Doch obwohl es schon seit spätestens 1959 Berichte über tierische Fossilien aus dem Edicarium gab, wurden diese auch viele Jahrzehnte später noch nicht als eindeutig und endgültig anerkannt. Immer wieder wurden scheinbar tierische Fossilien als etwas anderes gedeutet.[5] Das Rätsel blieb bestehen.
Quaestio simpsonorum
Im Jahr 2024 wurde dann erstmals über einen Fossilfund aus Australien berichtet, der recht eindeutig ein größeres Tier aus dem Ediacarium zeigt.[5] Das Tier wird auf ein Alter von rund 555 Millionen Jahren geschätzt.[6] Das Kambrium begann erst gut 14 Millionen Jahre später, Zeit genug für viel Evolution. Nach einer ersten Einschätzung hatte Quaestion die folgenden Eigenschaften:
- Funde im Nilpena Ediacara National Park in Australiens (externer Link)
- Alter etwa 555 Millionen Jahren im Ediacarium ↗
- Auf dem Körper gut erkennbar, ein großes Fragezeichen [Quaestio!] ↗
- Die Größe war etwas unter der einer Handfläche ↗
- Eindeutig ein Mehrzeller ↗
- Körper hat am Ende einen Einschnitt in Form eines V ↗
- Körper ist nicht achsensysmmtrisch (externer Link)
- Die Zellen hatten Arbeitsteilung ↗
- Fraß wahrscheinlich Algenmatte[n][7] ↗
- Hinterließ Spuren im Sediment[8]
- War ein Epibiont ↗
- War beweglich
Fußnoten
- [1] Charles Darwin hatte schon 1859 bemerkt, dass es doch seltsam sei, dass man aus Fossilien der Zeit des Kambriums Tiere in Hülle und Fülle finde, nicht aber aus irgendeiner Zeit davor. Die Tiere, so Darwin, schienen wie aus dem Nichts aufgetaucht zu sein: "To the question why we do not find rich fossiliferous deposits belonging to these assumed earliest periods prior to the Cambrian system, I can give no satisfactory answer. [...] The case at present must remain inexplicable; and may be truly urged as a valid argument against the views here entertained." In: Charles Darwin, On the Origin of Species, 1st ed. (1859), Chapter X, p. 307.
- [2] "Molecular clocks estimate that animals originated and began diversifying over 100 million years before the first definitive metazoan fossil evidence in the Cambrian." In: Cunningham, J. A., Liu, A. G., Bengtson, S., & Donoghue, P. C. J. (2017). The origin of animals: Can molecular clocks and the fossil record be reconciled? BioEssays, 39(1), 1600120. https://doi.org/10.1002/bies.201600120
- [3] Im englischen Original: "Fundamental Biblical creationists argue that this Cambrian explosion, and the tremendous void in the fossil record preceding fishes, this sudden appearance of so many different kinds of life, with no trace of ancestors, is good evidence for the sort of divine creation described in Genesis; this conclusion is just what the fossil record clearly shows. But the evolutionists say that that’s simply religious nonsense; and yet their answer is no clearer, and it has almost no evidence to back it up." In: Curt Sewell: The Cambrian Explosion — A Strong Argument Favoring Creation. REATION BITS No 5. 1999. Online abgerufen am 18. Mai 2025.
- [4] Spätestens im Jahr 1959 vermuteten Geologen in Schichten, die lange vor dem Kambrium abgelagert wurden, tierische Lebensformen, ähnlich den heutigen Nesseltieren zu erkennen. In: Glaessner, M. F. (1959). Precambrian Coelenterata from Australia. Nature, 183(4659), 1472–1473. https://doi.org/10.1038/1831472a0
- [5] "Our analyses suggest that the Doushantuo fossils are not animal embryos but rather giant unicellular organisms, possibly protists, which challenges previous interpretations of these structures as early animal life." In: Bengtson, S., Cunningham, J. A., Yin, C., & Donoghue, P. C. J. (2011). A merciful death for the earliest animals: Resolving the identity of the Ediacaran Doushantuo fossils. Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, 278(1707), 929–934. https://doi.org/10.1098/rspb.2010.1443
- [5] Über das bisher älteste, eindeutig als solches erkennbare Tier, Quaestio, aus der Zeit des Ediacariums heißt es: "Our results suggest that Quaestio was a motile eumetazoan with a body plan not previously recognized in the Ediacaran, including definitive evidence of chirality. This organization, combined with previous evidence for axial patterning in a variety of other Ediacara taxa, demonstrates that metazoan body plans were well established in the Precambrian." In: Scott D. Evans et al.: A new motile animal with implications for the evolution of axial polarity from the Ediacaran of South Australia. Evolution & Development, 26, e12491. 2024. Siehe auch Quaestio (Fossil) ↗
- [6] 555 Millionen Jahre alt: "A new discovery in the area by Scott Evans, assistant professor of geology in the Florida State University Department of Earth, Ocean and Atmospheric Science, and a multi-institution team of paleontologists has identified an early marine animal from around 555 million years ago." In: Stone, Stephen (2024-10-14). "Florida State University scientist discovers one of the earth's earliest animals in Australian outback". Florida State University News. Retrieved 2024-11-01.
- [7] Die Algenmatten werden als typische Nahrung von Quaestio beschrieben: "The collection of microbes formed an organic mat, like a layer of slime filled with nutrients on the seafloor, which formed a particular texture preserved in the rock slabs that make up the park’s fossil beds." In: Stone, Stephen (2024-10-14). "Florida State University scientist discovers one of the earth's earliest animals in Australian outback". Florida State University News. Retrieved 2024-11-01.
- [8] Eine sehr ausführliche und anschauliche Übersicht zu den Spuren heute lebender Flachwassertiere findet sich in: Hans-Erich Reineck: Das Watt. Ablagerungs- und Lebensraum. Verlag von Waldemar Kramer. Frankfurt am Main. Dritte Auflage. 1982. ISBN: 3-7829-1067-2. Dort im Kapitel "V. Die Bewohner des Wattenmeers in ihren Auswirkungen auf das Sediment" von Seite 147 bis Seite 164.