Anpassung
Definition
Basiswissen
Als Anpassung, auch Adaption oder Adaptation versteht man eine derartige Gestaltung von Organen oder der Funktionen, dass sie optimal auf die momentanen Lebensbedingungen passen[1]. Dabei unterscheidet man eine direkte Anpassung von einer indireken. Eine direkte Anpassung ist zum Beispiel die Vermehrung der toten Blutkörperchen, wenn man sich längere Zeit in dünner Höhenluft aufhält[4]. Als indirekte Anpassung hingegen bezeichnet man die über Generationen hinweg wirkende darwinistisch gedachte Evolution. Dort spricht man dann auch von einer Adaption ↗
Fußnoten
- [1] 1904, biologisch, aber nicht nur darwinistisch: "Anpassung (Adaption, Adaptation): 1) Organische, biotische = die Gestaltung der Organe und Functionen eines Lebewesens entsprechend den Lebensbedingungen, dem biologischen Milieu. Die Anpassung ist das Resultat des Zusammenwirkens von Organismus (und dessen Trieben und Willensacten) + Milieu. Überwiegen die Einflüsse des letzteren, spricht man von passiver, kommt mehr das eigene Sich-anpassen des Organismus in Frage, von activer Anpassung. Die Anpassung ist eine directe, wenn unmittelbar, eine indirecte, wenn durch Selection (s. d.) erfolgend. Die Anpassung ist ein Factor der Entwicklung (s. d.) der Organismen." Es folgen dann einige historische Vorstellungen, beginnen bei Anaximander. In: Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 40-41. http://www.zeno.org/nid/20001780026
- [2] 1904, psychologisch: "Psychologische Anpassung: a. der Sinnesfunctionen an die Reize (SPENCER, JODL, WUNDT, RIEHL u. a.); b. der Aufmerksamkeit an den sie auslösenden Reiz. Sie bekundet sich in Spannungsempfindungen (WUNDT, Grdz. d. ph. Psych. II4, 269 ff.; Phil. Stud. II, 34). EBBINGHAUS versteht unter Adaptation die »Abstumpfung der Empfindungen bei continuierlicher Fortdauer der objectiven Reize« (Gr. d. Psychol. S. 520)." Diese Bedeutung wird auch durch das Wort Gewöhnung mit abgedeckt. In: Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 40-41. http://www.zeno.org/nid/20001780026
- [3] 1904, logisch: "Logische Anpassung der Gedanken an die Tatsachen, besonders von MACH betont (Populärwiss. Vorles. S. 231 ff.). Vgl. Evolution, Ökonomie." In: Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 40-41. http://www.zeno.org/nid/20001780026
- [4] 1905, biologisch, viele Beispiele: "Anpassung (lat. Adaptatio), die Fähigkeit der lebenden Wesen, ihren Körperbau und ihre Lebenstätigkeiten veränderten Bedingungen von Lebensweise, Ernährung, Klima, Bodenbeschaffenheit, Zusammenleben mit andern Tieren etc. unmittelbar oder im Laufe der Generationen anzubequemen. Unter direkter A. versteht man die unmittelbar durch die veränderte Lebensweise selbst herbeigeführte zweckentsprechende Veränderung der Organisation, z. B. Vermehrung des Blutfarbstoffes bei Mensch und Tier, wenn sie in der dünnen Luft des Hochgebirges Aufenthalt nehmen. Die funktionelle A., bei der ein stärker in Anspruch genommenes Organ gekräftigt, ein außer Gebrauch gesetztes bis zur Verkümmerung geschwächt wird, beruht darauf, daß jedes Organ wesentlich nur in seiner Funktion lebt und daher durch stärkere Inanspruchnahme (soweit dieselbe, ohne die Harmonie des Ganzen zu stören, ausgedehnt werden kann) besser assimiliert, während unbenutzte Organe ein Scheinleben fuhren, schwächer assimilieren und endlich zu Grunde gehen. Da dieser Prozeß sich bis in die kleinsten aufbauenden Teilchen fortsetzt, so kann unter Umständen die gesamte Elementarstruktur eines Organs durch funktionelle A. verändert werden; und weil bei der funktionellen A. Neubildung und Ausmerzung von Elementarteilen Hand in Hand gehen, so nennt Roux das Prinzip, in dem sie wirkt, einen Kampf der Teile im Organismus (Kampf um den Raum und das Baumaterial). Durch diesen Prozeß erklärt sich die der Funktion entsprechende höchste Zweckmäßigkeit der Anordnung aller Teile in jedem Organ. Auf der andern Seite schwinden durch Nichtgebrauch Teile, z. B. die Augen der Höhlentiere, die Bewegungs- und [552] Sinnesorgane der festwachsenden nder schmarotzenden Tiere dahin. Man nennt daher auch solche Organänderungen, die sich dem Geschlechte dauernd von Vorteil erweisen, adaptive, während inadaptive zum Aussterben führen. Lamarck glaubte, mit dem Prinzip der funktionellen A. die Veränderungen der lebenden Wesen in der Zeit überhaupt erklären zu können; allein Darwin zeigte, daß man eine große Reihe von Abänderungen der Lebewesen nur durch die Annahme einer indirekten A. unter dem Einfluß der natürlichen Zuchtwahl erklären könne, sofern von den nach den verschiedensten Richtungen abändernden Organismen einzelne den für die Art (z. B. durch Auswanderung oder Klimawechsel) veränderten Lebensbedingungen besser standhalten können als andre. Die indirekte A. durch natürliche Zuchtwahl schreitet dann durch eine Reihe von Generationen fort, bis das vollkommenste Maß der A. an die Lebensbedingungen der neuen Umgebung