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Substrat

Physik

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Basiswissen


Als Substrat bezeichnet man a) einen zu beschichtenden festen Körper[1], b) einen chemisch zu verändernden Reaktionspartner[2] oder in der antiken aristotelischen Physik das Zugrundeliegende, der Träger von Eigenschaften[3]. Die oft nur mit bestimmten Eigenschaften ausgesatteten Teilchen der modernen Teilchenphysik kommen dieser aristotelischen Idee vielleicht recht nahe.

Substrat als Träger von Eigenschaften


Einige Nachschlagewerke setzen Substrat setzen gleich mit dem ähnlichen Begriff der Substanz.[6][7][8] Doch schon der antike Philosoph Aristoteles (384 bis 322 v. Chr.) hat die zwei Begriffe unterschieden. Das Substrat ist dabei mehr nur der Träger von Eigenschaften. Das Substanz habe eine selbstständige Existenz, das Substrat aber nicht.[4] Das Substrat ist dabei immer nur der Träger von etwas anderem, das Lebendige ist der Träger der Gefühle (Affektionen) und die Materie der Träger ihrer Eigenschaften.[5] Das Substrat

Substanz und Substrat


Diese aristotelische Definition von Substrat als Träger als etwas, das unter (sub) einer ander Sache ist, wurde später auch auf andere Dinge übertragen. Diese Bedeutung haben sowohl die Worte Substanz wie auch Substrat bezüglich ihrer sprachlichen Herkunft.[11] Beibehalten hat diese Bedeutung des Trägers aber vor allem das Wort Substrat, und zwar oft im Sinne einer Grund- oder Unterlage.[6][8][13] Wenn ein Körper mit etwas beschichtet wird, so heißt er Substrat.[1] Die Unterlage einer Straße (Chaussee) nannte man früher auch Substrat. Wo das Substrat als "»Träger« von Zuständen, Wirkungen überhaupt" aufgefasst wird, etwa als "»Träger« des Prädicats" oder von einem "Satzgegenstand, denjenigen Denkinhalt im Urteil [...] von dem das Prädicat ausgesagt wird", wird das Substrat auch zu einem Synonym von Subjekt.[10] Als Substanz hingegen bezeichnet man - ergänzend zu den vielen Bedeutungsüberschneidungen - seit Aristoteles auch einen Spezialfall, einen Einzelfall[4] oder einen "gegebenen, vorliegenden" Fall[7]. Wer sich bei der Verwendung der Worte unsicher kann, sollte besser auf Umschreibungen wie Grundlage, Träger von Eigenschaften, Einzelfall, Sonderfall und ähnliches zurückgreifen.

Substrat in der aktuellen Physik


Das Wort Substrat hat in der gegenwärtigen Physik und Chemie zunächst eine eng umgrenzte Bedeutungen ohne direkte philosophische Bezüge. Es ist zum einen Träger einer Beschichtung[1] oder Reaktionspartner in einer chemischen Reaktion[2]. Wo das Wort im philosophischen Sinn gebraucht wird, bezieht es sich auf Träger von Eigenschaften. Zunächst kann man festhalten, dass scheinbar gut vorstellbare Teilchen wie ein Elektron Physiker noch immer vor große Rätsel stellen:

ZITAT:

"Über die Eigenschaften hinaus, die sich etwa einem Elektron zuschreiben lassen, wie Ladung oder Ruhemasse, stellt sich die Frage, ob ein Elektron beständig bzw. materiell ist: Besteht es aus Materie, aus Energie oder aus etwas anderem? Sucht man Antworten auf diese Fragen, so gerät man unvermeidlich in den Grenzbereich von Physik und Philosophie."[14]

Was soll es heißen, dass ein Elektron vielleicht nicht materiell ist? Es hat doch Eigenschaften wie Ladung oder Masse. Wie soll etwas ohne materiellen Träger diese Eigenschaften haben können? Genaus das sind die Fragen, die die Philosophie in ihrem Teilgebiet der Ontologie betrachtet. Ein neuer Ansatz, die sogenannte Tropentheorie geht davon aus, dass es Eigenschaften ohne Träger gibt:

ZITAT:

"Im Gegensatz zur Aristotelischen Substanztheorie stellen in diesen Theorien Gegenstände jeweils Bündelungen von Tropen dar, die kein Substrat
benötigen." Und: "Ein Elementarteilchen stellt aus Sicht der Tropentheorie grundsätzlich ein Bündel von Eigenschaften dar".[14]

Man sieht, dass aktuelle Physiker mit ähnlichen Fragestellungen kämpfen, wie die antiken Denker. Sie benötigen dazu klar definierte Begriffe, die aber oft weit von jeder Anschaulichkeit entfernt sind. Wie zum Beispiel, hat man sich Eigenschaften vorzustellen, die ohne Träger auskommen? Elektronen, die nicht materiell sind. Siehe mehr dazu im Artikel zur Tropentheorie ↗

