Energie
Physik
Definition
Energie ist die Fähigkeit, den Bewegungszustand der Welt zu verändern: zwei Kugeln befinden sich still in einem kleinen Abstand zueinander im Weltraum. Zwischen ihnen wirkt nur die Gravitationskraft. An diesem Beispiel wird die Bedeutung von Energie kurz erklärt.
Der Energiebegriff historisch
Der philosophische Begriff der Energie wird allgemein Aristoteles zugeschrieben. Bei ihm heißt energeia (en ergô einai) die lebendige Wirklichkeit und Wirksamkeit, das Auswirken, Verwirklichen, Wirklichsein im Unterschiede von der bloßen Potenz (dynamis)[7]. Doch bis weit ins 19te Jahrhundert verband mit im deutschen Sprachraum mit Energie[3][4][5][6] vor allem die Vorstellung der menschlichen Tatkraft. Erst um 1900 war dann der moderne Energiebegriff im Sinn der Physik ausgearbeitet[7]. Oft gleichbedeutend oder eng verwandt mit der Idee der physikalischen Energie war auch die lebendige Kraft ↗
Anschauliche Vorstellungen von Energie
Man stelle sich eine Welt vor, die lediglich aus zwei Kugeln besteht. Die Kugeln schweben bewegungslos im Weltraum. Sie könnten zum Beispiel faustgroß sein. Ihr Abstand sei vielleicht eine Handbreit. Der Bewegungszustand dieser kleinen Welt wäre dann: "die Kugeln bewegen sich nicht zueinander". Nun tippt man eine Kugel so mit einer Hand an, dass sie sich langsam von der anderen Kugel wegbewegt. Daduch hat sich der Bewegungszustand dieser Welt verändert. Nun tippt man die fliegende Kugel leicht von der Seite an. Sie fliegt jetzt in eine andere Richtung. Wieder hat sich der Bewegungszustand der Welt verändert. Die Fähigkeit, den Bewegungszustand von Sachen zu verändern nennt man Energie.
- Zum Anfahren eines Zuges benötigt man Energie.
- Zum Bremsen eines Zuges benötigt man Energie.
- Zum Anheben eines Steines benötigt man Energie.
- Zum Bewegen der Finger benötigt man Energie.
- Siehe auch Energieformen ↗
Was ist der Unterschied zwischen Energie und Arbeit?
Energie und Arbeit sind vom Zahlenwert her gleich: wenn ein Stein eine potentielle Lageenergie von 20 Joule hat, dann kann er damit auch eine Arbeit von 20 Newtonmetern verrichten. Damit stellt sich die Frage nach dem Unterschied. Tendenziell kann man sagen, dass Energie eine eher ruhende Möglichkeit ist oder ein Zustand, während Arbeit die tatsächlich tätige Ausübung von Kraft mit einer Wirkung in der Wirklichkeit ist, das heißt ein Prozess[8]. Siehe mehr dazu unter Energie und Arbeit (Vergleich) ↗
Energie in der antiken Philosophie
Das Wort Energie wurde von den antiken griechischen Denker Aristoteles (384 bis 322 v. Chr.) als Kunstwort geprägt. Es setzt sich aus den altgriechischen Bestandteilen en ergô einai zusammen. Das heißt übersetzt so viel wie "im Werk sein", also tätig sein, etwas tuend. Die lateinische Entsprechung ist actus oder actualitas. Joe Sachs, ein US-amerikanischer Übersetzer von Aristoteles, gibt Energie im Sinne von Aristoteles an als "being–at–work" oder als "is-at-work-ness"[1][2]. Hier ist zu bemerken, dass diese Vorstellung von Aristoteles von der heutigen Verwendung insofern abweichen kann, als dass der moerne physikalische Begriff der Energie auch ruhende Energie kennt, etwa im Sinne einer potentiellen Energie (Lageenergie) oder als gespeicherter chemischer Energie. Aristoteles Vorstellung von Energie als "im Werk sein" passt daher besser auf den modernen Begriff der Arbeit, was im Griechischen wiederum mit Ergon (ἔργον) übersetzt wird. Siehe auch Arbeit ↗
Fußnoten
- [1] Joe Sachs: Aristotle's Physics: a Guided Study. 1995. Rutgers University Press.