etc. nach allen in Betracht kommenden Richtungen, z. B. auch eine relative Immunität gegen die herrschenden lokalen Krankheiten, erreicht ist, wobei die Organisationshöhe des Körpers vor- und zurückschreiten kann. Die A. an sitzende Lebensweise ist für die Tiere fast immer eine rückschrittliche, weil mit dem Verlust der Bewegungsorgane und oft auch einzelner Sinnesorgane, namentlich der Augen, der Geschlechtertrennung etc., verknüpft, und noch mehr ist dies der Fall bei A. von Pflanzen und Tieren an schmarotzende Lebensweise (s. Entartung). Direkte wie indirekte A. wirken im Laufe der Generationen akkumulativ, solange die höchste mit den andern Bedingungen verträgliche Zweckmäßigkeit nicht erreicht ist, da das Erreichte vererbt wird und die erzeugenden Bedingungen fortwirken (progressive und akkumulative A.). Nach Weismann und seiner Schule sollen freilich die durch äußere Einflüsse direkt erzeugten Abänderungen nicht erblich sein (vgl. Erblichkeit), sondern nur die durch Keimvariation entstandenen, wonach die A. ausschließlich durch Zuchtwahl zu stande käme und die Lamarcksche Theorie völlig zu verwerfen wäre. Allein wir kennen zahlreiche Beispiele direkt durch bestimmte Änderungen des Mittels (z. B. Salzentziehung bei Meertieren) oder unter dem Einfluß bestimmter Vorbilder (s. Mimikry) entstehender Anpassungen, so daß die neue Theorie großen Schwierigkeiten begegnet und jedenfalls das Verständnis nicht erleichtert. Auch die sogen. Anpassungsähnlichkeit (s. Ähnlichkeit) der Schmarotzer, Wassertiere und -Pflanzen, Erdwühler untereinander spricht für gleichartige, erblich werdende Einflüsse der Lebensweise und Umgebung. Mitunter kann die A. auf das eine Geschlecht, dem dieselbe allein von Nutzen ist, beschränkt sein (geschlechtliche A.), z. B. die Pollensammelapparate mancher Bienen. Auch kommt bei Tieren und Pflanzen, die in Symbiose oder Wechselbeziehungen leben, oft eine gegenseitige A. vor. Vgl. Roux, Der Kampf der Teile im Organismus (Leipz. 1881); Lang, Über den Einfluß der festsitzenden Lebensweise auf die Tiere (Jena 1888)." In: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 552-553. Online: http://www.zeno.org/nid/20006234658
- [5] 1911, im Sinne von Farbtarnung: "Chromatische Anpassung, chromatische Funktion, die Erscheinung, daß Tiere in ihrer Färbung den Naturobjekten, von oder mit denen sie leben, ähnlich werden und so Schutz vor Nachstellungen erfahren (Schutzfärbung), oder ihre Beutetiere besser beschleichen können, z.B. weiße Schnee-, gelbe Wüsten-, grüne Baumtiere, glasartig durchsichtige Wassertiere etc.; beruht auf natürlicher Zuchtwahl." In: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 344. http://www.zeno.org/nid/20001013750
- [6] 1923, kritisch, ursprüngliche Wortbedeutung: "Anpassung – ist, wenn man Haeckel fragt, eine allgemeine physiologische Funktion der Organismen. Haeckel weiß das[49] ganz genau und weiß wahrscheinlich auch zu sagen, was eine Funktion sei. Mach aber hat uns gelehrt, daß die logische oder vielmehr die psychologische Anpassung der Gedanken an die Tatsachen eine Beobachtung sei, die Anpassung der Gedanken aneinander eine Theorie. Theorie ist aber nicht nur der gequälte Satz Haeckels, sondern auch die zugrunde liegende Lehre Darwins, die Haeckel nur in seiner Art wiedergibt, allgemeiner und unvorsichtiger. Darwin hat die Anpassungstheorie von Lamarck übernommen und sie nur seinem größeren Systeme der natürlichen Zuchtwahl eingefügt. Was aber da geschieht, wenn ein Organismus sich seinem Milieu anpaßt, seine Organe oder ihre Funktionen verändert, darüber weiß bis zur Stunde niemand etwas; und über die entscheidende Frage, was an den erworbenen Eigenschaften erblich sei, währt bis heute der Streit unter den Darwinisten selbst. Schärfen wir aber unser Ohr für den Ausdruck anpassen, der eine schlecht angepaßte Übersetzung von adaptare ist, so hören wir einen Nebenton heraus, der erklärt, warum das Wort solches Glück gehabt hat. Das Grundwort von adaptare ist (um die Etymologie nicht weiter zu bemühen) aptus, eigentlich soviel wie gefügt, nach dem lat. Sprachgebrauch: gehörig, in guter Ordnung gefügt, geschickt, wohl angebracht, zweckdienlich. Der zudringliche Zweckbegriff steckt also heimlich in dem Begriffe verborgen, der nach dem Willen der Lamarckisten und der Darwinisten erst die auf die Anpassung folgende Zweckmäßigkeit erklären sollte. Und so steht es um alle Begriffe, welche mit der Entwicklungslehre zusammenhängen. Unter Entwicklung selbst stellen wir uns die Tendenz nach einem Ziel vor, eine Zielstrebigkeit. Es ist eben die Entwicklungslehre bislang eine Sehnsucht, wohl sicher richtig in ihrer Negation gegen den biblischen Schöpfungsgedanken, in ihrem positiven Gehalte eine versteckte Tautologie. »Der Mensch begreift niemals, wie anthropomorphisch er ist.«" In: Mauthner, Fritz: Wörterbuch der Philosophie. Leipzig 1923, Band 1, S. 49-50. Online: http://www.zeno.org/nid/20006179916