Zählen
Mathematisch
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Basiswissen ·
Auf einen Blick: Subitizing ·
Rückwärtszählen ·
Kopf entlasten: Fingerzählen ·
Kann zählen in der Praxis schwer sein? ·
Können Tiere zählen? ·
Seit wann kann der Mensch zählen? ·
Können heute alle Menschen zählen? ·
Zählen, der gesunde Menschenverstand und Albert Einstein ·
Fußnoten
Basiswissen
Zählen ist der grundlegende Vorgang der Mathematik mit Zahlen. Beim Zählen bestimmt man entweder, wie viele Dinge man (Kardinalität) hat oder der wievielte Platz (Ordinalität) von etwas eingenommen wird.
Auf einen Blick: Subitizing
- Man kann Dinge einzeln durchgehen und dazu laut mitzählen.
- Diese Strategie nennt man auch Hochzählen oder Durchzählen.
- Man kann aber auch erst kleinere Gruppen bilden.
- Das Auge erkennt oft auf eine Blick 3er Gruppen.
- Leicht erkennbar sind auch 4er oder 5er Gruppen.
- Sieht man eine 3er- und 4er-Gruppe hat man 7.
- Diese Methode nennt man Subitizing ↗
Rückwärtszählen
- 21-20-19: ganze Zahlen rückwärts aufzusagen nennt man auch Rückwärtszählen.
- Bei Raketenstarts nennt man das auch einen Countdown ↗
- Siehe mehr unter Rückwärtszählen ↗
Kopf entlasten: Fingerzählen
- Es gibt verschiedene Methoden, bis weit über 10 mit den Fingern zu zählen.
- Solche Fingerrechenmethoden fördern das Verständnis von Zahlen.
- Siehe mehr unter Fingerrechnen ↗
Kann zählen in der Praxis schwer sein?
- Ja, und zwar so, dass man dafür bezahlt wird.
- Wie will beispielsweise die Vögel am Wattenmeer zählen, wenn sie sich ständig bewegen?
- Oder wie will man Tiger in einem Dschungel zählen, und verhindern, dass man denselben Tiger mehrfach zählt?
- Zum Tigerzählen sei gesagt: man sieht Tiger nur selten, oft nachts und kann sie nur schwer unterscheiden[3].
Können Tiere zählen?
Ja, es gibt Tiere, die Mengen bis 4 eindeutig auf einem Blick erfassen können. Sie benutzen dabei aber die sogenannte Simultanerfassung, was man in der Didaktik auch Subitzing nennt: sie erkennen eher ein Dreier- oder Vierermuster als dass sie wirklich zählen. Auch können viele Tiere zwischen viel (z. B. 20) und sehr viel (z. B. 100) unterscheiden, nicht aber zwischen 20 und 21[1]. Wirklich zählen im engeren Sinn kann auf der Erde nur der Mensch.
Seit wann kann der Mensch zählen?
In Westfrankreich fand man einen rund 60 Tausend Jahre alten Knochen mit neun eindeutigen und sauberen Ritzungen darin. Als Verzierung sind die Ritzen zu unregelmäßig, man kennt so alte Funde mit deutlich regelmäßigeren Anordnungen. Forscher nehmen an, dass der Knochen von einem Neandertaler als Hilfe zum Zählen benutzt wurde. Auch in einer Höhe in Südafrika fand man Knochen (von einem Pavian) mit Einkerbungen. Dieser Knochen ist 42 Tausend Jahre alt. Noch sehr viele älter ist eine große weiße Muschelschale mit einem Ritzmuster, gefunden in Trinil auf der Insel Java und gut 430 Tausend Jahre alt. Solche Spiele mit Mustern könnten dann hin zur Idee des Zählens geführt haben[1]. Siehe auch Neandertaler ↗
Können heute alle Menschen zählen?
Nein, zumindest nicht im höheren mathematischen Sinn: Anthropologen[2] haben 139 verschiedene Sprachen von australischen Ureinwohnern untersucht. Viele der Sprachen kennen nur Wörter für eins, zwei, drei, vier und dann viele. Und im Amazonasgebiet soll es Indianerstämme geben, deren Sprache gar keine Zahlwörter kennt[1]. Eine Theorie besagt, dass die Notwendigkeit zum Zählen erst dann entstand, als Menschen größeren Besitz anhäuften. Um einen Überblick über den Besitz haben zu können, bot sich zählen an (ging etwas weg? Wie viel kam dazu?). Die ältesten Spuren einer systematischen Entwicklung von Zahlensystemen gehen zurück auf die Sumerer ↗
Zählen, der gesunde Menschenverstand und Albert Einstein
Wenn am Himmel drei Heißluftballone fliegen, dann sind es drei Heißluftballone. Die Anzahl der Ballone hängt nicht davon ab, ob jemand am Boden schnell läuft und zählt oder still steht und zählt. Man kann beim Zählen Fehler machen. Aber die Anzahl der Ballone ändert sich dadurch nicht. Das sagt der gesunde Menschenverstand. Doch übertragen auf kleinste physikalische Teilchen im Weltraum gilt das nicht mehr. Dort gilt tatstächlich: wenn man sich schnell bewegt, gibt es mehr Teilchen. Wenn man sich langsam bewegt, gibt es weniger Teilchen. Dass das wirklich so ist, ist eine Folge von Albert Einsteins Relativitätstheorie und der sogenannten Quantenphysik. Beide Theorien wiedersprechen oft deutlich dem gesunden Menschenverstand. Speziell zu dem Beispiel mit dem Flug durch den Weltraum, siehe den Artikel zum Unruh-Effekt ↗
Fußnoten
- [1] Colin Barras: Archäologie. Der Ursprung des Zählens. In: Spektrum der Wissenschaft. März 2022. Seite 86 ff.
- [2] Patience Epps, Claire Bowern, Cynthia A Hansen, Jane H Hill, Jason Zentz: On numeral complexity in hunter-gatherer languages. De Gruyter Mouton 16 (1), 41-109. 2012.
- [3] K. Ullas Karanth: Wie viele Tiger gibt es noch? In: Spektrum der Wissenschaft. Dezember 2016.
- [4] Wie viele Teilchen es gibt, hängt davon ab, wie schnell man sich bewegt. Wer schnell durch ein vermeintliches Vakuum fliegt, wird dort mehr Teilchen zählen als ein langsamer Beobachter. Doch beide Beobachter haben gleichzeitig recht. So formulierte im Jahr 1927 der Einstein-Kenner und Astrophysiker Arthur Stanley Eddington noch: "I will try to make clear the distinction between absolute and relative quantities. Number (of discrete individuals) is absolute. It is the result of counting, and counting is an absolute operation. If two men count the number of people in this room and reach different results, one of them must be wrong." In: Arthur Stanley Eddington: The Nature of the Physical World. MacMillan, 1928 (Gifford Lectures). Deutsch: Die Natur der physikalischen Welt. Die Gifford Vorlesungen 1927 in Deutsch. Online auf Englisch: https://www.gutenberg.org/cache/epub/72963/pg72963-images.html