Fußnoten


  • [3] "Als Substrat definiert Aristoteles (Met. 1028b 36 ff.) das, von dem alles übrige ausgesagt wird, welches aber selbst nicht von einem anderen ausgesagt wird (z B. Mensch)." Und: "Das Zugrundeliegende ist also das eigentliche Wesen einer jeden Substanz, es selbst ist daher ohne jede weitere Bestimmung und da alle Bestimmungen an ihm wie an einem Träger nur haften, frei von Akzidentien." In: Metzler Philosophie Lexikon. Herausgegeben von Peter Prechtl und Franz-Peter Burkard. 2. überarbeitete Auflage. Stuttgart, Weimar, 1999. ISBN: 3-476-01679-X. Dort der Artikel "Substrat" auf Seite 575. Siehe auch Tropentheorie ↗
  • [4] 400 Jh. v. Chr.: Abgrenzung von Substrat zu Substanz bei Aristoteles: "Überdies, selbständiges Sein, Substanz, heißt das, was nicht von einem Substrat ausgesagt wird; das Allgemeine aber wird immer von einem Substrat ausgesagt. Aber wenn nun freilich das Allgemeine unmöglich in der Weise Substanz sein kann, wie der Wesensbegriff die Substanz des Gegenstandes ausmacht: sollte das Allgemeine etwa dem Gegenstande immanent sein, wie der Begriff lebendes Wesen im Menschen und im Pferde gegenwärtig ist? Nun, dann wird es offenbar einen begrifflichen Ausdruck geben. Dabei macht es nichts aus, ob es von jeder einzelnen Bestimmung, die in dem Wesensbegriff enthalten ist, eine Definition gibt oder nicht. Denn das Allgemeine wird deshalb nicht minder die Substanz eines Gegenstandes sein, wie der Mensch als Allgemeines die Substanz des einzelnen Menschen bildet, dem er immanent ist. Das Ergebnis wird also immer wieder dasselbe sein. Denn, ist das Allgemeine Substanz, so wird es, wie z.B. lebendes Wesen, die Substanz des Gegenstandes bilden, in dem es als für den Gegenstand Charakteristisches enthalten ist." In: Aristoteles: Metaphysik. Jena 1907, S. 120-130. Online: http://www.zeno.org/nid/20009149619
  • [5] 400 Jh. v. Chr.: Substrat bei Aristoteles, zwei Bedeutungen: "Da den eigentlichen Gegenstand unserer Untersuchung die Wesenheit bildet, so wollen wir uns nun wieder dieser zuwenden. Als Wesenheit bezeichnet man wie das Substrat, den Wesensbegriff und die Vereinigung beider, auch das Allgemeine. Von jenen beiden, dem Wesensbegriff und dem Substrat, und von ihrer Vereinigung haben wir bereits gehandelt; von dem Substrat haben wir ausgemacht, daß es eine doppelte Bedeutung hat, entweder die des bestimmten Einzelwesens, wie ein Lebendiges das Substrat ist für seine Affektionen; oder die der Materie, die das Substrat für die vollendete Wirklichkeit abgibt. Nun erkennen aber manche dem Allgemeinen vorzugsweise die Bedeutung zu, Ursache und Prinzip zu sein. Wir werden auch darauf näher eingehen müssen." In: Aristoteles: Metaphysik. Jena 1907, S. 120-130. Online: http://www.zeno.org/nid/20009149619
  • [6] 1857, Substrat als Substanz: "Substrat, Grundlage, Unterlage, soviel als Substanz, der vorliegende Fall."In: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 369. Siehe auch Substanz ↗
  • [7] 1863, Substrat als Substanz, auch Unterlage der Akzidensen: "Substrat (v. lat. Substratum), 1) eigentlich das Untergelegte, die Unterlage, z.B. bei einer Chaussee; 2) der zu Grunde liegende Gegenstand; 3) S. der Säuren, säurungsfähige Grundlage einer Säure; so der Schwefel das S. der Schwefel-, der Stickstoff das der Salpetersäure; 4) so v.w. Substanz, als Unterlage der Accidenzen; 5) der gegebene, vorliegende Fall." In: Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 35. Online: Siehe auch Akzidens ↗
  • [8] 1904, Substrat als Substanz: "Substrat: Unterlage, Grundlage, Substanz (s. d.)" In: Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 2. Berlin 1904, S. 464. Online: http://www.zeno.org/nid/20001805274
  • [9] 1904, Substrat auch als physikalischer Äther: "Äther (aithêr, aether): die schwerlose, widerstandslose, unwägbare, feinste Materie, die als Substrat der strahlenden Wärme, des Lichtes und der elektromagnetischen Energien gedacht wird, als ein alle Körper durchdringender, den Weltraum erfüllender Stoff, der sich in Elemente, Äther-Atome, gliedert." In: der Artikel "Äther". Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 97-98. Siehe auch Äther ↗
  • [10] 1904, Substrat als Träger, als Subjekt: "Subject (subiectum, hypokeimenon) bedeutet: 1) ontologisch: den, »Träger« von Zuständen, Wirkungen überhaupt, das Substrat (s. d.), die Substanz (s. d.). 2) logisch: den »Träger« des Prädicats (s. d.), den Satzgegenstand, denjenigen Denkinhalt im Urteil (s. d.). von dem das Prädicat ausgesagt wird." In: Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 2. Berlin 1904, S. 439-445. Siehe auch Subjekt ↗
  • [11] 1907 zu Etymologie: "Substrat (v. lat. substernere = unterbreiten gr. to hypokeimenon), eigtl. Unterlage, Träger, heißt die Substanz in bezug auf ihre Akzidenzen." In: Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 610. Online: http://www.zeno.org/nid/20003591433
  • [12] 1909, Substrat als Substanz: "Substrāt (lat.), Unterlage, Grundlage; der vorliegende Fall; in der Logik soviel wie Substanz." In: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 164. Online: http://www.zeno.org/nid/20007543565
  • [13] 1911, Substrat auch als spezieller Fall: "Substrāt (lat.), das zugrunde Liegende, Unterlage; Schicht; der gegebene, vorliegende Fall." In: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 785. Online: http://www.zeno.org/nid/20001596713
  • [14] Das Subtsrat im Sinne einer physikalischen Tropentheorie ist behandelt in: Meinhard Kuhlmann: Spektrum der Wissenschaft. 20.06.2014. Siehe auch Tropentheorie ↗