- [2] Joe Sachs: Aristotle's Metaphysics, a New Translation by Joe Sachs. Santa Fe, New Mexico. Green Lion Books. 1999. ISBN 1-888009-03-9.
- [3] Im Jahr 1809 wird der Begriff Energie noch ganz ohne Bezug zur Physik gebraucht: "Die Energie (a. d. Griech.): die Kraft, Vollkraft, Fülle, Nachdruck etc.; doch wird es nur in figürlichem Sinne, besonders in der Redekunst gebraucht von einem, der mit Nachdruck und Kraft spricht; daher auch energisch: kraftvoll, nachdrücklich." In: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 318. Online: http://www.zeno.org/nid/20000790028
- [4] Auch 1834 fehlt noch jeder Bezug zur Physik: "Energie, Kraftanstrengung, Geistesstärke, Aufschwung." In: Damen Conversations Lexikon, Band 3. [o.O.] 1835, S. 404. Online: http://www.zeno.org/nid/20001727532
- [5] Und ebenso noch 1854: "Energie, griech.-deutsch, Thatkraft." In: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 559. Online: http://www.zeno.org/nid/2000331779X
- [6] Und auch noch 1858: "Energie (v. gr.), Kraft, bes. des Charakters, Nachdruck; daher Energisch, stark, kraftvoll." In: Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 693. Online: http://www.zeno.org/nid/20009860061
- [7] Im Jahr 1904 ist der Energiebegriff dann eng mit physikalischen Vorstellungen verbunden: "Energie(energeia): Wirksamkeit, Betätigungskraft, Arbeitsfähigkeit, Arbeit. Die physikalische Energie ist die Fähigkeit, Arbeit zu leisten, die Wirkungsfähigkeit der Masse; sie ist actuelle (insbesondere kinetische) oder potentielle Energie, d.h. sichtbare, an die Bewegung geknüpfte, oder unsichtbare, analog der lebendigen Kraft gedachte Energie. […] Der Name »Energie« wird auf mechanischem Gebiet schon von TH. YOUNG (1800) gebraucht, aber erst nach 1850 von den englischen Physikern auf die gesamte Physik übertragen." In: Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 265-269. Online: http://www.zeno.org/nid/20001786563
- [8] Der Wissenschaftsautor Martin Buchholz schreibt: "Energie beschreibt den Zustand eines Systems. Ein Liter Benzin hat eine gewisse Energie, ein heißer Stein eine andere." Und: "Ein Kubikmeter Wsser in einem Bergsee hat mehr Energie als die gleiche Menge Wasser in einem Becken am Fuße des Berges." Soweit zur Energie. "Die Begriffe „Arbeit“ und „Wärme“ hingegen beschreiben jeweils einen Prozess." Wenn man einen Stein hochhebt, so verrichtet man Arbeit. Mit einem Feuerzeug, so Buchholz weiter, kann man einem Stein Wärme zuführen. Dann schreibt Buchholz einen wichtigen Satz: "Sobald dieser Prozess aber vorbei ist, sobald ich den Stein hochgehoben bzw. das Stücke Metall erwärmt habe, gibt es diese Arbeit und dise Wärme nicht mehr. Der Prozess des Hebens bzw. Erwärmens ist abgeschlossen und damit spielen auch die Größen, die ihn beschrieben haben, keine Rolle mehr." Buchholz vergleicht abschließen noch mit Überweisungen und einem Kontostand. Die Überweisungen entsprechen der Arbeit, die Kontostände der Energie. In: Martin Buchholz: Energie - Wie verschwendet man etwas, das nicht weniger werden kann? Springer-Verlag 2019. ISBN: 978-3-662-56771-5.